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Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Elfter Band: enthaltend Kapitel 21 und 22.

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Parlamentsverhandlungen wegen der Verleihung von Kronländereien in Wales an Portland

Am 21. Januar erhielten die Umprägungsbill und die Bill zur Regulirung des Prozeßverfahrens in Hochverrathsfällen die königliche Genehmigung. Am folgenden Tage begaben sich die Gemeinen in einer Angelegenheit, die sowohl ihnen als auch dem Könige durchaus nicht angenehm war, nach Kensington. Sie waren in ihrer Gesammtheit fest entschlossen, um jeden Preis und auf jede Gefahr hin den König gegen jeden äußeren wie inneren Feind zu schützen. Aber sie waren, wie jede Versammlung von fünfhundertdreizehn englischen Gentlemen, gleichviel durch welches Verfahren sie zusammengebracht sein mochte, es naturgemäß sein mußte, eifersüchtig auf die Gunst, die er seinen Jugendfreunden bewies. Er hatte sich vorgenommen, das Haus Bentinck in Ruhm und Glanz auf gleiche Stufe mit den Häusern Howard und Seymour, Russell und Cavendish zu stellen. Einige der schönsten Erbdomänen der Krone waren Portland verliehen worden, nicht ohne Murren von Seiten der Whigs wie der Tories. Es war allerdings nichts geschehen, was nicht mit dem Buchstaben des Gesetzes und mit einer langen Reihe von Präcedenzfällen im Einklang gestanden hätte. Seit undenklichen Zeiten hatte jeder englische Souverain die Güter, in deren Besitz er kraft seines Amtes getreten war, als sein Privateigenthum betrachtet. Jede Familie, die in England mächtig gewesen war, von den De Vere bis herab zu den Hyde, war durch königliche Schenkungen bereichert worden. Karl II. hatte aus seinen Erbgütern Herzogthümer für seine Bastarde herausgeschnitten. Auch enthielt die Rechtsbill nicht ein Wort, welches dahin hätte gedeutet werden können, daß es dem Könige nicht vollkommen freistände, sich jeden Theils der Krongüter zu entäußern. Anfangs rief daher Wilhelm’s Freigebigkeit gegen seine Landsleute, wenn sie auch viel Unzufriedenheit erregte, keine Remonstrationen von Seiten des Parlaments hervor. Aber er ging endlich zu weit. Im Jahre 1695 befahl er den Lords des Schatzes eine Urkunde auszufertigen, welche Portland eine prachtvolle Herrschaft in Denbighshire verlieh. Diese Herrschaft sollte über hunderttausend Pfund werth sein. Der jährliche Ertrag derselben kann sich daher auf kaum weniger als sechstausend Pfund belaufen haben, und die der Krone vorbehaltene Jahresrente betrug nur sechs und acht Pence. Dies war jedoch noch nicht das Schlimmste. Mit dem Besitze waren ausgedehnte Regalien untrennbar verbunden, welche die Bewohner von Nordwales nicht geduldig in den Händen irgend eines Unterthanen sehen konnten. Mehr als hundert Jahre früher hatte Elisabeth einen Theil des nämlichen Gebiets ihrem Günstling Leicester verliehen. Bei dieser Gelegenheit hatte sich das Volk von Denbighshire mit bewaffneter Hand erhoben, und nach vielen tumultuarischen Auftritten und mehreren Hinrichtungen hatte Leicester es für rathsam gehalten, die Schenkung seiner Gebieterin zurückzugeben. Die Opposition gegen Portland war minder gewaltthätig, aber eben so erfolgreich. Einige der angesehensten Gentlemen des Gebiets machten den Ministern, durch deren Bureaux das Dokument gehen mußte, nachdrückliche Vorstellungen und brachten endlich den Gegenstand bis vor das Unterhaus. Es wurde einstimmig eine Adresse votirt, welche den König ersuchte, die Schenkung zurückzunehmen; Portland bat, daß man ihn nicht zu einem Zankapfel zwischen seinem Gebieter und dem Parlamente machen möchte, und der König fügte sich, wenn auch tief verletzt, dem allgemeinen Wunsche der Nation.94

