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Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Siebenter Band: enthaltend Kapitel 13 und 14.

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Zwistigkeiten in der hochländischen Armee

Einige celtische Kriegsgebräuche waren jedoch von der Art, daß Dundee sie nicht dulden konnte. So grausam er auch war, seine Grausamkeit hatte immer eine Methode und einen Zweck. Er hoffte noch immer, daß es ihm gelingen werde, einige neutral gebliebene Häuptlinge zu gewinnen und er vermied daher sorgfältig Alles was sie zu offener Feindseligkeit hätte aufstacheln können. Dies war allerdings ein Verfahren, von dem sich erwarten ließ, daß es dem Interesse Jakob’s förderlich sein würde; aber Jakob’s Interesse war den wilden Räubern, welche einzig und allein zu dem Zwecke ersprießliche Raubzüge unternehmen und alten Groll rächen zu können, seinen Namen gebrauchten und sich um sein Banner schaarten, sehr gleichgültig. Keppoch insbesondere, der die Mackintoshs weit mehr haßte, als er die Stuarts liebte, plünderte das Gebiet seiner Feinde nicht nur, sondern verbrannte auch Alles was er nicht mit fortnehmen konnte. Dundee gerieth beim Anblick der brennenden Wohnungen in heftigen Zorn. „Lieber möchte ich,“ sagte er, „in einem anständigen Regiment die Muskete tragen, als Anführer einer solchen Räuberbande sein.“ Von Bestrafung war natürlich keine Rede. Es darf in der That schon als ein auffallender Beweis von dem Einflusse des Generals angesehen werden, daß der Coll der Kühe es der Mühe werth hielt, sich wegen eines Benehmens zu entschuldigen, um dessentwillen er in einer wohldisciplinirten Armee erschossen worden wäre.85

Da die Grants für den König Wilhelm die Waffen ergriffen hatten, so wurde ihr Eigenthum als gute Prise betrachtet. Eine Abtheilung der Camerons fiel in ihr Gebiet ein, es kam zu einem Gefecht, es floß etwas Blut, und eine Menge Vieh wurde in Dundee’s Lager getrieben, wo man Lebensmittel sehr gut brauchen konnte. Dieser Streifzug gab Anlaß zu einem Streite, dessen Geschichte den Character einer Armee von Hochländern im richtigsten Lichte zeigt. Unter Denen, welche im Kampfe mit den Camerons fielen, befand sich ein Macdonald von der Seitenlinie der Glengarries, der lange unter den Grants gelebt hatte, in Gesinnungen und Ansichten ein Grant geworden und beim Aufgebot seines Stammes nicht erschienen war. Obgleich er sich gegen den gälischen Codex der Ehre und Moral schwer vergangen hatte, erinnerten sich doch seine Stammesgenossen der geheiligten Bande, die er vergessen. Mochte er gut oder schlecht sein, er war von ihrem Fleisch und Blut und er hätte daher ihrer Justiz aufgespart werden sollen. Der Name, den er trug, das Blut der Lords von den Inseln hätte ihn schützen sollen. Glengarry begab sich wüthend zu Dundee und verlangte Rache an Lochiel und dem ganzen Geschlecht Cameron. Dundee erwiederte, der unglückliche Gentleman, der gefallen sei, habe den Clan wie auch den König verrathen. Sei es im Kriege wohl erhört, daß die Person eines Feindes, eines unter den Waffen Kämpfenden wegen eines Namens und seiner Abkunft für unantastbar gehalten werden müsse? Und selbst wenn ein Unrecht geschehen sei, wie solle es wieder gut gemacht werden? Die halbe Armee müsse erst die andre Hälfte erschlagen, ehe Lochiel ein Haar gekrümmt werden könne. Glengarry entfernte sich wieder, tobend wie ein Besessener. Da seine Klagen von Denen, die ihm Recht verschaffen sollten, nicht beachtet würden, so wolle er sich selbst Recht verschaffen; er wolle seine Leute aufbieten und mit dem Schwert in der Hand über die Mörder seines Vetters herfallen. Eine Zeit lang wollte er auf keine Vorstellungen hören. Als man ihm zu bedenken gab, daß Lochiel’s Anhänger den Glengarryleuten an Zahl um das Doppelte überlegen seien, rief er aus: „Das thut nichts; ein Glengarry ist soviel werth als zwei Camerons.“ Wäre Lochiel eben so heftig und großsprecherisch gewesen, so ist es wahrscheinlich, daß die hochländische Insurrection der Regierung wenig mehr zu schaffen gemacht und daß die Rebellen ohne viel Aufhebens einander gegenseitig in ihren Wildnissen erschlagen haben würden. Aber die Natur hatte ihm in reichem Maße die Eigenschaften eines Staatsmannes verliehen, obwohl das Schicksal diese Eigenschaften in einem unbekannten Winkel der Erde verborgen hatte. Er sah ein, daß jetzt keine Zeit zur Zwietracht sei; sein Muth war längst anerkannt und sein Temperament verstand er vollkommen zu beherrschen. Glengarry’s Wuth, durch keine neuen Provokationen gereizt, legte sich bald. Allerdings vermutheten Manche, daß er niemals ganz so kampflustig gewesen sei, als er sich gestellt habe und daß er mit seinem Toben nichts weiter beabsichtigt habe, als sein eignes Ansehen in den Augen seiner Anhänger aufrecht zu erhalten. Wie dem auch sein möge, der Streit wurde geschlichtet und die beiden Häuptlinge begrüßten sich mit dem äußeren Schein von Artigkeit an der Tafel des Generals.86

