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Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Siebenter Band: enthaltend Kapitel 13 und 14.

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Kettlewell. Fitzwilliam

Zwei andere Eidverweigerer verdienen weniger ihrer Talente und ihrer Gelehrsamkeit, als ihrer seltenen Rechtschaffenheit und ihrer nicht minder seltenen Aufrichtigkeit wegen specielle Erwähnung. Dies sind Johann Kettlewell, Rector von Coleshill, und Johann Fitzwilliam, Canonicus von Windsor. Es ist bemerkenswerth, daß diese Männer beide viel mit Lord Russell verkehrt und daß beide, obgleich sie in politischen Ansichten von ihm abwichen und den Antheil, den er an dem whiggistischen Complot genommen, entschieden mißbilligten, eine hohe Meinung von seinem Character gehabt und seinen Tod aufrichtig betrauert hatten. Er hatte Kettlewell noch eine freundliche Botschaft vom Schaffot in Lincoln’s Inn Fields gesandt. Lady Russell liebte, vertraute und verehrte Fitzwilliam, der in ihrer Jugend der Freund ihres Vaters, des tugendhaften Southampton gewesen war, bis an ihr Ende. Die beiden Geistlichen stimmten in der Verweigerung der Eide überein, schlugen aber von diesem Augenblicke an verschiedene Richtungen ein. Kettlewell war eines der thätigsten Mitglieder seiner Partei; er scheute sich keiner Anstrengung zum Besten der gemeinschaftlichen Sache, vorausgesetzt daß es keine solche war, die einem rechtschaffenen Mann Unehre machte, und er vertheidigte seine Ansichten in mehreren Schriften, welche allerdings eine viel höhere Meinung von seiner Aufrichtigkeit als von seiner Urtheilsfähigkeit und seinem Scharfsinn begründen.218 Fitzwilliam glaubte genug gethan zu haben, indem er sein anmuthiges Wohnhaus mit Garten im Schatten der St. Georgs-Kapelle verließ und mit seinen Büchern eine kleine Entresolwohnung bezog. Er konnte Wilhelm und Marien mit ruhigem Gewissen nicht anerkennen, aber er hielt sich auch nicht für verpflichtet, beständig zur Widersetzlichkeit gegen sie aufzustacheln, und er verbrachte die letzten Jahre seines Lebens unter dem mächtigen Schutze des Hauses Bedford in harmloser, den Studien gewidmeter Ruhe.219

