Klausurenkurs im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht

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Anmerkungen

[1]

Bergmann/Ferid/Henrich/Dutta/Ebert/Enayat Iran (Stand 2002).

[2]

Bergmann/Ferid/Henrich/Dutta/Ebert/Lorenz USA – Florida (Stand 2004) 67.

Strukturierung des Falles

186

Wesentliche Themen: Anknüpfung Ehegüterstatut; Gesamtstatut und Einzelstatut; Anknüpfung nachehelicher Unterhalt nach HUntStProt 2007; Anknüpfung Versorgungsausgleich; Qualifikation (Natur der mehriye); Internationale Zuständigkeit Scheidungsfolgesachen; Nachholung des Versorgungsausgleichs bei Auslandsscheidung; Anerkennung ausländischer (Nicht-EU-) Ehescheidung.

Frage 1: Anwendbares Recht

I.Zugewinnausgleich

1.Ehegüterstatut

a)Deutsch-iranisches Niederlassungsabkommen

–Qualifikation § 1378 BGB güterrechtlich

–Völkervertragliche Kollisionsnormen (Art. 3 Nr 2 EGBGB):

–Art. 8 des Deutsch-iranisches Niederlassungsabkommens

–Sachlich auf Ehegüterrecht anwendbar (+)

–Räumlich-persönlich: nur Angehörige eines Vertragsstaates in dem anderen Vertragsstaat (-)

–Laila derzeit Deutsche

–bei Eheschließung beide Ehegatten deutsches Personalstatut (§ 2 Abs. 1 AsylVerfG aF, Art. 12 Genfer Flüchtlingskonvention)

b)EU-EhegüterVO

–Intertemporal: auch nach Inkrafttreten EU-EhegüterVO kollisionsrechtlich nur anwendbar auf ab dem 29.1.2019 geschlossene Ehe oder Rechtswahl (Art. 69 Abs. 3 EU-EhegüterVO, Redaktionsfehler „nach“).

c)Deutsches IPR

–Intertemporal: am 1.3.1986 geschlossene Ehe, also Art. 15 EGBGB geltender Fassung (Art. 220 Abs. 3 S. 2 EGBGB)

–Rechtswahl Art. 15 Abs. 2 EGBGB (Auslegung aus der Vereinbarung); Form Art. 15 Abs. 3, 14 Abs. 4 S. 1 EGBGB, im Inland notarielle Beurkundung (-)

–Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr 1 EGBGB: bei Eheschließung deutsches Personalstatut, also deutsches Recht Ehegüterstatut

2.Vorrang des Einzelstatuts

a)Anwendbarkeit auf kollisionsrechtliche Sonderbehandlung

–Art. 3a Abs. 2 EGBGB für Grundstück in Florida

–Art. 3a Abs. 2 EGBGB auf kollisionsrechtliche Spaltung des Ehegüterstatuts (+)

–Problem bei Surrogationserwerben (tracing-rule) hier (-)

–also Recht von Florida Güterstatut für dortiges Grundstück

b)Unter anderem Güterstatut erworbene Mittel (tracing rule)

tracing rule (-) Erwerb aus in der Zeit in Florida erzieltem Arbeitseinkommen

II.Unterhalt

1.HUntStProt 2007: Anwendbarkeit

a)Anwendungsbeginn

–Geltung, vgl Hinweis in Art. 3 Nr 1 lit. c EGBGB, Art. 15 EG-UntVO

b)Sachlicher, räumlicher Anwendungsbereich

–Anwendungsbereich: Sachlich auch Unterhaltspflichten aus Ehe (Art. 1 Abs. 1 HUntStProt 2007); Räumlich loi uniforme (Art. 2 HUntStProt 2007)

c)Zeitlicher Anwendungsbereich: Verfahrensbeginn oder Unterhaltszeitraum

–Intertemporale Anwendung strittig: Unterhaltsansprüche, in nach dem 18.6.2011 eingeleiteten Verfahren, jedoch nur für Zeiträume ab dem 18.6.2011 (Art. 75 Abs. 1, 76 Abs. 3 EG-UntVO, Art. 22 HUntStProt 2007 (+); oder in neuen Verfahren auch für Zeiträume vor dem 18.6.2011? (-))

d)Vorbehalte bei bestimmten Konstellationen

–anders als unter HUntStProt 2007 (-)

