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Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Siebenter Band: enthaltend Kapitel 13 und 14.

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Zusammentritt der Convention

Endlich erschien der 14. März, der zum Zusammentritt der Stände bestimmte Tag, und das Parlamentshaus war gedrängt voll. Neun Prälaten waren auf ihren Plätzen. Als Argyle eintrat, protestirte ein einziger Lord gegen die Zulassung eines Mannes, der durch ein in alter Form ausgesprochenes und noch nicht umgestoßenes rechtskräftiges Erkenntniß der Ehren der Pairie entkleidet worden sei. Dieser Einwurf wurde jedoch durch die allgemeine Ansicht der Versammlung entkräftet. Als Melville erschien, erhob sich keine Stimme gegen seine Zulassung. Der Bischof von Edinburg fungirte als Kaplan und nahm in sein Gebet die Bitte auf, Gott möge dem König Jakob beistehen und ihn wieder auf den Thron setzen.30 Es zeigte sich bald, daß die allgemeine Gesinnung der Convention mit diesem Gebet durchaus nicht in Einklang stand. Die erste zu erledigende Angelegenheit war die Wahl eines Präsidenten. Der Herzog von Hamilton wurde von den Whigs, der Marquis von Athol von den Jakobiten unterstützt. Aber keiner der beiden Candidaten besaß das volle Vertrauen seiner Parteianhänger, und verdiente es auch nicht. Hamilton war ein Staatsrath Jakob’s gewesen, hatte an vielen nicht zu rechtfertigenden Maßregeln Theil gehabt und hatte den frechsten Angriffen auf die Gesetze und die Religion Schottland’s einen nur sehr vorsichtigen und lauen Widerstand entgegengesetzt. Erst als Whitehall von holländischen Garden bewacht wurde, wagte er es sich offen auszusprechen. Er hatte sich nun der siegreichen Partei angeschlossen und den Whigs versichert, daß er nur deshalb zum Schein ihr Feind gewesen sei, um, ohne Verdacht zu erwecken, als ihr Freund handeln zu können. Athol war noch weniger zu trauen. Er besaß geringe Fähigkeiten und einen falschen, kleinmüthigen und grausamen Character. Unter der letzten Regierung hatte er sich durch die Grausamkeiten, die er in Argyleshire verübt, eine schmachvolle Berühmtheit erworben. Er hatte mit dem Wechsel des Glücks die Farbe gewechselt und hatte dem Prinzen von Oranien in serviler Weise den Hof gemacht, war aber kalt aufgenommen worden und war nun aus bloßem Aerger darüber zu der Partei zurückgekehrt, die er verlassen.31 Keiner der beiden rivalisirenden Edelleute hatte sich bemüßigt gefunden, die Würden und Besitzungen seines Hauses auf den Ausgang des Kampfes zwischen den beiden rivalisirenden Königen zu setzen. Hamilton’s ältester Sohn hatte sich für Jakob, Athol’s ältester Sohn für Wilhelm erklärt, so daß für alle Fälle beide Adelskronen und beide Güter gesichert waren.

Aber in Schottland waren die herrschenden Begriffe von politischer Moral lax und das aristokratische Gefühl stark; die Whigs waren daher geneigt zu vergeben, daß Hamilton noch unlängst im Staatsrathe Jakob’s gesessen hatte, und eben so waren die Jakobiten bereit zu vergessen, daß Athol kürzlich Wilhelm den Hof gemacht. In Hinsicht der politischen Inconsequenz waren diese beiden vornehmen Lords allerdings weit entfernt vereinzelt dazustehen; an Ansehen und Macht aber hatten sie kaum ihres Gleichen in der Versammlung. Sie waren von höchst vornehmer Herkunft und besaßen einen ungeheuren Einfluß; der eine von ihnen konnte das westliche Niederland zu den Waffen rufen, der andre eine Armee nordischer Bergschotten ins Feld stellen. Um diese beiden Oberhäupter schaarten sich daher die feindlichen Factionen.

