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Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Siebenter Band: enthaltend Kapitel 13 und 14.

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Dundee’s Tod

Beim Beginn des Gefechts hatte er seinen Platz vor der Fronte seiner kleinen Reiterschaar genommen. Er befahl ihr ihm zu folgen und ritt vorwärts. Doch es schien beschlossen zu sein, daß an diesem Tage die Schotten des Niederlandes in beiden Armeen sich in nachtheiligem Lichte zeigen sollten. Die Reiter zögerten. Dundee wendete sich um, erhob sich in den Steigbügeln und forderte sie seinen Hut schwenkend auf, herbeizukommen. Als er seinen Arm erhob, lüftete sich sein Harnisch und entblößte den unteren Theil seiner linken Seite. Eine Musketenkugel traf ihn, sein Pferd sprang vorwärts und stürzte sich in eine Wolke von Rauch und Staub, welche beiden Armeen den Fall des siegreichen Generals verbarg. Ein Mann, Namens Johnstone, war in seiner Nähe und fing ihn auf, als er aus dem Sattel herabsank. „Wie steht die Schlacht?“ fragte Dundee. „Gut für König Jakob,“ antwortete Johnstone, „aber ich bin besorgt um Ew. Lordschaft.“ – „Wenn die Schlacht gut für ihn steht,“ erwiederte der Sterbende, „so ist an mir um so weniger gelegen.“ Dies waren seine letzten Worte; als aber eine halbe Stunde darauf Lord Dunfermline und einige andere Freunde zur Stelle kamen, glaubten sie noch einige schwache Lebenszeichen zu erkennen. Der in zwei Plaids gehüllte Leichnam wurde nach Blair Castle gebracht.107

Mackay’s Rückzug

Mackay, der von Dundee’s Schicksal nichts wußte, wohl aber Dundee’s Geschicklichkeit und Thätigkeit kannte, erwartete augenblicklich und heftig verfolgt zu werden, und machte sich wenig Hoffnung, auch nur die spärlichen Ueberreste der besiegten Armee retten zu können. Durch den Engpaß konnte er sich nicht zurückziehen, denn die Hochländer waren bereits dort. Er beschloß daher, über die Berge in das Thal des Tay vorzudringen. Er holte bald einige Hundert seiner Ausreißer ein, welche dieselbe Richtung eingeschlagen hatten. Die meisten von ihnen gehörten zu Ramsay’s Regiment und mußten gediente Soldaten sein. Aber sie waren ohne Waffen, durch die erlittene Niederlage demoralisirt, und der General konnte bei ihnen keinen Ueberrest von militärischer Disciplin ober kriegerischem Muthe entdecken. Seine Lage war von der Art, daß sie auch den Stärksten auf eine harte Probe stellen mußte. Die Nacht war hereingebrochen; er befand sich ohne Führer in einer Wüste; ein siegreicher Feind war ihm aller Wahrscheinlichkeit nach auf den Fersen, und er hatte für die Sicherheit eines Haufens von Menschen zu sorgen, welche Kopf und Herz verloren hatten. Er hatte eben die schmerzlichste und demüthigendste Niederlage erlitten. Seine Privatgefühle waren nicht weniger tief verwundet worden als seine Berufsgefühle. Ein theurer Verwandter war eben vor seinen Augen todt niedergestreckt worden. Ein andrer bewegte sich, aus vielen Wunden blutend, nur noch schwach neben ihm. Doch der Muth des unglücklichen Generals wurde durch einen festen Glauben an Gott und durch ein hohes Pflichtgefühl für den Staat aufrechterhalten. Bei all’ seinem Elend und Mißgeschick trug er das Haupt noch stolz erhoben und fand Muth nicht allein für sich, sondern für Alle die ihn umgaben. Seine erste Sorge war, des Weges gewiß zu sein. Ein einsames Licht, das durch die Dunkelheit schimmerte, führte ihn zu einer kleinen Hütte. Die Bewohner sprachen nur gälisch, und waren anfangs durch das Erscheinen von Uniformen und Waffen geängstigt. Doch Mackay’s Leutseligkeit zerstreute ihre Besorgniß. Ihre Sprache war ihm in der Jugend geläufig gewesen, und er hatte genug davon behalten, um sich mit ihnen verständigen zu können. Nach ihren Anweisungen und mit Hülfe einer Taschenkarte, auf welcher die Straßen jenes wilden Landes oberflächlich angegeben waren, gelang es ihm sich zurecht zu finden. Er marschirte die ganze Nacht. Als der Tag anbrach, war seine Aufgabe schwieriger als je. Hasting’s und Leven’s Leute benahmen sich zwar noch wie Soldaten. Aber die Ramsay’schen Ausreißer waren ein bloßer Pöbelhaufen. Sie hatten ihre Musketen weggeworfen, und die Breitschwerter, vor denen sie geflohen waren, blitzten beständig vor ihren Augen. Jeder neue Gegenstand jagte ihnen einen neuen Schrecken ein. Ein Häuflein Hirten in Plaids, welche ihr Vieh trieben, wurde durch die Einbildungskraft zu einem Heere celtischer Krieger vergrößert. Einige der Ausreißer verließen das Hauptcorps und entflohen ins Gebirge, wo ihre Feigheit die verdiente Strafe fand. Sie wurden um ihrer Röcke und Schuhe willen erschlagen, und ihre nackten Leichname den Adlern von Ben Lawers preisgegeben. Die Desertion würde noch viel ärger gewesen sein, hätten nicht Mackay und seine Offiziere mit dem Pistol in der Hand jeden Mann niederzuschießen gedroht, den sie bei dem Versuche sich fortzustehlen betreffen würden.

