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Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Siebenter Band: enthaltend Kapitel 13 und 14.

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Die Stewarts und Macnaghtens

Angst und Unruhe herrschte in den Schlössern von zwanzig Miniaturkönigen. Groß war die Besorgniß der Stewarts von Appin, deren Gebiet auf der einen Seite vom Meere und auf der andren vom Stamme Diarmid’s eingezwängt war. Noch größer war die Bestürzung bei den Macnaghtens. Sie waren einst die Herren der schönen Thäler gewesen, durch welche die Ara und die Shira dem Fynesee zuströmen. Aber die Campbells hatten die Oberhand behalten. Die Macnaghtens waren zur Unterwerfung gezwungen worden und hatten von Geschlecht zu Geschlecht mit Furcht und Abscheu zu dem benachbarten Schlosse Inverary emporgeblickt. Neuerdings war ihnen eine vollkommene Emancipation versprochen worden. Eine Urkunde, kraft welcher ihrem Häuptlinge seine Besitzungen als unmittelbares Kronlehen zugeschrieben wurden, war ausgefertigt und harrte nur noch der königlichen Siegel, als die Revolution plötzlich eine Hoffnung zertrümmerte, welche nahe an Gewißheit grenzte.66

Die Macleans

Die Macleans erinnerten sich, daß die Campbells vor nicht mehr als vierzehn Jahren in ihr Gebiet eingefallen, den Stammsitz ihres Häuptlings genommen und eine Besatzung in denselben gelegt hatten.67 Noch ehe Wilhelm und Marie in Edinburg proklamirt worden, war ein Maclean, ohne Zweifel vom Oberhaupte seines Stammes abgesandt, über das Meer nach Dublin gekommen und hatte Jakob versichert, daß, wenn einige Bataillone aus Irland in Argyleshire landen sollten, sich ihnen sofort viertausendvierhundert Claymores anschließen würden.68

Die Camerons; Lochiel

Ein ähnlicher Geist beseelte die Camerons. Ihr Oberhaupt, Sir Ewan Cameron von Lochiel, mit dem Beinamen der Schwarze, hatte in Bezug auf persönliche Eigenschaften unter den celtischen Fürsten nicht seines Gleichen. Er war ein leutseliger Gebieter, ein zuverlässiger Bundesgenosse und ein furchtbarer Feind. Sein Gesicht und seine Haltung waren von seltenem Adel. Einige Personen, die in Versailles gewesen waren, darunter der kluge und beobachtende Simon Lord Lovat, meinten, daß in Bezug auf Persönlichkeit und Manieren eine auffallende Aehnlichkeit zwischen Ludwig XIV. und Lochiel stattfinde, und wer die Portraits Beider mit einander vergleicht, wird bemerken, daß in der That einige Aehnlichkeit vorhanden war. In der Statur war jedoch ein großer Unterschied. Ludwig erreichte trotz seiner Schuhe mit hohen Absätzen und trotz einer mächtig hohen Perrücke kaum die Mittelgröße. Lochiel war lang und kräftig gebaut. In Behendigkeit und Geschicklichkeit im Gebrauche der Waffen kamen ihm wenige unter den Gebirgsbewohnern gleich. Er hatte mehr als einmal im Einzelkampfe gesiegt und war ein weit und breit berühmter Jäger. Er führte einen energischen Krieg gegen die Wölfe, welche bis zu seiner Zeit das Hochwild der Grampians zerrissen, und von seiner Hand fiel der letzte des blutdürstigen Gezüchts, das bekanntermaßen über unsre ganze Insel verbreitet war. Auch zeichnete sich Lochiel nicht weniger durch geistige wie durch körperliche Kräfte aus. Einem gebildeten und vielgereisten Engländer, der in Westminster unter Busby und in Oxford unter Aldrich die Classiker studirt, der im Umgange mit Mitgliedern der königlichen Societät etwas von den Wissenschaften und in den Galerien von Florenz und Rom etwas von den schönen Künsten gelernt hatte, würde er allerdings wohl unwissend erschienen sein. Aber obwohl Lochiel wenig Bücherkenntnisse besaß, so war er doch ungemein verständig bei Berathungen, beredtsam in der Debatte, erfinderisch in Auskunftsmitteln und geschickt in der Leitung des menschlichen Characters. Sein Verstand bewahrte ihn vor den Thorheiten, zu denen sich seine Bruderhäuptlinge oftmals durch Stolz und Zorn hinreißen ließen. Daher nannten Viele, die seine Bruderhäuptlinge als bloße Barbaren betrachteten, seinen Namen mit Achtung. Selbst bei der holländischen Gesandtschaft am St. James Square sprach man von ihm als von einem Manne, der an Einsicht und Muth nicht leicht seines Gleichen finden dürfte. Als Beschützer der Literatur kann er dem freigebigen Dorset zur Seite gestellt werden. Wie Dorset aus seiner Tasche Dryden eine Pension aussetzte, die seinem Einkommen als Hofpoet gleichkam, so soll Lochiel einem berühmten Barden, der von Räubern ausgeplündert worden und der in einer rührenden gälischen Ode um Almosen bat, drei Kühe und die kaum glaubliche Summe von fünfzehn Pfund Sterling geschenkt haben. Der Character dieses großen Häuptlings war in der That schon zweitausendfünfhundert Jahre vor seiner Geburt geschildert worden, und zwar – so groß ist die Macht des Genies – mit Farben, welche eben so viele Jahre nach seinem Tode noch frisch sein werden. Er war der Ulysses der Hochlande.69