Hamilton zum Präsidenten erwählt

Die Stimmen wurden gezählt, und es ergab sich, daß Hamilton eine Majorität von vierzigen hatte. In Folge dessen gingen etwa Zwanzig von der geschlagenen Partei sofort zu den Siegern über.32 In Westminster würde ein solcher Abfall sonderbar erschienen sein; in Edinburg aber scheint er wenig überrascht zu haben. Es ist ein bemerkenswerther Umstand, daß das nämliche Land in dem nämlichen Jahrhundert die wunderbarsten Beispiele von beiden Extremen der menschlichen Natur hervorbrachte. Keine Klasse von Menschen, deren die Geschichte erwähnt, hat je an einem Principe mit unbeugsamerer Hartnäckigkeit festgehalten, als man sie bei den schottischen Puritanern fand. Geld- und Gefängnißstrafen, Brandmarkungseisen, spanische Stiefel, Daumenschrauben und Galgen vermochten dem starren Covenanter kein ausweichendes Wort zu erpressen, welchem ein mit seinem theologischen System unvereinbarer Sinn unterzuschieben gewesen wäre. Selbst in indifferenten Dingen wollte er von keinem Vergleich hören und er war nur zu bereit, alle Diejenigen, welche Klugheit und Nächstenliebe anempfahlen, als Verräther an der Sache der Wahrheit zu betrachten. Auf der andren Seite waren die Schotten jener Generation, welche im Parlamentshause und im Rathszimmer eine hervorragende Rolle spielten, die falschesten und schamlosesten Achselträger, welche die Welt je gesehen. Die Engländer wunderten sich gleichmäßig über beide Klassen. Es gab zwar viele standhafte Nonconformisten im Süden, aber kaum einer unter ihnen konnte sich an Hartnäckigkeit, Kampflust und Unerschrockenheit mit den Männern aus der Schule Cameron’s messen. Es gab viele schurkische Politiker im Süden, aber wenige darunter waren so vollständig aller Moralität und noch wenigere so vollständig alles Schamgefühls bar wie die Männer aus der Schule Lauderdale’s. Vielleicht ist es natürlich, daß die gefühlloseste und frechste Lasterhaftigkeit sich in der nächsten Nähe unvernünftiger und unlenksamer Tugend findet. Wo Fanatiker bereit sind, wegen Kleinigkeiten, die durch ein übermäßig scrupulöses Gewissen zu Wichtigkeit erhoben werden, zu vernichten oder sich vernichten zu lassen, da kann es nicht Wunder nehmen, wenn das Wort Gewissen an sich schon für kalte und schlaue Geschäftsmänner ein Wort des Hohnes und der Verachtung wird.

Wahlausschuß

Die Majorität, verstärkt durch die Ueberläufer von der Minorität, schritt nun zur Ernennung eines Wahlausschusses. Es wurden funfzehn Mitglieder erwählt, und es zeigte sich bald, daß zwölf davon nicht geneigt waren, die Regelmäßigkeit des Verfahrens streng zu untersuchen, durch welches ein Whig in das Parlamentshaus geschickt worden war. Der Herzog von Hamilton selbst soll über die grobe Parteilichkeit seiner eignen Anhänger entrüstet gewesen sein und sich, allerdings mit geringem Erfolge, bemüht haben, ihre Heftigkeit zu zügeln.33

Das Schloß von Edinburg zur Uebergabe aufgefordert

Ehe die Stände mit der Berathung der Angelegenheit begannen, um deren willen sie zusammengetreten waren, hielten sie es für nöthig, auf ihre Sicherheit bedacht zu sein. Sie konnten nicht ganz unbesorgt sein, so lange das Dach, unter dem sie saßen, von den Batterien des Schlosses beherrscht wurde. Es wurde demnach eine Deputation an Gordon abgesandt, um ihn im Namen der Convention aufzufordern, die Festung binnen vierundzwanzig Stunden zu räumen, und ihm zu sagen, daß, wenn er sich füge, seiner Vergangenheit nicht zu seinem Nachtheil gedacht werden solle. Er bat um eine Nacht Bedenkzeit. Während dieser Nacht wurde sein schwankender Sinn durch Dundee’s und Balcarras’ eindringliche Vorstellungen befestigt. Am andren Morgen schickte er eine in ehrerbietigen, aber ausweichenden Ausdrücken abgefaßte Antwort. Er erklärte darin, er sei weit entfernt, Böses gegen die Stadt Edinburg im Sinne zu haben. Am allerwenigsten könne es ihm einfallen, eine hohe Versammlung zu belästigen, die er mit der größten Ehrfurcht betrachte. Er sei gern bereit, Bürgschaft für sein friedliches Verhalten bis zum Betrage von zwanzigtausend Pfund Sterling zu erlegen. Aber er stehe mit der jetzt in England eingesetzten Regierung in Verbindung, er erwarte stündlich Depeschen von dieser Regierung und bis zum Eingang derselben halte er sich nicht für berechtigt, sein Commando niederzulegen. Diese Entschuldigungen wurden nicht angenommen. Es wurden Herolde und Trompeter abgeschickt, um das Schloß in aller Form zur Uebergabe aufzufordern und Diejenigen, welche fortfahren sollten, diese Festung der Autorität der Stände zum Trotz besetzt zu halten, des Hochverraths für schuldig zu erklären. Zu gleicher Zeit wurden Wachen ausgestellt, um jede Verbindung zwischen der Garnison und der Stadt abzuschneiden.34