Endlich kamen die ermüdeten Flüchtlinge vor Weems Castle an. Der Besitzer des Schlosses war ein Freund der neuen Regierung und er erwies ihnen soviel Gastfreundschaft als in seinen Kräften stand. Sein Vorrath von Hafermehl wurde herbeigebracht, es wurden einige Rinder geschlachtet und den zahlreichen Gästen eine eilig zubereitete kunstlose Mahlzeit vorgesetzt. So gestärkt brachen sie wieder auf und marschirten den ganzen Tag über Sumpf, Moor und Berg. So dünn bevölkert die Gegend auch war, konnten sie doch deutlich sehen, daß die Nachricht von ihrem Mißgeschick sich schon weit verbreitet hatte und daß die Bevölkerung allenthalben in großer Aufregung war. Spät in der Nacht erreichten sie das Schloß Drummond, das durch eine kleine Besatzung für König Wilhelm vertheidigt wurde, und am folgenden Tage marschirten sie unter geringeren Beschwerden weiter nach Stirling.108

Eindruck der Schlacht von Killiecrankie

Das Gerücht von ihrer Niederlage war ihnen vorausgeeilt. Ganz Schottland war in Gährung. Der Schlag war allerdings hart, aber er wurde durch die hochfliegenden Hoffnungen der einen und durch die maßlosen Befürchtungen der andren Partei übertrieben. Man glaubte anfangs, daß die ganze Armee König Wilhelm’s umgekommen, daß Mackay selbst gefallen, daß Dundee an der Spitze eines siegberauschten und beutegierigen zahlreichen Barbarenheeres bereits vom Gebirge herabgekommen, daß er Herr des ganzen Landes jenseits des Forth, daß Fife aufgestanden sei, um sich ihm anzuschließen, daß er in drei Tagen in Stirling und in acht Tagen in Holyrood sein werde. Es wurden Booten ausgesandt, um ein in Northumberland liegendes Regiment aufzufordern, eiligst über die Grenze zu rücken. Andere Boten brachten das dringende Gesuch an Seine Majestät nach London, sofort alle entbehrlichen Soldaten zu schicken und am liebsten selbst mitzukommen, um sein nordisches Reich zu retten.

Vertagung des schottischen Parlaments

Die Factionen im Parlamentshause vergaßen in ihrem Schrecken über die gemeinsame Gefahr allen Streit. Die Anhänger des Hofes wie die Mißvergnügten beschworen einstimmig den Lordstatthalter, die Session zu schließen und sie von einem Orte zu entlassen, wo ihre Berathungen bald durch die Gebirgsbewohner unterbrochen werden könnten. Es wurde ernstlich in Erwägung gezogen, ob es nicht rathsam sei, Edinburg aufzugeben, die im Schlosse und im Tolbooth befindlichen zahlreichen Staatsgefangenen auf ein vor Leith liegendes Kriegsschiff zu bringen und den Sitz der Regierung nach Glasgow zu verlegen.

