Projekt Null

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Landbevölkerung und Nachbarn haben die beiden Klugscheißer recht bald dick. Eine Menge Wissen haben sie, doch keinerlei Erfolg bei ständig voranschreitender, zerrinnender Zeit, aber ihre dicke Freundschaft. Sie möchten zurück. Nicht an die Fleischtöpfe Ägyptens. Nur nach Paris in das kleine, spießige, miefige Büro, zurück hinters Schreibpult. So sind Bouvard und Pécuchet am Ende bei eifrigen Vorbereitungen für die Herstellung eines Doppelschreibtisches anzutreffen. Wissenschaftlicher Gesamtertrag zweier gelebter Leben. Wissenschaft hin oder her, was sich mit Theologie nicht richten läßt, ließ sich für Joseph Ratzinger wenigstens für eine Weile mit päpstlicher Unfehlbarkeit bedeckt halten, zumindest bis Vatileaks 1.0 über Seilschaften, Korruption, Intrigen unter den mächtigsten Kirchenmännern der Welt, die durchaus auch zu Überlegungen fähig sind, wie sich der mächtigste Kirchenmann beseitigen läßt, wenn und weil man ihn dick hat. So wird aus dem Eremit im Vatikan der Papst Emeritus.

Obwohl nur ein Jahr jünger als sein Papst Emeritus, hatte ihn der Vatikan schon viel eher dick, den Dogmatikprofessor Hans Küng, führte ihn noch vor seiner Zeit als Koadiutor und Peritus des Zweiten Vatikanischen Konzils seit 1957 auf der schwarzen Liste. So sind sie halt, die Schwarzen, auch wenn Gloria von Thurn und Taxis über die Schwarzen ganz etwas anderes denkt. Selbstverständlich verliert ein Dogmatikprofessor seine katholische kirchenrechtliche Lehrbefugnis, die Missio canonica, wenn er die Dogmen, die er lehren soll, in ihrer Gültigkeit hinterfragt, gar bestreitet. Im Dezember 1979 war es soweit. Und nach Vollzug der Entziehung der Lehrbefugnis übernahm 1981 Joseph Ratzinger für 23 lange Jahre das Amt des Großinquisitors. Hans Küng hingegen kämpft seit 1980 um die Rechtfertigung seiner Thesen und seine Rehabilitation, welche er sich qua Amt als Dogmatiker und Priester gleich selbst erteilt. Frei von römischen Zwängen, beschäftigt sich Hans Küng wie es euch gefällt mit was ihr wollt, wie es ihm gerade einfällt, selbstredend immer als katholischer Theologe, quasi 25 Stunden am Tage im Amt. Unverdrossen begibt sich Küng in die Problemfelder der Wissenschafts- und Paradigmentheorie, Frauenforschung und, wie er es nennt, Grenzgebiete von Theologie und Literatur, Religion und Musik und in die Welt der Religionen. Mühelos erklärt er uns bedeutende Schriftsteller und Komponisten neu aus der Sicht seiner katholischen Theologie. Mühelos gelangt er zu und in SEINE Welt des Islam, SEINE Welt des Judentums. Garantiert behält er immer und überall das letzte Wort. Reicht in Rom „der Papst hat gesprochen“ zur letzten Gültigkeit, lautet der Satz in Tübingen: Küng hat geschrieben. Weil das so ist, erscheint bei Herder eine 1,5 Meter lange Küng-Werkausgabe in 23 Bänden, der erste Band zum Preis von 70,00 Euro. Dreiundzwanzig Bände, für jedes Jahr Joseph Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation ein (1) Band Hans Küngs Theologie, Thomas von Aquin des 21. Jahrhunderts. Darüber hinaus ist Küngs These Kein Weltfrieden ohne Religionsfrieden durchaus beachtenswert, wenn auch ohne Trinität oder zumindest Trias. Hätte er doch wenigstens nachgeschoben: Kein Weltfriede ohne Frieden unter den Geschlechtern, und dann noch: Kein Weltfriede ohne Sozialfrieden. Ohnehin traut er sich nicht an Gegenwart und reale Politik, auch wenn er sich im Lichte von Politikern gerne sonnt.