Er war Herr über ein großes Gebiet, bevölkert von einem Stamme, der keinen andren Gebieter, keinen andren Gott verehrte als ihn. Für dieses Gebiet war er jedoch dem Hause Argyle lehnspflichtig. Er war verpflichtet, seinem Lehnsherrn im Kriege beizustehen und ihm einen hohen Grundzins zu bezahlen. Diese Vasallenschaft hatte er allerdings schon in früher Jugend als erniedrigend und ungerecht betrachten gelernt. Während seiner Minderjährigkeit hatte er unter der Vormundschaft des klugen Marquis gestanden und war auf dem Schlosse Inverary erzogen worden. Mit dem achtzehnten Jahre aber riß sich der Knabe von der Autorität seines Vormundes los und focht tapfer für Karl I. wie für Karl II. Er wurde daher von den Engländern als ein Cavalier betrachtet, nach der Restauration in Whitehall gut aufgenommen und von Jakob’s Hand zum Ritter geschlagen. Das Compliment jedoch, welches ihm bei einem seiner Besuche am englischen Hofe gemacht wurde, würde einem Sachsen nicht sehr schmeichelhaft erschienen sein. „Nehmen Sie Ihre Taschen in Acht, Mylords,“ rief Se. Majestät, „hier kommt der König der Diebe.“ Die Loyalität Lochiel’s ist fast sprichwörtlich, aber sie war dem was man in England Loyalität nannte, ganz unähnlich. In den Protokollen des schottischen Parlaments war er zu den Zeiten Karl’s II. als ein gesetzloser und rebellischer Mann geschildert, der aus eigner Machtvollkommenheit und mit souverainer Verachtung der königlichen Autorität Ländereien besitze.70 Einmal erhielt der Sheriff von Inverneßshire von König Jakob Befehl, in Lochaber einen Gerichtstag zu halten. Lochiel, eifersüchtig auf diese Einmischung in seinen patriarchalischen Despotismus, erschien bei der Gerichtsverhandlung an der Spitze von vierhundert bewaffneten Camerons. Er affectirte große Achtung vor dem königlichen Befehl, ließ aber einige Worte fallen, welche von den Pagen und Waffenträgern, die jeden seiner Blicke scharf beobachteten, vollkommen verstanden wurden. „Ist keiner meiner Burschen so gut, diesen Richter zum Teufel zu jagen? Ich habe sie schon Händel anfangen sehen, wo es weniger nöthig war.“ Im nächsten Augenblicke begann ein Zanken und Streiten unter der Menge, man wußte nicht wie oder wo. Hunderte von Dolchen blitzten, das Geschrei „Hülfe!“ und „Mörder!“ ertönte von allen Seiten, es kamen zahlreiche Verwundungen vor, zwei Menschen wurden getödtet, die Sitzung wurde in tumultuarischer Verwirrung aufgehoben und der geängstigte Sheriff mußte sich unter den Schutz des Häuptlings stellen, der ihn mit einem plausiblen Anschein von Achtung und Theilnahme sicher nach seiner Wohnung geleitete. Man muß lachen, wenn man daran denkt, daß der Mann, der diese That verübte, von Schriftstellern, welche Somers und Burnet als Verächter der legitimen Autorität der Landesherren tadeln, beständig als der zuverlässigste und pflichtgetreueste Unterthan gerühmt wird. Lochiel würde allerdings die Lehre vom Nichtwiderstande höhnend verlacht haben. Aber es gab kaum einen andren Häuptling in Inverneßshire, der durch den Sturz des Hauses Argyle mehr als er gewonnen oder triftigeren Grund gehabt hätte, die Restauration dieses Hauses zu fürchten. Die Maßnahmen der Convention konnten daher kaum einen andren Häuptling in Inverneßshire mehr beunruhigen und ärgern als ihn.

