Kostenlos

Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Siebenter Band: enthaltend Kapitel 13 und 14.

Text
0
Kritiken
iOSAndroidWindows Phone
Wohin soll der Link zur App geschickt werden?
Schließen Sie dieses Fenster erst, wenn Sie den Code auf Ihrem Mobilgerät eingegeben haben
Erneut versuchenLink gesendet

Auf Wunsch des Urheberrechtsinhabers steht dieses Buch nicht als Datei zum Download zur Verfügung.

Sie können es jedoch in unseren mobilen Anwendungen (auch ohne Verbindung zum Internet) und online auf der LitRes-Website lesen.

Als gelesen kennzeichnen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Unruhen in Athol

Während diese Dinge im Parlamentshause vorgingen, brach der Bürgerkrieg in den Hochlanden, der einige Wochen unterbrochen gewesen war, heftiger als zuvor wieder aus. Seit der Glanz des Hauses Argyle verblichen war, konnte kein gälischer Häuptling an Macht sich mit dem Marquis von Athol messen. Der Bezirk, von dem er seinen Titel herleitete und dessen Souverain er fast genannt werden konnte, war an Flächenraum größer als eine gewöhnliche Grafschaft, und war fruchtbarer, besser angebaut und dichter bevölkert als der größere Theil der Hochlande. Die Männer, die seinem Banner folgten, wurden für nicht minder zahlreich gehalten als sämmtliche Macdonalds und Macleans zusammengenommen, und standen an Kraft und Muth keinem Stamme im Gebirge nach. Aber der Clan war durch die Unbedeutendheit des Häuptlings unbedeutend gemacht worden. Der Marquis war der falscheste, unbeständigste, kleinmüthigste Mensch von der Welt. In dem kurzen Zeitraum von sechs Monaten war er bereits mehrere Male ein Jakobit und mehrere Male Wilhelmit gewesen. Sowohl Jakobiten als Wilhelmiten betrachteten ihn mit Verachtung und Mißtrauen, welche sie nur aus Respect vor seiner ungeheuren Macht nicht rückhaltlos äußerten. Nachdem er zu wiederholten Malen beiden Parteien Treue gelobt und zu wiederholten Malen Beide verrathen hatte, begann er zu überlegen, daß er am besten für seine Sicherheit sorgen werde, wenn er sowohl die Functionen eines Peers, als die eines Häuptlings niederlegte, wenn er sich sowohl von dem Parlamentshause zu Edinburg, als von seinem Schlosse im Gebirge fern hielte, und wenn er das Land verließe an das er gerade bei dem Wendepunkte seines Geschickes durch alle Bande der Pflicht und der Ehre gekettet war. Während ganz Schottland mit Ungeduld und ängstlicher Spannung zu sehen erwartete, in welches Heer seine zahlreichen Anhänger eintreten würden, schlich er sich fort nach England, nahm seinen Aufenthalt in Bath und gab vor die dortige Kur zu brauchen.94 Sein Fürstenthum, somit ohne Oberhaupt, war gegen sich selbst gespalten. Die Leute von Athol waren im allgemeinen König Jakob zugethan. Denn er hatte sich ihrer noch vor vier Jahren als Diener seiner Rache gegen das Haus Argyle bedient. Sie hatten Inverary besetzt; sie hatten Lorn verwüstet; sie hatten Häuser demolirt, Obstbäume umgehauen, Fischerböte verbrannt, Mühlsteine zerschlagen, Campbells aufgehängt, und es war daher nicht zu erwarten, daß sie sich über die Aussicht auf Mac Callum More’s Restauration freuen würden. Ein Wort von dem Marquis würde zweitausend Claymores ins jakobitische Lager gesendet haben. Dieses Wort aber wollte er nicht aussprechen, und in Folge dessen war die Haltung seiner Anhänger ebenso unentschlossen und inconsequent wie seine eigene.