Gewiß, vieles von dem, was Ratzinger und Küng publizieren, ist richtig. Gewiß haben vieles davon andere längst gedacht, gesagt, geschrieben, veröffentlicht. Gewiß ist vieles falsch von dem, was Küng und Ratzinger veröffentlichen. Darüber gibt es nichts zu sagen. Gewiß ist alles, was sie über Gott sagen und schreiben, so unterschiedlich es sein mag, ungewiß. Wo Joseph Ratzinger mit absolutem Anspruch auf Schriftexegese als Benedikt XVI. unfehlbar scheitert, emeritiert, irrt Küng über seine Rehabilitation aus seinem Wirken nach dem Entzug der Missio canonica. Kein Weltfrieden ohne Religionsfrieden beinhaltet die Russellsche Antinomie, umfaßt Joseph Ratzinger und Hans Küng in sich. Dabei sind Ratzinger und Küng methodisch Brüder im Geiste, geraten doch ihre Darlegungen zur Existenz Gottes und zur Existenzberechtigung ihrer katholischen Kirche in den sogenannten infiniten Regreß, also in die Endlosschleife des Begründungsprozesses, der immer neue Begründung abruft, von dort gleich über die Behauptungen zu den Glaubensphänomen zum Zirkelschluß, oder sie brechen das Begründungsverfahren willkürlich am Punkt ihres Beliebens ab. Willkommen beim Dogma! So sind sie Gefangene dessen, was in allen Wissenschaften Bias heißt: Einseitige, aus der Perspektive der eigenen Religion und laut bekennend praktizierten Konfession befangene Grundhaltung und Sichtweise. In kognitiver Verzerrung gipfelt beider Theologie und endet im Spekulativen. Spekulatius für die Gläubigen. Spektakel für die Massen. Unbekömmlich der Vernunft. Woher also soll er kommen, der Religionsfriede, wenn nicht einmal die führenden katholischen Theologen ihn kennen wollen? Nun stehen sie da, zwei Siebengescheite am Abend ihres Lebens, wissen so viel, wie Bouvard und Pécuchet in aller Vergeblichkeit. Gelehrtes Christentum ist leeres Christentum. Was ihnen bleibt, den unbelehrbaren Kontrahenten? Ihre unverbrüchliche Feindschaft und eifrige Vorbereitungen für die Herstellung eines von beiden auf beiden Seiten zu nutzenden Doppelbeichtstuhls. Flaubert wäre zufrieden. Marie von Ebner Eschenbach und ihre Freiherrn zu Gemperlein wären zufrieden, Miguel de Cervantes wäre zufrieden, die Windmühlen auch, sogar Monsieur Jakob. Und ich erst! Wüßte Gott aber nur halb so viel von Theologie, wie Joseph Ratzinger oder Hans Küng, GOTT würde angesichts der Umwertung allen Göttlichens, der Umwertung des menschlichen Allzumenschlichen sofort zurücktreten! Natürlich würden Ratzinger und Küng seinen Rücktritt niemals annehmen.

Die Methode, das zu postulieren, was man braucht, hat viele Vorteile. Es sind dieselben, wie die Vorteile des Diebstahls gegenüber ehrlicher Arbeit

(Bertrand Russell)

THEO-LOG(E), LÜGT, GELOGEN

Wieviel Polemik verträgt Rom?

Seit Paris und Charlie Hebdo ist die Frage nahezu unbeantwortbar, wieviel Satire und Polemik Religion allgemein, monotheistische Religion im besonderen, speziell das christkatholische Rom verträgt. Gerät aber die theologisch philosophische Auseinandersetzung um ‘Gottes Wort’ und die Wesenheit bis Existenz Gottes innerhalb der christkatholischen Bekenntnistheorie mit apologetischem Anspruch selbst zur Satire, ist ihr nur schwer mit dem notwendigen tierischen Ernst zu begegnen, wird doch nicht nur Widerspruch, sondern auch das Zwerchfell zu sehr gereizt. Reizende Aussicht also für eine allfällige Replik? Oder nicht doch eine Träne im Knopfloch? Vielleicht gar Rückfall in die erste (1.) Christenpflicht?: Frieden!

Glaubt man Theodor Lessing, ist das, was wir Geschichte nennen, Sinngebung des Sinnlosen. Für biblische Geschichte, für Geschichte und Geschichten im Alten Testament, Evangelien, Koran und die damit beschäftigten Theologen hat eine solche Geschichtsauffassung eine sehr einfache aber ganz fürchterliche Konsequenz: Sinnlosigkeit! Alles, was über solche Sinnlosigkeit hinausgeht, wäre höchst spekulativ, reflektiert Wollen, Wünsche und deren Realisierung oder Versagen, sucht nach Sinn und Gründen für das eine wie das andere, formuliert auf solcher Suche alle ontologischen Fragen und eschatologischen Visionen, untersucht sie, bleibt die scheinbar notwendigen Antworten schuldig, gelangt nicht und nie ans Ziel, auch deshalb nicht, weil sie kein Ziel auffassen, keines definieren kann, außer jene im Zirkelschluß ständig wiedergekäute Endlosschleife der Selbstbestätigung persönlicher Konfession. Muß man also Theodor Lessing glauben?