 

Die Macdonalds

Doch unter allen den Hochländern, welche die neueste Wendung des Geschicks mit peinlicher Besorgniß betrachteten, waren die Macdonalds die heftigsten und mächtigsten. Mehr als einer von den Magnaten, welche diesen weitverbreiteten Namen führten, machte Anspruch auf die Ehre, der rechtmäßige Nachfolger der Lords der Inseln zu sein, die noch im 15. Jahrhundert den Königen von Schottland den Vorrang streitig gemacht hatten. Dieser genealogische Streit, der bis auf unsre Zeit gewährt hat, verursachte viel Hader unter den Betheiligten. Alle aber stimmten darin überein, daß sie den früheren Glanz ihrer Dynastie zurückwünschten und das emporgekommene Geschlecht Campbell verabscheuten. Die alte Fehde hatte niemals geruht. Noch fortwährend wurde in Versen wie in Prosa wiederholt, daß der schönste Theil des den ehemaligen Oberhäuptern der gälischen Nation gehörenden Gebiets, Islay, wo sie mit königlicher Pracht gewohnt hatten, Jona, wo sie mit religiösem Pomp bestattet worden waren, die Berge von Jura, die reiche Halbinsel Kintyre, von den rechtmäßigen Besitzern auf den unersättlichen Mac Callum More übergegangen seien. Seit dem Sturze des Hauses Argyle konnten die Macdonalds, wenn sie auch ihre sonstige Macht nicht wiedererlangt hatten, sich wenigstens rühmen, daß gegenwärtig ihnen Niemand überlegen war. Von der Furcht vor ihrem mächtigen Feinde im Westen befreit, hatten sie ihre Waffen gegen schwächere Feinde im Osten, gegen den Clan Mackintosh und gegen die Stadt Inverneß gerichtet.

Fehde zwischen den Macdonalds und den Mackintoshs. Inverneß

Der Clan Mackintosh, ein Zweig eines alten und berühmten Stammes, der seinen Namen und sein Wappen von der wilden Katze der Wälder entlehnte, hatte einen Streit mit den Macdonalds, der sich, wenn man der Tradition glauben darf, aus den finsteren Zeiten herschrieb, wo die dänischen Seeräuber die Küsten Schottland’s verwüsteten. Inverneß war eine sächsische Colonie unter den Celten, ein Bienenstock von Kaufleuten und Handwerkern inmitten einer Bevölkerung von Müßiggängern und Plünderern, ein einsamer Posten der Civilisation in einer Region von Barbaren. Obgleich die Gebäude nur einen kleinen Theil des Flächenraumes bedeckten, den sie gegenwärtig einnehmen; obgleich die Ankunft einer Brigg im Hafen ein seltenes Ereigniß war; obgleich die Börse den Mittelpunkt einer schmutzigen Straße bildete, in der ein Marktkreuz stand, das große Aehnlichkeit mit einem zerbrochenen Meilenzeiger hatte; obgleich die Sitzungen des Gemeinderaths in einem armseligen Gebäude mit schmucklosen Wänden gehalten wurden; obgleich die besten Häuser von der Art waren, daß sie jetzt bloße Hütten genannt werden würden; obgleich die besten Dächer von Stroh waren; obgleich die besten Zimmerdecken aus rohem Gebälk bestanden; obgleich die besten Fenster wegen mangelnder Scheiben bei schlechtem Wetter mit Läden verschlossen wurden; obgleich die geringeren Wohnungen bloße Erdhütten waren, in denen Fässer mit ausgeschlagenem Boden die Stelle der Kamine vertraten, so war doch diese Stadt in den Augen des Gebirgsbewohners der Grampians wie ein Babylon oder Tyrus. Nirgend anderwärts hatte er mehrere hundert Häuser, zwei Kirchen und ein Dutzend Malzdarren beisammengesehen. Nirgend anderwärts war er durch den Glanz von Budenreihen geblendet worden, wo Messer, Hornlöffel, zinnerne Kessel und bunte Bänder zum Verkauf ausgestellt waren. Nirgend anderwärts war er an Bord eines der gewaltigen Schiffe gewesen, welche Wein und Zucker aus Ländern brachten, die weit über die Grenzen seiner Geographie hinaus lagen.71 Es kann nicht Wunder nehmen, daß die stolzen und kriegerischen Macdonalds, welche zwar die friedliche Industrie verachteten, denen aber nach den Früchten dieser Industrie gelüstete, mit den Bewohnern von Inverneß eine Reihe von Händeln anfingen. Unter der Regierung Karl’s II. hatte man gefürchtet, daß die Stadt von diesen rohen Nachbarn erstürmt und geplündert werden würde. Die Friedensbedingungen, welche sie anboten, bewiesen, wie wenig sie nach der Autorität des Fürsten und des Gesetzes fragten. Sie verlangten, daß ihnen ein schwerer Tribut bezahlt werden, daß die Municipalbehörden sich eidlich verpflichten sollten, jeden Bürger, der das Blut eines Macdonald vergösse, der Rache des Clans auszuliefern, und daß jeder Bürger, sobald er irgendwo Jemandem begegnete, der den Tartan der Macdonalds trüge, zum Zeichen seiner Unterwerfung die Waffen strecken solle. Nie hatte Ludwig XIV., selbst nicht als er zwischen Utrecht und Amsterdam lagerte, die Generalstaaten mit so despotischem Uebermuthe behandelt.72 Durch die Vermittelung des schottischen Geheimraths kam ein Vergleich zu Stande; aber die alte Feindschaft verminderte sich nicht.

