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Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Siebenter Band: enthaltend Kapitel 13 und 14.

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Unterbrechung der Parlamentssitzungen

Am 20. August ging das Parlament, nachdem es sieben Monate lang in ununterbrochener Thätigkeit gewesen war, auf königlichen Befehl für kurze Zeit auseinander. Dieselbe Nummer der Gazette, welche die Ankündigung enthielt, daß die beiden Häuser ihre Sitzungen eingestellt, brachte auch die Mittheilung, daß Schomberg in Irland gelandet sei.168

Zustand Irland’s – Rath Avaux’

Während der drei Wochen vor seiner Landung hatte im Schlosse von Dublin die größte Angst und Bestürzung geherrscht. Schlag auf Schlag waren einander so rasch gefolgt, daß Jakob’s nie sehr starker Muth völlig gebrochen worden war. Zuerst hatte er erfahren, daß Londonderry erlöst war; dann, daß eine seiner Armeen von den Enniskillenern geschlagen worden; hierauf, daß eine andere von seinen Armeen stark zusammengeschmolzen und entmuthigt sich aus Ulster zurückzog oder vielmehr floh; und endlich, daß Sligo, der Schlüssel von Connaught, den Engländern preisgegeben worden war. Er hatte sich von der Unmöglichkeit überzeugt, die Colonisten zu unterwerfen, selbst als sie fast ganz ohne fremde Hülfe waren. Daher konnte er wohl zweifeln, ob es ihm möglich sein würde, gegen sie zu kämpfen, wenn sie durch eine englische Armee unter den Befehlen des größten lebenden Feldherrn unterstützt wurden. Der unglückliche Fürst schien seit einigen Tagen der Verzweiflung gänzlich anheimgefallen. Auf Avaux machte die Gefahr einen ganz andren Eindruck. Jetzt, dachte er, sei es Zeit, den Krieg zwischen den Engländern und Irländern in einen Vertilgungskrieg zu verwandeln und jede Vereinigung der beiden Nationen unter eine Regierung für immer unmöglich zu machen. In diesem Sinne unterbreitete er kaltblütig dem Könige einen Vorschlag von fast unglaublicher Abscheulichkeit. Er sagte, es müsse eine zweite Bartholomäusnacht veranstaltet werden. Ein Vorwand dazu werde sich leicht finden lassen. Schomberg’s Ankunft in Irland werde ohne Zweifel in denjenigen südlichen Städten, deren Bevölkerung überwiegend englisch sei, einige Aufregung hervorrufen, und jede Ruhestörung, wo immer sie stattfinden möge, werde einen Entschuldigungsgrund für eine allgemeine Niedermetzelung der Protestanten von Leinster, Munster und Connaught darbieten.169 Da der König im ersten Augenblicke keinen Abscheu vor diesem Rathe an den Tag legte,170 so kam der Gesandte einige Tage später auf den Gegenstand zurück und drang in Se. Majestät, die nöthigen Befehle zu erlassen. Jetzt aber erklärte Jakob mit einer Entschiedenheit, die ihm zur Ehre gereichte, daß nichts ihn vermögen werde, ein solches Verbrechen zu begehen. „Diese Leute sind meine Unterthanen, und ich kann nicht so grausam sein, sie zu ermorden, während sie friedlich unter meiner Regierung leben.“ – „Es liegt nichts Grausames in meinem Vorschlage,“ entgegnete der gefühllose Diplomat. „Eure Majestät sollte bedenken, daß Milde gegen die Protestanten Grausamkeit gegen die Katholiken ist.“ Doch Jakob war nicht zu bewegen, und Avaux entfernte sich in sehr übler Laune. Er war der Meinung, daß die Humanitätsäußerungen des Königs erheuchelt seien und daß Se. Majestät den Befehl zum allgemeinen Gemetzel nur deshalb nicht gebe, weil er überzeugt sei, die Katholiken im ganzen Lande würden auch ohne einen solchen Befehl über die Protestanten herfallen.171 Avaux irrte sich indeß vollständig. Daß er Jakob für eben so unmoralisch hielt als er selbst war, kann nicht Wunder nehmen. Unbegreiflich aber ist es, wie ein so kluger Mann vergessen konnte, daß Jakob und er ganz verschiedene Zwecke verfolgten. Das Ziel der Politik des Gesandten war, England und Irland für alle Zeiten zu trennen. Das Ziel der Politik des Königs war die Vereinigung England’s und Irland’s unter seinem Scepter, und er mußte nothwendig einsehen, daß wenn in drei Provinzen ein allgemeines Niedermetzeln der Protestanten stattfände und er in den Verdacht käme, es autorisirt, oder nur stillschweigend geduldet zu haben, binnen vierzehn Tagen selbst in Oxford kein Jakobit mehr am Leben sein würde.172

