50 Praxistools für Trainer, Berater und Coachs

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50 PRAXISTOOLS IN AKTION

Jede Methode hält eine Vielzahl von gut ausgearbeiteten und erprobten Tools bereit. Die meisten Tools finden im psychotherapeutischen Kontext ihre Anwendung und sind nicht immer auf die Situation in Unternehmen und Organisationen anwendbar. Im Folgenden finden Sie ausgewählte Tools, die manchmal in einer etwas abgewandelten Form beschrieben werden, um sie im Unternehmen und in Organisationen zur Anwendung kommen zu lassen.

Dabei wird gezeigt, auf welcher Methode die Tools fußen, welches Ziel sie verfolgen, wie sie aufgebaut sind und welche Anwendungsmöglichkeiten es gibt.

Aufbau der Toolbeschreibungen

Allein mit diesen kurzen Informationen ist es Ihnen möglich, das Tool im beschriebenen Kontext anzuwenden und Erfolge zu erzielen. Manche der vorgestellten Tools sind klassische Gruppen-Tools, andere eignen sich besser für die Arbeit mit Einzelpersonen. Eine Möglichkeit zum Einsatz des Tools wird in der Rubrik »Anwendung« beschrieben. Andere Ideen zum Einsatz finden Sie in der Rubrik »Weitere Anwendungsmöglichkeiten in Beratung, Training und Coaching«. Wenn bestimmte Tools mit anderen gemeinsam in einem Zusammenhang entwickelt wurden, weise ich im Text darauf hin. Eine Auswahl anderer, nicht von den Entwicklern vorgesehene Kombinationsmöglichkeiten finden Sie im dritten Teil.

TOOL 1 AKTIVES PROVOKATIVES ZUHÖREN

Ziel

Grundlage: Provokativer Gesprächsstil

Dieses Tool aus dem Provokativen Kommunikationsstil (nach Frank Farrelly) verfolgt das Ziel, dem Coachee und den Seminarteilnehmern zu verdeutlichen, dass Sie als Berater, Trainer oder Coach ihre Themen und Problemstellungen verstehen, sich dafür interessieren und die Dinge ganz genau – am besten aus eigener Erfahrung – nachvollziehen können. Mit diesem Tool stärken Sie das Vertrauensverhältnis und vermitteln Wertschätzung und Respekt.

Beschreibung

Genau zuhören

In Abgrenzung zum Aktiven Zuhören nach Carl Rogers (Klientenzentrierte Gesprächsführung) sind Sie als Berater, Trainer oder Coach zwar im Wesentlichen ebenfalls in der zuhörenden Haltung, und Sie konzentrieren sich auf das, was Ihr Gesprächspartner sagt. Aber Sie sind gleichzeitig sehr aktiv und beteiligen sich an der Darstellung des Problems. Ihre Haltung ist nicht nur dem Gesprächspartner zugewandt, Ihre Konzentration ist nicht nur voll bei Ihrem Gegenüber und Sie formulieren nicht nur kurze unterstützende Aussagen wie »Aha«, »So so«, »Das ist interessant«, »Mhm«.

In das Thema »hineinspringen«

Das Entscheidende ist: Bei diesem Tool »springen« Sie in das geschilderte Thema gleichsam mit hinein und führen die Beschreibungen und Darstellungen des Gegenübers weiter aus – ohne dessen Situation genau zu kennen. Sie nutzen Ihre Lebenserfahrung und Ihre Fantasie, um die Darstellungen auszuschmücken. Das heißt: Sie steigen voll und ganz in das Weltbild des anderen ein und geben ihm zu verstehen: »Genauso funktioniert das! Sie haben ganz recht, darüber empört, traurig, enttäuscht, wütend … zu sein.« Dabei dürfen Sie ruhig ein bisschen übertreiben und überspitzen, damit die Situation einen dramatischen Touch erhält.