Theologen? Sind das nicht diejenigen, welche auf Kriegsfuß stehen mit der Logik, Dogmata kreiren, für ihren Gott flunkern, aufschneiden, lügen? Alles im Dienste der ersten, letzten, endlich letztgültigen, unfehlbar absoluten Wahrheit? Alles nur, weil sie die Existenz ihres Gottes mathematisch naturwissenschaftlich nicht beweisen, Atheisten und Nihilisten ihnen die Existenz ihres behaupteten Gottes mit den gleichen Methoden nicht widerlegen können, nicht abkaufen wollen? Ein Taschenspielertrick! Umkehr der Beweislast: „Kann ich meinem Gott seine Existenz nicht beweisen, mußt du mir beweisen, er existiert nicht.“

Ein armseliges Geschäft. Ein schlechtes noch dazu. Aber einträglich! Erstaunlich, was Theologen ‘wissenschaftlich’ zu leisten vermögen, mit wieviel Beschränkung des Vernunftgebrauchs, Versagen des Geistes im Dienste des Glaubens sie sich zu arrangieren, zu begnügen, zu vergnügen wissen.

Als theologischer Laie und philosophischer Ketzer, ausgestattet mit den Durchschnittsgaben einer kritischen Vernunft, reibt sich deren Mittelmäßigkeit bereits am Begriff Theologie. Lautet etwa in Anlehnung an den Begriffsursprung im Altgriechischen die sinngemäße Ableitung in adäquate Definition deutscher Sprache: Lehre von Gott?

Gott bewahre! Sofort meldet sich Widerspruch. Wie läßt sich etwas lehren, wovon niemand etwas weiß, nach landläufiger und Theologenmeinung niemand etwas wissen kann, nicht einmal Theologen? Einmal abgesehen von denjenigen, die sich Gotteserfahrung, ‘Gotteswirklichkeit’ in transzendentalem, spiritualistisch metaphysischem Erleben ‘wirklich’ eingehandelt haben wollen, nach Hans Küng quasi Anhalt an der erfahrenen Wirklichkeit finden. Solche ‘Begegnung’, den ominösen Anhalt mit Wissen zu verwechseln, ihm Wirklichkeit zu unterstellen, wäre wohl bodenloser Leichtsinn. Wenn es ihn nicht schaudert, wen wundert’s?

 

Zwischen Theodor Lessing und all den Theologen die Gläubigen. Jene, die unbeirrt fest sind im Glauben. Jene, die zweifeln am Glauben und/oder seinem Gott. Neben, mit, unter ihnen Atheisten, Nihilisten und … Anders- bis Nichtgläubige. Alle zusammen Heiden. Allen Christen und Heiden gemeinsam unterstellt: Streben nach Glück, Glückseligkeit, Zufriedenheit.

Atheisten und Nihilisten, Heiden überhaupt sind fein raus. Gegen alle Zweifel verfügen sie offensichtlich über eine autonome, säkulare Moral. Sofern der Religionsgläubige sich bescheiden zufrieden gibt mit Zufriedenheit im Hier, Heute, Jetzt, hat auch er zumindest eine Chance, den Theologen seiner Konfession ausweichen, entkommen zu können, darf (s)eine Moral behalten.

Unklar bleibt die Lage aber auch für Atheisten, obwohl sie es sich in Ermangelung eines Gottes durchaus leisten können, auf Theologie und deren Gurus zu verzichten, weder der Theologen bedürfen, noch solche sich in ihren Kreisen eine Daseinsberechtigung quasi sui generis erschleichen können. Wertekanon, ein uraltes, vielstimmiges Lied ethischer Verhaltenskodices hin zur Konditionierung auf sozialverträgliche Verhaltensmuster der Gattung Mensch, bedarf scheinbar auch ohne Gott geistiger Führerschaft. Solcher ‘Bedürftigkeit’ wissen Atheisten mit ebensolchen bedürftigen Strukturen und Mechanismen wie Deisten bis in weltliche Macht und Machtauseinandersetzungen hinein abzuhelfen. Ganz wie Juden, Christen, Muslime. Im gemeinsamen Boot, im heillos überfrachteten Frachter der unterschiedlichsten Glaubensüberzeugungen nehmen Theologen und ‘geistige Führer’ der Atheisten gemeinsam auf der Ruderbank Platz, sind dem wahrnehmbaren Bilde nach Ruderknechte, Diener, ihrem Selbstverständnis nach jedoch die eigentlichen Herren, einzig legitimierte Mittler zwischen Wirklichkeit und transzendenter Seinsform einer zukünftigen, außerhalb der Wirklichkeit angesiedelten Glückseligkeit ‘im Angesichte Gottes’ oder im Nirwana. Eschatologie? Gegenwartskonflikt! Zukunftsromantik? Zukunftskomik!