Gerade in diesem Augenblicke begann der Horizont Jakob’s, welcher hoffnungslos trübe geschienen hatte, sich aufzuhellen. Die Gefahr, die ihn zu Boden drückte, hatte das irische Volk aufgerüttelt. Es hatte sich sechs Monate früher wie ein Mann gegen die Sachsen erhoben. Die Armee, welche Tyrconnel ins Leben gerufen, war im Verhältniß zu der Bevölkerung, der sie entnommen war, die größte, welche Europa je gesehen. Aber diese Armee hatte eine lange Reihe von Niederlagen und Unfällen erlitten, die durch keine einzige glänzende Waffenthat aufgewogen wurden. In England wie auf dem Continent war man gewohnt, diese Niederlagen und Unfälle der Zaghaftigkeit des irischen Volksstammes zuzuschreiben.173 Daß dies aber ein großer Irrthum war, wird durch die Geschichte jedes Krieges, der seit fünf Generationen in irgend einem Theile der Christenheit geführt worden ist, genugsam bewiesen. Das rohe Material, aus dem eine gute Armee gebildet werden kann, war unter den Irländern in reichem Maße vorhanden. Avaux schrieb seiner Regierung, daß sie ein auffallend schöner, großer und wohlgebauter Menschenschlag seien, daß sie persönlich tapfer, der Sache, für die sie kämpften, aufrichtig zugethan und gegen die Colonisten heftig erbittert seien. Nachdem er ihre Kraft und ihren Muth gepriesen, erklärte er, wie es zugehe, daß sie bei all ihrer Kraft und ihrem Muthe doch beständig geschlagen wurden. Es sei ganz falsch, sagte er, wenn man glaube, daß persönliche Tapferkeit, physischer Muth oder patriotische Begeisterung am Tage der Schlacht die Disciplin ersetzen könne. Die Infanterie sei schlecht bewaffnet und schlecht eingeübt, man ließe sie allenthalben wohin sie komme plündern, und so habe sie alle Gewohnheiten von Banditen angenommen. Es befinde sich kaum ein einziger Offizier darunter, der fähig wäre, sie ihre Pflicht zu lehren. Ihre Obersten seien zwar im allgemeinen Leute aus guter Familie, aber ohne militärische Erfahrung. Die Hauptleute seien Metzger, Schneider oder Schuhmacher, und nicht einer unter ihnen kümmere sich um den Comfort, die Ausrüstung und Einübung der Leute, denen er vorgesetzt sei. Die Dragoner seien nicht viel besser als die Infanterie. Nur die Reiter seien, mit wenigen Ausnahmen, vortrefflich. Fast alle irischen Gentlemen, die einige militärische Erfahrung besäßen, bekleideten Offiziersstellen in der Cavallerie, und durch die Bemühungen dieser Offiziere seien einige Regimenter gebildet und einexercirt worden, welche Avaux allen, die er je gesehen, gleichstellte. Es liege daher auf der Hand, daß die Untüchtigkeit der Fußsoldaten und der Dragoner nicht den Fehlern des irischen Characters, sondern den Mängeln der irischen Verwaltung zugeschrieben werden müsse.174

 