Anwendung

Dieses Tool kann sofort zu Beginn im Erstkontakt erfolgreich eingesetzt werden. Klagt eine Führungskraft im Coaching beispielsweise über zu großen Stress, dann formuliert der Coach etwa: »Ja, das ist grauenhaft. Die Sekretärin scheucht einen von einem Termin zum anderen. Eine sorgfältige Vorbereitung kann man sowieso vergessen. Jeder will etwas von einem. Für nichts ist richtig Zeit, und man ist immer unzufrieden mit sich selbst …«

Glaubwürdigkeit wird vermittelt

Der Vorteil gegenüber der passiveren Variante ist, dass dieses Tool eine enorme Glaubwürdigkeit vermittelt. Die meistens Coachees reagieren überrascht und sagen erst einmal: »Genauso ist es.« Dann erzählen sie weiter – und Sie springen wieder an seine Seite und ergänzen seine Schilderungen.

Ein Coachee erwartet eher, dass der Coach in einer passiveren Art und Weise zuhört und dann Vorschläge macht, wie er der Stressfalle entkommen kann. Deswegen bereitet er sich innerlich darauf vor, wie er diesen Ratschlägen begegnen kann (siehe auch Tool 14, »Idiotische Ratschläge«). Die besten Ideen entwickeln Menschen immer noch am liebsten selbst, und daher versucht der Coachee dem Coach zu zeigen, dass seine Hinweise nicht zielführend sind. Schließlich ist jeder selbst der beste Experte für sein eigenes Leben. Diese Form der aktiven Bestätigung lässt den Coachee erkennen: »Da ist jemand, der versteht mich wirklich. Mit dem kann man reden. Der tut nicht so, als wüsste er alles besser und würde für jede Lebenslage ein theoretisches Konzept kennen, das in der Praxis völlig untauglich ist.«

Weitere Anwendungsmöglichkeiten in Beratung, Training und Coaching

Das Tool, das hier am Beispiel eines Coachings erläutert wurde, hat die gleiche Relevanz in einer Beratung oder einem Training. Gerade dann, wenn Trainingsteilnehmer dem Seminarleiter gegenüber kritisch eingestellt sind, kann dieses Tool aktiv Brücken bauen und ein Vertrauensverhältnis entstehen lassen. Es vermittelt das Gefühl: »Der kapiert, worum es geht. Das ist kein abgehobener Theoretiker.«

Befürchtungen aktiv provokativ aufnehmen

Selbst in kritischen Situationen – wenn die Teilnehmer etwa in einem Workshop sitzen oder zu einem Training geschickt wurden, das sie ablehnen, und das auch gleich deutlich machen – können Sie aktiv provokativ zuhören. Anstatt den Teilnehmern ihre Befürchtungen auszureden, nehmen Sie diese aktiv provokativ auf: »Ein Training nützt sowieso nichts. Zu Hause stapeln sich die Akten und hier sitzen wir rum und trinken Kaffee.« Orientieren Sie sich dabei ganz an den Aussagen der Teilnehmer. Dann werden sich diese nach und nach verstanden fühlen und die Bereitschaft, doch noch mit Ihnen zusammenzuarbeiten, wächst. Erst wenn Sie den ersten Ansatz zu dieser Bereitschaft spüren, nehmen Sie die Seminar- oder Workshopinhalte wieder auf und führen die Teilnehmer langsam, aber zielorientiert zu einem Programmpunkt mit hohem persönlichem Nutzen. Aufgrund der so entstandenen kooperativen Haltung der Teilnehmer können Sie schließlich mit Ihrem geplanten Programm fortfahren.

TOOL 2 ANTREIBER – PERSONAL WORKING-STYLES

Ziel

Grundlage: Transaktionsanalyse

Wird die Funktion von Antreibern aus der Transaktionsanalyse (nach Eric Berne und Thomas Harris) in einem Team transparent gemacht, dann können die Teamplayer ihr Verhalten besser auf die Kollegen abstimmen. Mit dem Erkennen der Personal Working-Styles werden so Stärken aufgezeigt und für ein Team nutzbar gemacht.