 

Dundee von den Covenanters bedroht

Unter diesen Vorspielen waren zwei Tage verstrichen und man erwartete, daß am Morgen des dritten der große Kampf beginnen werde. Die Bevölkerung von Edinburg war unterdessen in großer Aufregung. Man war dahinter gekommen, daß Dundee auf dem Schlosse Besuche gemacht hatte, und man glaubte, daß seine Ermahnungen die Garnison bewegen hätten, Widerstand zu leisten. Man wußte, daß seine alten Soldaten sich um ihn schaarten, und es stand wohl zu befürchten, daß er einen verzweifelten Versuch unternehmen werde. Er dagegen hatte erfahren, daß die westlichen Covenanters, welche die Keller der Stadt füllten, ihm Rache geschworen hatten, und in der That, wenn wir erwägen, daß sie von beispiellos wildem und unversöhnlichem Character waren, daß man sie gelehrt hatte, das Erschlagen eines Verfolgers als eine Pflicht zu betrachten, daß keine in der heiligen Schrift vorkommenden Beispiele ihnen häufiger zur Bewunderung vorgehalten wurden als Ehud, wie er Eglon ersticht, und Samuel, wie er Agag in Stücken haut, daß sie keine That aus der Geschichte ihres Vaterlandes von ihren Lieblingslehrern wärmer hatten loben hören als die Ermordung des Cardinals Beatoun und des Erzbischofs Sharpe, so dürfen wir uns wohl wundern, daß ein Mann, der das Blut der Heiligen wie Wasser vergossen hatte, nur einen einzigen Tag ohne Lebensgefahr durch High Street gehen konnte. Der Feind, den Dundee am meisten Grund zu fürchten hatte, war ein junger Mann von ausgezeichnetem Muth und Talent, Namens Wilhelm Cleland. Cleland hatte, als er wenig über sechzehn Jahr alt war, bei der Insurrection, welche an der Bothwellbrücke niedergeworfen wurde, die Waffen getragen. Seitdem hatte er sich durch seine Menschlichkeit und Mäßigung das Mißfallen einiger boshaften Fanatiker zugezogen. Bei der großen Masse der Presbyterianer aber stand sein Name in hohem Ansehen, denn mit der strengen Moralität und dem glühenden Eifer eines Puritaners verband er einige Vorzüge, deren sich wenige Puritaner rühmen konnten. Er besaß feine Manieren und eine achtungswerthe literarische und wissenschaftliche Bildung. Er war Linguist, Mathematiker und Dichter. Seine Hymnen, Oden, Balladen und Satiren à la Hudibras hatten allerdings wenig innern Werth; aber wenn man bedenkt, daß er fast noch ein Knabe war, als er die meisten derselben schrieb, so muß man zugeben, daß sie bedeutende natürliche Anlagen bekunden. Er war jetzt in Edinburg, sein Einfluß unter den daselbst versammelten westländischen Whigs war sehr groß, er haßte Dundee mit tödtlicher Erbitterung und man glaubte, daß er mit einem Gewaltschritt umgehe.35

Am 15. März wurde Dundee benachrichtigt, daß einige Covenanters sich gegenseitig verpflichtet hatten, ihn und Sir Georg Mackenzie, den seine lange Zeit dem Dienste der Tyrannei gewidmete Beredtsamkeit und Gelehrsamkeit den Presbyterianern verhaßter gemacht hatte als irgend einen andren Mann von der Robe, um’s Leben zu bringen. Dundee bat Hamilton um Schutz, und Hamilton rieth ihm, die Sache in der nächsten Sitzung der Convention vorzulegen.36