Inverneß wird von Macdonald von Keppoch bedroht

Gemeinsame Feindschaften und gemeinsame Befürchtungen erzeugten ein gutes Einvernehmen zwischen der Stadt und dem Clan Mackintosh. Der Feind, den Beide am meisten haßten und fürchteten, war Colin Macdonald von Keppoch, ein Musterexemplar von ächtem hochländischen Jakobiten. Keppoch hatte Zeit seines Lebens die Autorität der Krone verhöhnt und sich derselben widersetzt. Er war zu wiederholten Malen bei seiner Unterthanenpflicht aufgefordert worden, von seinem gesetzwidrigen Treiben abzulassen, hatte aber jede solche Ermahnung mit Verachtung behandelt. Die Regierung wollte jedoch nicht zu extremen Maßregeln gegen ihn greifen, und er herrschte noch lange ungestört über die stürmischen Berggipfel von Coryarrick und über die gigantischen Terrassen, welche noch jetzt die Grenzen des einstigen Sees von Glenroy bezeichnen. Er war berühmt wegen seiner Kenntniß aller Schluchten und Höhlen dieser traurigen Gegend, und seine Geschicklichkeit, eine Viehheerde bis in die entlegensten Schlupfwinkel zu verfolgen, war so groß, daß man ihm den Beinamen „Coll der Kühe“ gegeben hatte.73 Endlich zwangen seine frechen Verletzungen des Gesetzes den Geheimrath, energische Maßregeln gegen ihn zu ergreifen. Er wurde für einen Rebellen erklärt, Androhungen von Feuer und Schwert wurden unter dem Siegel Jakob’s gegen ihn erlassen, und wenige Wochen vor der Revolution rückte ein königliches Truppencorps, unterstützt durch die gesammte Streitmacht der Mackintoshs, in Keppoch’s Gebiet ein. Er lieferte den Eingedrungenen eine Schlacht und siegte. Die Truppen des Königs wurden in die Flucht geschlagen, ihr Anführer wurde getödtet, und zwar durch einen Helden, dessen Loyalität gegen den König viele Schriftsteller sehr wohlgefällig dem factiösen Ungestüm der Whigs gegenübergestellt haben.74