Indem Theologen postulieren, Dogmata schaffen, die geistigen Führer der Atheisten ebenso, bestehlen sie ihre Anhänger, ihre Gefolgschaft, ihre Gläubigen vorab um die Früchte einer diesen Anhängern eigenen, kritischen Rationalität, nehmen sie ihnen quasi aus dem Mund, entmündigen sie. Eine besondere Form des Mundraubs, welche auch nicht durch das Einlegen eines Stücks geweihten Brotes, nicht durch die Gewährung eines Schluckes verwässerten Weines, das Umlegen eines weißen, wärmenden Schals zu heilen ist, nichts davon Verstand gibt, gewährt, zuläßt. Alle anderen Gläubigen bleiben hungrig, durstig, frierend zurück, im Frost globaler menschlicher Kälte hungrig nach Erkenntnis, dürstend nach Wahrheit. Daneben hat all diese ‘theologisch/atheistisch’ verbrämte Vorgehensweise, bar jeder Logik, durchaus diktatorischen, despotischen Charakter, gewinnt erst politische, dann machtpolitische Relevanz, generiert Hierarchien und ihre Tabuisierung, ihre Unantastbarkeit. Autoimmunisierung gegen jede Form der Kritik zieht Grenzen, führt und verführt zur Willkür, verlangt gleichwohl Gehorsam, installiert Angst- und Vergeltungspotentiale, dekretiert Opfer, verkommt zum institutionalisierten, faschistoiden Machtapparat, Spiegelbild des politischen Faschismus.

Dezidierte Kritik an der Institution, an ihrer ritualisierten, institutionalistischen Ordnung, stellt weder Institut noch den in und mit ihm institutionalisierten Glauben in Frage, betrifft lediglich die Struktur ausgeübter Macht, nicht aber ihren grundsätzlich faschistoiden Charakter, verlangt ausschließlich nach Umverteilung der Macht. Reformverlangen als Sturm im Wasserglas. Glaubende, der Gläubige abgespeist mit den roten Lichtern einer Feuerzangenbowle.

Geschichte, auch Biblische Geschichte, ihr Ableger im Christentum, ihre Fortsetzung im Islam, Historie des Monotheismus, läßt man Theodor Lessings Diktum außen vor, ist ganz und gar keine exakte Wissenschaft, eher eine dem Humanismus verbundene, aus sehr unterschiedlichen Gründen und Interessen bisher in deutlich parteiischer Absicht höchst unzureichend absolvierte Erzähl- und Schreibaufgabe. Annäherung an Vergangenheit mit dem Wissen von heute trägt zu mancherlei Zerrbild bei, verleitet dazu, Erscheinungen vergangener Zeit einem damaligen Zeitgeist anzulasten, mit unserem heute von aktueller Moderne aufgehübschten Zeitgeist entlasten zu wollen, im vorgeblichen Paradigmawechsel Umdeutung anzutun, Geschichte erst zu verfälschen, dann zu fälschen. Wenn Zeitgeist, dieses most dismal animal (Aldus Huxley), erst einmal etwas in die Klauen ‘kriegt’, bleibt nichts, wie es wirklich war, wie es ist. Meist ‘kriegt’ Menschheit dann auch Krieg.

Allen Bullock hat einer seiner historischen Arbeiten vorangestellt: >>Es kann sich niemand hinsetzen und über die Geschichte seiner oder auch irgendeiner anderen Zeit schreiben, ohne an seine Aufgabe mit vorgefaßten Meinungen heranzugehen, mit Meinungen, die seinem Wesen und dem Bezirk seiner persönlichen Erfahrungen entspringen.<< Offenbar ist diese Erkenntnis, zur Binsenweisheit verkommen, obsolet, versichern uns doch alle Theologen aller Couleur und alle ‘geistigen Führer’ unisono noch vor dem ersten Laut ihres ersten Wortes, noch bevor sie das Wort an ihre Gefolgschaft richten, zuerst, zuletzt und immer wieder ihr „Ich nicht“, beteuern mit treuherzigem Augenaufschlag, wie gewissenhaft und aufrichtig sie besonders für jedes von ihnen formulierte Wort solche Erkenntnis berücksichtigt, ihr Wort von Vor- und Altlasten befreit haben. Herzlichen Glückwunsch! Fest stehen sie auf dem noch festeren Boden der Geschichte, der von ihren Organisationen absichtsvoll gefälschten Geschichte. Fest schwankt nur der blaue Planet. Ein allen Weltanschauungen gemeinsamer Schwank.

