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Die Äbtissin von Castro

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VERBRECHEN UND TOD DES GIROLAMO BIANCINFIORE EINES FLORENTINISCHEN EDELMANNES

Zur Zeit, als sich der fünfte Karl bemühte, das Haus Medici in Florenz auf den Thron zu bringen, gab es unter den edlen Familien dieser Stadt auch eine, die ganz besonders dem Unglücke geweiht zu sein schien, das Geschlecht der Biancinfiore. So starben im Jahre 1520 Madonna Constanza Biancinfiore und ihre Kinder plötzlich an Gift, ohne daß man dem Urheber dieses Verbrechens auf die Spur kam. Nur eines der Kinder kam mit dem Leben davon; es war dies Signor Girolamo Biancinfiore, der fortan in Neapel lebte. Man war allgemein des Glaubens, daß er selber seine Familie umgebracht habe, um deren einziger Vertreter zu sein; darum begab er sich, um sein Leben bangend, alsofort nach Rom, als er erfuhr, daß sein Landsmann, der Papst Leo X. aus dem Hause Medici den päpstlichen Thron bestiegen hatte. Er warf sich dem Papst zu Füßen, der ihn gnädig aufnahm.

Dieser Girolamo war von hoher Intelligenz und einer über alle Probe erhabenen Tapferkeit. Unglücklicherweise hatte ihm diese Tapferkeit zu nichts anderem gedient als dazu, ein leidenschaftlicher Zweikämpfer zu werden; denn mit dem Degen verstand er vortrefflich umzugehen. In Neapel hatte er im Zweikampf mehr als sechsunddreißig Gegner getötet, und zumeist aus ganz nichtigen Gründen, was ihn ebenso gefürchtet machte wie den Verdacht bestärkte, den man hinsichtlich des Todes seiner Familie auf ihn geworfen hatte.

Girolamo ließ sich in Rom nieder, mietete hier ein Haus und lebte in einem Aufwand, der bald alle seine Einkünfte verschlungen hatte. Er verkehrte mit einer Anzahl junger Adeliger, die ihn nicht wegen seiner persönlichen Tugenden schätzten als wegen der Länge und Lebhaftigkeit seines Schwertes, weshalb sie sich auch hüteten, mit ihm in Streit zu kommen. Aber Girolamo, der sich von denen, die er seine Freunde nannte, so geschätzt sah oder vielmehr glaubte, brannte darauf, eine Probe seines Wertes und seiner Geschicklichkeit abzugeben, rühmte er sich doch immer, nie noch einen Gegner verfehlt zu haben. Und da bot sich ihm auch schon so sehr verlangte Gelegenheit. Am Ostersonntag beleidigte er ohne jeden Grund und Anlaß mitten in der Kirche von Santa Maria in Trefontana einen neapolitanischen Edelmann, den Grafen von Alincastro, den er von früher her kannte, und der in der Kirche seine Andacht verrichten wollte. Der Graf, der ein frommer Mann war, sagte leise zu Biancinfiore: „Signor Girolamo, es ist dies weder der Ort noch die Stunde, Händel auszutragen, aber zu anderer Zeit und an anderm Orte mögt Ihr mich immer finden.“ Darauf verließ Girolamo wütend die Kirche und wartete draußen auf den Grafen. Als er ihn aus dem Kirchentor treten sah, ging er auf ihn zu und forderte ihn mit Beschimpfungen zum Zweikampf. Und nannte ihn einen Feigling, wenn er die Herausforderung nicht annehme. Da solches vor vielem Volke sich zutrug, blieb dem Grafen, der Ehre und Ruf bedroht sah, nichts andres, als den Zweikampf anzunehmen. Er holte bei einem Freunde, wo er ihn gelassen hatte, seinen Degen und focht mit Biancinfiore; eine große Menge sah zu. Der Graf bekam einen Stich in die Brust, und verschied eine halbe Stunde danach.

Die Familie des Grafen erhob beim Papste Klage gegen Biancinfiore, von dessen ruchlosen Taten in Neapel der Papst bei dieser Gelegenheit erfuhr. Er ließ ihn in die Engelsburg werfen. Aber ein paar einflußreiche Freunde Girolamos verwandten sich für ihn und es gelang ihnen, die Sippe des Erschlagenen versöhnlich zu stimmen. Darauf begnadigte ihn auch der Papst, doch unter der Bedingung, daß er in Rom nie mehr Waffen tragen dürfe, unter Strafe des Todes.

