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Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Zehnter Band: enthaltend Kapitel 19 und 20.

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Foley

Von Foley wissen wir verhältnißmäßig wenig. Seine Geschichte hat bis zu einem gewissen Punkte große Aehnlichkeit mit der Geschichte Harley’s; aber er stand in Bezug auf Geistesgaben wie auf Charactergröße offenbar höher als Harley. Er war der Sohn Thomas Foley’s, eines bisher unbekannten Mannes von großer Begabung, der mit nichts ins Leben getreten war, sich aber durch Eisenwerke ein schönes Vermögen erworben hatte und der wegen seiner makellosen Rechtschaffenheit und seiner freigebigen Mildthätigkeit bekannt war. Die Foley waren, wie ihre Nachbarn, die Harley, Whigs und Puritaner. Thomas Foley lebte in intimer Freundschaft mit Baxter, in dessen Schriften er mit warmem Lobe erwähnt wird. Die Ansichten und Zuneigungen Paul Foley’s waren anfangs die seiner Familie. Aber er wurde, wie Harley, bloß durch die Heftigkeit seines Whiggismus, ein Bundesgenosse der Tories und wäre vielleicht, wie Harley, noch ganz in einen Tory verwandelt worden, hätte nicht der Tod den Umwandlungsprozeß unterbrochen. Foley’s Anlagen waren vortrefflich und waren durch eine sorgfältige Erziehung noch mehr ausgebildet worden. Er war so wohlhabend, daß er nicht nöthig hatte, die Jurisprudenz als Broterwerb zu studiren; aber er hatte sie gründlich als Wissenschaft studirt. Seine Moralität war tadellos, und der größte Fehler, den man ihm zum Vorwurf machen konnte, war der, daß er zu sehr mit seiner Unabhängigkeit und Uneigennützigkeit paradirte und so sehr fürchtete, für einen Speichellecker gehalten zu werden, daß er beständig murrte.

Howe

Noch ein Convertit muß erwähnt werden. Howe, noch vor Kurzem der heftigste Whig, war durch den Verlust seines Amtes in einen der heftigsten Tories verwandelt worden. Der Deserteur brachte der Partei, zu der er übergegangen war, keinen großen Ruf, keine wirkliche oder anscheinende Befähigung zu wichtigen Geschäften, wohl aber eine bedeutende parlamentarische Geschicklichkeit niederer Art, viel Galle und große Unverschämtheit. Kein Redner der damaligen Zeit scheint in so reichem Maße sowohl die Gabe als den Hang besessen zu haben, seinen Gegnern wehe zu thun.

Die Unterstützung dieser Männer war der Torypartei höchst willkommen; aber unmöglich konnten sie schon jetzt die ganze Autorität von Führern über diese Partei ausüben. Denn sie nannten sich noch immer Whigs und rechtfertigten ihre toryistischen Voten durchgehends mit Argumenten, die sich auf whiggistische Prinzipien gründeten.207

Aus dieser Uebersicht des Standes der Parteien im Hause der Gemeinen geht klar hervor, daß Sunderland guten Grund hatte, den Rath zu geben, daß die Verwaltung in die Hände der Whigs gelegt werde. Der König zögerte jedoch lange, ehe er sich entschließen konnte, die neutrale Stellung aufzugeben, die er seit langer Zeit zwischen den streitenden Parteien einnahm. Wenn die eine dieser Parteien geneigt war, seinen Rechtstitel zu bestreiten, so war die andre aus Prinzip seiner Prärogative feindlich gesinnt. Er erinnerte sich noch mit Bitterkeit des unbilligen und rachsüchtigen Verfahrens des Conventionsparlaments zu Ende des Jahres 1689 und zu Anfang des Jahres 1690, und er erschrak vor dem Gedanken, gänzlich in der Gewalt von Männern zu sein, die sich der Indemnitätsbill widersetzt, für die Sacheverell’sche Klausel gestimmt, ihn von der Uebernahme des Commandos seiner Armee in Irland abzubringen versucht und ihn einen undankbaren Tyrannen genannt hatten, lediglich deshalb, weil er nicht ihr Sklave und Henker sein wollte. Er hatte einst durch eine kühne und unerwartete Anstrengung ihr Joch abgeschüttelt und hatte keine Lust, es wieder auf seinen Nacken zu laden. Wharton und Russell waren ihm persönlich zuwider. Dagegen hatte er eine hohe Meinung von Caermarthen’s Geschäftstüchtigkeit, von Nottingham’s Rechtschaffenheit und von Godolphin’s Fleiß und finanzieller Geschicklichkeit. Nur langsam siegten Sunderland’s Gründe, durch die Gewalt der obwaltenden Verhältnisse unterstützt, über alle Einwände.