Der Nachricht von Dundee’s Sieg folgte aller Orten sehr bald die Nachricht von seinem Tode, und es ist ein schlagender Beweis für den Umfang und das Maß seiner Fähigkeiten, daß sein Tod überall als ein Ereigniß betrachtet wurde, das seinen Sieg vollständig aufwog. Ehe Hamilton die Stände vertagte, theilte er ihnen mit, daß er gute Nachrichten für sie habe, daß Dundee wirklich todt sei und daß daher die Rebellen im Grunde eine Niederlage erlitten hätten. In verschiedenen Briefen, welche damals von einsichtsvollen und erfahrenen Staatsmännern geschrieben wurden, spricht sich eine gleiche Ansicht aus. Dem Boten, der mit der Nachricht von der Schlacht an den englischen Hof eilte, folgte ein andrer auf dem Fuße, der eine Depesche für den König brachte und, da er Se. Majestät im St. Jamespalaste nicht anwesend fand, nach Hampton Court sprengte. Niemand in der Hauptstadt wagte es das Siegel zu erbrechen; glücklicherweise aber hatte eine befreundete Hand, nachdem der Brief verschlossen war, auf die Außenseite desselben die tröstenden Worte geschrieben: „Dundee ist gefallen, Mackay ist in Stirling angelangt,“ und diese Worte beruhigten die Gemüther der Londoner.109

 

Aus dem Engpasse von Killiecrankie hatten sich die Hochländer, stolz auf ihren Sieg und mit Beute beladen, nach dem Schlosse Blair zurückgezogen. Sie rühmten sich, daß das Schlachtfeld mit Haufen gefallener sächsischer Soldaten bedeckt sei, und daß das Aussehen der Leichname deutlich beweise, was ein gutes gälisches Breitschwert in einer guten gälischen Hand auszurichten vermöge. Man habe Köpfe gefunden, welche bis an den Hals gespalten, und Hirnschädel, welche dicht über den Ohren glatt abgehauen gewesen seien. Indessen hatten auch die Sieger ihren Sieg theuer erkauft. Auf ihrem Marsche waren sie durch das Feuer des Feindes sehr beunruhigt worden, und selbst nach dem entscheidenden Angriffe hatten Hastings’ Engländer und ein Theil von Leven’s Grenzern noch immer ein wohlgenährtes Feuer unterhalten. Hundertzwanzig Camerons waren getödtet worden; der Verlust der Macdonalds war noch bedeutender und mehrere vornehme und angesehene Gentlemen waren geblieben.110

Dundee ward in der Kirche von Blair Athol beigesetzt, aber kein Denkmal über seiner Gruft errichtet, und die Kirche selbst existirt schon lange nicht mehr. Ein roher Stein auf dem Schlachtfelde bezeichnet, wenn anders man der lokalen Ueberlieferung glauben darf, die Stelle wo er fiel.111 In den letzten drei Monaten seines Lebens hatte er sich als ein großer Feldherr und Staatsmann gezeigt, und sein Name wird daher von der zahlreichen Klasse von Leuten, welche der Ansicht sind, daß es kein auch noch so großes Maß von Schlechtigkeit giebt, welches durch Muth und Talent nicht aufgewogen werden könnte, mit Achtung genannt.