Allgemeiner Character des eidverweigernden Klerus

Unter den minder ausgezeichneten Geistlichen, welche ihre Pfründen verloren, befanden sich zweifelsohne viele gute Menschen; soviel aber ist gewiß, daß der sittliche Character der Eidverweigerer im allgemeinen auf keiner hohen Stufe stand. Es scheint hart, Leuten, welche unbestreitbar einem Prinzipe ein großes Opfer brachten, Lauheit der Prinzipien vorzuwerfen. Allein die Erfahrung beweist mehr als genugsam, daß Viele, die eines großen Opfers fähig sind, wenn ihr Blut vom Kampfe erhitzt und die Blicke der Welt auf sie gerichtet sind, in der täglichen Ausübung verborgener Tugenden nicht lange zu beharren vermögen. Es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, daß Zeloten ihr Leben für eine Religion hingeben können, welche ihre rachsüchtigen oder ausschweifenden Leidenschaften doch niemals wirksam gezügelt hatte. Wir erfahren sogar von Kirchenvätern, welche das höchste Ansehen genießen, daß selbst in den reinsten Zeiten der Kirche einige Bekenner, die sich standhaft geweigert hatten, durch Streuen von Weihrauch auf den Altar Jupiters den Qualen der Folter und dem Tode zu entgehen, später den christlichen Namen durch Betrug und Ausschweifung schändeten.220 Die eidverweigernden Geistlichen haben indeß Anspruch auf große Nachsicht. Sie befanden sich unbestreitbar in einer sehr versuchungvollen Lage. Ein Schisma, das eine religiöse Gemeinschaft spaltet, spaltet in der Regel den Laienstand ebenso wie den Klerus. Die sich lostrennenden Seelenhirten ziehen einen großen Theil ihrer Heerden mit sich fort und sind in Folge dessen ihres Unterhalts gewiß. Aber das Schisma von 1689 erstreckte sich kaum weiter als auf den Klerus. Das Gesetz verlangte von dem Rector, die Eide zu leisten, oder sein Amt niederzulegen; von dem Gemeindemitgliede aber wurde kein Eid, keine Anerkennung des Titels des neuen Herrscherpaares verlangt, um sich zur Theilnahme am Gottesdienste oder zum Genusse des heiligen Abendmahls zu qualificiren. Daher hielt sich von den Laien, welche die Revolution mißbilligten, noch nicht einer unter fünfzig für verpflichtet, seinen Stuhl in der alten Kirche, wo nach wie vor die alte Liturgie verlesen und die alten Gewänder getragen wurden, zu verlassen und den ausgestoßenen Priester zu einem Conventikel zu begleiten, das noch obendrein durch das Toleranzedict nicht geschützt war. So war die neue Secte eine Secte von Predigern ohne Zuhörer und vom Predigen konnten diese Prediger nicht leben. In London und in einigen anderen großen Städten waren die heftigen Jakobiten, welche durch nichts zu befriedigen waren, als wenn sie für König Jakob und den Prinzen von Wales mit Namen beten hörten, allerdings zahlreich genug, um einige kleine Gemeinden zu bilden, die sich im Geheimen und unter beständiger Furcht vor den Constablern in Räumen versammelten, welche so beschränkt waren, daß die Bethäuser der puritanischen Dissenters im Vergleich damit Paläste genannt werden konnten. Selbst Collier, der alle die Eigenschaften besaß, welche ein zahlreiches Auditorium herbeiziehen, mußte sich damit begnügen, der Geistliche einer kleinen Schaar Mißvergnügter zu sein, deren Betzimmer sich im zweiten Stock eines Hauses der City befand. Aber die Zahl der nichtschwörenden Geistlichen, die sich durch Gottesdiensthalten an solchen Orten auch nur einen kümmerlichen Unterhalt zu erwerben vermochten, war sehr gering. Von den übrigen konnten einige unabhängig von ihrem Vermögen leben, andere ernährten sich durch literarische Arbeiten, ein paar praktizirten als Aerzte. Thomas Wagstaffe zum Beispiel, der Kanzler von Lichfield gewesen war, hatte viele Patienten und machte sich dadurch bemerkbar, daß er sie stets im vollen Domherrnornat besuchte.221 Doch dies waren Ausnahmen. Betriebsame Armuth ist ein der Tugendhaftigkeit keineswegs nachtheiliger Zustand, gefährlich aber ist es, arm und zugleich unthätig zu sein, und die Mehrzahl der Geistlichen, die sich geweigert hatten zu schwören, sahen sich ohne Subsistenzmittel und ohne Beschäftigung in die Welt hinausgestoßen. Natürlich wurden sie Bettler und Müßiggänger. Da sie sich als Märtyrer für eine öffentliche Sache betrachteten, so schämten sie sich nicht, den ersten besten guten Hochkirchlichen um eine Guinee anzusprechen. Die Meisten von ihnen verbrachten ihr Leben damit, daß sie aus einem Torykaffeehause ins andre gingen, die Holländer schmähten, Gerüchte, nach denen Se. Majestät binnen einem Monate zuverlässig auf englischem Boden sein würde, anhörten und verbreiteten, und sich die Köpfe darüber zerbrachen, wer das Bisthum Salisbury bekommen würde, wenn Burnet gehängt wäre. Während der Parlamentssession waren die Vorzimmer und der Court of Requests mit abgesetzten Pfarrgeistlichen gefüllt, die sich erkundigten, wer die Oberhand habe und wie die letzte Abstimmung ausgefallen sei. Viele der vertriebenen Geistlichen fanden in den Häusern reicher Jakobiten als Kaplane, Hauslehrer oder Seelsorger Aufnahme. In einer derartigen Stellung kann ein Mann von reinem und edlem Character, ein Mann wie Ken unter den Eidverweigerern und Watts unter den Nonconformisten war, seine Würde behaupten und durch sein Beispiel und seine Belehrungen die Wohlthaten, die er empfängt, mehr als vergelten. Für Den aber, dessen Tugend nicht auf einer hohen Stufe steht, ist dieser Lebensweg voller Gefahren. Besitzt er ein phlegmatisches Temperament, so läuft er Gefahr, zu einem servilen, sinnlichen, trägen Schmarotzer herabzusinken. Hat er einen thatkräftigen, aufstrebenden Geist, so steht zu befürchten, daß er in den schlimmen Kunstgriffen Erfahrung erlangt, durch welche dienende Personen sich leichter als durch treue Dienste angenehm oder gefürchtet machen. Die schwache Seite jedes Characters zu entdecken, jeder Leidenschaft und jedem Vorurtheile zu schmeicheln, Zwietracht und Neid zu säen, wo Liebe und Vertrauen herrschen sollten, den Augenblick übereilter Offenherzigkeit zu erspähen, um Geheimnisse zu entlocken, welche für das Glück und die Ehre der Familien von Wichtigkeit sind: dies sind die Gewohnheiten, durch welche sich scharfsinnige und unruhige Geister nur zu oft für das Demüthigende einer abhängigen Stellung gerächt haben. Die öffentliche Stimme beschuldigte viele Eidverweigerer laut, daß sie die Gastfreundschaft ihrer Wohlthäter mit eben so schwarzem Undank vergälten, wie der in Molière’s Meisterwerk geschilderte Heuchler. In der That als Cibber es unternahm, dieses herrliche Lustspiel für die englische Bühne zu bearbeiten, machte er aus seinem Tartuffe einen Eidverweigerer, und Johnson, von dem man nicht glauben kann, daß er gegen die Eidverweigerer eingenommen gewesen sei, gestand offen, daß Cibber ihnen nicht Unrecht gethan habe.222