Ja doch, am Anfang war das Wort! Zumindest nach dem Evangelisten Johannes. Von Selbstgespräch, von Geschwätz war nicht die Rede. Nicht einmal von Zuhörern, ihr Schelme! Erinnert euch, wie ihr, wie eure Gläubigen es damit gehalten, mit dem Wort, welches ihr und sie nicht und nie gehalten haben, wie schon Muhammad im und mit dem Koran wußte, euch vorhielt, das Wort, obwohl es schwarz auf weiß steht, getrost nach Hause getragen, immer noch, immer wieder nur umgeräumt, verräumt wird. Alle Religionen und alle Heiligen Schriften bergen ein Gewaltpotential in sich, sagt einer, der sich in Gewaltfreiheit zeitlebens übt, der es von Berufs wegen, wegen ‘geistiger Führerschaft’ wissen muß: Lhamo Dhondrub, der Mönch Tendzin Gyatsho, seine ‘Heiligkeit’ der 14. Dalai Lama, Friedensnobelpreisträger 1989, Buddhist, Atheist.

Verlust des Glaubens an Gott führt entgegen aller Christen- und katholischen Theologenmeinung und wider Nietzsches antiphilosophischer Auffassung nicht und nie automatisch zum Verlust aller Werte und/oder zu ihrer ‘Umwertung’, zur Verkehrung in ihr Gegenteil, ganz sicher auch nicht in Nihilismus, welcher Form und Art auch immer. Bereits der grundsätzlich atheistische Buddhismus beweist das absolute Gegenteil, bietet einen ethischen Kanon, welcher, wenn nicht wenigstens ebenbürtig, gar demjenigen des judaistisch monotheistischen Gottes- und Weltbildes überlegen erscheint. Dennoch formuliert der 14. Dalai Lama: Ich denke an manchen Tagen, daß es besser wäre, wenn wir gar keine Religion mehr hätten.

Der katholische ehemals Cheftheologe Ratzinger kommt aus ‘Glaubensüberzeugung’ erst gar nicht auf die Idee, es könne andere deistische oder sonstige, gar atheistische Glaubensüberzeugungen geben, welche einen gehaltvollen Wertekanon anbieten. Völlig außerhalb seiner Vorstellungswelt, jenseits seiner Vorstellungskraft liegt, einen dem Menschen eigenen Wertekanon auch nur vermuten zu wollen. In den Bezirken seiner persönlichen Erfahrung, auch des metaphysisch spiritualistischen Erlebens, in Glauben und Bias gefangen, ist er zu wissenschaftlicher Erkenntnis unfähig. Und doch tauscht er sich als unfehlbarer Papst Benedikt XVI. scheinbar mit dem Buddhismus aus, begegnet dem 14. Dalai Lama, kann diesen beeindrucken, einwickeln, einlullen, jedoch von der Begegnung für sein theologisches Denken nicht profitieren, bleibt Gefangener seiner naiv-kindlichen Glaubenswelt, welche er aggressiv zu schützen, gegen Kritik zu immunisieren sucht.

Will nun etwa der 14. Dalai Lama als ‘geistiger Führer’ seiner atheistischen Glaubensgemeinschaft auf seinen spezifischen Wertekatalog verzichten, den der Gottgläubigen gleich mit entsorgen? Mißverständnisse sind ja durchaus möglich, zuerst auch solche des Chronisten und … solche des Lesers, was letzterer natürlich keinem Autor verzeihen … muß.

Überzeugt ist der 14. Dalai Lama, der Mensch kommt ohne Religion aus, nicht aber ohne innere Werte. Kein Theologe, kein ‘geistiger Führer’ hätte je seinen religiösen Wertekanon dem Menschen antragen sollen, aufdrängen müssen. Grundsätzlich jeder Mensch habe ein Koordinatensystem innerer Werte, „seiner“ Werte.

Kommt der Mensch ohne Religion aus, kommt er logisch ohne Theologen aus, ohne ‘geistige Führer’. Welch fürchterliche Konsequenz für all die Rabbiner, Kleriker, den Papst, die Patriarchen, Schamanen, Mullahs, ‘geistigen Führer’ bis Verführer! Schengenabkommen für den Geist, nicht den Heiligen G., nur für kritischen Rationalismus: Wegfall aller Kontrollen. Fortfall religiöser Beschränkungen. Vorfahrt für Vernunft. Gedankenfreiheit dem Menschen. „Freie Werte“ des Homo sapiens zu einer freiheitlichen Gestaltung, Umgestaltung der Welt und des Bildes vom Menschen in der Welt, welches Religionen aufnötigen. Befreiung von der Homo Mensura. Nicht länger mehr Krone der Schöpfung. Nicht länger einem Gott, sondern nur noch sich und seinem Kosmos, seiner Welt, seinem Glück, aller Menschen Glück verantwortlicher Mensch! Mensch! Endlich! Sieg der Toleranz! Willkommen in der Welt alias Paradies! - Offensichtlich hat Tendzin Gyatsho, der 14. Dalai Lama damit kein Problem, erklärt er doch wiederholt, mit ihm solle die Tradition und Institution des Dalai Lama enden. Dabei sind seine diesbezüglichen Ambitionen nicht gerade theologischer oder religiöser Natur, aber reale Machtpolitik. -