Es ist merkwürdig, daß die beiden bedeutendsten Schlachten, welche vielleicht jemals irreguläre Truppen über reguläre gewannen: die Schlacht von Killiecrankie und die Schlacht von Newton Butler, in einer und der nämlichen Woche stattfanden. In beiden Schlachten war der Sieg der irregulären Truppen ungemein rasch und vollständig. In beiden Schlachten war der panische Schrecken der regulären Truppen, trotz des glänzenden Beispiels von Muth, das ihre Generäle gaben, ganz besonders schimpflich. Auch ist zu bemerken, daß der eine dieser beiden außerordentlichen Siege von Celten über Sachsen, der andre von Sachsen über Celten erfochten wurde. Allerdings ist der Sieg von Killiecrankie, obgleich er weder glänzender noch wichtiger war als der von Newton Butler, in viel weiteren Kreisen berühmt, und der Grund davon liegt auf der Hand. In Schottland sind die Angelsachsen und die Celten ausgesöhnt worden, in Irland sind sie nie ausgesöhnt worden. In Schottland werden alle Großthaten beider Racen ohne Unterschied zusammengeworfen und werden als den Ruhm des ganzen Landes bildend betrachtet. Die alte Antipathie ist so vollkommen verschwunden, daß es etwas ganz Gewöhnliches ist, einen Bewohner des Niederlandes mit Selbstgefälligkeit und sogar mit Stolz von der demüthigendsten Niederlage sprechen zu hören, die seine Vorfahren je erlitten. Es dürfte schwer sein, einen berühmten Mann zu nennen, bei welchem das Nationalgefühl und das Clansgefühl stärker gewesen waren als bei Sir Walter Scott. Wenn jedoch Sir Walter Scott Killiecrankie erwähnte, schien er gänzlich zu vergessen, daß er ein Sachse, daß er von demselben Blute war und die nämliche Sprache sprach wie Ramsay’s Fußvolk und Annandale’s Reiter. Sein Herz schwoll von Siegesstolz, wenn er erzählte, wie seine Stammverwandten gleich Hasen vor einer geringen Anzahl Krieger eines andren Stammes und einer andren Zunge die Flucht ergriffen hatten.

In Irland ist die Fehde heute noch nicht getilgt. Der von einer Minderzahl in höhnender Weise wiederholte Name Newton Butler ist der großen Mehrheit der Bevölkerung verhaßt. Wenn man ein Denkmal auf dem Schlachtfelde errichtete, würde es wahrscheinlich verstümmelt werden; wenn man in Cork oder Waterford den Jahrestag der Schlacht feiern wollte, so würde die Feier wahrscheinlich gewaltsam gestört werden. Der berühmteste irische Dichter unsrer Zeit würde es als einen Verrath an seinem Vaterlande betrachtet haben, das Lob der Sieger zu singen. Einer der gelehrtesten und eifrigsten irischen Alterthumsforscher unsrer Zeit hat, allerdings nicht mit besonderem Glück, zu beweisen versucht, daß der Ausgang der Schlacht durch einen reinen Zufall entschieden worden sei, aus welchem kein Ruhm für die Engländer hervorgehen könne. Wir dürfen uns nicht wundern, daß der Sieg der Hochländer mehr gefeiert wird als der Sieg der Enniskillener, wenn wir bedenken, daß der Sieg der Hochländer ein Gegenstand des Ruhmes für ganz Schottland, der Sieg der Irländer aber ein Gegenstand der Schmach für drei Viertheile von Irland ist.

So weit die großen Interessen des Staats dabei in Betracht kamen, war es ganz gleichgültig, ob die Schlacht von Killiecrankie gewonnen oder verloren wurde. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß selbst Dundee, wenn er den glorreichsten Tag seiner Laufbahn überlebt hätte, die Schwierigkeiten überwunden haben würde, welche aus dem eigenthümlichen Character seiner Armee entsprangen und die sich verzehnfacht haben würden, sobald der Krieg auf das Niederland übertragen worden wäre.