 

Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß das durch die Eide herbeigeführte Schisma noch weit schlimmer gewesen sein würde, wenn in dieser Krisis eine ausgedehnte Umgestaltung in der Verfassung oder dem Ceremoniell der Staatskirche vorgenommen worden wäre. Es ist ein sehr lehrreiches Factum, daß die aufgeklärten und toleranten Geistlichen, welche eine solche Umgestaltung sehnlichst wünschten, nachher Grund sahen, dankbar dafür zu sein, daß ihr Lieblingsplan gescheitert war.

Der Comprehensionsplan. Tillotson

Whigs und Tories hatten sich während der vorigen Session vereinigt, Nottingham’s Comprehensionsbill zu beseitigen, indem sie eine Adresse beschlossen, welche den König ersuchte, die ganze Angelegenheit an die Convocation zu verweisen. Burnet sah die Wirkung dieses Beschlusses voraus. Der ganze Plan, sagte er, ist gänzlich zerstört.223 Viele von seinen Freunden waren jedoch andrer Meinung, und zu ihnen gehörte auch Tillotson. Von allen Mitgliedern der Niederkirchenpartei stand Tillotson in der allgemeinen Achtung am höchsten. Als Kanzelredner übertraf er in den Augen seiner Zeitgenossen alle lebenden und todten Rivalen. Die Nachwelt hat dieses Urtheil nicht anerkannt; doch behauptet Tillotson noch immer seinen Platz als ein legitimer englischer Classiker. Sein höchster Gedankenflug stand zwar tief unter dem eines Taylor, eines Barrow und eines South; aber sein Styl war correcter und fließender als der ihrige. Keine wunderlichen Einfalle, keine pedantischen Citate aus Talmudisten und Scholiasten, keine gemeinen Bilder, possenhaften Geschichten oder unschicklichen Schmähungen beeinträchtigten die Wirkung seiner ernsten und gemäßigten Reden. Seine Logik war gerade tief und fein genug, damit ein volksthümliches Auditorium sie mit jenem leichten Grade geistiger Anstrengung, der ein Genuß ist, verfolgen konnte. Sein Styl ist nicht brillant, aber er ist rein, durchsichtig klar und ebenso frei von der Flüchtigkeit, wie von der Schwerfälligkeit, welche die Predigten mancher ausgezeichneten Geistlichen des 17. Jahrhunderts verunzieren. Er ist immer ernst, und doch hat seine Ausdrucksweise eine gewisse elegante Ungezwungenheit, die ihn als einen Mann kennzeichnet, der die Welt kennt, der in volkreichen Städten und an glänzenden Höfen gelebt und der sich nicht allein mit Büchern, sondern auch mit Juristen und Kaufleuten, mit Literatur und Damen, mit Staatsmännern und Fürsten unterhalten hat. Der Hauptreiz seiner Geistesproducte liegt jedoch in der Herzensgüte und Offenheit, welche aus jeder Zeile sprechen und in seinem Lebenswandel nicht minder sichtbar hervortreten wie in seinen Schriften.

Als Theolog war Tillotson gewiß nicht weniger latitudinarisch als Burnet. Dennoch sprachen viele von den Geistlichen, für welche Burnet ein Gegenstand unüberwindlicher Abneigung war, von Tillotson mit Zuneigung und Achtung. Es kann daher nicht Wunder nehmen, daß die beiden Freunde sich ein verschiedenes Urtheil über die Gesinnung der Priesterschaft gebildet hatten und von dem Zusammentritt der Convocation ein verschiedenes Resultat erwarteten. Tillotson mißfiel der Beschluß der Gemeinen nicht. Er war der Ansicht, daß Veränderungen, welche durch eine rein weltliche Behörde in religiösen Institutionen vorgenommen wurden, vielen Kirchenmännern unangenehm sein mußten, die gleichwohl in einer kirchlichen Synode für noch umfassendere Aenderungen gestimmt haben würden, und seine Meinung hatte großes Gewicht beim Könige.224 Es ward beschlossen, daß die Convocation zu Anfang der nächsten Parlamentssession zusammentreten und daß inzwischen eine Verordnung erlassen werden sollte, welche einige ausgezeichnete Geistliche ermächtigte, die Liturgie, die Kirchengesetze und das ganze von den christlichen Gerichtshöfen gehandhabte Rechtssystem zu prüfen und über die sich als wünschenswerth herausstellenden Abänderungen Bericht zu erstatten.225