Beschreibung

Arbeitsverhalten und teamverhalten

In der Transaktionsanalyse wird inzwischen nicht mehr nur von Antreibern gesprochen, die Ihnen wahrscheinlich bekannt sind, sondern von Personal Working-Styles, die durch die Antreiber und durch die aktuellen Umweltbedingungen geprägt sind. Der Personal Working-Style beeinflusst das Arbeitsverhalten und das Verhalten im Team. Die Kenntnis des eigenen Arbeitsstils und des Arbeitsstils der Teamkollegen kann helfen, die Zusammenarbeit effektiv zu gestalten und Konflikte zu vermeiden.

DIE FÜNF ANTREIBER

1 Hurry-up:

Hier geht es darum, dass eine Person zufrieden mit sich selbst ist, wenn sie eine Leistung möglichst schnell erbracht hat. Das Teammitglied liefert Ergebnisse in der Regel sehr zügig, ist immer beschäftigt und nicht überfordert, wenn es mehrere wichtige Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen hat. Eine Person mit einem Hurry-up-Working-Style hat oft nicht die Geduld, die notwendig ist, um sich mit anderen Personen abzustimmen, und ist auch mit einem Projektabschluss bereits dann zufrieden, wenn nicht alle Detailprobleme abschließend gelöst werden konnten.

2 Be perfect:

Auch Personen mit einem Be-perfect-Working-Style sind an ihrem Arbeitsstil erkennbar. Sie sind nicht besonders schnell – im Gegenteil –, dafür aber bedacht auf das Detail. Personen mit diesem Arbeitsstil versuchen, Aufgaben möglichst fehlerlos zu bewältigen. Sie sind gut organisiert und arbeiten vorausschauend. Mit anderen Menschen, die ihre Planung durcheinanderbringen könnten, geraten diese Personen leicht in Konflikt.

3 Please people:

Personen mit einem Please-People-Working-Style überzeugen durch ein gutes Einfühlungsvermögen in andere Personen. Sie verstehen schnell, was in einer Gruppe abläuft, und können entsprechend reagieren. Sie fühlen sich häufig verantwortlich für das Klima in der Gruppe und versuchen, die Stimmung möglichst positiv zu beeinflussen. Konflikten gehen sie lieber aus dem Weg. Sie haben Sorge, dass ihre Meinung den Frieden stören könnte. Deswegen äußern sie ihre Ansichten häufig lieber nicht, auch wenn diese für die Gruppe von Nutzen sein könnten.

4 Try hard:

Dieser Arbeitsstil ist geprägt von großem Enthusiasmus und Energie. Es handelt sich um Menschen mit einer ausgeprägten Kreativität und hoher Begeisterungsfähigkeit. Personen mit diesem Arbeitsstil lassen nichts unversucht, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Sie scheuen weder Aufwand noch Kosten, um ihrem Anspruch gerecht zu werden. Eine Arbeit, die ihnen leicht von der Hand geht, schätzen sie nicht so sehr wie eine Arbeit, für die sie sich lange und hart eingesetzt haben.

5 Be strong:

Dieser Arbeitsstil zeichnet äußerst belastbare Arbeiter aus. Er beschreibt Menschen mit einem ausgesprochen großen Durchhaltevermögen. Auch in schwierigen und stressigen Situationen behalten sie einen kühlen Kopf und entfernen sich nicht von ihrem logischen und strukturierten Denken. Schwierig ist es für diese starke Persönlichkeit, Aufgaben abzugeben und sich Unterstützung zu holen, wenn es einmal eng wird. Personen mit diesem Arbeitsstil übernehmen gerne Führungsfunktionen.

 

Anwendung

Das Tool kann als Spiel in eine Seminargruppe eingebracht werden, bei dem die Gruppe Verhaltensweisen neu bewertet. Die Verhaltensweisen erfahren so oft eine neue Wertschätzung.