Dieses päpstliche Verbot machte des Girolamo Bekannte weniger ängstlich vor ihm, denn jeder war der Meinung, er würde jenes Gebot achten. Aber es waren noch nicht zwei Monate nach seiner Haftentlassung vergangen, als er sich durch ein zweideutiges Wort eines venetianischen Edelmanns beleidigt glaubte und diesen, wie er es gewohnt war, mit Beschimpfungen zum Zweikampf forderte. Darauf begab er sich nach Hause, seinen Degen zu holen, und fand sich an dem Orte ein, wo ihn der Venetianer erwartete. Dieser war ein gewandter Fechter, hatte aber das Mißgeschick, über einen Stein zu stolpern und hinzufallen. Alsogleich stürzte Biancinfiore über ihn her und versetzte ihm so viele Stiche, daß dem Unglücklichen kaum Zeit zur Beichte mehr blieb, als er seinen Geist aufgab.

Biancinfiore flüchtete vor dem Zorn des Papstes in eine Kirche, wo er sich zwei Monate lang verborgen hielt. Während dieser Zeit legten sich neuerlich einige seiner Freunde beim Papste ins Mittel, und dieser verzieh ihm zum zweiten Male; Girolamo hatte eine hohe Geldbuße zu zahlen und nachher den Kirchenstaat zu verlassen. Nun war aber Biancinfiore schon aus Neapel, Florenz und andern Orten verwiesen und wußte nicht mehr, wohin er sich begeben sollte; also ließ er dem Papste die Beteuerung seiner Reue und seines Gehorsams zukommen und daß er ihn nur immer schwer strafen möge, wenn er inkünftig sein Gebot übertrete. Der Papst begnadigte, gerührt von diesen inständigen Bitten, Girolamo zum andern Male, und hinfort lebte dieser sehr zurückgezogen, um jeden neuen Anlaß zu Vergehungen zu vermeiden.

Nun geschah es aber, daß er viel im Hause der Gräfin Oddi zu verkehren begann und sich heftig in die Gräfin verliebte, die auch ihrerseits bald eine solche starke Zuneigung zu ihm empfand, daß sie ihm nicht nur ihren Wagen überließ, sondern ihm alles gab, wessen er bedurfte, ja ihn in einem Trakte ihres Hauses wohnen ließ. Daraus entstand, daß sich Girolamo bald wie ein Eheherr fühlte, denn er verbot, eifersüchtigen Wesens, der Gräfin, die ein großes Haus führte, jede Geselligkeit, insonders den Empfang von Herren in ihrem Hause. Aber die Gräfin kümmerte sich um solches nicht und begann den Biancinfiore lästig zu finden; sie sagte ihm, daß er sie mit seiner Eifersucht langweile. Solche Worte kränkten den Eifersüchtigen um so mehr, als er die Gäste, die er täglich mit bösen Blicken sah, nicht mehr vor seine Klinge fordern konnte. Er konnte es nicht hindern, daß die Gräfin Herren und Damen zu einem Gastmahl lud, worunter besonders ein paar junge Edelleute seinen Haß hervorgerufen hatten; da nahm er seine Zuflucht zu Gift, wohl in der Hoffnung, daß auch dieser Giftmord wie der an seiner Familie verborgen bleiben oder daß ihm dabei das Glück so günstig sein würde wie bei seinen beiden Zweikämpfen. Einen ihm sehr ergebenen Diener der Gräfin machte er zu seinem Vertrauten, indem er ihn mit Geld bestach. Die Gäste waren bereits versammelt, als er diesen Diener in sein Gemach rief und ihm sagte: „Streu dieses Pulver hier unvermerkt auf das letzte Gericht, das du aufträgst, und gib mir dann ein Zeichen. Du bekommst als Lohn mehr als du dir träumst.“

Hierauf setzte er sich zu den fröhlich Tafelnden und aß mehr wie sonst; als der Diener aber das Zeichen machte, da hörte er zu essen auf. Alle nun, die von der vergifteten Speise gegessen hatten, wanden sich bald in großen Schmerzen, und auch Biancinfiore rannte als wie besessen von Schmerzen durch das Zimmer. Die Mühe der herbeigerufenen Ärzte war vergeblich. Die Gräfin, ihre kleine Tochter und drei Edelleute verstarben. Nur bei Biancinfiore, der sich zu Bett begeben hatte, wirkten die Mittel der Ärzte, die dieses mit Staunen sahen, aber schließlich froh waren, wenigstens einen von sechsen gerettet zu haben.