2.HUntStProt 2007: Anknüpfung Nachehelicher Unterhalt

a)Grundsatzanknüpfung

–Nachehelicher Unterhalt grundsätzlich nach Art. 3 HUntStProt 2007, Anknüpfung an das auf die Scheidung angewendete Recht nur noch bei entsprechender Rechtswahl (Art. 8 Abs. 1 lit. d HUntStProt 2007)

b)Einrede bei engerer gemeinsamer Verbindung

–Einrede der engeren Verbindung nach Art. 5 HUntStProt 2007 für Unterhalt zwischen (früheren) Ehegatten; müsste von A erhoben werden; engere Verbindung zu Florida wohl nicht (-)

III.Versorgungsausgleich

1.Nachgeholter VA

a)Nachholung bei Auslandsscheidung

–amtswegige Folgesache: § 137 Abs. 2 S. 2 FamFG), nach Scheidung möglich?

–Nachholung bei Auslandsscheidung geboten, weil Nichtdurchführung die Regel

b)Keine Erfassung durch Rechtskraft ausländischer Scheidung

–Rechtskraft (-) da im Verfahren in Florida nicht Gegenstand

2.Versorgungsausgleichsstatut

a)Art. 8 deutsch-iranisches Niederlassungsabkommen

–Art. 8 deutsch-iranisches Niederlassungsabkommen:

–sachlich (+), persönlich (-) da Leila Deutsche

b)Art. 17 Abs. 3 EGBGB: Intertemporal anwendbare Fassung

–Intertemporal Art. 17 Abs. 3 EGBGB, Scheidungsverfahren wurde nach Inkrafttreten der Neufassung eingeleitet (Art. 229 § 28 EGBGB)

c)Anknüpfung des VA

–Art. 17 Abs. 3 S. 1 EGBGB: VA nach dem gemäß Rom III-VO maßgeblichen Scheidungsstatut

–Mangels Rechtswahl (Art. 5 Rom III-VO) gemäß Art. 8 Rom III-VO

–Bei Antragstellung kein gewöhnlicher Aufenthalt im selben Staat (Art. 8 lit. a Rom III-VO) und letzter gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt mehr als ein Jahr aufgegeben (Art. 8 lit. b Rom III-VO)

–Art. 8 lit. c Rom III-VO: Fraglich, ob gemeinsame Staatsangehörigkeit; auch unter EU-Kollisionsrecht § 2 AsylG und Art. 12 GFK beachtlich

–Leila: § 2 AsylG, deutsches Personalstatut

–Ali Akbar: § 72 Abs. 1 Nr 4 AsylVerfG aF [ebenso AsylG]: Verlust durch Verzicht auf Asylberechtigtenstatus, also kein gemeinsames Personalstatut; letztes gemeinsames Personalstatut unter Art. 8 Rom III-VO nicht maßgeblich

–Art. 8 lit. d Rom III-VO: Recht des Staates des angerufenen Gerichts; abzustellen auf das ausländische Scheidungsgericht (-) oder Fiktion der Scheidung in D samt DurchführungVA (+).

3.„Kennen“ des VA des VA: Leila Deutsche (+)

–Leila Deutsche (+)

4.Antrag

–nicht Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB, da VA an sich durchzuführen, aber VA von Amts wegen nur bei Verbund; keine isolierte Durchführung ohne Antrag

5.Ausländische Rentenanwartschaften

–Einbeziehung pension plan kann nach Fragestellung offen bleiben, da keine IPR-Frage, sondern Problem der materiellrechtlichen Reichweite und Methode des VA

IV.Morgengabe (mehriye)

1.Qualifikation

a)Methode: Funktionelle Qualifikation

–funktionelle Qualifikation an Funktionsähnlichkeit zu deutschen Rechtsinstituten

b)Qualifikation bei mehrfachen Funktionen

–Qualifikation im Schrifttum grundsätzlich für einen bei Scheidung der Ehe zu zahlenden Anteil strittig:

–deutsche Ausgleichssysteme Zugewinnausgleich, Unterhalt, Versorgungsausgleich, Hausratverteilung

–islamisches Recht: Zweck der mehriye Selbstständigkeit und Schutz vor Willkür bei talaq