Die Ereignisse, welche im Herbst des Jahres 1689 eintraten, bewiesen zur Genüge, daß der vom Unglück verfolgte Volksstamm, den seine Feinde wie seine Bundesgenossen allgemein mit ungerechter Geringschätzung betrachteten, mit den von Armuth, Unwissenheit und Aberglauben unzertrennlichen Fehlern einige vortreffliche Eigenschaften verband, die man auch bei blühenderen und civilisirteren Nationen nicht immer findet. Die schlimmen Nachrichten, welche Jakob in Angst und Verzweiflung stürzten, rüttelten die ganze Bevölkerung der südlichen Provinzen auf wie der Ton der Schlachttrompete. Von allen Altären von dreiundzwanzig Grafschaften wurde dem Volke verkündet, daß Ulster verloren sei, daß die Engländer kämen und daß der Kampf auf Leben und Tod zwischen den beiden feindlichen Nationen bevorstehe. Es sei nur noch eine Hoffnung, und wenn diese fehlschlüge, bleibe nichts mehr übrig als die despotische, erbarmungslose Herrschaft der sächsischen Colonie und der ketzerischen Kirche. Der katholische Priester, der eben erst Pfarrhaus und Kanzel in Besitz genommen, der katholische Squire, der so eben auf den Schultern seiner jubelnden Pächter in die Halle seiner Väter getragen worden sei, würden vertrieben werden, um von dem Almosen zu leben, das die selbst unterdrückten und verarmten Landleute ihnen gewähren könnten. Eine neue Vermögensconfiscation würde das Werk der Ansiedlungsacte vollenden und die Anhänger Wilhelm’s würden Alles wegnehmen, was die Anhänger Cromwell’s verschont hätten. Diese Befürchtungen riefen einen Ausbruch patriotischer und religiöser Begeisterung hervor, welcher den unvermeidlichen Augenblick der Unterjochung auf einige Zeit hinausschob. Avaux war erstaunt über die Energie, welche die Irländer unter so niederdrückenden Verhältnissen an den Tag legten. Es war allerdings die wilde und unbeständige Energie eines halbbarbarischen Volks; sie war vorübergehend und oft irregeleitet; aber wenn auch vorübergehend und irregeleitet, that sie doch Wunder. Der französische Gesandte mußte bekennen, daß die Offiziere, über deren Unbrauchbarkeit und Unthätigkeit er so oft geklagt, ihre Lethargie plötzlich abgeschüttelt hätten. Die Rekruten strömten zu Tausenden herbei, und die unter den Mauern von Londonderry gelichteten Reihen waren bald wieder übervoll. Es wurden große Anstrengungen gemacht, um die Truppen zu bewaffnen und einzukleiden, und nach dem kurzen Zeitraum von vierzehn Tagen bot Alles einen neuen und erfreulichen Anblick dar.175

Entlassung Melfort’s

Die Irländer verlangten vom Könige zum Lohn für die energischen Anstrengungen in seinem Interesse ein Zugeständniß, das ihm durchaus nicht angenehm war. Melfort’s Unpopularität hatte in einem solchen Grade zugenommen, daß er kaum noch seines Lebens sicher war, und er besaß keinen Freund, der ein Wort zu seinen Gunsten hätte sprechen können. Die Franzosen haßten ihn. In jedem Briefe, der aus England oder Schottland in Dublin ankam, wurde er als der böse Genius des Hauses Stuart bezeichnet. Es war um seiner selbst willen nothwendig ihn zu entlassen. Man fand einen ehrenvollen Ausweg. Er erhielt Befehl, sich nach Versailles zu begeben, den Stand der Dinge in Irland dort darzulegen und die französische Regierung um schleunige Zusendung eines Hülfscorps von sechs- bis siebentausend Mann gedienter Infanterie zu bitten. Er legte die Siegel nieder und sie wurden zur großen Freude der Irländer den Händen eines Irländers Sir Richard Nagle anvertraut, der sich als Generalfiskal und als Sprecher des Hauses der Gemeinen hervorgethan hatte. Melfort reiste unter dem Schutze der Dunkelheit ab, denn die Wuth des Volks gegen ihn war so groß, daß er sich am Tage nicht ohne Gefahr in den Straßen von Dublin zeigen konnte. Am andren Morgen verließ Jakob seine Hauptstadt in entgegengesetzter Richtung, um Schomberg entgegenzurücken.176

Schomberg landet in Ulster

Schomberg war in Antrim gelandet. Die Streitmacht, die er mitbrachte, überstieg nicht zehntausend Mann. Aber er erwartete, daß die bewaffneten Colonisten und die von Kirke commandirten Regimenter zu ihm stoßen würden. Die Kaffeehauspolitiker von London waren fest überzeugt, daß ein solcher General mit einer solchen Armee die Insel rasch wiedererobern werde. Leider aber zeigte es sich bald, daß die ihm gewährten Mittel für das Werk, das er durchzuführen hatte, bei weitem nicht hinreichten; den größeren Theil dieser Mittel verlor er bald durch eine Reihe unvorhergesehener Unfälle, und der ganze Feldzug war nichts als ein langer Kampf seiner Klugheit und Entschlossenheit gegen die äußerste Tücke des Schicksals.