Unter dem Eindruck moderner Genetik, aktueller Hirnforschung, Psychologie und den neueren Ergebnissen zur Psychoanalyse gewinnt die Hypothese einer grundsätzlichen genetischen Uranlage von Wertinhalten im Erbgut der evolutionären Entwicklungsstufe „Mensch“ immer größere Wahrscheinlichkeit, gar Relevanz. Wo Gottgläubige wie Atheisten über einen Wertekanon verfügen, welchen Theologen und ‘geistige Führer’ irrtümlich bis mißbräuchlich ursächlich jeweils der von ihnen vertretenen Glaubensauffassung zuschreiben, für diese vereinnahmen, verfügen selbst Nihilisten aller Schattierungen des in solchem Begriff umfaßten Nichts immer noch deutlich über ein Wertesystem mit den dazugehörenden Koordinaten, haben sie doch trotz allem Nichts ein Selbst und dessen kritische Vernunft. Wenn das nichts ist?! Im persönlichen Streben nach sogenanntem Glück sind sie glücklich mit dem ‘Rest’ der Menschheit vereint, streiten mit allen anderen und mit allen Waffen um nichts, … außer Glück.

Wie aber mag und kann ein Chronist, hervorgegangen aus einem im Exorzismus des Taufrituals unfreiwillig empfangenen, übergestülpten katholischen Christentum, letzterem nach Erstkommunion und Firmung dennoch rechtzeitig entschlüpft, entkommen und doch eingefangen, eingebettet – embedded! - in den schrillen Kanon westlicher, angeblich auf einen vorgeblichen Gott gründenden Werte, wie kann ein solcher Chronist innerhalb der Vielheit der Bekenntnisse einer Weltbevölkerung von mehr als sieben Milliarden Menschen zu einer objektiven Synopsis religionsfreier, von Religion befreiter Ethik gelangen, ohne an diese Aufgabe mit seinen vorgefaßten Meinungen heranzugehen, welche seinem Wesen und den Bezirken seiner persönlichen Erfahrungen entspringen? Wird darin nicht Scheitern zum Programm, provoziert Scheiterhaufen? Ist nicht das ausgerechnet der Weg, welcher als erste Wegmarken notwendig diejenigen Postulate gesetzt bekommt, welche notwendig sind? Nichts also, als die Vorteile des Diebstahls gegenüber ehrlicher Arbeit? Was Theologen recht ist, geziemt sich nicht für einen, wie sie es nennen, Laien! Andererseits ist der Laie frei, befreit von den durch Theologen zu Gunsten eines/ihres Glaubens gesetzten Beschränkungen, frei von in Gehorsamspflicht abgesoffenem Gebrauch der Vernunft, frei von allen religionslastigen Einschränkungen kritischer Rationalität.

Also her mit den Postulaten für alle ohne Religion geborenen Menschen, damit für alle Menschen, einschließlich auch des jeweiligen Papstes!: Der Mensch, die Menschheit kommt ohne Religion aus!

Vom in Sein und Zeit geworfenen Neonaten bis zum Methusalem gebricht es von Anbeginn der biologischen Natur der zur Gattung der Tiere gehörenden, evolutionär sich entwickelnden Menschheit an einer DNA für Religion. Selbst Sinnhaftigkeit einer wie auch immer gearteten Schöpfungsgeschichte vorausgesetzt, sind in ihr weder Religion noch deren Vielfalt vorgesehen.

 

Flugs bemühen sich Theologen aller Provenienzen um möglichst rasche Initiationsrituale von Beschneidung bis Taufe. Solche Bemühungen verschwenden sie auf den möglichst unmündigen Menschen, steht doch mit zunehmender Verstandeskraft unter der Prämisse einer kritischen Rationalität eher weniger zu erwarten, der religionslos geborene, im Grunde herzlich areligiöse Mensch werde sich für das Los entscheiden, der einen oder anderen Religion bekennend beizutreten, das Los ihrer Gläubigen zu teilen. So entscheidet das Los, Lotteriespiel zu Geburtsort, Familie, Gesellschaft, Region, Nation, Erdteil über die Einverleibung eines Menschen zu einer Religion, zu einem bestimmten Bekenntnis, egal, was damit los ist. Nichts davon nährt, erhält ihn. Nichts davon sichert seine Existenz. Im Gegenteil! Mitunter rafft ihn das in allen Religionen und in allen heiligen Schriften geborgene Gewaltpotential dahin, ehe er sich überhaupt zu einem Bekenntnis besinnen, bekennen darf. Wahrlich, ich sage euch, ein bedauernswertes Los!