Diese unglückliche Geschichte hinterließ, wenn sie auch nicht in einen offenen Streit ausging, doch viel böses Blut. Der König war aufgebracht gegen die Gemeinen und noch aufgebrachter gegen die whiggistischen Minister, die es nicht gewagt hatten, seine Schenkung zu vertheidigen. Die loyale Zuneigung, welche das Parlament ihm in den ersten Tagen der Session bewiesen hatte, war merklich erkaltet, und er war fast so unpopulär wie er es je gewesen, als ein Ereigniß eintrat, das ihm plötzlich die Herzen von Millionen wiedergewann und ihn auf einige Zeit in eben dem Grade zum Abgott der Nation machte, wie er es zu Ende des Jahres 1688 gewesen war.95

Zwei jakobitische Complots geschmiedet

Der im vergangenen Frühjahr entworfene Mordplan war in Folge der Abreise Wilhelm’s nach dem Continent aufgegeben worden. Der im Sommer entworfene Insurrectionsplan war wegen Mangel an Beistand von Seiten Frankreich’s ebenfalls aufgegeben worden. Vor Ende des Herbstes aber wurden beide Pläne wieder aufgenommen. Wilhelm war nach England zurückgekehrt, und die Möglichkeit, sich seiner durch einen glücklichen Schuß oder Degenstoß zu entledigen, wurde wieder ernstlich discutirt. Die französischen Truppen hatten ihre Winterquartiere bezogen, und das Armeecorps, welches Charnock vergebens verlangt hatte, als der Kampf um Namur wüthete, konnte jetzt ohne Nachtheil entbehrt werden. Es wurde daher jetzt ein Complot geschmiedet, furchtbarer als irgend eines, das bisher den Thron und das Leben Wilhelm’s bedroht hatte, oder es wurden vielmehr, wie dies mehr als einmal in unsrer Geschichte vorgekommen ist, zwei Complots geschmiedet, eines in dem andren. Der Zweck des größeren Complots war ein offener Aufstand, ein Aufstand, der durch eine ausländische Armee unterstützt werden sollte. In dieses Complot waren fast alle angesehenen Jakobiten mehr oder weniger verwickelt. Einige häuften Waffen auf, andere kauften Pferde, noch andere entwarfen Listen von den Dienern und Untergebenen, auf die sie sich fest verlassen konnten. Die minder kriegerischen Mitglieder der Partei konnten wenigstens Humpen auf den König über dem Wasser leeren und durch bedeutungsvolles Achselzucken und Geflüster zu verstehen geben, daß er nicht lange mehr über dem Wasser sein werde. Es wurde allgemein bemerkt, daß die Unzufriedenen weiser als sonst aussahen, wenn sie nüchtern waren, und daß sie lauter als sonst schwatzten, wenn sie betrunken waren.96 In das kleinere Complot, das die Ermordung Wilhelm’s zum Zweck hatte, waren nur einige wenige auserlesene Hochverräther eingeweiht.

Berwick’s Complot

Jedes dieser beiden Complots stand unter der Leitung eines speciell dazu von Saint-Germains abgeschickten Führers. Die ehrenhaftere Sendung war Berwick anvertraut. Er war beauftragt, sich mit der jakobitischen Noblesse und Gentry in Vernehmen zu setzen, auszumitteln, welche Streitmacht sie ins Feld stellen konnten und einen Zeitpunkt für die Erhebung festzusetzen. Er war ermächtigt ihnen zu versichern, daß die französische Regierung Truppen und Transportschiffe bei Calais zusammenziehe und daß, sobald man dort erführe, daß ein Aufstand in England ausgebrochen sei, sein Vater sich mit zwölftausend Veteranen einschiffen und in einigen Stunden bei ihnen sein würde.