Durchführung des Spiels

In der ersten Runde stellt der Moderator die fünf verschiedenen Arbeitsstile vor. Jeder Teilnehmer versucht dann, sich für eine der Rollen zu entscheiden. Welche der Beschreibungen kommt seinem Arbeitsstil am nächsten? In der Regel finden die Teilnehmer mehr als eine Beschreibung für sich passend. In dem Spiel müssen sie sich aber für einen Arbeitsstil entscheiden. Jeder Teilnehmer, der sich entschieden hat, schreibt seine Rolle auf eine Karte und legt diese verdeckt vor sich hin.

Dann findet eine Teamsitzung statt, bei der eine konkrete Aufgabe gestellt wird. In etwa 10- bis 15-minütigen Diskussionen sollen die Teilnehmer in einer Teilgruppe eine Aufgabe lösen. Zum Beispiel sollen sie einen gemeinsamen Projektplan andenken oder ein Betriebsfest planen. Dabei setzen sie ihren Personal Working-Style ein. Es ist auch erlaubt, seine Rolle zu überzeichnen. Das verhilft dem Rolleninhaber dazu, Abstand zu dieser Rolle zu bekommen und über sich selbst lachen zu können.

Danach sollen die Diskussionsteilnehmer den jeweiligen Personal Working-Style des Einzelnen erraten.

Unterschiedliche Rollen einnehmen

Nach der ersten Runde beginnt eine zweite. In der zweiten Runde wird für jeden Personal Working-Style eine Karte geschrieben. Die Teilnehmer bilden nun Fünfergruppen. Jede Gruppe erhält einen Satz Karten. Diese werden verdeckt in die Mitte gelegt und gemischt. Nun zieht jeder eine Karte und versucht die entsprechende Rolle in der zweiten Runde so gut zu spielen, dass die Rategruppe sie erkennen kann. Wenn es Spaß macht, kann das Spiel noch eine Runde weiter gespielt werden: Die Karten werden neu gemischt und die Diskussion zu einem anderen Thema wird begonnen. So erleben sich die Teilnehmer in unterschiedlichen Rollen und denken sich in die Working-Styles der anderen Teilnehmer ein.

Sich selbst besser verstehen lernen

Mit diesem Spiel lernen die Teilnehmer zum einen das Konzept der Working-Styles gut kennen. Sie wählen ihren eigenen Stil aus und erproben ihn sofort in einer Diskussion. Das Feedback der Gruppe zeigt, ob sie mit ihrer Selbsteinschätzung richtigliegen. Öfter sagt jemand beim Feedback: »Ich habe gedacht, ich bin ein Try hard, aber die andern haben das nicht erraten können. Sie haben mich als Please people erkannt. Das gibt mir zu denken.«

Darüber hinaus versetzen sich die Teilnehmer in andere Working-Styles und erleben, was diesen Personen in einer Diskussion besonders wichtig ist. So unterstützen Sie Ihre Teilnehmer dabei, sich selbst besser zu verstehen. Zudem setzen Sie einen Feedbackprozess in Gang.

Weitere Anwendungsmöglichkeiten in Beratung, Training und Coaching

Dieses Tool kann genau in dieser Form auch in einem Teamcoaching angewendet werden, um Konfliktpotenziale aufzudecken und um die Stärken der einzelnen Teammitglieder zu würdigen. Auch in einem Coaching findet die Methode ihren Platz. Hier kann das Tool zum Beispiel mit Systemischen Skulpturen (mit Puppen oder anderen Stellvertretern, siehe Tool 37) kombiniert werden. Wichtig für die Teilnehmer ist, dass sie ihre eigene Rolle und die der Teamkollegen erkennen und für sich nutzen können.

Personal Working-Styles und Ich-Zustände

Die Personal Working-Styles können bei Bedarf mit einer biografischen Einzelarbeit im Coaching verknüpft werden. Dafür werden die Antreiber mit den Ich-Zuständen der Transaktionsanalyse in einen Zusammenhang gebracht:

■ angepasstes Kindheits-Ich: Hurry-up und Be perfect,

■ natürliches Kindheits-Ich: Try hard,

■ unterstützendes Eltern-Ich: Please people und

■ kontrollierendes Eltern-Ich: Be strong.