Dundee sucht bei Jakob um Unterstützung nach

Die Erfahrungen, welche Dundee an seinen celtischen Bundesgenossen machte, mußten es ihm wünschenswerth erscheinen lassen, in seiner Armee einige Truppen zu haben, auf deren Gehorsam er sich verlassen konnte und welche nicht auf einen Wink von ihrem Obersten die Waffen gegen ihren General und ihren König kehren würden. In Folge dessen schrieb er während der Monate Mai und Juni mehrere Briefe nach Dublin, worin er dringend um Beistand bat. Wenn sechstausend, viertausend, dreitausend reguläre Soldaten jetzt nach Lochaber geschickt würden, könne Se. Majestät darauf rechnen, daß er bald in Holyrood ein Hoflager halten werde. Daß ein solches Truppencorps entbehrlich war, unterlag kaum einem Zweifel. Jakob’s Autorität war damals in allen Theilen Irland’s anerkannt, außer an den Ufern des Ernesees und hinter den Mauern von Londonderry. Er hatte in diesem Königreiche eine Armee von vierzigtausend Mann. Ein Achtel von dieser Armee wäre dort kaum vermißt worden und hätte in Verbindung mit den aufständischen Clans in Schottland große Dinge ausrichten können.

Die Antworten, welche Dundee auf seine Ansuchen erhielt, berechtigten ihn zu der Hoffnung, daß ihm bald ein starkes und wohlausgerüstetes Corps aus Ulster zugeschickt werden würde. Vor der Ankunft dieser Verstärkungen wollte er nicht das Glück einer Schlacht versuchen.87 Mackay auf der andren Seite war es müde, in einer Wildniß umherzumarschiren. Seine Leute waren erschöpft und entmuthigt; er hielt es für wünschenswerth, daß sie die Gebirgsgegend verließen, und Wilhelm war der nämlichen Meinung.

Unterbrechung des Kriegs in den Hochlanden

So wurde im Juni der Bürgerkrieg wie auf Verabredung zwischen den beiderseitigen Generälen völlig eingestellt. Dundee blieb in ungeduldiger Erwartung der Truppen und Zufuhren aus Irland in Lochaber. Es war ihm indessen unmöglich, seine Hochländer in einem Zustande der Unthätigkeit beisammenzuhalten, denn es bedurfte eines großen Gebiets von Sumpf- und Gebirgsland, um eine so zahlreiche Mannschaft zu unterhalten. Die Clans kehrten daher in ihre Schluchten zurück, nachdem sie versprochen hatten, sich auf den ersten Aufruf wieder zu sammeln.