Das Ermordungscomplot; Sir Georg Barclay

Eine gefährlichere Rolle war einem Emissär von niedererem Range aber großer Gewandtheit, Thätigkeit und Unerschrockenheit übertragen. Dies war Sir Georg Barclay, ein schottischer Gentleman, der mit Ehren unter Dundee gedient und der sich, als der Krieg in den Hochlanden zu Ende war, nach Saint-Germains zurückgezogen hatte. Barclay wurde in das königliche Cabinet beschieden und empfing seine Instructionen aus dem Munde des Königs selbst. Er erhielt Befehl, sich heimlich über den Kanal nach London zu begeben. Es wurde ihm gesagt, daß einige auserlesene Offiziere und Soldaten ihm zu Zweien und Dreien auf dem Fuße folgen würden, und damit sie ihn leicht finden könnten, sollte er Montags und Donnerstags nach Einbruch der Dunkelheit unter dem Säulengange vom Coventgarden umhergehen und ein weißes Tuch aus seiner Rocktasche hervorblicken lassen. Er erhielt eine bedeutende Summe Geldes und eine Vollmacht, welche Jakob nicht nur unterzeichnet, sondern, von Anfang bis zu Ende eigenhändig geschrieben hatte. Diese Vollmacht autorisirte den Inhaber von Zeit zu Zeit diejenigen Acte von Feindseligkeit gegen den Prinzen von Oranien und seine Anhänger zu unternehmen, welche den Zwecken des Königs am meisten entsprechen würden. Welche nähere Erklärung Jakob diesen weit umfassenden Worten mündlich gab, wissen wir nicht.

Damit Barclay’s Abwesenheit von Saint-Germains keinen Verdacht erweckte, wurde ausgesprengt, daß sein lockerer Lebenswandel ihn in die Nothwendigkeit versetzt habe, sich von einem Arzte in Paris behandeln zu lassen.97 Er reiste mit achthundert Pfund Sterling in seinem Koffer ab, eilte nach der Küste und schiffte sich an Bord eines Kapers ein, den die Jakobiten als regelmäßiges Packetboot zwischen Frankreich und England benutzten. Dieses Fahrzeug brachte ihn nach einem einsamen Orte im Romney Moor. Ungefähr eine halbe Meile von dem Landungsplatze wohnte ein Schmuggler, Namens Hunt, auf einer öden und ungesunden Sumpfstrecke, wo er keine anderen Nachbarn hatte als einige halbwilde Hirten. Seine Wohnung hatte eine Lage, die sich für den Schleichhandel mit französischen Waaren vortrefflich eignete, Ladungen von Lyoneser Seidenwaaren und Valencienner Spitzen, hinreichend, um dreißig Packpferde zu beladen, waren mehr als einmal in dieser traurigen Einöde gelandet worden, ohne Aufsehen zu erregen. Seit der Revolution aber war Hunt dahinter gekommen, daß von allen Ladungen eine Ladung Hochverräther am besten rentirte. Sein entlegener Wohnplatz wurde der Aufenthaltsort für hochangesehene Männer, für Earls und Barone, für Ritter und Doctoren der Theologie. Einige davon wohnten viele Tage unter seinem Dache in Erwartung einer Gelegenheit zur Ueberfahrt. Zwischen seinem Hause und London bestand eine geheime Postverbindung. Couriere eilten fortwährend hin und her; sie machten die Reise stets zu Fuße; aber sie sahen wie Gentlemen aus, und man raunte sich zu, daß einer von ihnen der Sohn eines vornehmen Mannes sei. Die aus Saint-Germains kommenden Briefe waren an Zahl und Umfang klein; um so zahlreicher und voluminöser aber waren die dahin abgehenden. Sie wurden wie Packete von Modewaaren verpackt und in dem Sumpfe vergraben, bis der Kaper sie abforderte.

