Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften

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I. Überblick

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Der Zusammenschluss zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts beruht auf dem persönlichen Vertrauen, das sich die einzelnen Gesellschafter entgegenbringen. Deshalb ist der Fortbestand der BGB-Gesellschaft grundsätzlich von der unveränderten Zusammensetzung des Personenkreises abhängig, der sich zu der Gesellschaft zusammengeschlossen hat. Das bedeutet u. a.:


im Zweifel endet die Gesellschaft mit dem Tode eines Gesellschafters (§ 727 BGB);
grundsätzlich muss sich nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages keiner der Gesellschafter gegen seinen Willen einen neu hinzutretenden Gesellschafter aufzwingen lassen.

Beispiel:

Der Anteil an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann ohne die Zustimmung aller Gesellschafter nicht auf eine Person, die bisher nicht Gesellschafter war, übertragen werden. Dieser Grundsatz dient lediglich dem Schutz der Gesellschafter. Er kann deshalb durch eine davon abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag abgeändert werden.

Allerdings können die Gesellschafter, abweichend von der gesetzlichen Regelung, im Gesellschaftsvertrag vereinbaren,


dass die Gesellschaft nach dem Tode oder dem sonstigen Ausscheiden eines Gesellschafters fortgesetzt werden soll und
dass in die bestehende Gesellschaft andere Personen als Gesellschafter aufgenommen werden können, wenn mindestens eine qualifizierte Mehrheit der übrigen Gesellschafter damit einverstanden sind.

Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 7 Gesellschafterwechsel › II. Das Eintreten neuer Gesellschafter

II. Das Eintreten neuer Gesellschafter

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Da der Zusammenschluss der Gesellschafter zu einer Gesellschaft in der Regel auf dem persönlichen Vertrauen beruht, das sich die Gesellschafter entgegenbringen, sind die Rechte der Gesellschafter im Zweifel nicht auf Dritte übertragbar, damit diese nicht ohne Einverständnis der übrigen Gesellschafter in das Gesellschaftsverhältnis mit einbezogen werden können (§ 717 BGB). Der Eintritt eines neuen Gesellschafters in die bereits bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann auf verschiedene Art und Weise stattfinden.

1. Der Eintritt eines neuen (hinzutretenden) Gesellschafters

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Zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters in die bestehende Gesellschaft ist grundsätzlich das Mitwirken aller Gesellschafter erforderlich. Dies geschieht durch einen sog. Aufnahmevertrag, der zwischen den bisherigen Gesellschaftern und der als Gesellschafter eintretenden Person abgeschlossen wird (1. Möglichkeit).

Die häufig verwendete Formel von der „Übertragung eines Gesellschaftsanteils“ bedeutet bei der Personengesellschaft nur selten die Kombination von Ausscheiden eines Gesellschafters und Eintritt eines neuen Gesellschafters an die Stelle des Ausscheidenden. Gemeint ist in fast allen Fällen die rechtsgeschäftliche Übertragung der gesamten Gesellschafterstellung an einen bisher außenstehenden Dritten (2. Möglichkeit). Dazu reicht allein die Abtretung des Anteils gem. §§ 413, 398 BGB nicht aus. Das Verfügungsgeschäft der Anteilsübertragung zwischen Veräußerer und Erwerber bedarf grundsätzlich der Zustimmung aller Gesellschafter. Das ergibt sich schon aus dem höchstpersönlichen Charakter des Zusammenschlusses in der Gesellschaft. Eine Zustimmung genereller Art kann allerdings schon im Gesellschaftsvertrag enthalten sein. Der Gesellschaftsvertrag kann auch durch eine eindeutig auf den Mitgliederwechsel bezogene Regelung vorsehen, dass eine Mehrheitsentscheidung für die Zustimmung genügt.

Wird ein neuer Gesellschafter in die Gesellschaft aufgenommen, so wird er mit dem Moment seines Eintritts in die Gesellschaft automatisch – durch „Abwachsung“ bei den Mitgesellschaftern – Mitberechtigter am Gesamthandsvermögen (s. Rn. 78).