Während sie auf eine Andeutung seiner Wünsche warteten, wurden sie gleichzeitig von zwei Führern zu den Waffen gerufen, von denen jeder mit einem Schein von Grund darauf Anspruch machen konnte, als Repräsentant des abwesenden Häuptlings betrachtet zu werden. Lord Murray, des Marquis ältester Sohn, der mit einer Tochter des Herzogs von Hamilton vermählt war, erklärte sich für König Wilhelm. Stewart von Ballenach, der vertraute Agent des Marquis, erklärte sich für König Jakob. Das Volk wußte nicht, welcher Aufforderung es folgen sollte. Der, dessen Autorität die höchste Achtung gezollt worden sein würde, hatte beiden Parteien sein Wort verpfändet, und war dann aus Furcht sich einer von beiden anschließen zu müssen davongelaufen; auch war es nicht leicht zu sagen, ob der Platz, den er leer gelassen, seinem Haushofmeister oder seinem muthmaßlichen Erben gebührte.

Der wichtigste militärische Posten in Athol war Blair Castle. Das Haus, welches gegenwärtig diesen Namen führt, unterscheidet sich durch nichts Auffallendes von anderen Landsitzen der Aristokratie. Das alte Gebäude war ein hoher Thurm von roher Bauart, der ein vom Garry bewässertes Thal beherrschte. Die Mauern würden einer Geschützbatterie nicht lange widerstanden haben, waren aber vollkommen stark genug, um die Hirten der Grampians in Schach zu halten. Ungefähr fünf Meilen südlich von dieser Veste verengerte sich das Thal des Garry zu der berühmten Schlucht von Killiecrankie. Gegenwärtig führt eine Heerstraße so eben wie irgend eine Straße in Middlesex in sanfter Steigung aus dem Niederlande zu dem Gipfel des Gebirgspasses hinauf. Weiße Villas blicken durch den Birkenwald, und an einem schönen Sommertage giebt es kaum eine Krümmung des Passes, wo man nicht einen Angler, der seine Fliege in den Schaum des Flusses wirft, einen Künstler, der eine Felsenspitze zeichnet, oder eine auf einer Landpartie begriffene Gesellschaft sähe, die auf dem Rasen in Schatten und Sonnenschein schmauset. Zu den Zeiten Wilhelm’s III. aber wurde Killiecrankie von den friedlichen und betriebsamen Bewohnern des Niederlands von Perthshire nur mit Schaudern genannt. Sie galt für die gefährlichste der finsteren Schluchten, durch welche die Räuber aus dem Gebirge hervorzustürzen pflegten. Das für moderne Ohren so wohlklingende Rauschen des an den bemoosten Felsen und über die glatten Kiesel dahin strömenden Flusses, die des Pinsel’s eines Wilson würdigen dunklen Fels- und Laubmassen, die phantastischen Bergspitzen, bei Sonnenauf- und Untergang in ein Meer von Licht gebadet, wie es auf Claude’s Bildern glüht, erweckten in unseren Vorfahren nur Gedanken von mörderischen Hinterhalten und von ausgeplünderten, verstümmelten und den Raubvögeln preisgegebenen Leichnamen. Der einzige Pfad war schmal und rauh; nur mit Mühe konnte ein Pferd hinaufgeführt werden; zwei Menschen konnten kaum neben einander gehen, und an einigen Stellen lief der Weg so dicht am Abhange hin, daß der Reisende eines sicheren Auges und Fußes dringend bedurfte. Viele Jahre später erbaute der erste Herzog von Athol eine Straße, die eben gut genug war, damit er sie mit seinem Wagen befahren konnte. Aber selbst diese Straße war so steil und so schmal, daß eine Handvoll entschlossener Männer sie gegen eine Armee hätte vertheidigen können.95 Kein Sachse betrachtete denn auch einen Besuch in Killiecrankie als ein Vergnügen, bis die Erfahrung die englische Regierung gelehrt hatte, daß die Spitzhacke und der Spaten diejenigen Waffen waren, durch welche die Hochländer am wirksamsten unterworfen werden konnten.