Carrickfergus genommen

Er marschirte zuerst nach Carrickfergus. Diese Stadt wurde durch zwei Regimenter Infanterie für König Jakob vertheidigt. Schomberg beschoß die Mauern, und nachdem die Irländer sich eine Woche gehalten hatten, capitulirten sie. Er versprach sie ungehindert abziehen zu lassen; aber es wurde ihm nicht leicht, sein Wort zu halten. Die Bewohner der Stadt und Umgegend waren größtentheils Protestanten schottischer Abkunft. Sie hatten während des kurzen Uebergewichts des eingebornen Stammes viel zu leiden gehabt und brannten vor Begierde, für die erduldeten Leiden Rache zu üben. Sie rotteten sich zu zahlreichen Haufen zusammen und riefen, daß sie sich an die Capitulation nicht kehrten, sondern gerächt sein wollten. Von Worten gingen sie bald zu Schlägen über. Die entwaffneten, ausgezogenen und hin und her gestoßenen Irländer suchten Schutz bei den englischen Offizieren und Soldaten. Mit Mühe gelang es Schomberg, dem Blutvergießen vorzubeugen, indem er mit dem Pistol in der Hand durch die Haufen der wüthenden Colonisten sprengte.177

Von Carrickfergus marschirte Schomberg weiter nach Lisburn und von da durch gänzlich verlassene Städte und über Ebenen, auf denen weder eine Kuh, noch ein Schaf, noch ein Getreidefehm zu sehen war, nach Loughbrickland. Hier stießen drei Regimenter Enniskillener zu ihm, deren Kleidung, Pferde und Waffen einem an den Glanz von Revuen gewohnten Auge wunderlich vorkamen, die aber an natürlichem Muthe keinen Truppen der Welt nachstanden und die sich während mehrerer Monate beständigen Wachtdienstes und Scharmützelns viele wesentliche Eigenschaften regulärer Soldaten erworben hatten.178

Schomberg rückt weiter nach Leinster

Schomberg setzte seinen Marsch durch eine Wüste gegen Dublin fort. Die wenigen noch im Süden von Ulster befindlichen irischen Truppen zogen sich vor ihm zurück, indem sie Alles auf ihrem Wege zerstörten. Newry, einst ein hübsch gebauter und wohlhabender protestantischer Flecken, fand er als einen Haufen rauchender Trümmer. Carlingford war ebenfalls zerstört. Die Stelle, wo die Stadt einst gestanden, war nur noch durch die massiven Ruinen des alten normännischen Schlosses bezeichnet. Diejenigen, welche es wagten, Ausflüge aus dem Lager zu machen, berichteten, daß die Gegend, soweit sie dieselbe durchstreift hätten, eine Wildniß sei. Es gäbe wohl Hütten, aber sie seien unbewohnt; es gebe üppige Weiden, aber weder Rinder- noch Schafherden; es gebe Getreidefelder, aber die Ernte liege, vom Regen durchnäßt, auf dem Boden.179

Die englische und die irische Armee campiren nahe bei einander

Während Schomberg durch eine unabsehbare Einöde vorrückte, sammelten sich die irischen Truppen rasch von allen Seiten. Am 10. September wurde das königliche Banner Jakob’s auf dem Thurme von Drogheda entfaltet, und unter demselben waren bald zwanzigtausend kampffähige Männer versammelt, die Infanterie im allgemeinen schlecht, die Cavallerie im allgemeinen gut, beide aber voll Eifers für ihr Vaterland und ihre Religion.180 Die Armee war wie gewöhnlich von einem zahlreichen Troß Landvolk begleitet, das mit Sensen, Halbpiken und Skeans bewaffnet war. Inzwischen hatte Schomberg Dundalk erreicht. Die Entfernung zwischen beiden Heeren betrug jetzt nicht mehr als einen starken Tagemarsch, und man erwartete daher allgemein, daß das Schicksal der Insel unverzüglich durch eine offene Schlacht entschieden werden würde.