Wenn Keppoch jemals die geringste Ehrfurcht vor der Regierung gehabt hatte, so wurde dieses Gefühl durch die allgemeine Anarchie, welche auf die Revolution folgte, völlig in ihm erstickt. Er verwüstete das Gebiet Mackintosh’s, marschirte gegen Inverneß und drohte der Stadt mit Zerstörung. Die Gefahr war groß. Die Häuser waren nur von einer Mauer umgeben, auf welche Zeit und Wetter so verderblich eingewirkt hatten, daß sie bei jedem Sturme wankte. Dennoch zeigten die Einwohner einen kecken Trotz und ihr Muth wurde durch ihre Prediger angefeuert. Sonntag der 28. April war ein Tag der Angst und Verwirrung. Die Wilden streiften um die kleine sächsische Colonie herum wie eine Heerde hungriger Wölfe um eine Schafhürde. Keppoch drohte und bramarbasirte, er werde mit allen seinen Leuten in die Stadt dringen und sie plündern. Inzwischen versammelten sich die Bürger bewaffnet auf dem Marktplatze, um die Reden ihrer Geistlichen anzuhören. Der Tag verging, ohne daß ein Sturm erfolgte, und der Montag und Dienstag verstrichen unter großer Angst. Da erschien ein unerwarteter Vermittler.

Dundee erscheint in Keppoch’s Lager

Dundee hatte sich nach seiner Flucht von Edinburg auf seinen Landsitz in dem Thale zurückgezogen, durch welches der Glamis dem ehemaligen Schlosse Macbeth’s zuströmt. Dort blieb er einige Zeit ruhig. Er betheuerte, daß er nicht die Absicht habe, sich der neuen Regierung zu widersetzen, er erklärte sich bereit nach Edinburg zurückzukehren, wenn er nur gewiß sein dürfe, gegen ungesetzliche Gewalt geschützt zu werden, und er erbot sich, sein Ehrenwort zu geben, oder, wenn dies nicht genüge, Caution zu erlegen, daß er sich ruhig verhalten wolle. Einige von seinen alten Soldaten hatten ihn begleitet und bildeten eine Besatzung von hinreichender Stärke, um sein Haus gegen die Presbyterianer der Umgegend zu beschützen. Hier hätte er möglicherweise unbehelligt und harmlos bleiben können, wenn nicht ein Vorfall, für den er nicht verantwortlich war, seine Feinde unversöhnlich gemacht und ihn zur Verzweiflung getrieben hätte.75

Ein Emissär Jakob’s war mit Briefen an Dundee und Balcarras von Irland nach Schottland hinübergefahren. Dies erweckte Verdacht. Der Bote wurde festgenommen, verhört und durchsucht und die Briefe bei ihm gefunden. Einige davon gingen von Melfort aus und waren seiner würdig. Jede Zeile verrieth die Eigenschaften, die ihn zu einem Gegenstande des Abscheus für sein Vaterland und zum Liebling seines Gebieters gemacht hatten. Er verkündete jubilirend den nahen Anbruch des Tages der Rache und der Beraubung, des Tages, an welchem das Eigenthum der Rebellen unter die Loyalen vertheilt und wo Viele, welche angesehen und reich gewesen, Verbannte und Bettler sein würden. Der König, sagte Melfort, sei entschlossen, Strenge zu üben. Die Erfahrung habe Seine Majestät endlich zu der Ueberzeugung gebracht, daß Milde Schwäche sein würde. Selbst die Jakobiten ersahen mit Entrüstung aus den Briefen, daß eine Restauration Confiscationen und Proscriptionen zur unmittelbaren Folge haben würde. Einige von ihnen nahmen keinen Anstand es auszusprechen, daß Melfort ein Schurke sei, daß er Dundee und Balcarras hasse, daß er sie verderben wolle und daß er zu dem Ende diese abscheulichen Depeschen geschrieben und sich eines Boten bedient habe, der es sehr geschickt einzurichten gewußt, daß er ergriffen wurde. Es ist jedoch ausgemacht, daß Melfort auch nach der Veröffentlichung dieser Papiere so hoch als je zuvor in Jakob’s Gunst stand. Daher kann es kaum einem Zweifel unterliegen, daß der Sekretär selbst in den Stellen, welche die eifrigen Vertheidiger des erblichen Rechts empörten, nur die Gesinnungen und Absichten seines Gebieters treulich wiedergab.76 Hamilton befahl kraft der Vollmachten, welche die Stände vor ihrer Vertagung ihm ertheilt hatten, Balcarras und Dundee zu verhaften. Balcarras wurde festgenommen und zuerst in seinem eigenen Hause und dann in dem Tolbooth von Edinburg internirt. Aber Dundee’s habhaft zu werden war nicht so leicht. Sobald er erfuhr, daß Verhaftsbefehle gegen ihn erlassen waren, ging er mit seinen Anhängern über den Dee und blieb kurze Zeit auf den unwirthbaren Besitzungen des Hauses Gordon. Von hier aus setzte er sich mit den Macdonalds und Camerons wegen eines Aufstandes in Communication. Er scheint jedoch damals von den Hochländern wenig gewußt und sich wenig um sie gekümmert zu haben. Gegen ihren Nationalcharacter empfand er wahrscheinlich die Abneigung des Sachsen und gegen ihren militärischen Character die Geringschätzung des Soldaten von Profession. Er kehrte bald in das Niederland zurück und blieb dort bis er erfuhr, daß ein starkes Truppencorps ausgesandt war, um sich seiner zu bemächtigen.77 Jetzt zog er sich in die Gebirgsgegend, als seine letzte Zufluchtsstätte, eilte nordwärts durch Strathdon und Strathbogie, ging über den Spey und kam am Morgen des 1. Mai mit einem kleinen Reitertrupp in Keppoch’s Lager vor Inverneß an.