Der Krieg bricht in den Hochlanden wieder aus

Die Gegend, welche gerade über diesem Passe lag, war jetzt der Schauplatz eines Krieges, wie ihn die Hochlande nicht häufig gesehen hatten. Männer, die den nämlichen Tartan trugen und dem nämlichen Herrn unterthan waren, standen einander gegenüber. Der Name des abwesenden Häuptlings wurde, mit einem Anschein von Grund, auf beiden Seiten gebraucht. Ballenach hielt an der Spitze einer Anzahl Vasallen, die ihn als den Vertreter des Marquis betrachteten, Blair Castle besetzt. Murray erschien mit zwölfhundert Mann vor den Mauern und verlangte, in das Schloß seiner Familie, das Schloß, das dereinst sein Eigen werden sollte, eingelassen zu werden. Die Besatzung weigerte sich die Thore zu öffnen. Die Belagerer sandten Boten nach Edinburg, die Belagerten nach Lochaber.96 An beiden Orten rief die Nachricht große Aufregung hervor. Mackay und Dundee waren beide der Ansicht, daß die Krisis rasches und kräftiges Einschreiten erfordere. Von dem Schicksal von Blair Castle hing wahrscheinlich das Schicksal von ganz Athol ab, und von dem Schicksal Athol’s konnte das Schicksal Schottland’s abhängen. Mackay eilte nach dem Norden und befahl seinen Truppen, sich in dem Niederlande von Perthshire zu sammeln. Einige von ihnen lagen an so entfernten Orten, daß sie nicht zeitig genug anlangten. Er hatte jedoch bald die drei schottischen Regimenter bei sich, welche in Holland gedient hatten und die Namen ihrer Obersten, Mackay’s selbst, Balfour’s und Ramsay’s, führten. Auch ein tapferes Infanterieregiment aus England war da, welches damals das Regiment Hastings hieß, aber jetzt als das dreizehnte der Linie bekannt ist. Zu diesen alten Truppen kamen dann noch zwei im Niederlande neu angeworbene Regimenter. Das eine davon wurde von Lord Kenmore, das andre, das im Grenzlande ausgehoben worden und das noch jetzt des Königs Leibgrenzer genannt wird, von Lord Leven befehligt. Zwei Reitertrupps, commandirt von Lord Annandale und Lord Belhaven, brachten die Armee wahrscheinlich auf die Zahl von über dreitausend Mann. Belhaven ritt an der Spitze seines Trupps; aber Annandale, der factiöseste von allen Anhängern Montgomery’s, zog den Club und das Parlamentshaus dem Felde vor.97

 

Dundee hatte mittlerweile alle Clans, die seine Ernennung anerkannten, aufgefordert, sich zu einer Expedition nach Athol zu versammeln. Seine Bemühungen wurden von Lochiel kräftig unterstützt. Die Feuerkreuze wurden wieder in aller Eile durch Appin und Ardnamurchan, nach Glenmore hinauf und den Levensee entlang ausgesandt. Aber der Aufruf kam so unerwartet und die verstattete Frist war so kurz, daß das Aufgebot kein ganz vollständiges war. Die ganze Streitmacht scheint nicht dreitausend Mann stark gewesen zu sein. Mit diesem Corps rückte Dundee aus. Auf seinem Marsche zog er Verstärkungen an sich, die eben aus Ulster angekommen waren. Sie bestanden aus wenig mehr als dreihundert schlecht bewaffneten, schlecht gekleideten und schlecht disciplinirten irischen Fußsoldaten. Ihr Anführer war ein Offizier, Namens Cannon, der in den Niederlanden gedient hatte und der vielleicht auf einem untergeordneten Posten und in einer regulären Armee an seinem Platze gewesen sein würde, aber der ihm jetzt übertragenen Rolle durchaus nicht gewachsen war.98 Er hatte sich bereits so lange zwischen den Hebriden aufgehalten, daß einige mit ihm zugleich abgeschickte und mit Vorräthen befrachtete Schiffe von englischen Kreuzern genommen worden waren. Er und seine Soldaten waren mit Mühe dem nämlichen Schicksale entgangen. Trotz dieses Mangels an Befähigung bekleidete er eine Stelle, die ihm in Schottland den höchsten militärischen Rang nächst Dundee einräumte.