–Qualifikation: scheidungsrechtlich (nur wenn talaq-Risiko besteht) oder Mischqualifikation unterhaltsrechtlich und ehegüterrechtlich; BGH jedenfalls für das iranisch-shi‘itischen Modell (Fälligkeit bei Eheschließung): Ehewirkungsstatut

c)Ehewirkungsrechtliche Qualifikation

–Im vorliegenden Fall: Ehewirkungsstatut bei Eheschließung, aber auch Güter-, Unterhalts- und Ehescheidungsstatut nicht islamisch, mehriye-Vereinbarung geht ins Leere

2.Auslegung als sonstiger (Scheidungsfolgen-)Vertrag

a)Auslegung bei Handeln unter „falschem“ Statut

–Auslegung möglich (+): Vertrag, kein zwingendes gesetzliches Institut

b)Schuldrechtliche Auslegung

–Abstraktes Schuldversprechen: (-) da Bezug zu islamischem Familienrecht gewollt; jedenfalls bedürfte es dann der Form des § 518 BGB

c)Auslegung als Scheidungsfolgenvereinbarung

–Ehevereinbarung zur Abänderung/Pauschalierung vermögensrechtlicher Folgen

–nur Erfüllung vermeintlich gesetzlicher Verpflichtung, kein Regelungswille (-)

–Ehewirkungsrechtlich: Vereinbarung grundsätzlich formfrei, aber kein auf Zahlung gerichtetes vergleichbares Institut

d)Formunwirksamkeit

–Form § 1410 BGB, falls ehegüterrechtlich, § 1408 Abs. 2 BGB falls versorgungsausgleichsrechtlich, also formunwirksam (-)

–Unterhaltsrechtlich: zwar formfrei (§ 1585c BGB erst ab 1.1.2008), aber nicht abtrennbar (-)

Ergebnis:Güterrechtsstatut ist deutsches Recht, für das Grundstück in Florida jedoch floridianisches Recht, so dass ein Zugewinnausgleich nicht stattfindet.

–Unterhaltsstatut ist deutsches Recht. Der Einwand des Ali Akbar nach Art. 5 HUntStProt 2007 greift absehbar nicht durch.

–Versorgungsausgleichsstatut ist deutsches Recht; der VA kann nachgeholt werden.

–Die Vereinbarung geht daher ins Leere und kann auch nicht als Verzicht bzw Abfindung anderer Scheidungsfolgenansprüche ausgelegt werden.

 

Frage 2: Zuständigkeit

I.Zugewinnausgleich

1.Internationale Zuständigkeit

a)Bereichsausnahme aus Brüssel Ia-VO

–Brüssel Ia-VO: sachlicher Anwendungsbereich (-) Art. 1 Abs. 2 lit. a Brüssel Ia-VO; räumlicher Anwendungsbereich (-) Art. 6 Abs. 1, 62 Abs. 1 Brüssel Ia-VO

b)EU-EheGüterVO

–EU-EheGüterVO: zeitlicher Anwendungsbereich Verfahrensrecht (+) Art. 69 Abs. 1 EU-EheGüterVO: Verfahrenseinleitung ab 29.1.2019

–Sachlicher Anwendungsbereich (+) Art. 1 Abs. 1 EU-EheGüterVO, Auslegung „eheliche Güterstände“ wie in Art. 1 Abs. 2 lit. a Brüssel Ia-VO

–Räumlicher Anwendungsbereich (+): Keine Art. 5, 6 Brüssel Ia-VO entsprechende Beschränkung, keine subsidiäre Anwendung nationalen Rechts, sondern abschließend Art. 11 EU-EheGüterVO für „Notzuständigkeiten“

c)Internationale Zuständigkeit nach EU-EheGüterVO

–Art. 4 EU-EheGüterVO (-) keine Nachlasssache parallel; Art. 5 EU-EheGüterVO keine Ehesache parallel; Art. 7 EU-EheGüterVO (-) keine Vereinbarung; Art. 6 EU-EheGüterVO (-) keines der Kriterien greift; Art. 10 EU-EheGüterVO (-): kein unbewegliches Vermögen in D

–Art. 11 EU-EheGüterVO (+): kein Gericht eines Mitgliedstaats nach Art. 4, 5, 6, 7, 8, 10 zuständig

–Unzumutbarkeit für Laila, den Zugewinnausgleich in USA einzuklagen (wohl +)