Zusammentritt des Parlaments

Am 7. Nov. 1693 trat das Parlament zusammen und sogleich begann auch der Kampf der Parteien. Wilhelm stellte vom Throne herab den beiden Häusern dringend die Nothwendigkeit vor, durch eine große Anstrengung den Fortschritten Frankreich’s auf dem Continent Einhalt zu thun. Während des letzten Feldzugs, sagte er, habe es auf jedem Punkte eine Uebermacht gehabt, und es sei deshalb unmöglich gewesen, mit ihm fertig zu werden. Seine Verbündeten hätten versprochen, ihre Armeen zu verstärken und er hege die vertrauensvolle Ueberzeugung, daß die Gemeinen ihn in den Stand setzen würden, ein Gleiches zu thun.208

Debatten über die Unfälle zur See

Die Gemeinen zogen in ihrer nächsten Sitzung die Thronrede des Königs in Berathung. Den Hauptgegenstand der Discussion bildete die Zerstörung der Smyrnaflotte. Das Verlangen nach einer Untersuchung war allgemein, aber es lag auf der Hand, daß die beiden Parteien dieses Verlangen aus sehr verschiedenen Gründen stellten. Montague sprach die Ansicht der Whigs aus. Er erklärte, die Unglücksfälle vom vergangenen Sommer könnten seiner Meinung nach ihre Erklärung in der Unwissenheit und Schwäche der Männer finden, denen die Marineverwaltung übertragen sei. Es müsse Verrath stattgefunden haben. Man könne unmöglich annehmen, daß Ludwig, als er sein Brester Geschwader nach der Meerenge von Gibraltar sandte und die ganze Küste seines Königreichs von Dünkirchen bis Bayonne ohne Schutz ließ, nur aufs Gerathewohl gehandelt habe. Er müsse die feste Ueberzeugung gehabt haben, daß seine Flotte auf eine große Beute unter schwacher Bedeckung stoßen werde. Wie auf einigen Seiten Verrath stattgefunden habe, so habe es auf anderen Seiten Unfähigkeit gegeben. Der Staat werde schlecht bedient. Hierauf hielt der Redner eine warme Lobrede auf seinen Freund Somers. „Möchten doch alle am Staatsruder stehenden Männer das Beispiel des Lord Siegelbewahrers nachahmen! Wenn alle Stellen mit solcher Einsicht und Uneigennützigkeit besetzt würden, wie durch ihn, so würden wir die Staatsämter nicht von Männern bekleidet sehen, die Gehalte beziehen und nichts dafür thun!” Es wurde beantragt und einstimmig angenommen, daß die Gemeinen Ihre Majestäten unterstützen und unverzüglich eine Untersuchung der Ursachen des Unglücks in der Lagosbai anordnen wollten.209 Die Lords der Admiralität erhielten die Weisung, eine große Masse schriftlicher Beweisstücke vorzulegen. Der König sandte Abschriften von den Resultaten der Nachforschungen ein, welche der von Marien zur Untersuchung der Beschwerden der mit der Türkei Handel treibenden Kaufleute ernannte Ausschuß des Geheimen Raths angestellt hatte. Die Kaufleute selbst wurden vorgeladen und vernommen. Rooke, der noch zu krank war, um stehen und sprechen zu können, wurde in einem Lehnstuhle vor die Schranke gebracht und überreichte hier eine Darstellung seines Verfahrens. Die Whigs glaubten bald, daß hinreichender Grund zu einem die Marineverwaltung tadelnden Votum vorliege und beantragten eine Resolution, welche den Verlust der Smyrnaflotte notorischer und verrätherischer Mißführung zuschrieb. Daß verkehrte Führung stattgefunden hatte, konnte nicht bestritten werden; daß aber falsches Spiel gespielt worden sei, war sicherlich durch nichts bewiesen. Die Tories schlugen vor, das Wort „verrätherisch” zu streichen. Es wurde abgestimmt, und die Whigs siegten mit hundertvierzig gegen hundertdrei Stimmen. Wharton war Stimmenzähler für die Majorität.210