Die Enttäuschung war bitter. Jakob hätte in der That besser gethan, wenn er den Hochländern allen Beistand verweigert hätte, anstatt daß er sie gleichsam zum Besten hatte, indem er ihnen an Stelle der erbetenen und erwarteten wohlorganisirten Armee ein an Zahl und Aussehen verachtungswerthes Gesindel schickte. Es war nun klar, daß alles was für ihn in Schottland geschah, durch schottische Hände geschehen mußte.99

Während Mackay von der einen und Dundee von der andren Seite gegen Blair Castle vorrückte, hatten wichtige Ereignisse daselbst stattgefunden. Murray’s Anhänger fingen bald an, in ihrer Treue für ihn zu wanken. Sie sahen eine große Zahl ihrer Stammesgenossen, unter der Anführung eines Gentleman, von dem man vermuthete, daß er das Vertrauen des Marquis besitze, sich gegenübergestellt. Die Belagerungsarmee schmolz daher rasch zusammen. Viele kehrten unter dem Vorgeben heim, daß sie ihre Familien und ihr Vieh in Sicherheit bringen müßten, da die Nachbarschaft auf dem Punkte stehe, der Schauplatz eines Kriegs zu werden. Andere erklärten freimüthiger, daß sie in einem solchen Kampfe nicht fechten mochten. Eine starke Truppe ging an einen Bach, füllte die Mützen mit Wasser, trank auf die Gesundheit König Jakob’s und zerstreute sich dann.100

Ihr Eifer für König Jakob bewog sie jedoch nicht, sich der Fahne seines Generals anzuschließen. Sie legten sich unter den Felsen und Dickichten längs des Garry auf die Lauer, in der Hoffnung, daß es bald eine Schlacht geben werde und daß, welchen Ausgang dieselbe auch nehmen möchte, Flüchtlinge und Leichname zu plündern sein würden.

Murray war in arger Bedrängniß. Seine Streitmacht war auf einige hundert Mann geschmolzen, selbst diesen Leuten konnte er nicht recht trauen, und die Macdonalds und Camerons rückten rasch vor. Er hob daher die Belagerung von Blair Castle auf und zog sich mit wenigen Anhängern in den Engpaß von Killiecrankie zurück. Hier stieß bald eine Abtheilung von zweihundert Füselieren zu ihm, welche Mackay vorausgeschickt hatte, um den Paß zu besetzen. Das Hauptcorps der Armee vom Niederlande folgte bald nach.101

Am frühen Morgen des 27. Juli, einem Sonnabend, kam Dundee bei Blair Castle an. Hier erfuhr er, daß Mackay’s Truppen bereits in der Schlucht von Killiecrankie waren. Man mußte rasch zu einem Entschluß kommen. Es wurde Kriegsrath gehalten. Die sächsischen Offiziere waren allgemein dagegen eine Schlacht zu wagen; die celtischen Häuptlinge aber waren andrer Meinung. Glengarry und Lochiel waren jetzt beide eines Sinnes. „Schlagen Sie los, Mylord,“ sagte Lochiel mit seiner gewohnten Energie; „schlagen Sie unverzüglich los, wenn Sie auch nur Einer gegen Drei sind. Unsere Leute sind guten Muthes, sie fürchten weiter nichts, als daß der Feind entkommen möchte. Lassen Sie ihnen ihren Willen und sein Sie versichert, daß sie entweder umkommen, oder einen vollständigen Sieg erfechten werden. Wenn Sie sie aber zurückhalten, wenn Sie sie nöthigen in der Defensive zu verharren, so stehe ich für nichts. Wenn wir nicht kämpfen, so thäten wir besser, wir brächen auf und zögen uns in unsere Berge zurück.102

Dundee’s Züge heiterten sich auf. „Sie hören es, Gentlemen,“ sagte er zu seinen Offizieren; „Sie hören die Meinung eines Mannes, der den hochländischen Krieg besser versteht als irgend Einer von uns.“ Keine Stimme erhob sich dagegen. Es wurde beschlossen zu kämpfen, und die verbündeten Clans rückten guten Muthes vorwärts dem Feinde entgegen.