–Ausreichender Bezug zu D durch deutsche Staatsangehörigkeit der Laila (+)

d)Örtliche, sachliche Zuständigkeit

–Nicht in EU-EheGüterVO mitgeregelt; § 262 FamFG (-), weil Vorrang von § 3 IntGüRG, wenn deutsche internationale Zuständigkeit aus EU-EheGüterVO; § 3 Nr 9 IntGüRG: AG Berlin-Schöneberg

Ergebnis:Ob deutsche Gerichte international für den Antrag auf Zugewinnausgleich zuständig sind, hängt davon ab, ob die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme drittstaatlicher (hier floridianischer) Gerichte anzunehmen ist. Sofern dies bejaht wird, ist örtlich und sachlich das AG Berlin-Schöneberg – Familiengericht – zuständig.

II.Unterhalt

1.Internationale Zuständigkeit

a)Anwendungsbereich der EG-UntVO

–EG-UntVO verdrängt für seit dem 18.6.2011 eingeleitete Unterhaltsverfahren die Brüssel I-VO (Art. 68 Abs. 1 EG-UntVO; seit 10.1.2015 ausdrücklich Art. 1 Abs. 2 lit. e Brüssel Ia-VO; sachlich: Art. 1 EG-UntVO (+); räumlich: keine Beschränkung, anders als Art. 6 Brüssel Ia-VO (+)

b)Zuständigkeit Art. 3 EG-UntVO

–Art. 3 EG-UntVO begründet alternative Zuständigkeiten, hier Art. 3 lit. b EG-UntVO: gewöhnlicher Aufenthalt der Antragstellerin

2.Örtliche, sachliche Zuständigkeit

–Örtlich: von Art. 3 EG-UntVO mitgeregelt

–Sachlich: ausschließlich das Familiengericht (§ 111 Nr 8 FamFG)

III.Versorgungsausgleich

1.Internationale Zuständigkeit

a)Brüssel Ia-VO, EG-UntVO

–Brüssel Ia-VO räumlich (-), sachlich (-): „Güterstand“ Art. 1 Abs. 2 lit. a Brüssel Ia-VO; EG-UntVO sachlich (-).

b)Anwendbarkeit der EU-EheGüterVO

–Bei Einordnung als „ehelicher Güterstand“ in Art. 1 Abs. 2 lit. a Brüssel Ia-VO nun zwangsläufig Anwendung von Art. 1 Abs. 1 EU-EheGüterVO.

c)Zuständigkeit aus Art. 11 EU-EheGüterVO

–Damit dasselbe Zuständigkeitsproblem zu Art. 11 EU-EheGüterVO wie für den Zugewinnausgleich. Unzumutbarkeit (+) sozialpolitischer Aspekt und daran orientierte bisherige Zuständigkeit nach § 102 FamFG.

2.Örtliche, sachliche Zuständigkeit

–Örtlich: fraglich, ob § 3 IntGüRG, da Versorgungsausgleich im deutschen Recht nicht Güterrecht; Gegenansicht, dass der Güterrechtsbegriff des IntGüRG dem der EU-EheGüterVO folgt, ist gut vertretbar;

nach hier vertretener Ansicht weiter

–Örtlich: § 218 Nr. 4 FamFG

–Sachlich: Familiengericht

IV.Morgengabe

1.Internationale Zuständigkeit

a)Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO

–Brüssel Ia-VO: räumlich (-) Art. 6 Abs. 1 Brüssel Ia-VO; sachlich fraglich wegen strittiger Qualifikation

b)Anwendungsbereich der EG-UntVO

–EG-UntVO: räumlich nicht beschränkt, also Qualifikation maßgeblich (-)

–EU-EheGüterVO: räumlich nicht beschränkt, also Qualifikation maßgeblich (-)

c)§§ 98 ff FamFG

–§§ 98 ff FamFG: Familiensache (+), jedenfalls § 111 Nr 10 iVm § 266 Abs. 1 Nr 2 FamFG

d)Verfahrensrechtliche Qualifikation

–Bei scheidungsrechtlicher Qualifikation entweder analog § 98 Abs. 2 FamFG; eher aber: sonstige Familiensache (§§ 111 Nr 10, 266 Abs. 1 Nr 2 FamFG)

e)Internationale Zuständigkeit für Sonstige Familiensache

–§§ 105, 267 Abs. 1 FamFG (-): keine Ehesache anhängig

–§§ 105, 267 Abs. 2 FamFG: ZPO-Bestimmungen, §§ 12, 13 ZPO (-), allenfalls § 23 ZPO