Inzwischen erholten sich die durch harte Strapatzen und Entbehrungen erschöpften Soldaten Mackay’s in Quartieren, welche über das ganze Niederland von Aberdeen bis Stirling zerstreut waren. Mackay selbst war in Edinburg und drang in die dortigen Minister, ihm die Mittel zur Errichtung einer Fortifikationskette in den Grampians zu bewilligen. Die Minister hatten sich, wie es scheint, in ihren militärischen Hülfsmitteln verrechnet. Man hatte erwartet, daß die Campbells eine Streitmacht ins Feld stellen würden, welche hinreichend war, um die ganze Stärke der unter Dundee marschirenden Clans aufzuwiegen. Ebenso hatte man erwartet, daß die westlichen Covenanters sich beeilen würden, die Reihen der Armee König Wilhelm’s zu verstärken. Beide Erwartungen wurden getäuscht. Argyle hatte sein Fürstenthum verwüstet und seinen Stamm entwaffnet und desorganisirt gefunden. Es mußte eine beträchtliche Zeit darüber hingehen, ehe sein Banner von einer Streitmacht umgeben sein würde, wie seine Väter sie in den Kampf geführt hatten.

Bedenklichkeiten der Covenanters, für König Wilhelm die Waffen zu ergreifen

Die Covenanters des Westens waren im allgemeinen nicht geneigt, sich einreihen zu lassen. An Muth fehlte es ihnen sicherlich nicht, und sie haßten Dundee mit tödtlicher Erbitterung. Seine Grausamkeit war in ihrem Theile des Landes noch in frischem Andenken. Jedes Dorf hatte seine blutige Geschichte. In dem einen Hause fehlte der greise Vater, in dem andren der hoffnungsvolle Sohn. Man erinnerte sich nur zu gut, wie die Dragoner in die Hütte des Landmanns eingedrungen waren, bei jedem Worte ihn, sich selbst und Einer den Andren verfluchend und verwünschend, wie sie die achtzigjährige Großmutter hinter dem warmen Ofen hervorgerissen und mit roher Hand den Busen seiner sechzehnjährigen Tochter betastet hatten; wie ihm die Abschwörungsformel vorgehalten worden war, wie er die Arme über der Brust gekreuzt und gesagt hatte: „der Wille Gottes geschehe;“ wie der Oberst ein Piket mit geladenen Gewehren herbeigerufen und wie drei Minuten später der brave Hausvater vor seiner eigenen Thür in einer Blutlache gelegen hatte. Der Platz des Märtyrers am Herde war noch leer und jedes Kind konnte seinen noch grünen Grabhügel auf der Haide zeigen. Wenn die Leute dieser Gegend ihren Unterdrücker einen Diener des Teufels nannten, so sprachen sie nicht in bildlichem Sinne; sie glaubten wirklich, daß zwischen dem bösen Menschen und dem bösen Geiste ein enges Bündniß mit bestimmten Bedingungen bestehe, daß Dundee sich verpflichtet habe, das Werk der Hölle auf Erden zu verrichten und daß die Hölle zu höheren Zwecken ihren Sklaven beschützen dürfe, bis das Maß seiner Schuld voll sein würde. Aber so gründlich diese Leute auch Dundee verabscheuten, so erhoben doch die meisten von ihnen Bedenken dagegen, für Wilhelm das Schwert zu ziehen. Es wurde in der Pfarrkirche zu Douglas ein großes Meeting gehalten und die Frage vorgelegt, ob es zu einer Zeit, wo Krieg im Lande wüthe und eine irische Invasion erwartet werde, nicht Pflicht sei, zu den Waffen zu greifen. Die Debatte war heftig und tumultuarisch. Die Redner der einen Seite beschworen ihre Brüder, nicht den Fluch auf sich zu laden, der gegen die Bewohner von Meros geschleudert worden, weil sie dem Herrn nicht gegen den Mächtigen zu Hülfe kamen. Die Redner der andren Seite donnerten gegen sündige Bündnisse. Es seien Schlechtgesinnte in Wilhelm’s Heere, Mackay’s eigne Rechtgläubigkeit sei problematisch; mit solchen Kameraden und unter einem solchen General Kriegsdienste zu leisten, würde ein sündiges Bündniß sein. Nach langem Hin- und Herstreiten und unter großer Verwirrung wurde endlich eine Abstimmung vorgenommen und die Majorität erklärte sich dahin, das es ein sündiges Bündniß sein würde, Kriegsdienste zu nehmen.