 

In beiden Lagern wünschten Alle, die vom Kriege nichts verstanden, sehnlichst loszuschlagen, und die Wenigen, die sich eines hohen Rufes militärischer Tüchtigkeit erfreuten, waren in beiden Lagern gegen eine Schlacht. Weder Rosen noch Schomberg wollten Alles auf einen Wurf setzen. Beide kannten die Mängel ihrer Armee genau und keiner von ihnen war über die Mängel der Armee des Andren vollständig unterrichtet. Rosen wußte sehr gut, daß die irische Infanterie schlechter ausgerüstet, mit schlechteren Offizieren versehen und schlechter eingeübt war, als irgend eine Infanterie, die er vom bothnischen Meerbusen bis zum atlantischen Ocean je gesehen, und er vermuthete, daß die englischen Truppen gut einexercirt und, was sie allerdings hätten sein sollen, mit allem zu einer erfolgreichen Thätigkeit Nöthigem wohl versehen seien. Eine numerische Uebermacht, urtheilte er sehr richtig, würde gegen eine große Ueberlegenheit in der Waffenführung und Disciplin wenig nützen. Er rieth daher Jakob sich zurückzuziehen und lieber Dublin selbst dem Feinde preiszugeben als eine Schlacht zu wagen, mit deren Verlust Alles verloren sein würde. Athlone sei der beste Platz im Königreiche zu einem entschlossenen Widerstande. Der Uebergang über den Shannon könne so lange vertheidigt werden, bis der Succurs, um den Melfort bitten solle, aus Frankreich anlange, und dieser Succurs werde den ganzen Character des Kriegs ändern. Aber die Irländer, mit Tyrconnel an der Spitze, waren einmüthig gegen den Rückzug. Das Blut der ganzen Nation war in Gährung. Jakob freute sich über die Begeisterung seiner Unterthanen und erklärte auf das Bestimmteste, daß er nicht die Schmach auf sich laden werde, seine Hauptstadt dem Feinde ohne Schwertstreich zu überlassen.181

Schomberg lehnt eine Schlacht ab

Binnen wenigen Tagen zeigte es sich klar, daß Schomberg beschlossen hatte, nicht loszuschlagen, und seine Gründe waren gewichtig. Er hatte zwar einige gute holländische und französische Truppen, und auch die Enniskillener, die sich ihm angeschlossen, hatten eine militärische Lehrzeit bestanden, wenn auch nicht in der regelrechtesten Weise. Die große Masse seiner Armee aber bestand aus englischen Landleuten, welche eben erst aus ihren Hütten kamen. Seine Musketiere hatten noch zu lernen, wie sie ihre Gewehre laden mußten, seine Dragoner hatten noch zu lernen, wie sie mit ihren Pferden umgehen mußten, und diese unerfahrenen Soldaten waren zum größten Theil von Offizieren befehligt, welche eben so unerfahren waren als sie selbst. Seine Truppen waren daher im allgemeinen den irischen in der Disciplin nicht überlegen, und standen ihnen an Zahl weit nach. Ja er überzeugte sich sogar, daß seine Soldaten eben so schlecht bewaffnet, eben so schlecht logirt und eben so schlecht gekleidet waren, als die ihnen gegenüberstehenden Celten.