Schreiben von Jakob an die Convention

Vor dieser Sitzung kam ein gewisser Crane aus Frankreich mit einem Schreiben des flüchtigen Königs an die Stände. Der Brief war versiegelt und der Ueberbringer war sonderbarerweise mit keiner Abschrift versehen, um sie den Häuptern der jakobitischen Partei mitzutheilen; auch hatte er weder einen schriftlichen noch mündlichen Auftrag für einen der beiden Agenten Jakob’s. Balcarras und Dundee sahen mit großem Verdrusse, daß man ihnen so wenig Vertrauen schenkte, und quälten sich mit ängstlichen Zweifeln über den Inhalt des Schriftstückes, von dem so viel abhing. Sie waren jedoch geneigt das Beste zu hoffen. König Jakob konnte in seiner gegenwärtigen Lage nicht so schlecht berathen sein, daß er in directem Widerspruche mit den Rathschlägen und Bitten seiner Freunde hätte handeln können. Bei der Eröffnung seines Schreibens würde man sicherlich finden, daß er gnädige Zusicherungen enthielt, welche die Royalisten mit neuem Muthe beseelen und die gemäßigten Whigs gewinnen mußten. Seine Anhänger beschlossen daher, daß es vorgelegt werden solle.

Als die Convention sich am Samstag, den 16. Mai, des Morgens wieder versammelte, wurde beantragt, daß Maßregeln für die persönliche Sicherheit der Mitglieder getroffen werden sollten. Es wurde behauptet, daß man Dundee nach dem Leben getrachtet, daß zwei Männer von verdächtigem Aussehen in der Nähe des Hauses, das er bewohnte, umhergestreift seien und daß man sie habe sagen hören, sie wollten den Hund so behandeln, wie er sie behandelt habe. Mackenzie versicherte, daß auch er in Gefahr sei, und verlangte in seiner gewohnten bilderreichen und kräftigen Sprache Schutz von den Ständen. Aber die Sache wurde von der Majorität sehr leicht genommen und die Convention ging zu anderen Gegenständen der Tagesordnung über.37

Hierauf wurde Crane als Einlaß ins Parlamentshaus begehrend angemeldet. Er wurde eingeladen und das Schriftstück, dessen Ueberbringer er war, auf den Tisch niedergelegt. Hamilton bemerkte, daß sich in den Händen des Earl von Leven eine Mittheilung von dem Prinzen befinde, kraft dessen Autorität die Stände einberufen worden seien. Diese Mittheilung schien den Vorrang zu verdienen. Die Convention war gleicher Meinung und das reiflich erwogene, einsichtsvolle Schreiben Wilhelm’s wurde vorgelesen.

Dann wurde beantragt, daß auch Jakob’s Brief geöffnet werden solle. Die Whigs wendeten dagegen ein, daß derselbe möglicherweise einen Befehl zur Auflösung der Convention enthalten könne. Sie schlugen deshalb vor, daß die Stände, ehe das Siegel erbrochen würde, beschließen sollten, trotz eines solchen Befehls beisammen zu bleiben. Die Jakobiten, welche den Inhalt des Schreibens eben so wenig kannten wie die Whigs, und die Vorlesung desselben nicht erwarten konnten, gaben bereitwillig ihre Zustimmung. Es wurde ein Beschluß gefaßt, durch den die Mitglieder sich verpflichteten, jeden Befehl, der ihnen gebieten sollte auseinander zu gehen, als null und nichtig zu betrachten und so lange beisammen zu bleiben, bis sie das Werk der Sicherung der Freiheit und Religion Schottland’s durchgeführt haben würden. Dieser Beschluß wurde von fast allen anwesenden Lords und Gentlemen unterzeichnet. Auch sieben von den neuen Bischöfen unterschrieben ihn. Die eigenhändig geschriebenen Namen Dundee’s und Balcarras’ sieht man noch auf der Originalrolle. Balcarras suchte später diesen Schritt, der nach seinen Grundsätzen ohne alle Widerrede ein abscheulicher Verrath war, damit zu entschuldigen, daß er sagte, er und seine Freunde hätten sich aus Eifer für das Interesse ihres Gebieters an einer rebellischen Erklärung gegen die Autorität ihres Gebieters betheiligt, sie hätten von dem Briefe den heilsamsten Einfluß erwartet, und der Brief würde nicht geöffnet worden sein, wenn sie nicht der Majorität ein Zugeständniß gemacht hätten.