Es war nunmehr entschieden, daß Verrath stattgefunden hatte, nicht aber, wer der Verräther war. Es folgten mehrere heftige Debatten. Die Whigs bemühten sich, die Schuld auf Killegrew und Delaval zu wälzen, welche Tories waren; die Tories thaten ihr Möglichstes, um zu beweisen, daß die Schuld an der Proviantverwaltung gelegen habe, die unter der Leitung von Whigs stand. Aber das Haus der Gemeinen ist stets viel mehr dazu geneigt gewesen, in allgemeine Ausdrücke gefaßte Tadelsvoten zu beschließen, als einzelne Personen speciell zu brandmarken. Eine Resolution, welche die Proviantverwaltung freisprach, wurde von Montague beantragt und nach einer zweitägigen Debatte mit hundertachtundachtzig gegen hundertzweiundfunfzig Stimmen angenommen.211 Als aber die siegreiche Partei einen Antrag auf Schuldigerklärung der Admirale stellte, kamen die Tories in großer Anzahl vom Lande herein, und es gelang ihnen nach einer von neun Uhr Morgens bis gegen elf Uhr Abends dauernden Debatte ihre Freunde zu retten. Die Neins beliefen sich auf hundertsiebzig, die Jas auf nur hunderteinundsechzig. Einige Tage später wurde ein neuer Angriff mit nicht besserem Erfolge gemacht. Die Neins betrugen hundertfünfundachtzig, die Jas nur hundertfünfundsiebzig. Der unermüdliche und unversöhnliche Wharton war beide Male Stimmenzähler für die Minorität.212

 

Russell erster Lord der Admiralität

Trotz dieser Niederlage war der Vortheil entschieden auf Seiten der Whigs. Die an der Spitze der Marineverwaltung stehenden Tories waren zwar der Anklage entgangen, aber sie waren ihr mit so genauer Noth entgangen, daß der König sich ihrer unmöglich noch ferner bedienen konnte. Sunderland’s Rath behielt die Oberhand. Es wurde eine neue Admiralitätscommission gebildet und Russell zum ersten Lord ernannt. Das Commando der Kanalflotte besaß er bereits.

Nottingham’s Rücktritt

Seine Erhebung machte Nottingham’s Rücktritt nothwendig. Denn obgleich es damals nichts Ungewöhnliches war, Männer, welche persönliche und politische Feinde waren, gleichzeitig hohe Aemter verwalten zu sehen, so war doch das Verhältniß zwischen dem ersten Lord der Admiralität und dem Staatssekretär, dessen Leitung das was man jetzt das Kriegsdepartement nennen würde, übertragen war, so eigenthümlicher Art, daß der öffentliche Dienst ohne herzliches Zusammenwirken Beider nicht wohl versehen werden konnte, und ein solches Zusammenwirken war bei Russell und Nottingham nicht zu erwarten. „Ich danke Ihnen,” sagte Wilhelm zu Nottingham, „für Ihre Dienste. Ich habe über nichts in Ihrem Verhalten zu klagen und trenne mich nur aus Nothwendigkeit von Ihnen.” Nottingham zog sich mit Würde zurück. Obwohl ein durchaus rechtschaffener Mann, verließ er das Amt doch viel reicher als er vor fünf Jahren in dasselbe eingetreten war. Was damals als die rechtmäßigen Emolumente seiner Stelle betrachtet wurde, war sehr bedeutend; überdies hatte er Kensington House an die Krone verkauft und hatte auch wahrscheinlich nach damaliger Sitte einige lucrative Schenkungen erhalten. Er legte alle seine Ersparnisse in Grundeigenthum an. Er habe erfahren, sagte er, daß seine Feinde ihn der Erwerbung von Reichthum durch unerlaubte Mittel zu beschuldigen gedächten. Er sei jeden Augenblick bereit, sich einer Untersuchung zu unterwerfen. Er wolle nicht, wie einige Minister gethan hätten, sein Vermögen so anlegen, daß es außer dem Bereiche der Gerechtigkeit seines Vaterlandes stehe, er wolle keinen geheimen Schatz haben und nichts in auswärtigen Papieren anlegen. Sein Eigenthum solle ausschließlich solches sein, das leicht ausfindig gemacht und confiscirt werden könne.213