Kaum sah sich Biancinfiore allein, so rief er nach seinem Diener. Er bedrohte ihn mit dem Tode, falls er vor Gericht das Geringste verriete, und gab ihm Geld. Die päpstliche Justizbehörde ordnete Nachforschungen an über dieses auffallende plötzliche Sterben, und als die Gerichtsärzte an den ausgegrabenen Leichen Gift feststellten, wurde die ganze Dienerschaft der Gräfin verhaftet und verhört. Trotz der Folter, unter die man einen Diener stellte, der widerspruchsvoll ausgesagt hatte, kam kein Licht in die Sache, und man mußte alle wieder entlassen, darunter auch jenen Diener. Aber es faßte diesen plötzlich die Furcht. Er flüchtete in eine Kirche und erklärte, er wolle ein Geständnis ablegen, wenn man ihm Straflosigkeit zusichere. Solches geschah, und vor den Gouverneur von Rom geführt, enthüllte er die Untat, zu der er, wie er sagte, durch die Drohungen Biancinfiores gezwungen worden wäre. Dieser wurde verhaftet und in den Kerker von Corte Savella gebracht. Der Papst, der sich selber große Schuld zumaß, ordnete eine strenge Untersuchung an.

Anfangs leugnete Biancinfiore alles, auch als man ihn mit dem Diener zusammenbrachte. Aber beim Anblick der Folterwerkzeuge gestand er nicht nur das letzte Verbrechen, sondern auch den Giftmord an seiner Familie. Das Gericht verurteilte ihn zum Feuertode und vorherigem Zwicken mit glühenden Zangen, aber der Papst verwandelte diese Strafe in Ansehung seines adeligen Hauses in einfache Hinrichtung im Kerker. Noch am selben Abende empfing Biancinfiore das Todesurteil. Er erhob ein großes Wehklagen, aber seine Beichtiger beruhigten ihn und tiefe Reue kam über ihn, Gott so sehr beleidigt zu haben. Er bat um Verzeihung für alle seine Missetaten und dankte ihm für seinen bußfertigen Tod. Vor seiner Hinrichtung erbat er sich noch die Gnade des päpstlichen Segens, der ihm auch von einem Prälaten des päpstlichen Hauses überbracht wurde. Dann legte er das Haupt auf den Richtblock.

Also endete der letzte aus dem Hause der Biancinfiore.

DER HERZOG VON SAVELLI

Des Herzogs von Savelli einziger Sohn war, wie der Kardinal Gaetani in einem Briefe schreibt, ein junger Mann von lebhaftem Geiste, großem Mute und untadeligen Sitten, was alles ihn sehr beliebt am römischen Hofe machte. Er wollte kaiserliche Dienste nehmen, aber der Vater war damit nicht einverstanden, dessen Trost im Alter, Stolz und einzige Hoffnung seines Hauses er war; zudem plante er seine Verheiratung mit der Tochter eines der ersten neapolitanischen Geschlechter, des des Marchese de Vastro, deren Mitgift 800 000 Skudi betrug. Die Braut zählte aber erst zehn Jahre, weshalb die Eheschließung auf den Tag verschoben wurde, der ihr dreizehnter Geburtstag war.

 