 

Hier landete Barclay im Januar 1696, und von hier aus schlug er den Weg nach London ein. Wenige Tage später folgte ihm ein schlanker junger Mann, der seinen Namen verschwieg, aber Accreditive von höchster Autorität vorzeigte. Dieser junge Mann begab sich ebenfalls nach London. Hunt erfuhr nachher, daß sein bescheidenes Dach die Ehre gehabt hatte, den Herzog von Berwick zu beherbergen.98

Die Rolle, welche Barclay zu spielen hatte, war schwierig und gefährlich, und er unterließ keine Vorsichtsmaßregel. Er war selten in London gewesen und sein Aeußeres war daher den Agenten der Regierung unbekannt. Gleichwohl hatte er mehrere Wohnungen, verkleidete sich so gut, daß seine ältesten Freunde ihn am hellen Tage nicht erkannt haben würden, und doch wagte er sich selten auf die Straße, außer im Dunklen. Sein Hauptagent war ein Mönch, der mit Gefahr seines Kopfes unter verschiedenen Namen Beichte abnahm und Messe las. Dieser Mann theilte einigen von den Zeloten, mit denen er verkehrte, mit, daß ein Specialagent der königlichen Familie an gewissen Abenden zu einer gewissen Stunde in Coventgarden zu sprechen und an gewissen Zeichen kenntlich sei.99 Auf diese Weise lernte Barclay mehrere für seine Zwecke geeignete Männer kennen. Die Ersten, denen er sich völlig offenbarte, waren Charnock und Parkyns. Er sprach mit ihnen über das Complot, das sie mit einigen ihrer Freunde im vergangenen Frühjahr gegen das Leben Wilhelm’s geschmiedet hatten. Charnock sowohl als Parkyns erklärten, daß der Plan leicht ausführbar sei, daß es unter den Royalisten nicht an beherzten Männern fehle und daß es nur eines Zeichen von Zustimmung von Seiten Sr. Majestät bedürfe.

Barclay producirte nun seine Vollmacht. Er bewies seinen beiden Complicen, daß Jakob ausdrücklich allen guten Engländern anbefohlen hatte, nicht allein sich mit bewaffneter Hand zu erheben, nicht allein gegen die Regierung des Usurpators Krieg zu führen, nicht allein Festungen und Städte einzunehmen, sondern auch von Zeit zu Zeit solche anderweitige Acte von Feindseligkeit gegen den Prinzen von Oranien vorzunehmen, wie sie dem Könige dienlich wären. Diese Worte, sagte Barclay, autorisirten offenbar einen Angriff auf die Person des Prinzen. Charnock und Parkyns waren befriedigt. Wie konnten sie in der That Zweifeln, daß Jakob’s vertrauter Agent seine Worte richtig deutete? Ja, wie hätten sie die umfassenden Worte der Vollmacht anders als in dem einen Sinne verstehen können, selbst wenn Barclay nicht dagewesen wäre, um sie zu commentiren? Wäre der Gegenstand niemals Jakob zur Erwägung unterbreitet worden, so hätte man allerdings glauben können, daß jene Worte seiner Feder ohne eine bestimmte Bedeutung entschlüpft seien. Aber es war ihm wiederholt mitgetheilt worden, daß einige seiner Freunde in England eine blutige That im Sinne hätten und daß sie nur auf seine Zustimmung warteten. Sie waren in ihn gedrungen, ein Wort zu sprechen, einen Wink zu geben. Er hatte lange geschwiegen, und jetzt wo er das Stillschweigen brach, sagte er ihnen bloß, sie möchten Alles thun, was ihm nützlich und dem Usurpator nachtheilig sein könnte. Sie hatten seine Erlaubniß in so deutlichen Ausdrücken, wie sie dieselbe in einem solchen Falle vernünftigerweise nur erwarten konnten.100