Christliche Religion, besonders christkatholische Religion aber mißtraut der von ihr ihrem Gottwesen unterstellten Allmacht und sonstigen Eigenschaften zutiefst, wähnt Neonaten als des Teufels fette Beute, Opfer einer mit offenbar nicht weniger Allmacht ausgestatten, bösartigeren, satanischen Wesenheit, jene als Gegenspieler eines, Gegner ihres Allmächtigen. Herrschaft des Dämons, Gewalt des Bösen!

Ausgerechnet die Krone der Schöpfung in den Klauen eines Untiers?! Letzteres fraglos ein Geschöpf ihres/seines Gottes! Katholische Theologen vom Format eines Joseph Ratzinger, Papst Emeritus, oder Hans Küng, katholischer Dogmatikprofessor, seit Ende 1979 ohne Missio canonica, wissen auch heute gleich vielen ihrer Klerikerkollegen Abhilfe: Für die katholische Kirche erfolgt der erste und wichtigste Exorzismus mit der Taufe, welche die aufrichtige Annahme Gottes durch den Taufkandidaten und die Absage an Satan und aller seiner Werke erfordert. … Außer diesen Sakramenten kennt die katholische Kirche auch ein bestimmtes Ritual des Exorzismus, bekannt geworden durch den Film „Der Exorzist“ von William Friedkin. Dieser Ritus, der in den Evangelien von Christus selbst und seine Apostel durchgeführt wurde, wird von dazu auserwählten Priestern ausgeübt, die über besondere Kenntnisse der medizinischen Wissenschaft und der Psychiatrie verfügen. Soweit anno domini 2016 Seite 13 der aktuell in Rom in der katholischen Basilika San Pietro in Vincoli in mehreren Weltsprachen zum Kauf ausliegenden Schrift eines Giuseppe della Corte, erschienen im Verlag Macart S.r.l., Rom.

Auch er kennt sich da aus, der unfehlbare Papst Emeritus, Joseph Ratzinger, lange 23 Jahre Vorsitzender der Glaubenskongregation, Heiliges Offizium, Institut gespenstischer heiliger Intoleranz, direkte Nachfolge der Inquisition, nach Ratzinger ein Segen für Europa. Teufelsaustreibung! Exorzismus! Geschichte eines Massenwahns! Anno domini 2016 willkommen bei Heinrich – mir graut vor dir! – Kramer und seinem Malleus Maleficarum! Theologie mit dem Hammer, daß die Funken stieben, die Scheiterhaufen lodern! Und hier endlich kann der Theologe Ratzinger sie wieder gebrauchen, die ‘beschränkten’ Wissenschaften, zum Beispiel Medizin und Psychiatrie für Exorzismus, obwohl er doch von beiden gar nichts versteht, trotz Unfehlbarkeit. Anstatt Wahrung der Menschenwürde unfehlbares Antichristentum! Für wie beschränkt hält er eigentlich die mathematisch naturwissenschaftlichen Macher? Zum Teufel aber auch! Theologen? Offenbar wissen katholische Theologen von ihrem Gott mehr, als ER von sich oder auch nur von ihnen wissen will, kennen sie doch gar SEINEN Willen, behaupten sie. Beim Spaziergang durch das Herz der Vatikanischen Gärten werden Papst und Curie offensichtlich in der Pontifica Academia Scientiarium (Päpstliche Akademie der Wissenschaften) in der Casina Pio IV nicht fündig, weil selbst Steven Hawking als Mitglied dieser Verwaltungs- und Kontrolleinrichtung für Forschungsergebnisse, so die Vicare Gottes, die Vizegötter auf dem apostolischen Stuhl wollen, so Gott will, die Mitwirkung auch nur eines Gottes an der Erschaffung des Universums bestreitet.

Ungeachtet solcher Kapriolen hat sich Mutter Natur bis heute nicht überwinden können, im Interesse von Mutter Kirche den Menschen spätestens ab Geburt mit Religion auszustatten, weshalb die unsäglichen Rituale einfach nicht aus der Mode kommen wollen. Und eifrig schieben sie gleich nach, an ihren Gott, an ihre Religion sei ein Wertekanon gebunden, ohne den der Mensch verworfen, hilflos, verloren sei, untergehe, verende, in jener Hölle schmore, verrecke, welche Monotheistenglaube ihnen großzügig bereitet. Nicht ganz klar wird, ist solch Wertekanon identisch mit dem geglaubten Gott? Jedenfalls gibt es die christlichen Werte nur im Doppelpack, entweder mit dem katholischen, dreifaltigen Christengott zusammen oder … gar nicht, und auch da nur im Doppelpack mit ewiger Verdammnis und Satan. Alle Heiden an den Bratspieß! Und das hat höllische Folgen, über die noch zu reden sein wird.