Betrügereien des englischen Kriegscommissariats

Der Reichthum der englischen Nation und die freigebigen Beschlüsse des englischen Parlaments hatten ihn zu der Erwartung berechtigt, daß er mit allem Kriegsbedarf reichlich versehen werden würde. Aber er sah sich bitter getäuscht. Die Verwaltung war seit Oliver’s Tode fortwährend unvernünftiger und verderbter geworden, und jetzt erntete die Revolution was die Restauration gesäet hatte. Ein Heer nachlässiger oder habsüchtiger Beamter, unter Karl und Jakob gebildet, plünderte die Armeen und die Flotten Wilhelm’s aus, ließ sie darben und vergiftete sie. Der Erste unter diesen Leuten war Heinrich Shales, der unter der vorigen Regierung Generalcommissar des Lagers bei Hounslow gewesen war. Man kann die neue Regierung kaum tadeln, daß sie ihn auf seinem Posten ließ, denn seine Erfahrung in dem ihm anvertrauten Verwaltungszweige übertraf bei weitem die jedes andren Engländers. Leider aber hatte er, in der nämlichen Schule, in der er seine Erfahrungen gesammelt, auch die ganze Kunst des Veruntreuens erlernt. Das Rindfleisch und der Branntwein, welche er lieferte, waren so schlecht, daß die Soldaten sich davor ekelten; die Zelte waren verfault, die Bekleidung unzureichend, die Musketen zerbrachen beim Gebrauch. Große Massen Schuhe waren der Regierung in Rechnung gestellt, aber zwei Monate nachdem der Schatz sie bezahlt, waren sie noch nicht in Irland angekommen. Mittel zum Transport des Gepäcks und der Artillerie fehlten fast ganz. Eine große Menge Pferde waren mit öffentlichem Gelde in England angekauft und an die Ufer des Dee geschickt worden. Aber Shales hatte sie zur Erntearbeit an die Landwirthe von Cheshire vermiethet, hatte den Miethertrag in seine Tasche gesteckt, und hatte es den Truppen in Ulster überlassen sich fortzuhelfen so gut sie konnten.182 Schomberg war der Meinung, daß, wenn er mit einer schlecht disciplinirten und schlecht ausgerüsteten Armee eine Schlacht wagte, er nicht unwahrscheinlich geschlagen werden würde, und er wußte, daß eine Niederlage den Verlust eines Königreichs, vielleicht den Verlust dreier Königreiche nach sich ziehen konnte. Er beschloß daher, in der Defensive zu verharren, bis seine Leute eingeübt und Verstärkungen und Zufuhren angelangt sein würden.

Er verschanzte sich bei Dundalk dergestalt, daß er nicht gezwungen werden konnte, gegen seinen Willen zu kämpfen. Jakob, ermuthigt durch die Zurückhaltung seines Gegners, rückte, die Rathschläge Rosen’s nicht beachtend, gegen Ardee vor, erschien an der Spitze der ganzen irischen Armee vor den englischen Linien, stellte Reiterei, Fußvolk und Artillerie in Schlachtordnung auf, und entfaltete sein Banner. Die Engländer hätten gar zu gern losgeschlagen. Aber der Entschluß ihres Generals stand fest und konnte weder durch das prahlerische Gebahren des Feindes, noch durch das Murren seiner eignen Soldaten erschüttert werden. So blieb er einige Wochen sicher hinter seinen Schutzwällen, während die Irländer wenige Meilen davon lagen. Er sorgte nun eifrig für Einübung der Rekruten, aus denen seine Armee zum größten Theil bestand. Seine Musketiere mußten sich beständig im Schießen üben, bald nach der Scheibe, bald in Pelotons, und die Art und Weise, wie sie sich anfangs dabei benahmen, bewies deutlich, daß er sehr wohl daran gethan, sie nicht zum Kampfe zu führen. Es stellte sich heraus, daß von vier englischen Soldaten noch nicht einer sein Gewehr ordentlich zu behandeln verstand, und wenn es gelang, dasselbe aufs Gerathewohl abzufeuern, glaubte Wunder was er Großes vollbracht habe.