Shrewsbury will kein Amt annehmen

Einige Wochen lang blieben die von Nottingham abgegebenen Siegel im königlichen Cabinet. Die anderweitige Vergebung derselben erwies sich als kein leichtes Ding. Sie wurden Shrewsbury angeboten, der von allen Whighäuptern in der Gunst des Königs am höchsten stand; aber er lehnte sie ab und zog sich, um ferneren Anträgen aus dem Wege zu gehen, aufs Land zurück. Dort erhielt er bald einen dringenden Brief von Elisabeth Villiers. Diese Dame hatte, als sie noch ein Mädchen war, Wilhelm eine Leidenschaft eingeflößt, die an dem kleinen Hofe im Haag großes Aergerniß erregt und viel Unheil angerichtet hatte. Sie verdankte ihren Einfluß keineswegs persönlichen Reizen – denn es bedurfte Kneller’s ganzer Geschicklichkeit, damit sie auf der Leinwand erträglich aussah – und eben so wenig den ihrem Geschlecht eigenen Talenten – denn sie excellirte nicht in angenehmer Unterhaltung und ihren Briefen fehlte es auffallend an weiblicher Leichtigkeit und Eleganz – sondern vielmehr Geistesgaben, die sie geeignet machten, an den Sorgen von Staatsmännern Theil zu nehmen und ihnen rathend zur Seite zu stehen. Bis ans Ende ihres Lebens fragten sie große Politiker um Rath. Selbst Swift, der Schlaueste und Cynischste unter ihren Zeitgenossen, erklärte sie für die klügste aller Frauen und saß mehr als einmal, durch ihre Unterhaltung gefesselt, von zwei Uhr Nachmittags bis gegen Mitternacht bei ihr.214 Nach und nach eroberte sich Marie durch ihre Tugenden und Reize den ersten Platz im Herzen ihres Gemahls. Aber in schwierigen Fällen wendete er sich noch immer häufig an Elisabeth Villiers um Rath und Beistand. Sie beschwor jetzt Shrewsbury, seinen Entschluß nochmals zu überlegen und sich nicht die Gelegenheit entgehen zu lassen, die Whigs für immer zu einigen. Wharton und Russell schrieben in dem nämlichen Sinne. Als Antwort kamen leere und nichtssagende Entschuldigungen: „Ich eigne mich nicht für das Hofleben; ich bin einer Stelle nicht gewachsen, die viel Anstrengung erfordert; ich stimme mit keiner Partei im Staate ganz überein; kurz, ich tauge nicht für die Welt. Ich will reisen, ich möchte Spanien kennen lernen.” Dies waren bloße Ausflüchte. Hätte Shrewsbury die ganze Wahrheit sagen wollen, so würde er geschrieben haben, daß er in einer bösen Stunde der Sache der Revolution, bei der er eine so große Rolle gespielt, untreu geworden, daß er Verpflichtungen eingegangen sei, die er bereue, von denen er sich aber nicht wieder losmachen könne, und daß er, so lange diese Verpflichtungen auf ihm lasteten, nicht gesonnen sei, in den Dienst der bestehenden Regierung zu treten. Marlborough, Godolphin und Russell machten sich allerdings kein Gewissen daraus, mit dem einen Könige zu correspondiren, während sie dem andren dienten. Shrewsbury aber hatte, was Marlborough, Godolphin und Russell nicht hatten: ein Gewissen, das ihn zwar nur zu oft nicht abhielt, Unrecht zu thun, das ihn aber stets strafte.215

In Folge seiner Weigerung die Siegel anzunehmen wurden die vom Könige beabsichtigten ministeriellen Arrangements erst gegen den Schluß der Session vollständig geordnet. Inzwischen waren die Verhandlungen der beiden Häuser höchst interessant und wichtig gewesen.