 

Die neue Lage, in welche Dundee jetzt versetzt war, die neuen Aussichten, die sich ihm eröffneten, weckten in seinem erfinderischen und unternehmenden Kopfe natürlich neue Pläne. Die Hunderte von athletischen Celten, die er in ihrer nationalen Schlachtordnung sah, waren offenbar keine zu verachtenden Bundesgenossen. Wenn er eine große Koalition von Clans bilden, wenn er zehn- oder zwölftausend dieser entschlossenen Krieger unter eine Fahne bringen, wenn er sie überreden konnte, sich dem Zügel der Disciplin zu unterwerfen, welch’ eine Laufbahn stand ihm dann bevor!

Ein Patent von König Jakob war, selbst als König Jakob fest auf dem Throne saß, vom Coll der Kühe niemals sonderlich respectirt worden. Dieser Häuptling haßte jedoch die Campbells mit der ganzen Gluth eines Macdonald und erklärte sofort seinen Anschluß an die Sache des Hauses Stuart. Dundee nahm es auf sich, den Streit zwischen Keppoch und Inverneß zu schlichten. Die Stadt willigte ein, zweitausend Dollars zu bezahlen, eine Summe, die, so klein sie in den Augen der Goldschmiede von Lombard Street erscheinen mochte, wahrscheinlich jeden Schatz überstieg, der je in die Einöden von Coryarrick gebracht worden war. Die Hälfte der Summe wurde nicht ohne Mühe von den Einwohnern zusammengebracht und für den Rest soll Dundee sein Wort verpfändet haben.78

Er versuchte nun zunächst, die Macdonalds mit den Mackintoshs auszusöhnen und schmeichelte sich mit der Hoffnung, daß die beiden kriegerischen Stämme, welche noch unlängst einander feindlich gegenübergestanden hatten, geneigt sein würden, unter seinem Commando nebeneinander zu kämpfen. Doch er überzeugte sich bald, daß es kein leichtes Ding war, eine Fehde zwischen Hochländern zu schlichten. Von den Rechten der streitenden Könige wußte keiner der beiden Clans etwas, noch kümmerte er sich darum. Das Benehmen beider muß örtlichen Leidenschaften und Interessen zugeschrieben werden. Was Argyle für Keppoch war, das war Keppoch für die Mackintoshs. Die Mackintoshs blieben daher neutral, und ihrem Beispiele folgten die Macphersons, ein andrer Zweig des Stammes der wilden Katze. Dies war nicht Dundee’s einzige Enttäuschung. Die Mackenzies, die Frasers, die Grants, die Munros, die Mackays, die Macleods wohnten in großer Entfernung von dem Gebiete Mac Callum More’s. Sie lagen nicht im Streit mit ihm, schuldeten ihm nichts und hatten keinen Grund, die Vergrößerung seiner Macht zu fürchten. Daher sympathisirten sie nicht mit seinen beunruhigten und aufgebrachten Nachbarn und konnten nicht dazu bewegen werden, dem Bündnisse gegen ihn sich anzuschließen.79