Wirkung von Jakob’s Schreiben

In wenigen Minuten wurden Balcarras’ Erwartungen bitter getäuscht. Der Brief, von dem man so viel gehofft und gefürchtet hatte, wurde mit allen den Ehren vorgelesen, welche die schottischen Parlamente königlichen Mittheilungen zu erweisen pflegten; aber jedes Wort erfüllte die Herzen der Jakobiten mit Verzweiflung. Man sah deutlich, daß das Unglück Jakob weder weise noch nachsichtig gemacht hatte. Alles athmete Hartnäckigkeit, Grausamkeit und Uebermuth. Denjenigen Verräthern, welche binnen vierzehn Tagen zu ihrer Unterthanenpflicht zurückkehrten, war Verzeihung zugesichert, allen Anderen aber mit schonungsloser Rache gedroht. Ueber frühere Vergehen war nicht nur kein Bedauern ausgedrückt, sondern der Brief selbst war ein neues Vergehen, denn er war von dem Apostaten Melfort geschrieben und contrasignirt, der nach den Gesetzen des Reichs zur Bekleidung des Amts eines Staatssekretärs nicht befähigt war und den die protestantischen Tories nicht weniger verabscheuten als die Whigs. Die ganze Versammlung gerieth in Aufruhr. Jakob’s Feinde waren laut und heftig, und seine Freunde, welche gegen ihn aufgebracht waren und sich seiner schämten, sahen ein, daß nicht mehr daran zu denken war, den Kampf in der Convention fortzusetzen. Jede Stimme, die vor der Eröffnung des Schreibens zweifelhaft gewesen, war jetzt unwiederbringlich verloren. Die Sitzung schloß unter großer Aufregung.38

Es war Samstag Nachmittag und vor Montag früh sollte keine Sitzung wieder sein. Die jakobitischen Parteiführer hielten eine Berathung und kamen zu dem Schlusse, daß ein entscheidender Schritt gethan werden müsse. Dundee und Balcarras sollten sich der ihnen ertheilten Vollmachten bedienen; die Minorität sollte sofort Edinburg verlassen und sich in Stirling versammeln. Athol stimmte bei und nahm es auf sich, ein starkes Corps seiner Clansleute aus den Hochlanden zum Schutze der Berathungen der royalistischen Convention herbeizuziehen. Alles war für den Austritt vorbereitet; aber die Langsamkeit eines Mannes und die Uebereilung eines andren zerstörten in wenigen Stunden den ganzen Plan.

Dundee’s Flucht

Der Montag kam. Die jakobitischen Lords und Gentlemen waren eben im Begriff nach Stirling aufzubrechen, als Athol einen vierundzwanzigstündigen Aufschub verlangte. Er für seine Person habe keinen Grund, sich zu beeilen. Wenn er bliebe, liefe er nicht Gefahr ermordet zu werden. Wenn er aber ginge, setze er sich den von einem Bürgerkriege unzertrennlichen Gefahren aus. Da die Mitglieder seiner Partei sich nicht von ihm trennen wollten, willigten sie in den von ihm verlangten Aufschub und begaben sich noch einmal in das Parlamentsgebäude. Nur Dundee weigerte sich, noch länger zu bleiben. Er sagte, sein Leben sei in Gefahr. Die Convention habe sich geweigert, ihn zu beschützen, und er wolle nicht bleiben, um der Zielpunkt für die Pistolen und Dolche von Meuchelmördern zu sein. Balcarras machte vergebliche Vorstellungen. „Wenn Sie allein abreisen,“ sagte er, „so wird das Aufsehen machen, und den ganzen Plan vereiteln.“ Aber Dundee blieb bei seinem Vorsatze. Tapfer, wie er unzweifelhaft war, schien er, gleich vielen anderen tapferen Männern, gegen die Gefahr eines Meuchelmords weniger gestählt zu sein als gegen jede andre Form der Gefahr. Er kannte den Haß der Covenanters, er wußte wie sehr er ihren Haß verdient hatte, und er wurde von dem Bewußtsein unsühnbarer Schuld und von der Furcht vor einer entsetzlichen Wiedervergeltung gequält, welche die Polytheisten des Alterthums unter dem furchtbaren Namen der Furien personificirten. Seine alten Reiter, die Satans und Beelzebubs, die seine Verbrechen getheilt hatten und die jetzt seine Gefahren theilten, waren bereit, ihn auf seiner Flucht zu begleiten.