Inzwischen lebte der junge Herzog auf seinem Landgute Ariccia, wo er sich in ein junges Mädchen von großer Schönheit und Tochter ehrbarer Eltern verliebte, die aber bereits einem jungen Manne des Ortes, namens Christofano, versprochen war. Um die Tochter den Nachstellungen des jungen Herzogs zu entziehen, drängten die Eltern mit der Eheschließung. Sie hielten das Mädchen streng im Hause, auf daß sie der Herzog nicht sehe, der ihr aber insgeheim einige Liebesbriefe hatte zukommen lassen. Es fand die Hochzeit statt und der Herzog sandte als Hochzeitsgabe ein reich mit Blumen verziertes Mieder, was die Eifersucht des jungen Gatten in hohem Maße erregte. Aber er war ein Vasall des Herzogs und konnte mit ihm nicht rechten, ja mußte um sein Leben fürchten, falls er sich den Wünschen seines Herrn widersetzte. Aber er wollte lieber sterben, als solches dulden; so schwor er. Und seine Frau war mit ihm ganz einig. Sie übergab auch die Briefe, mit denen sie der Herzog bestürmte, ihrem Gatten, und sie bezogen ein anderes Haus, als der Herzog in ein nah benachbartes Haus zog, von dessen Fenster aus er die junge Frau zu sprechen suchte. Dem Gatten schien nur die Wahl zwischen Unehre und Tod zu bleiben, und er begann seine Heirat zu bereuen. In seiner Verzweiflung beschloß er, den jungen Herzog zu ermorden, um die Ehre seines Ehebettes zu retten.

Er veranlaßte seine Frau, auf einen der Briefe des Herzogs zu antworten, und sie schrieb ihm, er möge um Mitternacht verkleidet zu ihr kommen, damit man ihn nicht erkenne; ihr Mann sei in Geschäften nach Rom gefahren. Daß er den Herzog ermorden wollte, davon sagte Christofano seiner Frau kein Wort; er wollte ihm nur einen Streich spielen, sagte er ihr, ohne ihn zu beleidigen, was die junge Frau in ihrer Unschuld auch glaubte. Der Herzog eilte verkleidet zu dem Stelldichein, aber statt in die Arme seiner Geliebten, fiel er in die ihres Gatten, der die Kleider seiner Frau angelegt hatte und den Liebhaber durch eine Magd in ein entlegenes Gemach führen ließ. Hier schoß er, kaum daß er eingetreten war, fünf Kugeln aus seiner Pistole auf ihn ab und durchschnitt ihm mit einem Messer die Kehle, damit er nicht schrie. Mit Hilfe eines Genossen, den er gedungen hatte, schleppte er hierauf den Leichnam bis zum Tor des Schlosses, wo er ihn in seinem Blute liegen ließ.

Nach Haus zurückgekehrt, wollte er nun auch seine Frau ermorden, aber diese war in das Haus ihrer Eltern geflüchtet. Christofano floh mit seinem Genossen nach Aleppo in der Türkei, von wo er Nachricht nach Rom sandte.

Auf die Kunde von dem Verbrechen sandte der Papst viele seiner Gerichtsbeamten nach Ariccia, die alsbald in Christofanos Haus die große Blutlache fanden. Die Gattin wurde verhaftet und nach Borgo Castello gebracht, wo sie zwei Monate lang verhört wurde. Sie wurde verschiedenen Graden der Folter unterworfen und gab das Folgende zu Protokoll:

„Es ist so, daß mich der junge Herzog Savelli, während ich im Elternhause lebte, mehrfach durch Briefe zu einem Stelldichein zu überreden suchte. Meine Mutter aber sagte mir, ich dürfe darauf nicht antworten, denn er sei ein leichtfertiger junger Mann, der seine Leute um nichts ermorden lasse. So sagten auch mein Vater und alle meine Verwandten. Es war das erste, was mir mein Mann Christofano sagte, daß ich den jungen Herzog nicht ansehen solle. Als er eines Tages an das Fenster des Nachbarhauses trat, stürzte mein Mann mit dem offenen Messer auf mich zu, aber sein Bruder, der Priester Don Angelo Maria, fiel ihm in den Arm. Wir zogen in ein andres Haus, das mein Mann gemietet hatte, dasselbe, in dem der junge Herzog ermordet wurde. Der sandte mir aufs neue Briefe, die ich meinem Manne zeigte. Dann gab er ihm Antwort in einem Briefe und lud ihn zu Mitternacht in unser Haus, um ihm, wie er mir sagte, einen Streich zu spielen. Was ich um so mehr glaubte, da er meine eignen Kleider anlegte, auch Halsband und Ringe, die ich trug. So trat er um Mitternacht dem Herzog gegenüber, mit Messer und Pistole. Ich starb vor Schrecken, als ich den ersten Schuß hörte. Ich habe nichts gesehen, denn ich floh aus dem Haus, aus Angst, es könnten mich die Diener des Herzogs umbringen. Ich floh zu meinen Eltern. Meine Mutter sagte mir, ich dürfe von dem allen nichts verraten, und wir gingen zum Podesta.“

Die junge Frau blieb fest bei ihrer Aussage im Gefühle ihrer Unschuld; sie wurde aber doch zum Tode durch Enthaupten verurteilt, welche Strafe die Familie des alten Herzogs verlangte.