Eine kirchliche Commission ernannt

Die Mehrzahl der Bischöfe, welche die Eide geleistet hatten, war in dieser Commission, und ihnen waren zwanzig der angesehensten Priester beigegeben. Der bedeutendste unter diesen Zwanzig war Tillotson, denn man wußte, daß er die Ansicht des Königs und der Königin aussprach. Unter den Commissionsmitgliedern, welche Tillotson als ihr Oberhaupt betrachteten, befanden sich Stillingfleet, Dechant von St. Paul, Sharp, Dechant von Norwich, Patrick, Dechant von Peterborough, Tenison, Rector von St. Martin, und Fowler, dessen verständiger Energie der Entschluß der londoner Geistlichkeit, die Indulgenzerklärung nicht zu verlesen, hauptsächlich zuzuschreiben war.

Neben den genannten Männern standen einige der Hochkirchenpartei angehörende Geistliche. Unter diesen zeichneten sich besonders zwei der ersten Theologen von Oxford, Aldrich und Jane, aus. Aldrich war unlängst zum Dechant von Christchurch ernannt worden, an Stelle des Papisten Massey, den Jakob, in directem Widerspruch mit den Gesetzen, an die Spitze dieses wichtigen Collegiums gestellt hatte. Der neue Dechant war ein gebildeter, wenn auch nicht gründlicher Gelehrter und ein jovialer, gastfreundlicher Herr. Er war der Verfasser einiger theologischer Schriften, welche längst vergessen sind, und eines Compendiums der Logik, das noch in Gebrauch ist; die besten Werke aber, die er der Nachwelt hinterlassen hat, sind seine Kanons. Jane, der königliche Professor der Theologie, war ein ernsterer, aber minder achtungswerther Mann. Er hatte den Hauptantheil bei Abfassung des Decrets gehabt, durch welches seine Universität befahl, daß die Werke Milton’s und Buchanan’s in den Schulen öffentlich verbrannt werden sollten. Wenige Jahre später hatte er sich, gereizt und beunruhigt durch die Verfolgung der Bischöfe und durch die Confiscirung der Einkünfte des Magdalenencollegiums, von dem Prinzip des Nichtwiderstandes losgesagt, hatte sich in das Hauptquartier des Prinzen von Oranien begeben und Sr. Hoheit versichert, daß Oxford bereitwillig sein Silbergeschirr zur Unterstützung des Kriegs gegen seinen Unterdrücker in Geld verwandeln werde. Eine kurze Zeit lang wurde Jane allgemein als ein Whig betrachtet und von einigen seiner früheren Verbündeten in Schmähschriften arg mitgenommen. Er hatte das Unglück einen Namen zu haben, der eine vortreffliche Zielscheibe für die gelehrten Witzlinge seiner Universität war. Es erschienen mehrere Epigramme auf den Janus mit dem Doppelgesicht, der durch Sehen nach der einen Seite eine Professur erhalten, und der jetzt durch Sehen nach einer andren Seite ein Bisthum zu erlangen hoffe. Daß er ein Bisthum zu erlangen hoffte, war vollkommen wahr. Er verlangte den Sitz von Exeter als den seinen Diensten gebührenden Lohn. Derselbe wurde ihm jedoch abgeschlagen. Diese Verweigerung überzeugte ihn, daß er vom Latitudinarismus eben so viel zu fürchten hatte wie vom Papismus, und er wurde daher eiligst wieder ein Tory.226