 

Tumultuarische Sitzung der Stände

Inzwischen hatte sich die Convention wieder versammelt. Mackenzie hatte sich erhoben, und beklagte in pathetischen Ausdrücken die schlimme Lage der Stände, welche zu gleicher Zeit von den Kanonen einer Festung und von einem fanatischen Pöbel bedroht würden, als er durch einige Schildwachen unterbrochen wurde, die von den Posten in der Nähe des Schlosses herbeikamen. Sie hatten Dundee an der Spitze von funfzig Reitern auf der Straße nach Stirling gesehen. Diese Straße führte dicht an dem mächtigen Felsen vorbei, auf dem die Citadelle erbaut ist. Gordon war auf den Wällen erschienen und hatte durch ein Zeichen zu verstehen gegeben, daß er etwas zu sagen habe. Dundee war nun so hoch hinaufgeklommen, daß er hören und gehört werden konnte, und so besprach er sich eben jetzt mit dem Herzoge. Bis diesen Augenblick war der Haß, mit dem die presbyterianischen Mitglieder der Versammlung den unbarmherzigen Verfolger ihrer Glaubensbrüder betrachteten, durch die schicklichen Formen der parlamentarischen Berathung gedämpft worden. Jetzt aber erfolgte ein furchtbarer Ausbruch. Hamilton selbst, der, wie sogar seine Gegner zugaben, die Pflichten eines Präsidenten bisher mit Würde und Unparteilichkeit versehen hatte, war der Lauteste und Heftigste im Saale. „Es ist hohe Zeit“ rief er aus, „daß wir auf uns selbst denken. Die Feinde unsrer Religion und unsrer bürgerlichen Freiheit sammeln sich rings um uns, und wir dürfen wohl argwöhnen, daß sie selbst hier Complicen haben. Man verschließe die Thüren und lege die Schlüssel auf den Tisch. Niemand soll hinaus als diejenigen Lords und Gentlemen, die wir beauftragen werden, die Bürger zu den Waffen zu rufen. Es sind einige wackere Männer aus dem Westen in Edinburg, Männer, für die ich stehen kann.“ Die Versammlung erhob einen allgemeinen Ruf der Zustimmung. Mehrere Mitglieder der Majorität rühmten sich, daß auch sie zuverlässige Anhänger mitgebracht hätten, die auf den ersten Wink gegen Claverhouse und seine Dragoner ziehen würden. Alles was Hamilton vorschlug, wurde sofort ins Werk gesetzt. Die Jakobiten gaben sich schweigend und ohne Widerstand zu Gefangenen. Leven ging hinaus und gab Befehl Alarm zu schlagen. Die Covenanters von Lanarkshire und Ayrshire leisteten dem Aufrufe sofort Folge. Die so zusammengebrachte Streitmacht hatte zwar kein sehr militärisches Aussehen, genügte aber vollkommen, um die Anhänger des Hauses Stuart im Schach zu halten. Von Dundee war nichts zu hoffen oder zu fürchten. Er war schon den Schloßberg wieder herabgeklommen, zu seinen Reitern zurückgekehrt und in westlicher Richtung davongesprengt. Hamilton ließ nun die Thüren öffnen und es stand den verdächtigen Mitgliedern frei sich zu entfernen. Gedemüthigt und niedergeschmettert, aber doch froh, so wohlfeilen Kaufs davongekommen zu sein, stahlen sie sich durch den Haufen finstrer Fanatiker, welcher High Street füllte. An eine Lostrennung war nun nicht mehr zu denken.39

Am folgenden Tage wurde beschlossen, daß das Königreich in Vertheidigungsstand gesetzt werden solle. Die Einleitung zu diesem Beschlusse enthielt eine strenge Rüge der Perfidie des Verräthers, der wenige Stunden nachdem er durch eine eigenhändig unterschriebene Erklärung sich verpflichtet, seinen Posten in der Convention nicht zu verlassen, das Beispiel der Desertion und das Signal zum Bürgerkriege gegeben hatte. Alle Protestanten vom sechszehnten bis zum sechzigsten Lebensjahre erhielten die Weisung sich bereit zu halten, um beim ersten Aufrufe unter die Waffen zu treten, und damit sich Niemand mit Unkenntniß entschuldigen konnte, wurde die öffentliche Verlesung des Edicts auf allen Marktplätzen des ganzen Königreichs angeordnet.40