Als die Herzogin Margarete von Parma von der Schönheit der Verurteilten hörte, wollte sie sie durchaus sehen, und da sie großen Gefallen an ihr fand, beschloß sie ihre Rettung. Sie verhandelte mit dem Papste. Der aber wollte sie nur begnadigen, wenn der alte Herzog Savelli damit einverstanden wäre. Die Herzogin erreichte es von ihm, daß ihr die Verurteilte als gerichtet überantwortet würde. Darauf nahm sie sie als Hoffräulein in ihre Dienste und erreichte ihre völlige Freisprechung.

Umsonst ließ Papst Paul III. den Mörder in allen Teilen des Kirchenstaates suchen, denn der war in Aleppo. Aber die Eltern der Frau mußten lange im Kerker schmachten und wurden dann aus Ariccia und dem Kirchenstaate verwiesen. Das war die einzige Genugtuung für den Herzog, der über den Tod seines Sohnes dem Wahnsinn verfiel.

DIE RACHE ARIBERTIS

Ariberti, ein Mailänder Edelmann und Besitzer mehrerer Ortschaften, hatte gegen ein Mitglied der Familie Pecchio einen tödlichen Haß gefaßt; er war in seinem Besitztum und später auch in seiner Liebe schwer beleidigt worden. Pecchio führte gegen ihn einen Prozeß, den er gewann. Im Verlaufe dieses durch Jahre sich hinziehenden Prozesses fiel Pecchio des Ariberti schöne Frau auf, und es gelang ihm, sie von seiner Liebe wissen zu lassen und die ihre zu gewinnen. Nach Verlust des Prozesses erging sich Ariberti in Drohungen gegen seinen Gegner. Pecchio erfuhr, daß Aribertis Gattin auf einem der Schlösser ihres Gatten in strengem Gewahrsam gehalten wurde. Sie trug nur nach einem in der Welt Verlangen: aus Aribertis Tyrannei erlöst zu werden. Insgeheim hatte sie genügend Geld für ihren Unterhalt zusammengebracht. Das Schloß, in dem sie eingeschlossen war, lag nah bei Lecco, eine Stunde Wegs von der Adda, die das Venetianische vom Mailändischen trennt; einmal auf venetianischem Gebiet, konnte sie einen andern Namen annehmen und war vor allen Verfolgungen so gut wie sicher. Und ging es nicht anders, so wollte sie in Venedig in ein Kloster gehen, dessen Regeln zu jenen Zeiten nicht sehr streng waren.

Während der kurzen Beziehungen zu Pecchio hatte er ihr Geständnis empfangen. Seitdem waren drei Jahre vergangen, und Aribertis Tyrannei war unerträglich geworden; er hatte drei spanische Duennen in Dienst genommen, die seine Frau abwechselnd bewachten; nicht einmal des Nachts war die Unglückliche allein: die wachthabende Duenna schlief bei ihr im Zimmer.

Eine Kammerfrau, vormals die Vertraute von Aribertis Gattin in ihrer Liebschaft, war zwar nicht davongejagt, aber zur Gänsemagd degradiert worden, als welche sie an dem Ufer der Adda ihre Herden hütete. Der seltsame und in der Kunst der Rache raffinierte Mann hatte zu der Kammerfrau gesagt: „Ich strafe dich so mehr, als wenn ich dich wegschicke.“ Und als die Unglückliche den Wunsch aussprach, bei einer andren Herrschaft in Dienst treten zu dürfen, antwortete ihr Ariberti: „Versuch es nur, aber in weniger als vier Wochen bist du tot.“

Pecchio wußte um alle diese Dinge, die übrigens in Mailand Stadtgespräch waren zu der Zeit, als er sich für die Drohungen rächen wollte, die Ariberti überall gegen ihn ausstieß seit dem Verluste seines Prozesses. Eines Tages ging Pecchio, wie er sagte, auf die Jagd, wozu er sich als Bauer verkleidete; so kam er an die Adda, wo er die Gänseherde seines Feindes aufsuchte. Er vergewisserte sich, daß an diesem Tage jener Kammerfrau allein die Obhut der Gänse anvertraut war und traf sie wie zufällig.