Debatten über den Handel mit Indien

Bald nach dem Zusammentritt des Parlaments richtete sich die Aufmerksamkeit der Gemeinen von neuem auf den Zustand des Handels mit Indien, und die der alten Compagnie so eben ertheilte Concession wurde ihnen vorgelegt. Sie würden wahrscheinlich nicht abgeneigt gewesen sein, das neue Arrangement, das sich eigentlich nur wenig von dem unterschied, welches sie selbst nicht viele Monate früher vorgeschlagen hatten, zu bestätigen, wenn die Directoren mit Vorsicht zu Werke gegangen wären. Aber die Directoren hatten von dem Tage, an welchem sie ihre Concessionsurkunde erhalten, die Schleichhändler unbarmherzig verfolgt und ganz außer Acht gelassen, daß es etwas Andres war, die Schleichhändler in den östlichen Meeren zu verfolgen, als sie im Hafen von London zu verfolgen. Bisher war der Krieg der Monopolisten gegen die Privatkaufleute meist in einer Entfernung von fünfzehntausend Meilen von England geführt worden. Wenn Gewaltthätigkeiten geschahen, so sahen die Engländer es nicht und hörten erst davon nachdem sie lange geschehen waren; auch war es keineswegs leicht, in Westminster zu ermitteln, wer in einem vor mehreren Jahren in Murschedabad oder Canton entstandenen Streite Recht und wer Unrecht gehabt hatte. Mit unglaublicher Unbesonnenheit beschlossen die Directoren gerade in dem Augenblicke wo das Schicksal ihrer Compagnie in Frage stand, der Bevölkerung dieses Landes eine genaue Einsicht in die gehässigsten Züge des Monopols zu verschaffen. Einige reiche Londoner Kaufleute hatten ein schönes Schiff, die „Redbridge” genannt, ausgerüstet. Es hatte eine starke Bemannung und eine sehr werthvolle Ladung. Die Papiere waren nach Alicante adressirt, aber man hatte einigen Grund zu vermuthen, daß es nach den Ländern jenseit des Caps der guten Hoffnung bestimmt sei. In Gemäßheit eines Befehls, den die Compagnie, wahrscheinlich durch Vermittelung des Lordpräsidenten, vom Geheimen Rathe erlangt hatte, wurde es von der Admiralität angehalten. Jeder Tag, den es in der Themse lag, verursachte den Eigenthümern große Kosten. Die Entrüstung in der City war groß und allgemein. Die Compagnie behauptete, daß aus der Rechtmäßigkeit des Monopols die Rechtmäßigkeit des Anhaltens nothwendig hervorgehe. Das Publikum kehrte das Argument um, und da es fest überzeugt war, daß das Anhalten unrechtmäßig sei, folgerte es daraus, daß auch das Monopol unrechtmäßig sei. Der Streit hatte seinen Höhepunkt erreicht, als das Parlament zusammentrat. Petitionen von beiden Seiten wurden sogleich auf den Tisch der Gemeinen gelegt und beschlossen, daß diese Petitionen durch einen Ausschuß des ganzen Hauses in Erwägung gezogen werden sollten. Die erste Frage, an der die streitenden Parteien ihre Stärke versuchten, war die Wahl eines Präsidenten. Die Feinde der alten Compagnie schlugen Papillon vor, einst der engste Verbündete und nachher der entschiedenste Gegner Child’s, und sie setzten seine Wahl mit hundertachtunddreißig gegen hundertsechs Stimmen durch. Der Ausschuß schritt nun zu der Untersuchung, auf wessen Autorität die Redbridge angehalten worden sei. Einer ihrer Eigenthümer, Gilbert Heathcote, ein reicher Kaufmann und entschiedener Whig, erschien als Zeuge an der Schranke. Er wurde gefragt, ob er es wagen könne zu leugnen, daß das Schiff thatsächlich für den indischen Handel befrachtet worden sei. „Es ist meines Wissens keine Sünde,” antwortete er, „nach Indien Handelsgeschäfte zu machen, und ich werde Geschäfte dahin machen, bis ich durch eine Parlamentsacte verhindert werde.” Papillon erklärte in seiner Berichterstattung, daß nach der Meinung des Ausschusses das Anhalten der Redbridge unrechtmäßig sei. Es wurde hierauf die Frage gestellt, ob das Haus dem Ausschusse beistimme. Die Freunde der alten Compagnie wagten eine zweite Abstimmung und wurden mit hunderteinundfunfzig gegen hundertfünfundzwanzig Stimmen geschlagen.216

Dem Schlage folgte bald ein zweiter. Wenige Tage später wurde beantragt, daß alle Unterthanen England’s gleiches Recht hätten nach Ostindien Handel zu treiben, wenn es ihnen nicht durch eine Parlamentsacte verboten würde, und die Freunde der alten Compagnie ließen in der Ueberzeugung, daß sie die Minorität bildeten, den Antrag ohne Abstimmung durchgehen.217

 

Dieser denkwürdige Beschluß erledigte die wichtigste der Verfassungsfragen, welche die Rechtsbill unentschieden gelassen hatte. Seitdem hat es stets als das richtige Prinzip gegolten, daß keine andre Gewalt als die gesammte Legislatur einer Person oder einer Gesellschaft ein ausschließliches Privilegium zum Handel nach irgend einer Weltgegend verleihen kann.