2. Die Haftung des hinzutretenden Gesellschafters

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Das BGB hat die Frage, ob ein Gesellschafter, der in eine GbR eintritt, auch für die vor seinem Eintritt begründeten Gesellschaftsschulden (Altschulden) mit seinem Privatvermögen haftet, nicht geregelt. Nachdem der BGH[1] die akzessorische Haftung der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft in Analogie zu § 128 HGB ausdrücklich anerkannt hatte, stellte sich die Frage, ob es im Hinblick auf die Haftung des eintretenden Gesellschafters für Altverbindlichkeiten nicht konsequent wäre, den § 130 HGB ebenfalls analog auf die BGB-Gesellschaft anzuwenden; denn wenn die OHG-ähnliche Gesellschafterhaftung auch für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelten soll, muss das auch für die beim Eintritt in eine BGB-Gesellschaft schon vorhandenen Gesellschaftsschulden gelten.

Beispiel:

Die aus A, B und C 2005 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat bei der X-Bank ein Darlehen aufgenommen. Von der Darlehenssumme in Höhe von 100.000 € sind 33.000 € zurückgezahlt, als D im Juli 2010 mit Zustimmung aller in die Gesellschaft aufgenommen wird. Wenn man eine analoge Anwendung des § 130 HGB bejaht, haftet D neben A, B und C entsprechend §§ 130, 128 HGB für die Rückzahlung der Darlehensrestsumme und etwaiger Zinsen.

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Nach der Rspr. des BGH[2] haftet der neu in eine schon bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts eintretende Gesellschafter grundsätzlich auch für die bereits vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die sog. Altverbindlichkeiten. Der BGH begründet das u. a. mit dem Akzessorietätsprinzip, also dem Grundsatz, dass der Gesellschafter stets so haftet wie die Gesellschaft selbst. Dies entspreche, so der BGH[3], sowohl dem Wesen der Personengesellschaft als auch – damit innerlich zusammenhängend – einer im Verkehrsschutzinteresse zu Ende gedachten Akzessorietät der Haftung.

Darüber hinaus begründet der BGH[4] seine Entscheidung mit dem allgemeinen Grundsatz des Personengesellschaftsrechts, wonach die persönliche Haftung aller Gesellschafter in ihrem jeweiligen personellen Bestand dem Wesen der Personengesellschaft und ihren Haftungsverhältnissen entspricht, weil die Gesellschaft kein eigenes, zugunsten ihrer Gläubiger gebundenes garantiertes Haftkapital besitzt; ihr Gesellschaftsvermögen stehe dem Zugriff der Gesellschafter jederzeit und sanktionslos offen. Bei dieser Sachlage sei die persönliche Haftung der Gesellschafter nicht nur die alleinige Grundlage ihrer Wertschätzung und Kreditwürdigkeit; sie sei vielmehr das notwendige Gegenstück zu dem Fehlen jeglicher Kapitalerhaltungsregeln. Deshalb könne die Rechtsordnung – so der BGH[5] – nicht bei einer Haftung nur der Altgesellschafter Halt machen, denn mit dem Erwerb der Gesellschafterstellung erlange auch der neu eingetretene Gesellschafter dieselben Zugriffsmöglichkeiten auf das Gesellschaftsvermögen wie die Altgesellschafter, was angesichts der Komplementarität von Entnahmefreiheit und persönlicher Haftung sinnvollerweise nur durch Einbeziehung der Neugesellschafter in dasselbe Haftungsregime, dem auch die Altgesellschafter unterliegen, kompensiert werden könne.

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Eintretender Gesellschafter i. S. des § 130 HGB (analog) ist auch der Erbe des durch Tod ausscheidenden Gesellschafters (dazu unten Rn. 154 f.).[6]

153

Zunächst hatte der BGH[7] die Entscheidung darüber, ob der Grundsatz der persönlichen Haftung des eintretenden Gesellschafters für Altverbindlichkeiten auch auf Verbindlichkeiten aus beruflichen Haftungsfällen Anwendung finden soll, weil diese, wie die Bestimmung des § 8 Abs. 2 PartGG zeige, eine Sonderstellung einnehmen, offen gelassen. Später hat das Gericht betont, die Haftungsprivilegierung sei im Falle der Partnerschaftsgesellschaft gesetzlich nur für diese Gesellschaftsform geschaffen worden; zudem werde im Gegenzug für dieses Haftungsprivileg die Publizität der Gesellschaftsverhältnisse verlangt (§§ 4 Abs. 1, 7 Abs. 1 PartGG).[8] Abgesehen davon, dass die Voraussetzungen für eine Analogie fehlen dürften, gilt auch hier, dass die Privilegierung eines Berufsstandes mit Mitteln des Gesellschaftsrechts unzulässig ist. Demnach haften in entsprechender Anwendung des § 130 HGB diejenigen, die in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eintreten, auch für die Altverbindlichkeiten.