168Protokolle der Lords, und der Gemeinen vom 20. August 1689; London Gazette vom 22. August.
169„J’estois d’avis qu’, après que la descente seroit faite, si on apprenoit que des Protestans se fussent soulevez en quelques endroits du royaume, on fit main basse sur tous généralement.“ – Avaux, 31. Juli (10. Aug.) 1689.
170„Le Roy d’Angleterre m’avoit écouté assez paisiblement la première fois que je luy avois proposé ce qu’il avoit à faire contre les Protestans.“ – Avaux, 4. (14.) Aug.
171Avaux, 4. (14.) Aug. Er schreibt: „Je m’imnagine qu’il est persuadé que, quoiqu’il ne donne point d’ordre sur cela, la plupart des Catholiques de la campagne se jetteront sur les Protestans.“
172Ludwig tadelte unterm 22. Aug. (6. Sept.) Avaux, obwohl viel zu mild, wegen seines Vorschlags, die ganze protestantische Bevölkerung von Leinster, Connaught und Munster niederzumetzeln. „Je n’approuve pas cependant la proposition que vous faites de faire main basse sur tous les Protestans du royaume, du moment qu’, en quelque endroit que ce soit, ils se seront soulevez: et, outre que la punition d’une infinité d’innocens pour peu de coupables ne seroit pas juste, d’ailleurs les represailles contre les Catholiques seroient d’autant plus dangereuses, que les premiers se trouveront mieux armez et soutenus de toutes les forces d’Angleterre.“.
173Ronquillo drückt unterm 9. (19.) Aug., wo er von der Belagerung von Londonderry spricht, sein Erstaunen aus, „que una plaza sin fortificazion y sin gentes de guerra aya hecho una defensa tan gloriosa, y que los sitiadores al contrario ayan sido tan poltrones.“
174Diese Angaben über die irische Armee sind aus zahlreichen Briefen von Avaux an Ludwig und an dessen Minister zusammengestellt. Ich will einige der interessantesten Stellen anführen. „Les plus beaux hommes,“ sagt Avaux von den Irländern, „qu’on peut voir. Il n’y en a presque point au dessous de cinq pieds cinq à six pouces.“ Der französische Fuß ist bekanntlich länger als der unsrige. „Ils sont très bien faits: mais ils ne sont ny disciplinez ny armez, et de surplus sont de grands voleurs.“ – „La plupart de ces régimens sont levez par des gentilhommes qui n’ont jamais esté à l’armée. Ce sont des tailleurs, des bouchers, des cordonniers, qui ont formé les compagnies et qui en sont les Capitaines.“ – „Jamais troupes n’ont marché comme font celles-cy. Ils vont comme des bandits, et pillent tout ce qu’ils trouvent en chemin.“ – „Quoiqu’il soit vrai que les soldats paroissent fort résolus à bien faire, et qu’ils soient fort animez contre les rebelles, néantmoins il ne suffit pas de cela pour combattre … Les officiers subalternes sont mauvais, et, à la reserve d’un très petit nombre, il n’y en a point qui ayt soin des soldats, des armes, et de la discipline.“ – „On a beaucoup plus de confiance en la cavalerie, dont la plus grande partie est assez bonne.“ – Einige Reiterregimenter lobt Avaux ganz besonders. Von zweien derselben sagt er: „On ne peut voir de meilleur régiment.“ Die Richtigkeit des Urtheils, das er sich über die Infanterie wie über die Cavallerie gebildet, zeigte sich nach seiner Abreise deutlich am Boyne.
175Ich will ein Paar Stellen aus den damals von Avaux geschriebenen Depeschen anführen. Unterm 7. (17.) September schreibt er: „De quelque costé qu’on se tournât, on ne pouvoit rien prevoir que de désagréable. Mais dans cette extrémité chacun s’est évertué. Les officiers ont fait leur recrues avec beaucoup de diligence.“ Drei Tage später sagt er: „Il y a quinze jours que nous n’espérions guère de pouvoir mettre les choses en si bon estat: mais my Lord Tyrconnel et tous les Irlandais ont travaillé avec tant d’empressement qu’on s’est mis en estat de deffense.“
176Avaux, 20. (30. Aug.), 25. Aug. (4. Sept.), 26. Aug. (5. Sept.); Life of James II. 373; Melfort’s Selbstvertheidigung unter den Nairne Papers. Avaux sagt: „Il pourra partir ce soir à la nuit: car je vois biens qu’il apprehende qu’il ne sera pas sur pour luy de partir en plein jour.“
177Story’s Impartial History of the Wars of Ireland, 1693; Life of James, II. 374.; Avaux, 7. (17.) Sept. 1689; Nihell’s Journal, gedruckt 1689 und neu herausgegeben von Macpherson.
178Story’s Impartial History.
179Story’s Impartial History.
180Avaux, 10. (20.) Sept. 1689; Story’s Impartial History; Life of James, II. 377. 387. Orig. Mem. Story und Jakob schätzen die irische Armee übereinstimmend auf etwa zwanzigtausend Mann. Siehe auch Dangeau, 28. Oct. 1689.
181Life of James, II. 377, 378. Orig. Mem.
182Siehe Grey’s Debates, Nov. 26., 27., 28. 1689 und den Dialogue between a Lord Lieutenant and one of his deputies, 1692.