Der Feind hatte inzwischen den Engpaß erstiegen. Der Marsch bergauf war langwierig und mühsam gewesen; denn selbst die Fußsoldaten konnten nur zwei bis drei Mann hoch marschiren und die Bagagepferde, zwölfhundert an Zahl, mußten einzeln hintereinander gehen. Kein Wagen war jemals diesen steilen Pfad hinaufgezogen worden. Die Spitze der Colonne war bereits oben angelangt und befand sich auf dem Plateau, während die Nachhut noch in der Ebene war. Endlich war der Uebergang bewerkstelligt, und die Truppen befanden sich in einem Thale von nicht bedeutender Ausdehnung. Ermüdet von der Anstrengung des Morgens warfen sie sich ins Gras, um einige Ruhe und Erfrischung zu genießen.

Früh am Nachmittag wurden sie durch den Alarmruf aufgeschreckt, daß die Hochländer sich näherten. Ein Regiment nach dem andren stand auf und ordnete sich. In einer kleinen Weile war der Gipfel einer Anhöhe, die etwa einen Büchsenschuß vor ihnen lag, mit schottischen Mützen und Plaids bedeckt. Dundee ritt in der Absicht vor, die Stärke der Streitmacht, mit der er es zu thun haben sollte, zu recognosciren, und stellte dann seine Leute mit so viel Geschick auf, als ihr eigenthümlicher Charakter ihm zu bethätigen gestattete. Es war wünschenswerth, die Clans getrennt zu halten. Jeder Stamm, ob groß oder klein, bildete eine Colonne, welche von der nächsten durch einen weiten Zwischenraum geschieden war. Das eine dieser Bataillone mochte siebenhundert Mann stark sein, während ein andres bloß aus hundertzwanzig Mann bestand. Lochiel hatte vorgestellt, daß es unmöglich sei, Männer von verschiedenen Stämmen zu vermischen, ohne Alles zu zerstören, was die eigenthümliche Stärke eines Hochlandsheeres bilde.103

Auf der rechten Flanke, dicht am Garry standen die Macleans. Ihnen zunächst Cannon mit seinem irischen Fußvolke. Dann kamen die Macdonalds von Clanronald, von dem Vormunde ihres jungen Fürsten befehligt. Auf der Linken standen andere Schaaren von Macdonalds. An der Spitze eines starken Bataillons erhob sich die stattliche Figur Glengarry’s, der die königliche Standarte König Jakob’s VII. trug.104 Noch weiter links stand die Reiterei, eine kleine Schwadron, bestehend aus einigen jakobitischen Gentlemen, die aus dem Niederlande ins Gebirge geflüchtet waren, und aus etwa vierzig von Dundee’s alten Reitern. Jenseit derselben kam Lochiel mit seinen Camerons, und die äußerste Linke bildeten die Männer von Sky unter Anführung Macdonald’s von Sleat.105