Maßregeln der Commission

Zu Anfang des October versammelten sich die Mitglieder der Commission in dem Jerusalemzimmer. Sie beschlossen in ihrer ersten Sitzung, darauf anzutragen, daß beim öffentlichen Gottesdienste die aus den Apokryphen entnommenen Vorlesekapitel durch Kapitel aus den kanonischen Büchern der heiligen Schrift ersetzt werden sollten.227 In der zweiten Zusammenkunft wurde eine Frage aufgeworfen, und zwar von Demjenigen, der sie zu allerletzt hätte in Anregung bringen sollen. Sprat, Bischof von Rochester, war ohne den geringsten Gewissensskrupel zwei Jahre lang Mitglied des verfassungswidrigen Tribunals gewesen, das unter der vorigen Regierung die Kirche, zu deren Leitern er gehörte, unterdrückt und geplündert hatte. Aber jetzt war er bedenklich geworden und äußerte Zweifel an der Gesetzmäßigkeit der Commission. Seine Einwendungen müssen jedem gesunden Verstande als hohle Sophismen erscheinen. Das Ernennungsdecret gab weder Vollmacht, Gesetze zu machen, noch Gesetze anzuwenden, sondern lediglich zu untersuchen und zu berichten. Selbst ohne königliche Ermächtigung hätten Tillotson, Patrick und Stillingfleet unbedenklich zusammentreten können, um den Zustand und die Zukunft der Kirche zu berathen und zu erwägen, ob es wünschenswerth war oder nicht, den Dissenters ein Zugeständniß zu machen. Wie konnte es ein Verbrechen sein, wenn Unterthanen auf Verlangen ihres Souverains etwas thaten, was unschuldig, ja lobenswerth gewesen wäre, wenn sie es unaufgefordert gethan hätten? Sprat wurde jedoch durch Jane unterstützt. Es entspann sich ein heftiger Wortwechsel, und Lloyd, Bischof von St. Asaph, der neben vielen guten Eigenschaften ein reizbares Temperament besaß, ließ sich so weit hinreißen, von Spionen zu sprechen. Sprat entfernte sich und kam nicht wieder. Jane und Aldrich folgten bald seinem Beispiele.228 Die Commission ging hierauf zur Erörterung der Frage wegen der Stellung beim Abendmahle über, und es wurde beschlossen anzuempfehlen, daß ein Communikant, der nach Besprechung mit seinem Seelsorger erklärte, sein Gewissen erlaube ihm nicht, das Brot und den Wein kniend zu empfangen, dieselben sitzend empfangen dürfe. Mew, Bischof von Winchester, ein braver Mann, aber ohne wissenschaftliche Bildung, der selbst in seinen besten Jahren schwach gewesen war und jetzt immer kindischer wurde, protestirte gegen dieses Zugeständniß und verließ die Versammlung. Die anderen Mitglieder fuhren fort, sich emsig mit ihrer Aufgabe zu beschäftigen, und es fand kein weiterer Austritt statt, obgleich große Meinungsverschiedenheit herrschte und die Debatten zuweilen ziemlich heiß waren. Die entschiedensten Hochkirchlichen unter den Zurückbleibenden waren Doctor Wilhelm Beveridge, Archidiakonus von Colchester, der viele Jahre später Bischof von St. Asaph wurde, und Doctor Johann Scott, der Nämliche, der an Jeffreys’ Sterbebett gebetet hatte. Die Thätigsten unter den Latitudinariern waren Burnet, Fowler und Tenison.

 

Die Taufhandlung wurde wiederholt discutirt. In Bezug auf Formalitäten waren die Commissionsmitglieder zur Nachsicht gestimmt. Sie waren sämmtlich geneigt, Kinder ohne Pathen und ohne das Zeichen des Kreuzes in den Schooß der Kirche aufzunehmen. Die Majorität aber weigerte sich nach langer Debatte standhaft, die Worte zu entkräften oder wegzuerklären, in denen nach der Ansicht aller unverdorbenen Gemüther die regenerirende Kraft des Sakraments liegt.229

Hinsichtlich des Chorhemds beschloß die Commission zu empfehlen, daß den Bischöfen ein weiter Spielraum gelassen werde. Es wurden Auswege ersonnen, durch welche Jemand, der die presbyterianische Ordination empfangen, ein Priester der englischen Kirche werden konnte, ohne weder ausdrücklich noch stillschweigend die Ungültigkeit dieser Ordination zuzugeben.230

Der kirchliche Kalender wurde einer sorgfältigen Revision unterworfen. Die großen Festtage wurden beibehalten. Aber es wurde nicht für wünschenswerth erachtet, daß St. Valentin, St. Chad, St. Swithin, St. Eduard König der Westsachsen, St. Dunstan und St. Alphage die Ehren St. Johannes’ und St. Paulus’ theilten, oder daß es den Anschein bekäme, als ob die Kirche die lächerliche Fabel von der Entdeckung des Kreuzes Thatsachen von so hochwichtiger Bedeutung wie die Geburt, die Leidensgeschichte, die Auferstehung und die Himmelfahrt des Herrn zur Seite stellen wolle.231