Es kam nur noch darauf an, eine genügende Anzahl muthiger und zuverlässiger Helfershelfer zu finden, für Pferde und Waffen zu sorgen und Ort und Stunde der Ermordung zu bestimmen. Vierzig bis fünfzig Mann wurden für ausreichend gehalten. Die Reiter von Jakob’s Garde, welche Barclay bereits über den Kanal gefolgt waren, bildeten ziemlich die Hälfte von dieser Anzahl. Jakob hatte selbst mit einigen dieser Leute vor ihrer Abreise von Saint-Germains gesprochen, ihnen Reisegeld gegeben, ihnen gesagt, welchen Namen jeder von ihnen in England annehmen sollte, ihnen befohlen, nach Barclay’s Weisungen zu handeln, und sie unterrichtet, wo Barclay zu finden und an welchem Zeichen er zu erkennen war.101 Sie hatten Ordre, in kleinen Gruppen abzureisen und verschiedene Beweggründe für ihre Reise anzugeben. Einige waren krank, Andere waren des Dienstes überdrüssig; Cassels, einer der Lautesten und Profansten unter ihnen, sagte, daß er, weil er beim Militär keine Beförderung erlangen könne, in das schottische Collegium eintreten und eine Brotwissenschaft studiren wolle. Unter derartigen Vorwänden verließen etwa zwanzig auserwählte Männer den Palast Jakob’s, gingen über Romney Marsh nach London und fanden ihren Anführer im düstren Lampenlichte der Colonnade mit aus der Tasche herabhängendem Sacktuche auf und nieder gehen. Einer dieser Leute war Ambrosius Rookwood, der den Grad eines Brigadiers hatte und eines hohen Rufes von Muth und Ehrenhaftigkeit genoß; ein Andrer war der Major Johann Bernardi, ein Abenteurer von genuesischer Abkunft, dessen Name eine traurige Berühmtheit erlangt hat durch eine Strafe, die sich so unglaublich verlängerte, daß sie endlich noch eine Generation zu Mitleid rührte, die sich seines Verbrechens nicht erinnern konnte.102

Auf diese Abenteurer aus Frankreich setzte Barclay hauptsächlich sein Vertrauen. In einem Augenblicke emphatischer Ueberhebung nannte er sie seine Janitscharen und sprach die Hoffnung aus, daß sie ihm das St. Georgskreuz und den Hosenbandorden verschaffen würden. Aber es waren mindestens noch zwanzig Mörder nöthig. Wahrscheinlich erwarteten die Verschwörer werthvollen Beistand von Seiten Sir John Friend’s, der ein von Jakob ausgestelltes Oberstenpatent erhalten und um die Zeit, wo die Franzosen an der Küste von Kent erscheinen sollten, mit großer Thätigkeit Mannschaften angeworben und Waffen herbeigeschafft hatte. Der Plan wurde ihm mitgetheilt, aber er hielt ihn für so unüberlegt und war so fest überzeugt daß er der guten Sache nur schaden konnte, daß er seinen Freunden keinen Beistand leihen wollte, obgleich er ihr Geheimniß gewissenhaft bewahrte.103 Charnock nahm es auf sich, acht entschlossene und zuverlässige Männer zu finden. Er theilte den Plan Porter mit, was Barclay nicht ganz billigte, denn er meinte, daß man einem Wirthshausraufbold, der noch kürzlich im Gefängniß gesessen, weil er betrunken in den Straßen umher renommirt und Hurrahs zu Ehren des Prinzen von Wales gerufen hatte, nicht wohl ein Geheimniß von so gefährlicher Wichtigkeit anvertrauen könne. Porter ging mit Begeisterung auf das Complot ein und versprach, noch Andere mit hereinzuziehen, welche nützlich sein würden. Zu Denen, deren Unterstützung er gewann, gehörte sein Diener, Thomas Keyes. Keyes war ein viel gefährlicherer Verschwörer, als man es bei seiner socialen Stellung hätte erwarten sollen. Die Haustruppen waren im allgemeinen Wilhelm ergeben; unter den Blauen aber herrschte ein Anflug von Abneigung gegen ihn. Die Hauptverschwörer hatten sich schon mit einigen bei diesem Regiment stehenden Katholiken in Vernehmen gesetzt, und Keyes war hierzu ganz besonders gut zu brauchen, denn er war früher Trompeter des Corps gewesen, und obwohl er seinen Abschied genommen, stand er doch noch immer in einem freundschaftlichen Verhältnisse mit einigen von den alten Soldaten, in deren Gesellschaft er nach der Schlacht bei Sedgemoor auf Kosten der Pächter von Somersetshire gelebt hatte.