Die Ansicht der großen Mehrheit des Hauses der Gemeinen war, daß der indische Handel nur vermittelst eines Actienfonds und eines Monopols vortheilhaft betrieben werden könne. Man hätte daher erwarten sollen, daß dem Beschlusse, der das Monopol der alten Compagnie aufhob, ein Gesetz, das der neuen Compagnie ein Monopol verlieh, auf dem Fuße folgen werde. Es wurde jedoch kein solches Gesetz erlassen. War auch die alte Compagnie nicht stark genug, ihre eigenen Privilegien zu vertheidigen, so war sie doch im Stande, mit Hülfe ihrer toryistischen Freunde, die rivalisirende Gesellschaft zu verhindern, ähnliche Privilegien zu erlangen. Die Folge davon war, daß dem Namen nach einige Jahre hindurch der Handel mit Indien frei war. Thatsächlich aber unterlag dieser Handel noch immer drückenden Beschränkungen. Es wurde zwar dem Privatunternehmer nicht schwer gemacht, von England abzusegeln; aber seine Lage war so gefährlich als je, wenn er das Cap der guten Hoffnung hinter sich hatte. Wie streng auch von den öffentlichen Beamten in London ein Beschluß des Hauses der Gemeinen respectirt wurde, in Bombay oder Calcutta wurde ein solcher Beschluß weniger geachtet als ein Privatbrief von Child, und Child führte den Kampf noch immer mit ungeschwächtem Muthe fort. Er ließ den Factoreien der Compagnie die Weisung zukommen, gegen die Unberufenen keine Nachsicht zu üben. Ueber das Haus der Gemeinen und die Beschlüsse desselben äußerte er sich mit der souverainsten Verachtung. „Handelt nach meinen Instructionen,” schrieb er, „und nicht nach dem Unsinn einiger unwissender Landgentlemen, die kaum so viel Verstand haben, um ihre Privatgeschäfte befolgen zu können, und die von Handelsangelegenheiten gar nichts verstehen.” Wie es scheint, wurde seinen Befehlen Folge geleistet. Ueberall im Osten lagen sich während dieser Periode der Anarchie die Diener der Compagnie und die unabhängigen Kaufleute in den Haaren, beschuldigten einander der Piraterie und versuchten durch alle erdenklichen Kunstgriffe die mongolische Regierung gegen einander zu erbittern.218

Die drei großen Verfassungsfragen des vorigen Jahres wurden in diesem Jahre von neuem dem Parlamente zur Erwägung vorgelegt. In der ersten Woche der Session wurde eine Bill zur Regulirung des Prozeßverfahrens in Hochverrathsfällen, eine Dreijährigkeitsbill und eine Stellenbill auf den Tisch des Hauses der Gemeinen gelegt.

207Die anomale Stellung, welche Harley und Foley damals einnahmen, ist in dem Dialogue between a Whig and a Tory,1693, angedeutet. „Euer großer P. Fo – y,” sagt der Tory, „wird Cadet und dient unter dem General der Westsachsen. Die beiden Har—y, Vater und Sohn, sind Ingenieurs unter dem verstorbenen Feldzeugmeister und bombardiren jede Bill, die er sich einmal vorgenommen hat in Asche zu verwandeln.” Seymour ist der General der Westsachsen. Musgrave war unter Karl II. Feldzeugmeister gewesen.
208Lords’ und Commons’ Journals, Nov. 7. 1693.
209Commons’ Journals, Nov. 13. 1693; Grey’s Debates.
210Commons’ Journals, Nov. 17. 1693.
211Commons’ Journals, Nov. 22. 27. 1693; Grey’s Debates.
212Commons’ Journals, Nov. 29. Dec. 6. 1693; L’Hermitage, 1. (11.) Dec. 1693.
213L’Hermitage, 1. (11.) Sept., 7. (17.) Nov. 1693.
214Journal to Stella, 52, 53, 59 und 61, und Lady Orkney’s Briefe an Swift.
215Siehe die damaligen Briefe von Elisabeth Villiers, Wharton, Russel und Shrewsbury in der Correspondenz Shrewsbury’s.
216Commons’ Journals, Jan. 6., 8. 1693/94.
217Commons’ Journals, Jan. 19. 1693/94.
218Hamilton’s New Account.