Wird nicht seit Jahrtausenden unter ausdrücklicher Berufung auf allerlei Kanones im Namen der Gottesreligionen und der atheistischen Bekenntnisse Gewalt eingesetzt, Herrschaft ausgeübt, Leben vernichtet wider das dringendste Gebot eines solchen Kanons, wider Du sollst nicht töten!? Seit sie existiert, mischt Christenheit solch Geschäft am heftigsten auf, vehement angeführt vom jeweiligen Papst. Entweder werden Christ und Welt angeführt, oder auf dem Heiligen Stuhl sitzt doch immer nur ein Antichrist? Auf dem Stuhl Petri sitzen nur solche Personen als seine folgsamen, legitimen Nachfolger, sitzen Vizegötter, die wie er ihren Herrn mindestens schon drei Mal verleugnet haben. Wie könnten sie sich sonst Nachfolger Petri, Stellvertreter Christi, seit dem schuldigen Innozenz III. gar Stellvertreter Gottes nennen und nennen lassen? Die Drei hat es also in sich. Erst solcher, trotz Bergpredigt angeblich auf Jesus Christus gründender Wertekanon gestattet das Gemetzel, faselt vom gerechten Krieg, macht ihn zum Glaubensdogma, segnet Waffen. Lippenbekenntnis, das Glaubensbekenntnis auf den Lippen, mit Stolz auf Nation und Religion auf dem Friedhof landen, macht keinen Sinn, ist Unsinn, ist Teufelei! Was davon braucht der Mensch? Was davon ‘wählt’ der Mensch in freier, verantwortbarer, rationaler Entscheidung? Menschen, welche das Selbstbestimmungsrecht der Frauen bestreiten, die gleichen Menschen, die militant für den Schutz des ungeborenen Lebens kämpfen, dafür gar Abtreibungsärzte, geborenes Leben töten, solche Menschen gestatten Soldaten das Töten im „gerechten Krieg“, legalisieren das Töten geborenen Lebens durch geborenes Leben! Und kein Exorzist findet sich, solche Teufelei ein für alle Mal zu beenden, auszutreiben?! Nur Mut, Herr Ratzinger, jetzt, da WIR nicht mehr Papst, nur noch Emeritus sind, da WIR endlich Zeit haben! Exorzismus steht hoch im Kurs! Dabei ist Geister- oder Teufelsaustreibung nichts anderes als Hexerei, welche sich trefflich mit Feuer austreiben läßt.

Jener Innozenz III. ist ein echter Kirchenvater, Gebärer so viel dogmatischen Unsinns, daß knapp eine halbe Millionen katholischer Priester sich täglich am sogenannten Abendmahl mit Transsubtantiation, Wandlung von Brot in Menschenfleisch, von kirchlich verwässertem Wein in Menschenblut verlustiert, einerseits Kannibalismus des Herrn Jesus an sich selbst, andererseits beständiges Menschenopfer. Innozenz III. pessimistisches Menschenbild macht ihm Ohrenbeichte, Inquisition, Folter, Feuertod zum geliebten Hobby. Weil technisches Abhören noch nicht möglich war, übernimmt seither der Beichtstuhl die Spionagefunktion, hebt Privatsphäre auf, verlangt faschistoid Unterwerfung. Inquisition, Folter, Feuertod schreibt dieser ‘Unschuldige’ fest. Ein Misanthrop von Gottes Gnaden, mit einem tief pessimistischen Bild des nach seiner Auffassung an Leib und Seele verkommenen Menschen, in bester Antinomie einschließlich Innozenz III. Womöglich war sein Blick in den Spiegel erkenntnisreicher als gewünscht. Er ruft den vierten Kreuzzug aus, führt den Albigenserkreuzzug mit zigfachen Massakern an den Katharern. Vetternwirtschaft ist für ihn selbstverständlich. Seine Irrlehren werden Dogmata. Mehr als 70 Edikte gibt er heraus, welche zum Teil bis heute Gültigkeit haben. Innozenz III. gilt als einer der bedeutendsten Päpste des Mittelalters, was immer das auch bedeuten mag, wenn ein wahrer Antichrist auf dem Heiligen Stuhl sitzt, sich für einen Vize-Gott hält. Welche Chance hat dagegen ein Franziskus?

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?