 

Beispiel:

Anwalt S tritt zum 1. Januar 2015 in die seit 1980 bestehende Anwaltssozietät (BGB-Gesellschaft) ein, der u. a. die Anwälte A, B und C als Gesellschafter angehören. Anwalt B, der den Mandanten M betreut, hat im Mai 2014 eine Verjährungsfrist übersehen. Dadurch ist M ein Schaden in Höhe von 12.000 € entstanden, den er nun gegen die Gesellschaft und die Gesellschafter geltend macht. Nach § 280 BGB und §§ 128, 130 HGB analog haftet auch S für diese vor seinem Eintritt in die Gesellschaft entstandene Verbindlichkeit.

3. Die Vererbung der Gesellschafterstellung

154

Gem. § 727 BGB ist der Tod eines Gesellschafters ein Auflösungsgrund. Allerdings kann der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass die Gesellschaft unter den Überlebenden fortgesetzt wird. Im Gesetz ist die Erbfolge in Beteiligungen an Personengesellschaften nicht besonders geregelt. Das Erbrecht des BGB erfasst die gesamte „Erbschaft“ einer Person; besondere gesetzliche Anordnungen für Unternehmen oder die Beteiligung an einem unternehmerisch genutzten Vermögen in Gestalt eines „Unternehmenserbrechts“ sind nicht getroffen. Ob jemand Erbe eines verstorbenen Gesellschafters ist, ist ausschließlich nach Erbrecht zu bestimmen. Ob der Erbe allerdings Gesellschafter wird oder werden kann, ist in erster Linie nach Gesellschaftsrecht, insbesondere nach der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages zu bestimmen. Voraussetzungen dafür, dass ein oder mehrere Erben für den durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafter in die Gesellschaft nachrücken können, sind: Erbenstellung und eine entsprechende Fortsetzungs- bzw. Nachfolgeregelung im Gesellschaftsvertrag.

155

Scheidet ein Gesellschafter durch Tod aus und sieht der Gesellschaftsvertrag die Fortsetzung der Gesellschaft mit allen oder einem Teil der Erben des verstorbenen Gesellschafters vor, so treten der oder die Erben an die Stelle des Gesellschafters.

In Rspr. und Literatur herrscht im Grundsatz Übereinstimmung darüber, dass die Erben eines Gesellschafters auf folgende Arten in die Gesellschafterstellung des durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafters nachrücken können:


durch Erbenstellung und kraft Eintrittsklausel im Gesellschaftsvertrag, verbunden mit einer Eintrittserklärung des Erben oder einem Beschluss der Gesellschafter, oder


kraft Erbenstellung und Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag (automatisch).

Tritt durch Erbfolge oder Aufnahmevertrag ein neuer Gesellschafter in die Gesellschaft ein, wird er Mitglied der Gesamthandsgemeinschaft. Die Identität der Gesellschaft bleibt erhalten. Das bedeutet: Der neue Gesellschafter tritt mit allen Rechten und Pflichten, die die übrigen Gesellschafter bereits haben, in die bestehende Gesellschaft ein. Das hat u. a. zur Folge, dass der Erbe eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts analog § 130 HGB für die Altschulden der Gesellschaft haftet.[9]

Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 7 Gesellschafterwechsel › III. Das Ausscheiden von Gesellschaftern

III. Das Ausscheiden von Gesellschaftern

1. Die Gründe für das Ausscheiden

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Ein Gesellschafter kann außer durch Tod freiwillig aus der Gesellschaft ausscheiden oder zum Ausscheiden gezwungen werden.

a) Die Kündigung des ausscheidenden Gesellschafters

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Wenn eine Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen ist, so kann jeder Gesellschafter sie nach § 723 Abs. 1 S. 1 BGB jederzeit, d. h. fristlos, kündigen. Gekündigt wird nicht die Mitgliedschaft in der Gesellschaft, sondern die Mitgliedschaft selbst. Die Kündigung führt zur Auflösung der Gesellschaft mit nachfolgender Liquidation (dazu unten Rn. 173 ff.).