Die Stände beschlossen hierauf, ein Danksagungsschreiben an Wilhelm zu richten. Diesem Briefe waren die Unterschriften vieler Edelleute und Gentlemen beigefügt, die zur Partei des verbannten Königs gehörten. Die Bischöfe aber weigerten sich einstimmig, ihre Namen darunter zu setzen.

30Act. Parl. Scot. March 14. 1689; History of the late Revolution in Scotland, 1690; An Account of the Proceedings of die Estates of Scotland, fol. London 1689.
31Balcarras’ Erzählung stellt sowohl Hamilton als Athol in einem sehr ungünstigen Lichte dar. Siehe auch Life of James, II. 338, 339.
32Act. Parl. Scot. March 14. 1688/89; Balcarras’s Memoirs; History of the late Revolution in Scotland; Life of James, II. 342.
33Balcarras’s Memoirs; History of the late Revolution in Scotland, 1690.
34Act. Parl. Scot. March 14, 15. 1689; Balcarras’s Memoirs; London Gazette, March 25; History of the late Revolution in Scotland 1690; Account of the Proceedings of the Estates of Scotland, 1689.
35Siehe Cleland’s Gedichte und die in demselben Bande enthaltenen Loblieder, Edinburg 1697. Es ist wiederholt behauptet worden, dieser Wilhelm Cleland sei der Vater des Steuercommissars gleichen Namens gewesen, der zwanzig Jahre später in den literarischen Kreisen London’s wohl bekannt war, welcher Pope einige eben nicht sehr lobenswerthe Dienste leistete und dessen Sohn Johann der Verfasser eines nur zu weit berühmten Schandbuches war. Dies ist ein vollständiger Irrthum. Der Wilhelm Cleland, welcher bei der Bothwellbrücke focht, war noch nicht achtundzwanzig Jahr alt, als er im August 1689 fiel, und der Steuercommissar Wilhelm Cleland starb in seinem siebenundsechzigsten Lebensjahre im September 1741. Ersterer kann daher nicht der Vater des letzteren gewesen sein. Siehe die Exact Narrative of the Battle of Dunkeld, das Gentleman’s Magazine von 1740 und Warburton’s Anmerkung zu dem Briefe an den Verleger der „Dunciade“, ein Brief, der mit W. Cleland unterzeichnet, in Wirklichkeit aber von Pope verfaßt ist. In einem Aufsatze von Sir Robert Hamilton, dem Orakel der extremen Covenanters und einem blutdürstigen Wüthrich, wird Cleland’s als eines ehemaligen Bundesgenossen dieser Fanatiker, aber nachmaligen heftigen Widersachers derselben erwähnt. Cleland stimmte wahrscheinlich nicht mit Hamilton darin überein, die Abschlachtung von Kriegsgefangenen, die sich auf Pardon ergeben hatten, als eine heilige Pflicht anzusehen. Siehe Hamilton’s Letter to the Societies vom 7. December 1685.
36Balcarras’s Memoirs.
37Balcarras’s Memoirs. Den vollständigsten Bericht über diese Verhandlungen geben jedoch einige handschriftliche Notizen, welche sich in der Bibliothek der Advokatenfacultät befinden. Balcarras’ Angaben sind nicht ganz genau. Er verließ sich wahrscheinlich zu sehr auf sein Gedächtniß. Ich habe dieselben nach den Parlamentsacten berichtigt.
38Act. Parl. Scot. March 16. 1688/89; Balcarras’s Memoirs; History of the late Revolution in Scotland, 1690; Account of the Proceedings of the Estates of Scotland, 1689; London Gazette, March 25. 1689; Life of James II. 342. Burnet irrt sonderbar in Bezug auf diese Vorgänge.
39Balcarras’s Memoirs; Manuscript in der Bibliothek der Advokatenfacultät.
40Act. Parl. Scot. March 19. 1688/89; History of the late Revolution in Scotland.