Parkyns, der alt und gichtbrüchig war, konnte nicht persönlich Antheil an dem Mordwerke nehmen. Aber er beschäftigte sich mit Besorgung von Pferden, Sätteln und Waffen für seine jüngeren und thätigeren Complicen. In dieser Beschäftigung wurde er durch Karl Cranburne unterstützt, einen Menschen, der schon längst als Mäkler zwischen jakobitischen Verschwörern und Leuten diente, die mit Hieb- und Schußwaffen handelten. Barclay gab speciellen Befehl, daß die Degen mehr zum Stechen als zum Schlagen eingerichtet werden sollten. Er selbst warb Eduard Lowick an, der als Major in der irischen Armee gedient hatte und seit der Capitulation von Limerick sehr still und eingezogen in London lebte. Der Mönch, den Barclay zuerst ins Vertrauen gezogen hatte, empfahl zwei geschäftige Papisten, Richard Fisher und Christoph Knightley, und diese Empfehlung wurde für genügend erachtet. Knightley zog Eduard King, einen römisch-katholischen Gentleman von heißblütigem und unruhigem Temperament, herbei, und King verschaffte die Mithülfe eines französischen Spielers und Bramarbas, Namens De la Rue.104

 

Mittlerweile hielten die Häupter der Verschwörung häufige Zusammenkünfte in hochverrätherischen Tavernen, um einen Operationsplan zu verabreden. Mehrere Pläne wurden vorgeschlagen, beifällig aufgenommen, nach reiflicherer Erwägung aber fallen gelassen. Einmal war man der Meinung, daß ein nächtlicher Angriff auf Kensington wahrscheinlich gelingen werde. Die äußere Mauer sei leicht zu übersteigen, und wenn einmal vierzig bewaffnete Männer im Garten seien, würde der Palast bald erstürmt oder in Brand gesteckt sein. Einige waren der Ansicht, daß es am besten sein würde, den Handstreich an einem Sonntage zu unternehmen, wenn Wilhelm sich von Kensington in die Kapelle des St. Jamespalastes begebe, um dem Gottesdienste beizuwohnen. Die Mörder sollten sich auf der Stelle versammeln, wo jetzt Apsley House und Hamilton Palace stehen. In dem Augenblicke wo der Wagen des Königs Hyde Park verließe, um in den jetzigen Green Park einzulenken, sollten Dreißig von den Verschwörern, wohl beritten, über die Garden herfallen. Die Garden waren gewöhnlich nur fünfundzwanzig Mann stark, der Angriff müßte ihnen natürlich ganz unverhofft kommen und sehr wahrscheinlich würde die Hälfte von ihnen todtgeschossen oder niedergehauen sein, bevor sie einen Schlag thun könnten. Währenddem sollten zehn bis zwölf beherzte Männer zu Fuß durch Niederschießen der Pferde den Wagen anhalten, worauf sie dann ohne Schwierigkeit mit dem Könige fertig werden würden. Endlich gab man einem ursprünglich von Fisher entworfenen und von Porter weiter ausgeführten Plane den Vorzug. Wilhelm pflegte jeden Sonnabend zur Jagd nach Richmond Park zu fahren. Damals war zwischen London und Kingston noch keine Brücke über die Themse. Der König fuhr daher in einem von wenigen Leibgardisten begleiteten Wagen über Turnham Green nach dem Flusse. Hier bestieg er ein Boot, setzte über den Fluß und fand auf der Surreyseite einen andren Wagen mit einem andren Trupp Leibgardisten seiner wartend. Der erste Wagen und die erste Eskorte erwarteten am nördlichen Ufer seine Zurückkunft. Die Verschwörer ermittelten mit großer Genauigkeit das ganze Arrangement bei diesen Ausflügen und untersuchten sorgfältig das Terrain auf beiden Seiten der Themse. Sie waren der Meinung, daß sie den König vortheilhafter auf der Middlesexseite als auf der Surreyseite, und besser auf dem Rückwege als auf dem Hinwege angreifen würden. Denn auf der Hinfahrt wurde er oft von einem zahlreichen Gefolge von Lords und Gentlemen bis zum Flusse begleitet; auf der Rückfahrt aber hatte er nur seine Garden bei sich. Ort und Zeit wurden festgesetzt. Der Ort sollte eine enge und krumme Gasse sein, die vom Landungsplatze auf der Nordseite des Flusses nach Turnham Green führte. Die Stelle ist noch jetzt leicht zu finden. Der Boden ist seitdem durch Gräben entwässert worden; im 17. Jahrhundert aber war er eine Sumpflache, durch welche der königliche Wagen nur mit Mühe im Schritt gezogen werden konnte. Der Zeitpunkt sollte der Nachmittag des 15. Februars, eines Sonnabends, sein. An diesem Tage sollten sich die Vierzig in kleinen Gruppen in verschiedenen öffentlichen Häusern unweit des Angers versammeln. Sobald das Zeichen gegeben wurde, daß der Wagen sich nähere, sollten sie aufsitzen und sich an ihre Posten begeben. Wenn die Cavalcade die Gasse heraufkam, sollte Charnock die Gardisten im Rücken, Rookwood von der einen und Porter von der andren Seite angreifen. Unterdessen sollte Barclay mit acht zuverlässigen Männern den Wagen anhalten und die That vollbringen. Damit den Verschwörern keine Bewegung des Königs entging, wurden zwei Ordonnanzen ernannt, die den Palast bewachen sollten. Einer von diesen beiden Männern, ein kühner und thätiger Flamländer, war speciell beauftragt, Barclay von Allem genau zu unterrichten. Der Andere, der mit Charnock Communication unterhalten sollte, war ein Raufbold, Namens Chambers, der in der irischen Armee gedient, am Boyne eine schwere Wunde in die Brust erhalten hatte und wegen dieser Verwundung einen heftigen persönlichen Haß gegen Wilhelm empfand.105