 

Aushebung des Cameron’schen Regiments

Es gab jedoch eine starke Minorität und aus den Mitgliedern dieser Minorität gelang es dem Earl von Angus ein Infanteriecorps zu bilden, das noch heute, nach Verlauf von mehr als hundertsechzig Jahren, unter dem Namen des Cameron’schen Regiments bekannt ist. Der erste Oberstleutnant desselben war Cleland, der unerbittliche Bluträcher, der Dundee aus der Convention getrieben hatte. Es machte keine geringe Schwierigkeit, die Reihen zu füllen, denn viele westländische Whigs, die es nicht für absolut sündhaft hielten, einzutreten, stellten Bedingungen, welche alle militärische Disciplin untergraben mußten. Einige wollten nicht unter einem Obersten, Major, Hauptmann, Sergeanten oder Korporal dienen, der nicht bereit sei, den Covenant zu unterschreiben. Andere bestanden darauf, daß, wenn es durchaus nöthig befunden würde, den und jenen Offizier anzustellen, welcher die unter der vorigen Regierung vorgeschriebenen Testeide geleistet habe, er sich wenigstens durch öffentliches Eingeständniß seiner Sünde vor der Fronte des Regiments zum Commando qualificiren sollte. Die Mehrzahl der Enthusiasten, welche diese Bedingungen gestellt hatten, wurde durch geschickte Bearbeitung bewogen, ihre Forderungen bedeutend herabzustimmen. Doch hatte das Regiment immerhin einen ganz eigenthümlichen Character. Die Soldaten waren sämmtlich strenge Puritaner. Einer ihrer ersten Schritte war eine Petition an das Parlament, daß alle Trunksucht, Ausschweifung und Gottlosigkeit streng bestraft werden möchte. Ihr eignes Verhalten muß musterhaft gewesen sein, denn das schlimmste Verbrechen, das die überspannteste Bigotterie ihnen zur Last legen konnte, bestand darin, daß sie dem Könige zu seinem Geburtstage Hurrahs brachten. Man hatte ursprünglich beabsichtigt, mit der militärischen Organisation des Corps die Organisation einer presbyterianischen Gemeinde zu verweben. Jede Compagnie sollte einen Aeltesten liefern und die Aeltesten sollten mit dem Kaplan ein geistliches Tribunal zur Unterdrückung der Unsittlichkeit und Ketzerei bilden. Es wurden indeß keine Aeltesten ernannt; aber ein angesehener Bergprediger, Alexander Shields, wurde zu dem Amte eines Kaplans berufen. Es läßt sich schwer denken, daß der Fanatismus eine höhere Gluth erreichen könnte, als er aus den Schriften Shields’ hervorleuchtet. Nach seinen Ansichten würde es die erste Pflicht jedes christlichen Herrschers sein, jeden heterodoxen Unterthan bis zum Tode zu verfolgen, und ebenso die erste Pflicht jedes christlichen Unterthanen, einen heterodoxen Fürsten zu ermorden. Doch es herrschte damals in Schottland eine fanatische Begeisterung, im Vergleich zu welcher selbst die Begeisterung dieses Mannes noch lau war. Die extremen Covenanters protestirten gegen seinen Abfall eben so heftig als sie gegen die Schwarze Indulgenz und gegen den Suprematseid protestirt hatten und erklärten Jeden, der in Angus’ Regiment eintrat, eines ruchlosen Bündnisses mit Uebelgesinnten schuldig.88