In den Hochlanden wie in allen Ländern, wo der Krieg nicht zu einer Wissenschaft geworden ist, hielt man es für die wichtigste Pflicht eines Befehlshabers, das Beispiel persönlichen Muthes und körperlicher Anstrengung zu geben. Lochiel war besonders berühmt wegen seiner physischen Tapferkeit. Seine Clansleute erzählten mit Stolz, wie er feindliche Reihen selbst durchbrochen und riesenhafte Krieger niedergehauen habe. Er verdankte diesen Thaten vielleicht einen eben so großen Theil seines Einflusses wie den ausgezeichneten Eigenschaften, die ihn, hätte das Schicksal ihn in das englische Parlament oder an den französischen Hof versetzt, zu einem der hervorragendsten Männer seines Jahrhunderts gemacht haben würden. Er war jedoch verständig genug, um einzusehen, wie irrig die Meinung war, welche seine Landsleute gefaßt hatten. Er wußte, daß es nicht das Amt eines Generals war, Schläge auszutheilen und zu empfangen. Er wußte, wie schwer es Dundee geworden war, nur wenige Tage ein aus verschiedenen Clans bestehendes Heer zusammenzuhalten, und er wußte, daß das was einem Dundee Mühe gekostet hatte, einem Cameron geradezu unmöglich sein würde. Ein Leben, von dem so viel abhing, durfte nicht einem barbarischen Vorurtheile geopfert werden. Lochiel beschwor daher Dundee, sich nicht unnöthiger Gefahr auszusetzen. „Ew. Lordschaft Amt ist es,“ sagte er, „Alles zu beaufsichtigen und Ihre Befehle zu ertheilen, und an uns ist es, diese Befehle auszuführen.“ Dundee erwiederte mit ruhiger Hochherzigkeit, daß in den Worten seines Freundes Sir Ewan viel Wahres liege, daß aber kein General etwas Großes vollbringen könne, ohne das Vertrauen seiner Leute zu besitzen. „Ich muß mir den Ruf der persönlichen Tapferkeit erwerben. Ihre Leute erwarten ihre Anführer im dichtesten Kampfgewühl zu sehen, und heute sollen sie mich da sehen. Ich verspreche Ihnen jedoch bei meiner Ehre, daß ich in künftigen Gefechten mich mehr schonen werde.“

Mittlerweile wurde auf beiden Seiten ein Kleingewehrfeuer unterhalten, von den regulären Soldaten aber geschickter und nachhaltiger als von den Gebirgsleuten. Der Raum zwischen den beiden Heeren war eine einzige Rauchwolke. Nicht wenige Hochländer fielen, und die Clans wurden ungeduldig. Die Sonne stand jedoch schon tief im Westen, als Dundee endlich den Befehl gab, sich kampffertig zu machen. Seine Leute erhoben ein großes Jubelgeschrei. Der Feind, wahrscheinlich erschöpft durch die Anstrengungen des Tages, antwortete mit einem nur schwachen und vereinzelten Hurrah. „Jetzt frisch ans Werk!“ sagte Lochiel. „Das ist nicht der Ruf von Männern, die zum Siege gehen.“ Er war durch alle seine Reihen gegangen, hatte an jeden Cameron einige Worte gerichtet, und jedem das Versprechen abgenommen, zu siegen oder zu sterben.106

 

Es war sieben Uhr vorüber. Dundee gab das Losungswort. Die Hochländer ließen ihre Plaids fallen. Die Wenigen, die so luxuriös waren, rohe Socken von ungegerbter Haut zu tragen, warfen sie weg. Man erinnerte sich noch lange in Lochaber, daß Lochiel seine Schuhe, wahrscheinlich das einzige Paar in seinem Clan, auszog und barfuß an der Spitze seiner Leute kämpfte. Die ganze Linie rückte feuergebend vor. Der Feind erwiederte das Feuer mit guter Wirkung. Als nur noch ein kleiner Raum zwischen den beiden Heeren war, warfen die Hochländer plötzlich ihre Gewehre weg, zogen ihre Breitschwerter und stürzten mit einem furchtbaren Geschrei vorwärts. Die Niederländer machten sich bereit, den Angriff zurückzuweisen; doch dies war damals eine langwierige und schwerfällige Procedur, und die Soldaten hanthierten noch an den Mündungen ihrer Gewehre und an den Griffen ihrer Bajonette herum, als der ganze Strom der Macleans, Macdonalds und Camerons auf sie anstürmte. In zwei Minuten war die Schlacht verloren und gewonnen. Die Reihen von Balfour’s Regiment öffneten sich. Er wurde niedergehauen, während er im Gedränge kämpfte. Ramsay’s Leute machten kehrt und warfen die Waffen weg. Mackay’s eignes Fußvolk wurde durch den wüthenden Angriff der Camerons auseinandergesprengt. Sein Bruder und sein Neffe bemühten sich vergebens, die Leute zu sammeln. Ersterer wurde durch einen Hieb mit einem Claymore todt zu Boden gestreckt. Der Andre arbeitete sich, mit acht Wunden bedeckt, durch das Getümmel und Blutvergießen bis an die Seite seines Oheims. Selbst in dieser äußersten Bedrängniß behielt Mackay seine ganze Geistesgegenwart. Er hatte noch eine Hoffnung. Ein Reiterangriff konnte das Kriegsglück wenden, denn vor Reitern fürchteten sich, wie man glaubte, selbst die tapfersten Hochländer. Doch er rief umsonst nach den Reitern. Belhaven benahm sich zwar als ein tapferer Gentleman; aber seine Reiter, über die Niederlage des Fußvolks erschrocken, sprengten in Verwirrung davon; Annandale’s Leute folgten; Alles war vorüber und der wirre Strom von Rothröcken und Tartans wälzte sich das Thal hinunter in die Schlucht von Killiecrankie.