94Commons’ Journals, Jan. 14, 17, 23. 1696; L’Hermitage 14. (24.) Jan.; Gloria Cambriae, or Speech of a Bold Briton against a Dutch Prince of Wales, 1702; Life of the late Honourable Robert Price, etc. 1734. Price war der „kühne Brite”, dessen – meines Wissens nie gehaltene – Rede 1702 gedruckt wurde. Er würde die Bezeichnung kühn eher verdient haben, wenn er seine Impertinenzen zu Wilhelm’s Lebzeiten veröffentlicht hätte. Die Biographie Price’s ist eine erbärmliche Arbeit voller Fehler und Anachronismen.
95L’Hermitage erwähnt den ungünstigen Wechsel in der Stimmung der Gemeinen, und Wilhelm spielt in seinen Briefen an Heinsius vom 21. (31.) Jan. und 28. Jan. (7. Febr.) 1696 mehrmals darauf an.
96Daß die Heiterkeit der Jakobiten eine Zeit lang auffiel, sagt Van Cleverskirke unterm 25. Febr. (6. März) 1696.
97Harris’ Aussage, 28. März 1696.
98Hunt’s Aussage.
99Fisher’s und Harris’ Aussagen.
100Barclay’s Erzählung im Life of James II. 548; Schriftstück von Charnock unter den Nairne’schen Manuscripten in der Bodlejanischen Bibliothek.
101Harris’ Aussage.
102Harris’ Aussage. Bernardi’s Selbstbiographie ist durchaus nicht glaubwürdig.
103Siehe seinen Prozeß.
104Fisher’s Aussage; Knightley’s Aussage; Cranburne’s Prozeß; De la Rue’s Aussage.
105Siehe die Prozesse und Aussagen.