Uebergabe des Schlosses von Edinburg

Mittlerweile war das Edinburger Schloß gefallen, nachdem es sich länger als zwei Monate gehalten hatte. Die Vertheidigung sowohl wie der Angriff waren sehr lau betrieben worden. Der Herzog von Gordon, der keine Lust hatte, sich den tödtlichen Haß Derer zuzuziehen, in deren Gewalt seine Besitzungen und sein Leben bald sein konnten, fand es nicht für gerathen, die Stadt zu beschießen. Auf der andren Seite betrieben die Belagerer ihre Operationen mit so wenig Energie und Umsicht, daß die Jakobiten in der Citadelle mit den draußen befindlichen Jakobiten in fortwährender Communication standen. Man erzählte sich sonderbare Geschichten von den artigen und kurzweiligen Botschaften, welche zwischen den Belagerten und den Belagerern gewechselt wurden. Einmal ließ Gordon den städtischen Behörden sagen, daß er wegen einiger ihm aus Irland zugekommenen Nachrichten eine Geschützsalve geben werde, daß aber die gute Stadt sich nicht zu beunruhigen brauche, denn er werde seine Kanonen nicht mit Kugeln laden. Ein andermal wirbelten seine Trommeln das Zeichen zum Parlamentiren; die weiße Fahne wurde ausgesteckt, es fand eine Unterredung statt und er benachrichtigte den Feind ganz ernsthaft, daß alle seine Spielkarten bis zum Zerfallen abgegriffen seien und daß er ihm doch einige frische Packete zukommen lassen möchte. Seine Freunde errichteten einen Telegraphen, vermittelst dessen sie sich über die Linien der Schildwachen hinweg mit ihm unterhielten. An einem Fenster im obersten Stock eines der höchsten der gigantischen Häuser, von denen noch jetzt einige wenige High Street verdunkeln, wurde, wenn Alles gut ging, ein weißes Tuch, und wenn die Sachen schlecht standen, ein schwarzes Tuch ausgehangen. Hatte man ausführlichere Meldungen zu machen, so wurde eine Tafel emporgehalten, auf der die Nachricht mit so großen Buchstaben geschrieben stand, daß sie mit Hülfe eines Fernrohrs von den Wällen der Citadelle aus gelesen werden konnte. Boten mit Briefen und frischen Lebensmitteln gelangten in verschiedenen Verkleidungen und durch mannichfache Kunstgriffe über den Wassergraben, der sich damals auf der Nordseite der Festung befand, und erklommen den steilen Abhang. Der Knall einer Muskete auf einem bestimmten Außenwerke war das Signal, welches den Freunden des Hauses Stuart anzeigte, daß wieder einer ihrer Emissäre glücklich den Felsen erklettert hatte. Endlich aber waren die Vorräthe erschöpft und man mußte kapituliren. Vortheilhafte Bedingungen wurden bereitwillig zugestanden, die Garnison zog ab und die Schlüssel wurden unter den Acclamationen einer großen Menge Bürger übergeben.89

Parlamentssession in Edinburg

Doch die Regierung hatte im Parlamentshause viel erbittertere und hartnäckigere Feinde als im Schlosse. Als die Stände nach ihrer Vertagung wieder zusammentraten, wurden die Krone und das Scepter Schottland’s als Symbole des abwesenden Souverains mit gewohntem Pomp im Saale ausgestellt. Hamilton ritt als Lord Obercommissar mit großem Gepränge von Holyrood aus durch High Street, und Crawford nahm seinen Sitz als Präsident ein. Zwei Edicte, von denen das eine die Convention in ein Parlament verwandelte, das andre Wilhelm und Marien als König und Königin anerkannte, wurden rasch angenommen und mit dem Scepter berührt, und nun begann der Kampf der Parteien.90

Einfluß des Clubs

Es zeigte sich bald, daß die von Montgomery organisirte Opposition unüberwindlich stark war. Obgleich aus vielen heterogenen Elementen, aus Republikanern, Whigs, Tories, eifrigen Presbyterianern und bigotten Prälatisten zusammengesetzt, agirte sie eine Zeit lang wie ein Mann und zog eine Menge jener unbedeutenden und kleinmüthigen Politiker an sich, welche sich naturgemäß zu der stärkeren Partei hinneigen. Die Freunde der Regierung waren gering an Zahl und nicht verbunden. Hamilton ging nur mit halbem Herzen an die Erfüllung seiner Pflichten. Unbeständig war er jederzeit gewesen; jetzt war er auch noch unzufrieden. Er bekleidete zwar den höchsten Posten, den ein Unterthan erreichen konnte; aber er bildete sich ein, daß er nur den Schein der Macht habe, während Andere die wirkliche Macht besäßen, und es war ihm daher nicht unlieb, wenn er Diejenigen, auf die er eifersüchtig war, belästigt und beunruhigt sah. Er hinterging den Fürsten, den er repräsentirte, nicht geradezu, aber er intriguirte zuweilen mit den Führern des Clubs und spielte Denen, die ihm im Dienste der Krone zur Seite standen, mitunter arglistige Streiche.