Das Athanasische Glaubensbekenntniß machte viel zu schaffen. Die meisten Mitglieder der Commission waren eben so wenig geneigt, die doctrinellen Sätze aufzugeben, wie die damnatorischen Sätze beizubehalten. Burnet, Fowler und Tillotson wünschten dieses berühmte Symbolum ganz aus der Liturgie zu streichen. Burnet machte dafür ein Argument geltend, das ihm wahrscheinlich selbst kein großes Gewicht zu haben schien, das aber vortrefflich darauf berechnet war, seine Gegner, Beveridge und Scott, in Verlegenheit zu setzen. Das Concil von Ephesus war von den anglikanischen Geistlichen stets als eine Synode verehrt worden, welche die Gesammtheit der Gläubigen wirklich repräsentirt hatte und von Gott auf dem Wege der Wahrheit geleitet worden war. Die Stimme dieses Concils war die Stimme der noch nicht durch Aberglauben verderbten oder durch Spaltungen zerrissenen heiligen katholischen und apostolischen Kirche. Seit mehr als zwölf Jahrhunderten hatte die Welt keine kirchliche Versammlung wieder gesehen, welche gleichen Anspruch auf die Achtung der Gläubigen gehabt hätte. Das Concil von Ephesus hatte in den klarsten Ausdrücken und unter Androhung der furchtbarsten Strafen den Christen verboten, ihren Brüdern ein andres Glaubensbekenntniß aufzudringen als das von den Nicäischen Vätern festgestellte. Man sollte daher denken, daß, wenn das Concil von Ephesus wirklich unter der Leitung des heiligen Geistes stand, jeder der sich des Athanasischen Glaubensbekenntnisses bedient, in dem Augenblicke da er ein Anathema gegen seine Nebenmenschen ausspricht, ein Anathema über sein eignes Haupt bringen müßte.232 Trotz der Autorität der ephesischen Väter beschloß die Majorität der Commissionsmitglieder das Athanasische Glaubensbekenntniß im Gebetbuche zu lassen, sie schlugen nur vor, eine von Stillingfleet entworfene Rubrik beizufügen, welche erklärte, die damnatorischen Sätze seien so zu verstehen, daß sie nur auf Diejenigen Anwendung fänden, welche das Wesen des christlichen Glaubens hartnäckig leugneten. Orthodoxe Gläubige durften daher hoffen, daß der Ketzer, der aufrichtig und demüthig nach der Wahrheit gesucht, nicht zu ewiger Strafe verdammt werden würde, weil es ihm nicht gelungen war, sie zu finden.233

Tenison wurde beauftragt, die Liturgie zu prüfen und alle diejenigen Ausdrücke zu sammeln, gegen welche entweder von theologischen oder von literarischen Kritikern Einwendungen gemacht worden waren. Einige offenbare Mängel beschloß man zu beseitigen. Es wäre vernünftig gewesen, wenn es die Commissionsmitglieder dabei hätten bewenden lassen; unglücklicherweise aber beschlossen sie, einen großen Theil des Gebetbuches umzuarbeiten. Dies war ein kühnes Unternehmen, denn im allgemeinen ist der Styl des Buches so, daß er nicht verbessert werden kann. Die englische Liturgie gewinnt in der That selbst bei einem Vergleiche mit den schönen alten Liturgien, denen sie zum großen Theil entlehnt ist. Die wesentlichen Eigenschaften der erbaulichen Eloquenz, der Kürze, der majestätischen Einfachheit, der pathetischen Innigkeit des Gebets, durch tiefe Ehrfurcht gemäßigt, sind den Uebersetzungen und den Originalen gemeinschaftlich eigen. In den untergeordneten Schönheiten der Diction aber stehen die Originale den Uebersetzungen unleugbar nach. Der Grund davon liegt auf der Hand. Die technischen Ausdrücke des Christenthums wurden erst ein Bestandtheil der lateinischen Sprache, als diese Sprache das Alter der Reife überschritten hatte und in Barbarismus versank. Aber die technischen Ausdrücke des Christenthums fanden sich in dem angelsächsischen und normännischen Französisch schon lange bevor die Verschmelzung dieser beiden Dialecte einen dritten, beiden überlegenen Dialect erzeugt hatte. Das Latein, des römisch-katholischen Gottesdienstes ist daher Latein im letzten Stadium des Verfalls, während das Englisch unsres Gottesdienstes Englisch in der vollen Kraft und Eleganz der ersten Jugend ist. Den großen lateinischen Schriftstellern Terenz und Lucrez, Cicero und Cäsar, Tacitus und Quintilian würden die herrlichsten Compositionen Ambrosius’ und Gregor’s nicht nur als schlecht geschrieben, sondern als sinnloses Gewäsch erschienen sein.234 Die Diction unsers allgemeinen Gebetbuches hingegen hat direct oder indirect dazu beigetragen, die Sprache fast jedes großen englischen Schriftstellers zu bilden und hat die Bewunderung der gebildetsten Ungläubigen und der gebildetsten Nonconformisten, die Bewunderung von Männern wie David Hume und Robert Hall erweckt.