Es kann nun besprochen werden, an welcher Stelle im Leben welches Verhalten erworben wurde und durch welche weiteren Kompetenzen dieses Verhalten heute ergänzt werden kann. Sinnvoll ist hier auch eine Ergänzung mit den Skripten (siehe Tool 34). Auch hier wird zunächst eine Selbsteinschätzung der Teilnehmer angestrebt, dann ein Feedback unter den Teamkollegen. Ein Feedback von Ihnen als Coach rundet diesen Prozess ab. Nach einer eventuellen Erkundungsphase zur Entwicklung der dominanten Working-Styles kann die eigene Funktionalität im Team überprüft werden, neue Ideen für andere Verhaltensweisen können entwickelt werden.

TOOL 3 ATTRIBUTION

Ziel

Grundlage: Kognitive Verhaltenstherapie

Ziel dieses Tools aus der Kognitiven Verhaltenstherapie ist es, herauszufinden, in welcher Gegebenheit der Coachee die Ursache für ein Problem sieht. Dabei machen unterschiedliche Zuschreibungen von Ursachen auch unterschiedliche weitere Vorgehensweisen notwendig.

Beschreibung

Ursachen zuschreiben

Bei der Attribution geht es darum, einem Problem eine Ursache zuzuschreiben – also zu attribuieren. Wir weisen verschiedenen Dingen, die im Leben passieren, eine Ursache zu. Dies geschieht häufig unbewusst. Wenn eine Ursache festgestellt worden ist, können Sie als Trainer, Berater oder Coach entsprechend reagieren und mit Ihrem Coachee nun in »die richtige Richtung« arbeiten. Folgende Zuschreibungen können unterschieden werden:


Lokation der Kontrolle/ Stabilität Intern Extern
Stabil Fähigkeit, Können Andere Personen, Umstände
Variabel Anstrengung, Wollen Glück, Zufall, Pech

Je nachdem, welche Ursache eine Person ihrem Problem oder ihrer Fragestellung zuordnet, findet sie auch andere Möglichkeiten der Veränderung. Erlebt beispielsweise eine Person eine unangenehme Situation als von außen verursacht (sie ordnet dem Problem also eine externe Ursache zu), fühlt sie sich nicht in der Lage, etwas zu verändern. Dann schreibt sie das Problem dem Schicksal zu oder macht etwa den »bösen Kollegen« dafür verantwortlich und versucht mit den widrigen Umständen zurechtzukommen. Sie wird aber in der Regel nicht aktiv das Geschehen in die Hand nehmen und bei sich eine Veränderung anstreben.

Beispiele für Zuschreibungen

Erlebt sich die Person hingegen selbst (interne Zuschreibung) als der Verursacher der schwierigen Situation, dann liegt es auch in ihrer Hand, Veränderungen vorzunehmen. Das trifft vor allem dann zu, wenn sie der Auffassung ist, dass sie selbst etwas verändern kann (variabel). Kommt sie zu dem Schluss, dass eine Veränderung außerhalb ihres Könnens liegt, sie also nicht zu einer Veränderung in der Lage ist, bleibt das Verhalten auch stabil.

Attributionsmuster erkennen

Bevor Sie also in einen Veränderungsprozess einsteigen, ist es sehr hilfreich zu wissen, wie Ihr Gegenüber attribuiert. In vielen Fällen müssen Sie zunächst über das Attributionsmuster sprechen, bevor Sie eine Verhaltensveränderung einleiten können. Nehmen wir wieder das Beispiel, dass eine Person extern attribuiert und sich selbst nicht für den Verursacher ihrer schwierigen Situation hält. Wenn Sie als Coach aber Anhaltspunkte dafür sehen, dass die Person einen Anteil an ihrer eigenen misslichen Lage hat, dann ist es hilfreich, die Zuschreibung zu verändern, bevor Sie in die Verhaltensmodifikation einsteigen. Ohne das Gefühl, selbst aktiv etwas verändern zu können, wird der Coachee nicht die notwendige Energie für den Veränderungsprozess bereitstellen (siehe auch das Tool 32, Selbstwirksamkeit).