Seine Instructionen schrieben ihm vor, Gesetze zur Milderung oder Beseitigung zahlreicher Mißstände und besonders einem die Macht des Artikelausschusses beschränkenden und die Verfassung desselben reformirenden Gesetze, sowie ferner einem das presbyterianische Kirchenregiment einführenden Gesetze die königliche Genehmigung zu ertheilen.91 Doch es war gleichgültig, wie seine Instructionen lauteten. Die Führer des Clubs legten es darauf an, eine Ursache zur Uneinigkeit zu finden. Die Vorschläge der Regierung bezüglich der Artikellords wurden verächtlich zurückgewiesen. Hamilton schrieb um neue Instructionen nach London und bald wurde ihm ein zweiter Plan, welcher dem einst despotischen Ausschusse nicht viel mehr als den Namen ließ, zugeschickt. Aber auch dieser zweite Plan theilte das Schicksal des ersten, obgleich er von der Art war, daß er vernünftige und gemäßigte Reformers hätte befriedigen können. Unterdessen legten die Oberhäupter des Clubs ein Gesetz vor, welches dem Könige verbot, jemals irgend Jemanden in einem öffentlichen Amte anzustellen, der an irgend einer mit der Rechtsforderung unverträglichen Maßregel Antheil gehabt oder irgend einem guten Plan der Stände hindernd oder verzögernd entgegengetreten sei. Dieses Gesetz, das in einem sehr kleinen Rahmen fast alle Fehler vereinigte, die ein Gesetz nur haben kann, war, wie man sehr wohl wußte, auf den neuen Lordpräsidenten des Court of Session und auf seinen Sohn, den neuen Lord Advokaten, abgesehen. Ihr Glück und ihre Macht hatte ihnen den Neid jedes in seinen Hoffnungen getäuschten Amtscandidaten zugezogen. Daß sie Neulinge waren, die Ersten ihres Geschlechts, die sich zur Auszeichnung emporgeschwungen, und daß sie dessenungeachtet lediglich durch die Kraft der Befähigung eben so wichtige Personen im Staate geworden waren wie der Herzog von Hamilton oder der Earl von Argyle, war ein Gedanke, der vielen bedürftigen und stolzen Patriziern das Herz zernagte. In den Augen der schottischen Whigs waren die Dalrymple das was Halifax und Caermarthen in den Augen der englischen Whigs waren. Weder die Verbannung Sir Jakob’s, noch der Eifer, mit dem Sir Johann die Revolution unterstützt hatte, wurden als eine Sühne für alte Vergehen angenommen. Sie hatten Beide dem blutdürstigen und götzendienerischen Hause gedient. Sie hatten Beide das Volk Gottes unterdrückt. Ihre späte Reue konnte ihnen vielleicht einen billigen Anspruch auf Verzeihung geben, gab ihnen aber gewiß kein Recht auf Ehren und Belohnungen.

 

Die Freunde der Regierung versuchten es vergebens, die Aufmerksamkeit des Parlaments von der Verfolgung der Familie Dalrymple auf die wichtige und dringliche Frage der Kirchenverfassung zu lenken. Sie sagten, das alte System sei abgeschafft, es sei noch kein andres System an dessen Stelle gesetzt, man wisse nicht mehr, welches eigentlich die Staatsreligion des Landes sei, und es sei die erste Pflicht der Legislatur, einer Anarchie ein Ende zu machen, welche täglich Unheil und Verbrechen hervorrufe. Die Führer des Clubs ließen sich damit nicht von ihrem Ziele abbringen. Es wurde beantragt und beschlossen, daß die Inbetrachtnahme der kirchlichen Angelegenheiten so lange aufgeschoben werden solle, bis die weltlichen Angelegenheiten geordnet seien. Die ungerechte und absurde Incapacitätsacte wurde mit vierundsiebzig gegen vierundzwanzig Stimmen angenommen. Ein andrer noch augenscheinlicher auf das Haus Stair abzielender Beschluß folgte unmittelbar darauf. Das Parlament machte Anspruch auf ein Veto bei der Ernennung von Richtern und maßte sich die Befugniß an, die Untersiegelung zu verhindern, mit anderen Worten, die ganze Justizverwaltung zu suspendiren, bis dieser Anspruch zugestanden wäre. Aus dem Verlaufe der Debatte ging klar hervor, daß, wenn die Führer des Clubs auch mit dem Court of Session begonnen hatten, sie nicht damit aufzuhören gedachten. Die von Sir Patrick Hume und Anderen angeführten Argumente führten direct zu dem Schlusse, daß dem Könige die Ernennung keines wichtigen Staatsbeamten zustehen solle. Sir Patrick sprach in der That in Rede wie in Schrift seine Meinung dahin aus, daß das ganze Ernennungsrecht im Reiche von der Krone auf die Stände übertragen werden sollte. Wenn die Stelle des Schatzmeisters, des Kanzlers, des Sekretärs erledigt sei, müsse das Parlament Sr. Majestät einige Namen vorlegen, und Se. Majestät solle verbunden sein von diesen Namen einen zu wählen.92