Die hochländische Armee verstärkt

Gewiß ist jedoch, daß sein Nachfolger der Aufgabe durchaus nicht gewachsen war. Einige Tage lang konnte sich der neue General zwar mit der Hoffnung schmeicheln, daß Alles gut gehen werde, denn seine Armee hatte sich rasch um fast die doppelte Anzahl Claymores verstärkt, welche Dundee befehligt. Die Stewarts von Appin, welche, obgleich voll Eifers, nicht zur rechten Zeit hatten eintreffen können, um an der Schlacht Theil zu nehmen, waren unter den Ersten, die jetzt ankamen. Mehrere Clans, welche bisher gewartet hatten, um erst zu sehen, welcher Theil der stärkere sein würde, wünschten jetzt sehnlichst unter dem Banner König Jakob’s VII. ins Niederland hinab zu ziehen. Die Grants hielten zwar treu zu Wilhelm und Marien und die Mackintosh’s blieben wegen ihrer unüberwindlichen Abneigung gegen die Keppochs neutral. Aber Macphersons, Farquharsons und Frasers kamen massenhaft ins Lager bei Blair. Jetzt war die Unschlüssigkeit der Männer von Athol zu Ende. Viele von ihnen hatten während des Kampfes hinter den Felsen und Birken der Killiecrankieschlucht auf der Lauer gelegen und kamen, sobald der Ausgang der Schlacht entschieden war, aus ihren Schlupfwinkeln hervor, um die Flüchtlinge, welche durch den Engpaß zu entkommen versuchten, auszuplündern und niederzumachen. Die Robertsons, ein gälischer Stamm, obgleich er einen sächsischen Namen führte, erklärten damals ihren Beitritt zur Sache des verbannten Königs. Ihr Häuptling Alexander, der sich nach seiner Herrschaft Struan nannte, war ein noch sehr junger Mann und Student auf der St. Andreas Universität. Dort hatte er sich eine oberflächliche wissenschaftliche Bildung angeeignet, war aber desto tiefer in die Torypolitik eingeweiht worden. Jetzt schloß er sich der hochländischen Armee an und blieb während seines langen Lebens der jakobitischen Sache unwandelbar treu. Er spielte jedoch eine so unbedeutende Rolle bei den öffentlichen Angelegenheiten, daß sein Name jetzt vergessen sein würde, hätte er nicht einen Band durchgehends abgeschmackter und oft höchst unsittlicher Gedichte hinterlassen. Wäre dieses Buch in Grub Street fabricirt worden, so würde es in der „Dunciade“ kaum mit einer Viertelzeile beehrt worden sein. Wegen der Stellung seines Autors aber machte es einiges Aufsehen, denn vor hundertzwanzig Jahren war eine Ekloge oder ein Schmähgedicht aus der Feder eines hochländischen Häuptlings ein literarisches Wunder.112

Obgleich indessen die numerische Stärke von Cannon’s Truppen zunahm, verminderte sich dennoch ihre Wirksamkeit. Jeder neue Stamm, der im Lager ankam, brachte eine neue Ursache zu Zwietracht mit. In der Stunde der Gefahr fügen sich oftmals die übermüthigsten und widerspenstigsten Köpfe der Leitung eines überlegenen Genies. Die celtischen Häuptlinge aber hatten selbst in der Stunde der Gefahr und selbst dem Genie Dundee’s nur einen sehr prekären und unvollkommenen Gehorsam zugestanden. Sie zu zügeln, wenn sie vom Kriegsglück berauscht waren und sich auf ihre Stärke verlassen zu können glaubten, würde wahrscheinlich auch für Dundee eine eben so schwere Aufgabe gewesen sein, als sie es unter der vorhergehenden Generation für Montrose gewesen war. Der neue General war fortwährend unschlüssig und machte nichts als Fehler. Eine seiner ersten Maßregeln war, daß er ein starkes Truppencorps, hauptsächlich aus Robertsons bestehend, ins Niederland schickte, um Lebensmittel herbeizuschaffen. Er glaubte wahrscheinlich, daß dieses Detachement ohne Schwierigkeit Perth besetzen werde. Aber Mackay hatte die Ueberreste seiner Armee schon wieder geordnet, hatte außerdem einige Truppen an sich gezogen, welche die Schmach der kürzlichen Niederlage nicht getheilt, und war wieder kampfgerüstet. So schmerzlich er auch den erlittenen Schlag empfunden, hatte er doch mit weiser Großmuth beschlossen, das Vergangene nicht zu bestrafen. Es war nicht leicht, die verschiedenen Grade der Schuld zu unterscheiden, und die Schuldigen zu decimiren wäre eine grausame Schlächterei gewesen. In Folge seiner gewohnten Frömmigkeit erblickte er in dem beispiellosen Schrecken, der sich seiner Soldaten bemächtigt hatte, auch weniger einen Beweis von Feigheit ihrerseits, als vielmehr von göttlichem Unwillen. Mit heroischer Demuth erkannte er an, daß die außerordentliche Festigkeit, die er selbst inmitten der Verwirrung und des Gemetzels an den Tag gelegt, nicht sein Verdienst sei und daß er sich ohne den Beistand einer höheren Macht wohl eben so kleinmüthig benommen haben würde wie irgend einer der feigen Ausreißer, die ihre Waffen fortgeworfen und die barbarischen Marodeurs von Athol vergebens um Pardon angefleht hatten. Sein Gottvertrauen hielt ihn jedoch nicht ab, so weit es in menschlichen Kräften stand, sein Möglichstes zu thun, um der Wiederholung eines Unglücks, wie er es eben erfahren, vorzubeugen. Die unmittelbare Ursache seiner Niederlage war die Schwierigkeit des Bajonnetaufsteckens gewesen. Das Feuergewehr des Hochländers war streng gesondert von der Waffe, deren er sich im Handgemenge bediente. Er feuerte seinen Schuß ab, warf sein Gewehr weg und hieb mit seinem Schwerte ein. Dies war das Werk eines Augenblicks. Dem regulären Infanteristen kostete es zwei bis drei Minuten Zeit, ehe er sein Schießgewehr in eine Waffe verwandelte, mit der er einen Feind Mann gegen Mann bekämpfen konnte, und diese wenigen Minuten hatten den Ausgang der Schlacht von Killiecrankie entschieden. Mackay ließ daher alle seine Bajonnette so einrichten, daß sie auf den Lauf gesteckt werden konnten, ohne die Mündung zu verschließen, und daß seine Leute unmittelbar nachdem sie gefeuert, einem Angriff begegnen konnten.113