Der Styl der Liturgie befriedigte jedoch die Doctoren des Jerusalemzimmers nicht. Sie erklärten die Collecten für zu kurz und zu trocken, und Patrick wurde beauftragt, sie zu erweitern und auszuschmücken. In einer Hinsicht ließ sich gegen diese Wahl nichts einwenden, denn wenn wir danach urtheilen, wie Patrick die erhabenste hebräische Poesie paraphrasirte, werden wir wahrscheinlich zu der Ueberzeugung gelangen, daß, mochte er sich nun dazu eignen, die Collecten zu verbessern, oder nicht, wenigstens Niemand befähigter sein konnte, sie zu erweitern.235

218Siehe seine Werke und seine höchst interessante Biographie, welche aus den Papieren seiner Freunde Hickes und Nelson zusammengetragen worden ist.
219Siehe Fitzwilliam’s Korrespondenz mit Lady Russell und seine Zeugenaussage in Ashton’s Prozesse in den State Trials. Das einzige Werk, welches Fitzwilliam, soweit ich es habe entdecken können, je veröffentlichte, war eine Predigt über das Ryehousecomplot, die er einige Wochen nach Russell’s Hinrichtung gehalten. Es kommen in dieser Predigt einige Stellen vor, bei denen ich mich ein wenig wundern muß, daß die Wittwe und die Familie Russell’s sie verzeihen konnten.
220Cyprian spricht in einer seiner Episteln folgendermaßen zu den Bekennern: „Quosdam audio inficere numerum vestrum, et laudem praecipui nominis prava sua conversatione destruere … Cum quanto nominis vestri pudore delinquitur quando alius aliquis temulentus et lasciviens demoratur; alius in eam patriam unde extorris est regreditur, ut deprehensus non jam quasi Christianus, sed quasi nocens pereat.“ In dem Buche: De Unitate Ecclesiae führt er eine noch stärkere Sprache: „Neque enim confessio immunem facit ab insidiis diaboli, aut contra tentationes et pericula et incursus atque impetus saeculares adhuc in saeculo positum perpetua securitate defendit; caeterum nunquam in confessoribus fraudes et stupra et adulteria postmodum videremus, quae nunc in quibusdam videntes ingemiscimus et dolemus.“
221Viele interessante Mittheilungen über die Eidverweigerer findet man in den Biographical Memoirs des Buchdruckers Wilhelm Bowyer, welche den ersten Band von Nichols’ Literary Anecdotes of the Eighteenth Century bilden. Eine Probe von Wagstaffe’s Recepten befindet sich in der Bodlejanischen Bibliothek.
222Cibber’s Stück, so wie er es schrieb, verlor seine Popularität, als die Jakobiten aufhörten mächtig zu sein, und ist jetzt nur nach den Forschern bekannt. Im Jahre 1768 arbeitete Bickerstaffe es zu dem „Heuchler“ um und setzte an die Stelle des Eidverweigerers Dr. Wolff den Methodisten Dr. Cantwell. „Ich halte den Character des Heuchlers,“ sagt Johnson, „nicht für ganz passend auf die Methodisten; auf die Eidverweigerer aber paßte er sehr gut.“ Boswell fragte ihn, ob es wahr sei, daß die eidverweigernden Geistlichen mit den Frauen ihrer Gönner intriguirten. „Ich fürchte sehr,“ antwortete Johnson, „daß viele von ihnen es getan haben.“ Dieses Gespräch fand am 27. März 1775 statt. Aber nicht nur in gleichgültiger Unterhaltung sprach Johnson eine ungünstige Meinung über die Eidverweigerer aus. In seiner Biographie Fenton’s, der ein Eidverweigerer war, kommen die bedeutsamen Worte vor: „Ich muß daran erinnern, daß er seinen Namen unbefleckt erhielt und sich niemals, wie nur zu Viele von der nämlichen Klasse, zu gemeinen Ränken und ehrlosen Kunstgriffen erniedrigte.“ Siehe The Character of a Jacobite, 1690. Selbst in Kettlewell’s Biographie, aus den Papieren seiner Freunde Hickes und Nelson zusammengetragen, findet man Einräumungen, welche beweisen, daß sehr bald nach dem Schisma einige der eidverweigernden Geistlichen in Gewohnheiten des Müßigganges, der Abhängigkeit und des Bettelns verfielen, welche den ganzen Stand in Mißcredit brachten. „Mehrere Unwürdige, welche immer die zuversichtlichsten sind, schadeten durch ihr Umhertreiben den wahrhaft Würdigen, denen es die Bescheidenheit nicht zuließ für sich zu bitten … Mr. Kettlewell empfand es ebenfalls schmerzlich, daß manche von seinen Collegen viel zu viel Zeit an Vergnügungs- und Unterhaltungsorten zubrachten, und sich wegen ihres Fortkommens auf Diejenigen verließen, deren Bekanntschaft sie dort machten.“