Während dieser ganzen Zeit verweigerten die Stände beharrlich jede Geldbewilligung, bis ihre Acte mit dem Scepter berührt sein würden. Der Lord Obercommissar ward endlich über ihre Verkehrtheit so aufgebracht, daß er nach langem Temporisiren selbst solche Acte zu berühren verweigerte, gegen die an sich nichts einzuwenden war, und welche zu genehmigen ihn seine Instructionen ermächtigten. Dieser Stand der Dinge würde mit einer großen Erschütterung geendigt haben, wenn der König von Schottland nicht zugleich König eines viel größeren und reicheren Landes gewesen wäre. Karl I. hatte nie irgend ein Parlament zu Westminster unlenksamer gefunden, als Wilhelm während dieser Session das Parlament zu Edinburg fand. Aber es lag nicht in der Macht des Parlaments von Edinburg, einen solchen Zwang auf Wilhelm auszuüben, wie das Parlament von Westminster ihn auf Karl ausgeübt hatte. Eine Verweigerung von Geldern war zu Westminster eine ernsthafte Sache und ließ dem Souverain keine andre Wahl als nachzugeben, oder durch verfassungswidrige Mittel Geld zu erheben. In Edinburg brachte ihn eine derartige Verweigerung in kein solches Dilemma. Die größte Summe, die er aus Schottland in einem Jahre zu erhalten hoffen konnte, betrug weniger, als was er aus England alle vierzehn Tage bezog. Er hatte sich daher nur in die Grenzen seiner unbestreitbaren Prärogative einzuschließen und hier in der Defensive zu verharren, bis eine günstige Conjunctur eintrat.93

85Memoirs of Sir Ewan Cameron.
86Memoirs of Sir Ewan Cameron.
87Dundee an Melfort, 27. Juni 1689.
88Siehe Faithful Contendings Displayed, namentlich die Verhandlungen vom 29. und 30. April und vom 13. und 14. Mai 1689; die Petition des Regiments an das Parlament vom 18. Juli 1689; den Protest Sir Robert Hamilton’s vom 6. November 1689, und die ermahnende Epistel an das Regiment vom 27. März 1690. Die „Societätsleute“, wie sie sich nannten, scheinen besonders über die Art und Weise entrüstet gewesen zu sein, wie der Geburtstag des Königs begangen worden war. „Wir hoffen“, schrieben sie, „daß Ihr ebenso gegen die Feier von Geburtstagen seid wie wir, und daß Ihr bereuen werdet, was Ihr gethan habt.“ Ueber die Meinungen und den Character Alexander Shield’s sehe man sein Hind Let Loose.
89Siege of the Castle of Edinburgh, printed for the Bannatyne Club London Gazette, June 10. (20.) 1689.
90Act. Parl. Scot. June 5., 17. 1689.
91Die Instructionen findet man in den Somers’schen Schriften.
92Ueber Sir Patrick’s Ansichten siehe seinen Brief vom 7. Juni und Lockhart’s Brief vom 11. Juli, in den Leven and Melville Papers.
93Meine Hauptmaterialien für die Geschichte dieser Session waren die Acten, die Protokolle und die Leven and Melville Papers.