„Großer Gott, wie seid Ihr verändert!“ rief er ihr zu, „kaum seid Ihr wieder zu erkennen!“

Die Kammerfrau brach in Tränen aus und sprach kein Wort.

„Wie leid mir Euer Unglück tut,“ sagte Pecchio, „erzählt mir doch, wie das kam; zuvor aber wollen wir uns hinter jener Hecke verbergen, damit uns nicht einer der Spione bemerkt, die immer um das Schloß streichen.“

Die Kammerfrau erzählte ihr und ihrer Herrin Unglück. Sprach die Herrin ihre frühere Kammerfrau einmal an oder lächelte sie ihr nur zu, so wurde die Kammerfrau auf acht Tage bei Wasser und Brot eingesperrt. Die Behandlung ihrer Herrin schien weniger hart, war aber noch grausamer. Ariberti sprach mit ihr immer nur in einem spottenden höhnenden Ton.

Pecchio schien von diesen endlosen Berichten sehr bewegt.

„Ach, Herr, wenn Ihr ein Christ seid, so solltet Ihr diese unglückliche Frau, die Ihr einst so liebtet, retten. Bleibt sie noch ein Jahr in diesem Zustande, so stirbt sie für sicher. Und sie wäre schon glücklich, könnte sie nur eine Meile weit von hier fern sein! Sie hat ein Kästchen voll Goldzechinen und zudem, wie Ihr wißt, viele Diamanten.“

„Wohlan, ich werde sie retten“, sagte Pecchio.

Die alte Kammerfrau und jetzt Gänsemagd fiel auf die Knie.

„Ich fürchte nur eines,“ sagte Pecchio, „Euer Geschwätz. Du oder deine Herrin, ihr werdet reden, werdet euch jemandem anvertrauen und werdet mir den Tod bringen.“

Und als darauf die Kammerfrau sich zu schweigen verschwor, fuhr er fort: „Genau heut in acht Tagen, am nächsten Dienstag, ist Neumond und zudem Jahrmarkt in Lecco. Die Nacht über wird die Straße voller singender Betrunkener sein. In dieser Nacht, wenn's zehn Uhr auf der Kirchenuhr schlägt, werde ich auf der Adda sein, unten am Schloßgarten, dort, wo die Maulbeerbäume und die vielen Nesseln stehen und wo ich mich früher immer einschlich. Ich werde selber vom Comersee mein Boot herrudern; es ist sehr klein; hoffentlich wird man mich nicht bemerken.“

„Aber wir brauchen mindestens zwei Männer, um die Duennen festzuhalten und ihnen einen Knebel in den Mund zu stecken; denkt daran, daß sie schreien werden und daß man Euch auf der Adda verfolgen wird. Die Schiffleute Aribertis sind lauter junge Leute, die den Preis auf der Regatta gewonnen haben. Und wie soll ich es anstellen, meiner Herrin Nachricht zukommen zu lassen? Ich kann ihr zwar durch ein zwischen uns verabredetes Zeichen zu verstehen geben, daß ich ihr Wichtiges zu sagen habe, aber wie soll ich ihr es sagen? Es geht oft monatelang, ohne daß ich sie sprechen kann.“

Die Kammerfrau konnte nicht schreiben; alles schien sich zu vereinigen gegen Pecchios Pläne. Schließlich wurde vereinbart, daß Pecchio ein Fläschchen mit Mohnsaft, ein berühmtes Betäubungsmittel, das man damals in Venedig bereitete, in zwei Tagen bringen solle. Berta hatte Angst, es möchte Gift sein; aber Pecchio beruhigte sie, und sie kamen überein, daß Berta den Duennen etwas von dem Safte geben solle. Darauf sollte sie jenen Dienstboten, welche die Duennen nicht leiden konnten, Geld in die Hand geben, auf diese Weise zu ihrer Herrin kommen und endlich, wenn sie Pecchio etwas zu melden hätte, einen einzelwachsenden kleinen Weidenbaum knicken, der mitten auf einer nahen Wiese stand. Pecchio kehrte nach Mailand zurück und früher als gewöhnlich trieb Berta ihre Gänse in den Schloßhof. Sie suchte hier eine Gelegenheit, mit ihrer Herrin zu sprechen, noch vor der Ankunft jener Betäubungsmittel. Der Herr Pecchio war jung und stand im Rufe geringer Beständigkeit. Berta, welche seine Rachepläne nicht kannte, fürchtete, er könnte vergessen, zum Stelldichein an der Adda zu kommen.