223Reresby’s Memoirs 344.
224Birch’s Life of Tillotson.
225Siehe den Discourse concerning the Ecclesiastical Commission, 1689.
226Birch’s Life of Tillotson; Life of Prideaux; Gentleman’s Magazine, Juni und Juli 1745.
227Diary of the Proceedings of the Commissioners, taken by Dr. Williams, afterwards Bishop of Chichester, one of the Commissioners, every night after he went home from the several meetings. Dieses höchst interessante Tagebuch wurde 1854 auf Befehl des Hauses der Gemeinen gedruckt.
228Williams’s Diary.
229Williams’s Diary.
230Williams’s Diary.
231Siehe die Alterations in the Book of Common Prayer prepared by the Royal Commissioners for the revision of the Liturgy in 1689, and printed by order of the House of Commons in 1854.
232Es läßt sich kaum eine stärkere oder klarere Sprache denken als die, deren sich das Concil bediente: Τούτων τοίνυν ἀναγνωσθέντων, ὥρισην ἡ ἀγία σύνοδος, ἑτέραν πίστιν μηδενὶ ἐξεῖναι προσφέρειν, ἤγουν συγγράφειν, ἢ συντιθέναι, παρὰ τὴν ὁρισθεῖσαν παρὰ τῶν ἁγίων πατέρων τῶν ἐν τῇ Νικαέων συνελθόντων σὺν ἁγίῳ πνεύματι· τοὺς δὲ τολμῶντας ἢ συντιθέναι πίστιν ἑτέραν, ἤγουν προκομίζειν, ἢ προσφέρειν τοῖς ἐθέλουσιν ἐπιστρέφειν εἰς ἐπίγνωσιν τῆς ἀληθείας, ἢ ἐξ Ἑλληνισμοῦ, ἢ ἐξ Ἰουδαϊσμοῦ, ἢ ἐξ αἱρέσεως οἱασδηποτοῦν, τούτους, εἰ μὲν εἶεν ἐπίσκοποι ἢ κλήρικοι, ἀλλοτρίους εἶναι τοὺς ἐπισκόπους τῆς ἐπισκοπῆς, καὶ τοὺς κληρίκους τοῦ κλήρου, εἰ δὲ λαϊκοὶ εἶεν, ἀναθεματίζεσθαι. Concil. Ephes. Actio VI.
233Williams’s Diary; Alterations in the Book of Common Prayer.
234Ich möchte das Erstaunen gesehen haben, in welches die Großmeister der lateinischen Sprache, die mit Mäcenas und Pollio zu speisen pflegten, durch das „Tibi Cherubim et Seraphim incessabili voce proclamant, Sanctus, Sanctus, Dominus Deus Sabaoth,“ oder durch das „Ideo cum angelis et archangelis, cum thronis et dominationibus“ versetzt worden wären.
235Ich will zwei Proben von Patrick’s Schreibweise anführen. „Er macht mich niederlegen auf einer grünen Aue,“ sagt David, „und führet mich zu den stillen Wassern.“ Patrick’s Version lautet: „Denn wie ein guter Hirt seine Schafe bei heftiger Hitze an schattige Orte führt, wo sie sich niederlegen und (nicht an verdorrter sondern) an frischer und grüner Weide laben können, und sie am Abend (nicht zu schlammigen und aufgerührten, sondern) zu klaren und ruhigen Wassern leitet: so hat er bereits zweckmäßige und reichliche Vorsorge für mich getroffen, die ich in Frieden und ohne Störung genieße.“ Im hohen Liede kommt ein wunderschöner Vers vor: „Ich beschwöre Euch, Ihr Töchter Jerusalems, findet Ihr meinen Freund, so saget ihm, daß ich vor Liebe krank liege.“ Patrick’s Version lautet: „So wendete ich mich an Diejenigen meiner Nachbarn und vertrauten Bekannten, die durch mein Geschrei geweckt worden waren und herbeikamen, um zu sehen was es gebe, und beschwor sie, wie sie es vor Gott verantworten könnten, meinem Geliebten, wenn sie mit ihm zusammenträfen, mitzutheilen – Was soll ich sagen? – Was sollt Ihr ihm Andres sagen, als daß ich jetzt, da ich seinen Umgang entbehre, meines Lebens nicht froh werde, daß mir nicht eher wieder wohl sein wird, als bis ich seine Liebe wieder gewinne.“