2.Örtliche, sachliche Zuständigkeit

–nicht zu bestimmen mangels internationaler, wäre ebenfalls §§ 111 Nr 10, 267 Abs. 2 FamFG

Ergebnis:Eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für ehegüterrechtliche Ansprüche fehlt. Ebenso fehlt eine internationale Zuständigkeit für Ansprüche auf mehriye, die verfahrensrechtlich als sonstige Familiensachen zu qualifizieren sind. Für Unterhaltsansprüche folgt die internationale und örtliche Zuständigkeit des AG München – Familiengericht – aus Art. 3 lit. b EG-UntVO. Für den nachzuholenden Versorgungsausgleich besteht eine internationale Zuständigkeit aus § 102 Nr 1 FamFG, sowie die örtliche Zuständigkeit des AG München – Familiengericht – aus § 218 Nr 4 FamFG; das Verfahren ist Familiensache nach § 111 Nr 7 FamFG.

Frage 3: Wirksame Ehescheidung

1.Verfahrensrechtliche Vorfrage

–Vorfrage der wirksamen Ehescheidung bei Versorgungsausgleich und nachehelichem Unterhalt

–nicht kollisionsrechtliche Beurteilung, sondern verfahrensrechtliche Anerkennung

2.Keine Anwendung der Brüssel IIa-VO

–Anerkennung nach §§ 107 ff FamFG, nicht Art. 21 ff Brüssel IIa-VO

3.Anerkennungsmonopol der LJV (§ 107 FamFG)

–im Allgemeinen bei § 108 FamFG ebenso wie bei § 328 ZPO Inzidentanerkennung

–Scheidungsurteile aus Nicht-EG-Staaten aber § 107 Abs. 1 FamFG; keine Entbehrlichkeit, da nicht beide US-Bürger § 107 Abs. 1 S. 2 FamFG

–Anerkennungsverfahren noch nicht durchgeführt, also Aussetzung auf Antrag nach § 113 Abs. 1 FamFG, § 148 ZPO

4.Anerkennungsvoraussetzungen (§ 109 FamFG)

–Anerkennungsvoraussetzungen auch im Verfahren nach § 107 FamFG gemäß § 109 FamFG:

a)Spiegelbildliche Zuständigkeit

–Abs. 1 Nr 1 spiegelbildliche Zuständigkeit: Fraglich, ob Maßstab nur § 98 FamFG oder Art. 3 Brüssel IIa-VO

–Anerkennung im Verhältnis zu USA nicht Art. 21 ff Brüssel IIa-VO

–Aber: Anwendbarkeit von Art. 3 Brüssel IIa-VO auch bei Ehegatten aus Drittstaaten, ggf sogar ausschließlich

–Irrelevant, dass Art. 3 Brüssel IIa-VO auf Mitgliedstaaten bezogen, da nur „spiegelbildliche“ Zuständigkeit zu prüfen

–Also: USA-Gerichte nach Art. 3 Abs. 1 lit. a Str. 2 Brüssel IIa-VO spiegelbildlich zuständig

b)Zustellung verfahrenseinleitendes Schriftstück

–Abs. 1 Nr 2 (Zustellung/Einlassung):

–Einlassung fraglich, da bloßer Brief

–Ordnungsgemäße und rechtzeitige Zustellung: HZÜ, nicht EG-ZustellVO

–Art. 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 HZÜ iVm §§ 166, 176 ZPO, § 113 Abs. 1 FamFG (+)

–Rechtzeitigkeit, kein gegenteiliger Hinweis, Brief spricht dafür

c)Sonstige Anerkennungshindernisse

–Abs. 1 Nr 3, 4 (konkurrierende Entscheidungen): (-)

–Abs. 4 Gegenseitigkeit bei Ehesachen nicht zu prüfen.

Ergebnis:Das AG München – FamG – setzt das Verfahren auf Antrag aus, bis das Anerkennungsverfahren nach § 107 FamFG vor der Landesjustizverwaltung durchgeführt ist. Diese wird die Anerkennung aussprechen, da keine Anerkennungshindernisse vorliegen.