Unter bestimmter Zeit im Sinne dieser Vorschrift ist eine Frist zu verstehen, die gleichzeitig Höchst- und Mindestdauer sein soll. Wenn die vereinbarte Zeit eine Höchstdauer ist, so ist die Kündigung vorher zulässig. Ist die Zeit eine Mindestdauer, so ist die Kündigung bis zum Ablauf der Frist ausgeschlossen.

Der Wirksamkeit der Kündigung kann allenfalls entgegenstehen, dass sie zur Unzeit erfolgte (§ 723 Abs. 2 BGB). Unzeitig ist die Kündigung, wenn sie zu diesem Zeitpunkt die gemeinschaftlichen Interessen der Gesellschafter verletzt[10]. Die Kündigung ist nicht unzeitig, wenn ein wichtiger Grund zur Kündigung vorliegt.

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Ein wichtiger Grund i. S. d. § 723 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn dem kündigenden Gesellschafter bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände im Einzelfall nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Als wichtige Gründe kommen vor allem in Betracht die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses im geschäftlichen Bereich und schwerwiegende Treuepflichtverstöße. Die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses als Auflösungsgrund wiegt besonders schwer, wenn sie schuldhaft herbeigeführt worden ist[11]. Auch das außergeschäftliche Verhalten kann, soweit es Rückwirkungen auf die Gesellschaftssphäre hat, berücksichtigt werden.

b) Das Ausscheiden durch Abschluss eines Ausscheidensvertrag

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Das Ausscheiden eines Gesellschafters durch Vertrag mit den übrigen Gesellschaftern ist im Gesetz nicht geregelt. Die Zulässigkeit ergibt sich aus dem Prinzip der Vertragsfreiheit. Eine Vereinbarung dieser Art dient meist der Vermeidung oder der Beilegung von Streitigkeiten unter den Gesellschaftern, insbesondere der Abwendung eines Ausschließungsverfahrens[12].

Grundsätzlich können also mit Zustimmung aller Gesellschafter einzelne Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheiden oder neue Gesellschafter aufgenommen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Initiative vom Ausscheidenden ausgeht oder diejenigen Gesellschafter, welche die Gesellschaft fortsetzen möchten, denjenigen, der ausscheiden soll, eben darum bitten oder dazu drängen. Entscheidend ist, dass alle Gesellschafter der Änderung des Gesellschaftsvertrages zustimmen, die das Ausscheiden des einen Gesellschafters zur Folge hat.

c) Die Hinauskündigung eines Gesellschafters

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Aus § 737 BGB ergibt sich, dass bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Hinauskündigung eines Gesellschafters möglich ist. Ein solches Ausschließungsrecht steht den übrigen Gesellschaftern zu, wenn in der Person des Gesellschafters, der ausgeschlossen werden soll, ein wichtiger – sachlicher – Grund im Sinne des § 723 Abs. 1 BGB vorliegt[13]. Der wichtige Grund muss sich auf solche Umstände in der Person des Gesellschafters beziehen, welche die Fortsetzung der Gesellschafter mit ihm für die übrigen Gesellschafter unzumutbar machen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das Vertrauensverhältnis unter den Gesellschaftern zerstört ist oder ein gedeihliches Zusammenwirken aus sonstigen, namentlich wirtschaftlichen Gründen, nicht mehr möglich ist.[14]

Beispiel:

A, B, C und D sind Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft. Ohne Wissen der anderen Gesellschafter hat C mehrere Male Geld vom Gesellschaftskonto abgehoben, um private Spielschulden zu begleichen. Trotz einer entsprechenden Verwarnung der anderen Gesellschafter hebt C erneut 5.500 € vom Gesellschaftskonto ab, um private Schulden zu tilgen. Das Handeln des C hat das Vertrauensverhältnis zu den Mitgesellschaftern nachhaltig zerstört. Es liegt also ein wichtiger Grund i. S. der §§ 737, 723 Abs. 1 BGB vor, der zum Ausschluss des C berechtigt.