Anwendung

Beispiel aus einem Teamcoaching

Ein Team nimmt das Coaching zum Anlass, um sich über den Teamleiter, der nicht an dem Coaching teilnimmt, zu beklagen. Die Klagen stimmen darin überein, dass alle Teammitglieder gerne ihre Arbeit machen würden, wenn der Teamleiter sie nur machen lassen würde. Es gibt eine Reihe von Beschwerden über den Teamleiter. Insgesamt attribuiert die Gruppe extern und stabil: »Weil wir diesen Teamleiter haben, können wir nicht effektiv arbeiten.« Sie betrachtet aber nicht den eigenen Anteil an der Situation.

Als Coach können Sie nun die Gruppe in drei Kleingruppen einteilen und die anderen drei Felder des obigen Vierfelderschemas abfragen und jeweils einen Veränderungsprozess anstoßen:

■ Aufgabe 1 (intern / stabil): »Angenommen, es läge auch an uns, an unserem Können und unseren Fähigkeiten, dass wir unsere Projekte nicht erfolgreich zu Ende führen. Was genau wäre dann die Ursache und was können wir konkret tun, um uns in diesem Bereich deutlich zu verbessern?«

■ Aufgabe 2 (intern / variabel): »Angenommen, die unzufrieden machende Situation hätte auch die Ursache, dass wir Teammitglieder uns nicht wirklich anstrengen. Wir haben einfach keine Lust mehr und nehmen unser Engagement zurück. Was würde sich konkret ändern, wenn wir uns wieder mehr engagieren würden, wenn wir wirklich etwas zum Erfolg des Teams beitragen wollten? Was müssten wir konkret tun?«

■ Aufgabe 3 (extern / variabel): »Angenommen, wir als Team hätten einfach nur Pech gehabt. Das Schicksal wollte es so, dass unser Team scheitert. Gehen wir einmal davon aus, dass wir zukünftig mehr Glück hätten. Was könnten wir konkret tun, um unserem ›Teamglück‹ auf die Sprünge zu helfen?«

Im Anschluss werden die Ergebnisse präsentiert und diskutiert. Dann wird festgelegt, welche Umsetzungsschritte notwendig sind, um die angestrebten Veränderungen in den nächsten vier Wochen zu erreichen.

Weitere Anwendungsmöglichkeiten in Beratung, Training und Coaching

Genauso wie im Teamcoaching oder im Workshopbereich kann das Tool im Coaching und in der Beratung Anwendung finden. In der Ernährungsberatung beispielsweise ist es entscheidend, wie ein Patient etwa sein Übergewicht betrachtet. Attribuiert er extern / stabil, dann ist jede Bemühung, mit ihm gemeinsam einen Ernährungsplan auszuarbeiten, sinnlos. Der Patient hat die feste Überzeugung, sein Übergewicht sei genetisch verursacht und er könne nichts dagegen tun. Wenn der Berater es nicht schafft, diese Haltung zu lockern, dann braucht auch nicht weiter beraten zu werden.

Beispiel »Ernährungsberatung«

Vertritt der Patient die Auffassung, dass sein Übergewicht beispielsweise durch die langen Ruhezeiten nach einem Unfall (extern / variabel) oder durch die eigene mangelnde Disziplin (intern / variabel) verursacht ist, dann kann der Ernährungsberater hier ansetzen. Einem Veränderungsprozess steht nichts im Wege. Schwieriger wird es, wenn ein Patient intern / stabil attribuiert und die Überzeugung vertritt, er sei einfach nicht in der Lage, diszipliniert einen Ernährungsplan umzusetzen. Hier geht es zunächst darum, die Selbstwirksamkeit (siehe auch Tool 32) zu erhöhen, bevor mit der Veränderungsarbeit begonnen werden kann.