 

Gefecht bei St. Johnston’s

Sobald er erfuhr, daß ein Detachement gegen Perth anrückte, eilte er demselben an der Spitze einer Dragonerabtheilung entgegen, welche noch nicht im Feuer gewesen und deren Kraft daher noch ungeschwächt war. Mittwoch den 31. Juli, nur vier Tage nach seiner Niederlage, traf er unweit St. Johnston’s mit den Robertsons zusammen, griff sie an, schlug sie, tödtete Hundertzwanzig von ihnen und nahm Dreißig gefangen, dies Alles mit Verlust eines einzigen Soldaten.114 Dieses Scharmützel machte einen Eindruck, der in keinem Verhältniß zu der Zahl der Kämpfenden wie der Gefallenen stand. Das Ansehen der celtischen Waffen sank fast eben so rasch als es gestiegen war. Noch vor wenigen Tagen hatte man überall geglaubt, daß diese Waffen unüberwindlich seien. Jetzt trat eine Reaction ein. Man erkannte, daß der Vorfall bei Killiecrankie eine Ausnahme von den gewöhnlichen Regeln und daß die Hochländer, wenn nicht ganz besondere Umstände obwalteten, guten regulären Soldaten nicht gewachsen seien.

107Ueber die Schlacht siehe Mackay’s Memoiren und Briefe und seine Short Relation; ferner die Memoiren Dundee’s und Sir Ewan Cameron’s, Nisbet’s und Osburne’s Aussagen im Anhange zu den Parlamentsacten vom 14. Juli 1690. Auch sehe man den Bericht über die Schlacht in einem von Burt’s Briefen. Macpherson druckte einen vom Tage nach der Schlacht datirten Brief von Dundee an Jakob. Ich brauche nicht zu sagen, daß dies eine eben so schamlose Fälschung ist wie Fingal. Der Herausgeber der Memoiren Dundee’s sagt, Lord Leven sei durch den Anblick der hochländischen Waffen erschreckt worden und habe das Beispiel der Flucht gegeben. Dies ist eine abscheuliche Lüge. Daß Leven sich ganz vorzüglich gut benahm, beweisen Mackay’s Memoiren, Briefe und Short Relation.
108Mackay’s Memoirs; Life of General Hugh Mackay by Mackay of Bockfield.
109Brief der außerordentlichen Gesandten an den Greffier der Generalstaaten vom 2. (12.) August 1689 und ein Brief von Van Odyck, der sich in Hampton Court befand, von dem nämlichen Datum.
110Memoirs of Sir Ewan Cameron; Memoirs of Dundee.
111Die Tradition ist bestimmt über hundertzwanzig Jahr alt. Der Stein wurde Burt gezeigt.
112Siehe die Geschichte, welche den Gedichten Alexander Robertson’s vorausgeschickt ist. In dieser Geschichte heißt es von ihm, er habe sich vor der Schlacht von Killiecrankie angeschlossen. Aus einer Zeugenaussage im Anhange zu den Act. Parl. Scot. vom 14. Juli 1690 aber ergiebt sich, daß er erst am folgenden Tage eintraf.
113Mackay’s Memoirs.
114Memoirs of Sir Ewan Cameron.