Alles ging nach Wunsch. Berta schläferte mit dem Mohnsaft die Duennen ein, sprach mit ihrer Herrin, und am Jahrmarktstage in Lecco betranken sich alle Dienstleute Aribertis, wozu die Zechinen dienten, welche Pecchio der Kammerfrau zugesteckt hatte. Ariberti selber war in Mailand auf einem Balle, den die Signora Arezi, eine der vornehmsten Damen des Landes, gab.

Zur ausgemachten Stunde fand Pecchio sich mit seinem Boote an jenem einsamen Ufer des Schloßgartens ein. Die Duennen konnten die Flucht ihrer Herrin nicht verhindern. Berta hatte alle Angst, sie zu vergiften, verloren und ihrem Wein eine sehr große Menge von dem Mohnsaft beigemischt. Sie folgte ihrer Herrin auf das kleine Boot.

Zu seinem großen Leidwesen sah Pecchio, daß Donna Teresa Ariberti noch große Leidenschaft für ihn hegte oder daß diese neu entflammt war, während sein einziger Gedanke war, sich von ihr zu befreien. Sobald das Boot auf venetianischem Boden war, übergab er die Dame einem Franziskanermönch, den er bestochen hatte und der ihn auf einer kleinen Insel nah dem venetianischen Addaufer erwartete. Der Mönch versprach, Donna Teresa auf Umwegen nach Venedig zu bringen. Aber sie beschwor Pecchio, sie nicht zu verlassen, und da der Edelmann sich taub stellte, ging sie soweit, ihm Vorwürfe zu machen, daß er sie unter dem Versprechen, mit ihr zusammenzuleben, aus ihrem Schlosse entführt habe. Pecchio beeilte sich, auf das mailändische Ufer zu kommen, wo er bereits vorbereitete Relais fand, die ihn um zwei Uhr morgens nach Mailand auf den Ball der Signora Arezi brachten. Einer der ersten, die er hier traf, war Ariberti, der, obwohl jung und schön, nicht tanzte und düster dreinsah, als ahnte er, was sich auf seinem Schlosse zugetragen hatte.

 

Am andren Tage erhielt er die traurige Kundschaft. In großer Eile fuhr er heim und stellte genaue Nachforschungen an, konnte aber nichts entdecken. Die Duennen waren noch halbtot und vermochten keine Antwort zu geben, dank der ungeheuren Menge Mohnsaft, die Berta in ihrem Zorne ihnen beigebracht hatte. Nach einigen Tagen vergeblichen Forschens entdeckte Ariberti beim Durchsuchen des Zimmers der einen Duenna ein merkwürdig geformtes Fläschchen. Die Duenna antwortete auf seine Frage, sie habe das Fläschchen erst vor zwei Tagen gefunden und es wäre ihr, als habe sie es in den Händen von Berta gesehen. Ariberti schlug sie fast tot dafür, daß sie ihm das nicht früher schon gesagt hatte.

Voll Verzweiflung, kein Anzeichen gefunden zu haben, kehrte Ariberti nach Mailand zurück, das Fläschchen nicht vergessend. Er selber nahm sich die Mühe, bei allen Apothekern der Stadt damit herumzugehen und sie auszufragen. Bei einem erfuhr er, das Fläschchen stamme aus einer berühmten, von einem entlaufenen griechischen Mönch gehaltenen Apotheke. Ariberti begriff, daß der Apotheker mehr wußte, als er sagte; er bedrohte ihn erst, dann gab er ihm Geld. Da gestand der Apotheker, daß das Fläschchen kein Gift enthalten habe, sondern ein starkes Betäubungsmittel, das man den Kranken in gewissen Fällen gebe, und daß er selber dieses Fläschchen ein paar Tage zuvor an den Signor Pecchio verkauft habe…

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