66Skene’s Highlanders of Scotland; Douglas’s Baronage of Scotland.
67Siehe The Memoirs of the Life of Sir Ewan Cameron, und The Historical and Genealogical Account of the Clan Maclean, by a Senachie. Obgleich das letztgenannte Werk erst 1838 erschien, so scheint doch der Verfasser desselben von einem eben so heftigen Hasse beseelt gewesen zu sein als der, mit welchem die Macleans des 17. Jahrhunderts die Campbells betrachteten. Auf dem kleinen Raume einer einzigen Seite wird der Marquis von Argyle „der diabolische schottische Cromwell“, „der gemeine, rachsüchtige Verfolger“, „der nichtswürdige Verräther“, und „der Betrüger Argyle“ genannt. Auf einer andren Seite ist er „der heimtückische, an Schurkereien furchtbare Campbell“, „der habgierige Sklave“, „der feige Argyle“ und „der schottische Verräther.“ Auf der nächsten Seite heißt er „der niedrige und rachsüchtige Feind des Hauses Maclean“, „der heuchlerische Covenanter“, „der unverbesserliche Verräther“, „der feige und boshafte Feind.“ Es ist ein Glück, daß so heftige Leidenschaften sich heutzutage nur noch in Schmähungen Luft machen können.
68Brief von Avaux an Ludwig vom 6. (16.) April 1689, dem eine Abhandlung beigeschlossen ist, betitelt: Mémoire du Chevalier Macklean.
69Siehe die höchst interessanten Memoiren Sir Ewan Cameron’s von Lochiel, 1842 in Edinburg für den Abbotsfordclub gedruckt. Das Manuscript muß mindestens hundert Jahre älter gewesen sein. Man vergleiche auch in dem nämlichen Werke die Erzählung des Todes Sir Ewan’s, den Balhadie Papers entlehnt. Ich muß bemerken, daß der Herausgeber der Memoiren Sir Ewan’s zwar über die Angelegenheiten der Hochlande und über den Character der vornehmsten Häuptlinge gut unterrichtet, in Bezug auf englische Politik und Geschichte aber sehr unwissend war. Ich will anführen, was Van Citters unterm 26. Nov. (6. Dec.) 1689 über Lochiel an die Generalstaaten schrieb: „Sir Evan Cameron, Lord Locheale, een man – soo ick hoor van die hem lange gekent en dagelyk hebben mede omgegaan, – van so groot verstant, courage, en beleyt, als weyniges syns gelycke syn.“
70Act. Parl. July 5. 1661.
71Siehe Burt’s dritten und vierten Brief. In den ersten Ausgaben befindet sich eine Abbildung von dem Marktkeuze von Inverneß und von dem Straßentheile, wo die Kaufleute ihre Zusammenkünfte hielten. Ich muß hier bemerken, wie sehr ich Mr. Robert Carruthers verpflichtet bin, der so freundlich war, mir manche interessante Auskunft über Inverneß zu geben und mir einige Auszüge aus den städtischen Acten zu liefern.
72Ich verdanke Mr. Carruthers eine Abschrift von den Forderungen der Macdonalds und von der Antwort des Stadtraths.
73Colt’s Aussage im Anhange zu den Parlamentsacten vom 14. Juli 1690.
74Siehe die Biographie Sir Ewan Cameron’s.
75Balcarras’s Memoirs; History of the late Revolution in Scotland.
76Unter den Nairne Papers in der Bodlejanischen Bibliothek befindet sich ein interessantes Manuscript, betitelt: „Journal de ce qui c’est passé en Irlande depuis l’arrivée de sa Majesté.“ Es finden sich in diesem Tagebuche englische und französische Anmerkungen und Correcturen, die englischen von Jakob’s Hand, die französischen von Melfort’s Hand. Die von Hamilton aufgefangenen Briefe sind darin erwähnt, und zwar in einer Weise, welche deutlich zeigt, daß sie ächt waren; auch findet man nirgends die geringste Andeutung, daß Jakob sie gemißbilligt hätte.
77„Der Viscount von Dundee“, schreibt Balcarras an Jakob, „dachte auch nicht daran, ohne weitere Befehle von Ihnen nach den Hochlanden zu gehen, bis eine Truppenabtheilung zu seiner Verhaftung ausgesandt wurde.“
78Siehe den an Jakob nach Irland gesandten Bericht, den er am 7. Juli 1689 empfing. Er befindet sich unter den Nairne Papers. Ferner sehe man die Memoiren Dundee’s, 1714, Sir Ewan Cameron’s, Balcarras’ und Mackay’s. Diese Erzählungen stimmen jedoch weder mit einander noch mit den Mittheilungen, die ich aus Inverneß erhielt, völlig überein.
79Memoiren Dundee’s; Tarbet an Melville von 1. Juni 1689 in den Leven and Melville Papers.