Mackay, von einem treuen Diener begleitet, sprengte muthig durch das dichteste Gewühl der Claymores und Tartschen und erreichte einen Punkt, von wo er einen Ueberblick über das Schlachtfeld hatte. Seine ganze Armee war verschwunden, mit Ausnahme einiger Grenzer, welche Leven zusammengehalten hatte, und des Regiments Hastings, das ein mörderisches Feuer in die celtischen Reihen gesandt hatte und das noch in ungebrochener Ordnung Stand hielt. Die Leute welche gesammelt werden konnten, beliefen sich auf nur wenige Hunderte. Der General beeilte sich, sie über den Garry zu führen, und nachdem er diesen Fluß zwischen sie und den Feind gebracht hatte, machte er einen Augenblick Halt, um über seine Lage nachzudenken.

Er konnte kaum begreifen, wie die Sieger so unklug sein konnten, ihm auch nur diesen Augenblick zur Ueberlegung zu lassen. Sie hätten mit Leichtigkeit seine ganze Mannschaft niederhauen oder gefangen nehmen können, bevor die Nacht einbrach. Aber die Energie der celtischen Krieger hatte sich in einem wüthenden Angriff und einem kurzen Kampfe erschöpft. Der Engpaß war von den zwölfhundert Lastthieren, welche die Lebensmittel und das Gepäck der besiegten Armee trugen, verstopft. Eine solche Beute war eine unwiderstehliche Versuchung für Leute, die ebensowohl durch das Verlangen nach Raub, wie durch das Verlangen nach Ruhm zum Kriege getrieben wurden. Es ist wahrscheinlich, daß sogar wenige Häuptlinge geneigt waren um König Jakob’s willen eine so reiche Beute im Stich zu lassen. Dundee selbst würde in diesem Augenblicke nicht im Stande gewesen sein, seine Anhänger dazu zu bewegen, daß sie von den Beutehaufen abließen und das große Werk des Tages vollendeten, und Dundee war nicht mehr.

94„Athol,“ sagt Dundee verächtlich, „ist nach England gegangen, da er nicht wußte, was er thun sollte.“ Dundee an Melfort, 27. Juni 1689. Siehe Athol’s Briefe an Melville vom 21. Mai und 8. Juni, in den Leven and Melville Papers.
95Memoirs of Sir Ewan Cameron.
96Mackay’s Memoirs.
97Mackay’s Memoirs.
98Van Odyck an den Greffier der Generalstaaten, 2. (12.) August, 1689.
99Memoirs of Sir Ewan Cameron.
100Balcarras’s Memoirs.
101Mackay’s Short Relation, Aug. 17, 1689.
102Memoirs of Sir Ewan Cameron.
103Memoirs of Sir Ewan Cameron, Mackay’s Memoirs.
104Douglas’s Baronage of Scotland.
105Memoirs of Sir Ewan Cameron.
106Memoirs of Sir Ewan Cameron.