Lösung
Frage 1: Anwendbares Recht[1]
I. Zugewinnausgleich
1. Ehegüterstatut

187

Der Anspruch auf Zugewinnausgleich ist güterrechtlich zu qualifizieren; ein Anspruch aus § 1378 BGB setzt voraus, dass deutsches Recht Ehegüterstatut ist.

a) Art. 8 Deutsch-iranisches Niederlassungsabkomen

188

Unmittelbar geltende völkervertragliche Kollisionsnormen sind vorrangig (Art. 3 Nr 2 EGBGB).

aa)

Zu prüfen ist Art. 8 des Deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens, dessen Fortgeltung nach dem 2. Weltkrieg gegenüber der BRep. Deutschland auch durch die Islamische Republik Iran bestätigt wurde.[2] Sachlich ist Art. 8 des Abk. auf das Ehegüterrecht anwendbar.

bb)

Der räumlich-persönliche Anwendungsbereich betrifft jedoch nur die Behandlung Angehöriger eines Vertragsstaates in dem anderen Vertragsstaat, also die Behandlung von Iranern in Deutschland und umgekehrt. Dies ist vorliegend fraglich, denn Laila ist derzeit Deutsche, nur Ali Akbar besitzt noch die iranische Staatsangehörigkeit. Es könnte jedoch auf den Zeitpunkt der Eheschließung abzustellen sein, weil in diesem Zeitpunkt das Ehegüterstatut unwandelbar angeknüpft wird (vgl Art. 15 Abs. 1 EGBGB). In diesem Zeitpunkt waren die Ehegatten jedoch als Asylberechtigte anerkannt und besaßen deshalb nach § 2 Abs. 1 AsylVerfG aF (jetzt AsylG) die Rechtsstellung nach Art. 12 Abs. 1 Genfer Flüchtlingskonvention und damit bei deutschem Wohnsitz ein deutsches Personalstatut. Diese Rechtsstellung ist trotz fortbestehender iranischer Staatsangehörigkeit auch gegenüber dem Niederlassungsabkommen maßgeblich. Dessen Anwendungsvoraussetzungen liegen also nicht vor.

b) EU-EheGüterVO

189

Die EU-EheGüterVO ist am 29.1.2019 in Kraft getreten. Die IPR-Bestimmungen der VO sind jedoch nur anzuwenden auf Ehen, die nach dem Inkrafttreten geschlossen werden, sowie auf eine Rechtswahl nach diesem Zeitpunkt (Art. 69 Abs. 3 EU-EheGüterVO, wobei „nach“ ein Redaktionsfehler ist, da offenbar gewollt ist, dass Eheschließungen nach dem Inkrafttreten, damit auch am 29.1.2019 geschlossene Ehen, erfasst sind.

c) Deutsches IPR

190

Anzuwenden ist damit das deutsche IPR.

aa)

Auf die am 1.3.1986 geschlossene Ehe ist intertemporal Art. 15 EGBGB geltender Fassung anzuwenden (Art. 220 Abs. 3 S. 2 EGBGB). Eine bei Eheschließung vor dem 9.4.1983 durchaus erwägenswerte stillschweigende Unterstellung unter iranisches Güterrecht durch Vereinbarung einer Morgengabe (Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr 2 EGBGB) war nicht möglich.

bb)

Eine Rechtswahl zu iranisch-islamischem Recht nach Art. 15 Abs. 2 EGBGB, die im Wege der Auslegung aus der Vereinbarung gefolgert werden könnte, scheitert jedenfalls an dem Formerfordernis in Art. 15 Abs. 3, 14 Abs. 4 S. 1 EGBGB; bei Wahl im Inland wäre notarielle Beurkundung erforderlich gewesen.

cc)

Damit bestimmt sich das Ehegüterstatut nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB, der auf das allgemeine Ehewirkungsstatut bei Eheschließung (Art. 14 EGBGB) verweist. Bei Eheschließung hatten beide Ehegatten ein deutsches Personalstatut (Rn 188); maßgebliches Güterstatut ist damit deutsches Recht (Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr 1 EGBGB).

 

2. Vorrang des Einzelstatuts

191

Fraglich ist jedoch, ob das in Florida belegene Grundstück in den Zugewinnausgleich einzubeziehen ist. Insoweit könnte ein nach Art. 3a Abs. 2 EGBGB (hinsichtlich Ehegüterrecht = Dritter Abschnitt nicht geändert) gegenüber deutschem Recht als Gesamtstatut vorrangiges Einzelstatut bestehen.