Die Ausschließung eines Gesellschafters muss stets unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles das äußerste Mittel darstellen, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden.[15]

Aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit folgt, dass in den Gesellschaftsvertrag Gründe aufgenommen werden können, die das Ausscheiden eines Gesellschafters zur Folge haben sollen. Nach dem Wortlaut des § 737 BGB ist eine Ausschließung aus wichtigem – sachlichen – Grund allerdings nur dann zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel enthält, die sich auf den Kündigungsfall bezieht.

Bei einer nur aus zwei Gesellschaftern bestehenden Gesellschaft (zweigliedrige Gesellschaft) ist die Ausschließung eines Gesellschafters unter dem Fortbestand der Gesellschaft grundsätzlich nicht möglich, da § 737 BGB, wie sich aus dem Wortlaut ergibt, nicht anwendbar ist.[16] In diesem Falle hilft jedoch eine mögliche Übernahme- oder Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag, nach der ein Gesellschafter das Unternehmen allein fortführt, was im praktischen Ergebnis dem Ausschluss gleichkommt.[17]

Eine Störung der Geschäftsgrundlage i. S. d. § 313 BGB kann im Personengesellschaftsrecht nicht zur Auflösung der Gesellschaft oder zum Ausschluss eines Gesellschafters führen. Sie kann allenfalls zur Anpassung des Gesellschaftsvertrages zwingen, vorausgesetzt eine ergänzende Auslegung des Vertrages ist nicht möglich.[18]

2. Die Folgen des Ausscheidens und die Haftung des ausscheidenden Gesellschafters

a) Überblick

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In Bezug auf das Innenverhältnis verliert der ausscheidende Gesellschafter seine Gesellschafterstellung. Die Mitgliedschaftsrechte und -pflichten erlöschen. Sein Anteil am Gesellschaftsvermögen wächst den übrigen Gesellschaftern zu (§ 738 Abs. 1 BGB). Mit seinem Ausscheiden verliert der Gesellschafter die mit seiner ehemaligen Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht, gemeinschaftlich mit den übrigen Gesellschaftern – oder ggf. allein – die Geschäfte zu führen und mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft rechtsgeschäftlich zu handeln[19].

b) Die Nachhaftung

162

Ein Gesellschafter, der aus der BGB-Gesellschaft ausscheidet, haftet den Gläubigern der Gesellschaft auch nach seinem Ausscheiden persönlich mit seinem Privatvermögen für alle Verbindlichkeiten, die bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens entstanden sind. Die Ansprüche gegen die Gesellschafter verjähren nach deren Ausscheiden grundsätzlich nach Maßgabe der §§ 736 Abs. 2 BGB und § 160 HGB nach fünf Jahren, soweit sie nicht einer kürzeren Verjährungsfrist unterliegen.

 

163

Durch § 736 Abs. 2 BGB wird für die BGB-Gesellschaft die sinngemäße Geltung der für die Personenhandelsgesellschaften bestehenden Regelungen über die Begrenzung der Nachhaftung angeordnet. Damit gilt auch für Ansprüche gegen einen ausscheidenden BGB-Gesellschafter grundsätzlich die fünfjährige Ausschlussfrist gem. § 160 Abs. 1 HGB (vgl. dazu Rn. 383 ff.). Wegen der fehlenden Registerpublizität der BGB-Gesellschaft ist Anknüpfungspunkt hinsichtlich des Fristbeginns für die Enthaftung des ausscheidenden Gesellschafters die Kenntnis jedes einzelnen Gläubigers vom Ausscheiden des BGB-Gesellschafters. Die daraus resultierenden unterschiedlichen Enthaftungszeitpunkte müssen je nach Gläubigerkenntnis als Konsequenz der fehlenden Registerpublizität hingenommen werden[20].

Beispiel:

Aus einer Anwaltssozietät in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts scheidet S mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter aus Altersgründen mit Wirkung zum 31.12.2009 aus. Im Oktober 2009 hatte M aufgrund eines Vertrages mit der Gesellschaft deren Praxisräume renoviert. Wegen der noch nicht bezahlten Vergütung kann M aus § 631 BGB i. V. m. § 128 HGB analog, sowie § 736 Abs. 2 BGB und § 160 HGB Anfang des Jahres 2010 auch den S in Anspruch nehmen.