Бесплатно

Die Äbtissin von Castro

Текст
Автор:
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

„Aber die Simonie, Signora!“ rief der alte Mann mit schrecklicher Stimme aus.

Signora von Campireali schickte sich an zu gehen.

„Was bedeutet das Papier, das Ihr hier laßt?“

„Das ist die Liste der Güter, die ich im Werte von zweihunderttausend Piastern anbieten würde, wenn man bares Geld nicht wünscht; der Wechsel des Eigentümers könnte lange Zeit geheimgehalten werden; zum Beispiel: das Haus Colonna würde mir Prozesse machen, die ich verlieren würde…“

„Aber die Simonie, Signora, erschreckliche Simonie!“

„Vorerst muß man die Wahl um sechs Monate hinausschieben, ich werde morgen kommen, um die Anordnungen Eurer Eminenz entgegenzunehmen.“

Ich glaube, daß es notwendig ist, Lesern, die nördlich der Alpen geboren sind, den fast offiziellen Ton mehrerer Stellen dieser Unterredung zu erklären; ich erinnere daran, daß in streng katholischen Ländern die meisten Unterredungen über heikle Dinge schließlich zum Beichtstuhl gelangen, und dann ist es durchaus nicht gleichgültig, ob man ein respektvolles Wort gebraucht hat oder eine ironische Wendung.

Im Laufe des nächsten Tages erfuhr Vittoria Carafa, daß die Wahl, zufolge eines großen, sachlichen Irrtums, der in der Liste der drei zur Äbtissin vorgeschlagenen Damen entdeckt worden war, um sechs Monate verschoben wurde: die an zweiter Stelle der Liste angeführte Dame hatte einen Renegaten in der Familie, einer ihrer Großonkel war in Udine zum Protestantismus übergetreten.

Signora von Campireali glaubte einen besonderen Schritt beim Fürsten Fabrizio Colonna unternehmen zu sollen, dessen Hause sie einen so ansehnlichen Vermögenszuwachs angeboten hatte. Nach dreitägigen Anstrengungen gelang es ihr, eine Unterredung in einem Dorf nahe bei Rom zu erreichen; aber sie kehrte ganz erschreckt von dieser Audienz zurück; sie hatte den gewöhnlich so ruhigen Fürsten dermaßen benommen von dem Kriegsruhm des Obersten Lizzara gefunden, daß sie es für ganz zwecklos erachtete, ihn um Stillschweigen über diesen Fall zu ersuchen. Der Oberst war für ihn wie ein Sohn, ja noch mehr: wie ein geliebter Schüler. Der Fürst las gewisse Briefe, die aus Flandern kamen, wieder und immer wieder. Was würde aus dem Lieblingsplan, dem Signora von Campireali seit zehn Jahren schon so viel geopfert hatte, wenn ihre Tochter vom Leben und vom Ruhm des Oberst Lizarra erführe?

Ich glaube, daß es besser ist, viele Umstände stillschweigend zu übergehen, welche wohl die Sitten jener Zeit getreu spiegeln, aber trübselig zu erzählen sind. Der Autor des römischen Manuskripts hat sich unendliche Mühe gegeben, um den genauen Sachverhalt dieser Einzelheiten aufzufinden, die ich unterdrücke.

Zwei Jahre nach der Zusammenkunft der Signora von Campireali mit dem Fürsten Colonna war Helena Äbtissin von Castro, aber der alte Kardinal von Santi-Quatro war vor Gram über diesen argen Akt von Simonie gestorben. Zu dieser Zeit hatte Castro den schönsten Mann des päpstlichen Hofs zum Bischof, Monsignor Francesco Cittadini, aus Mailändischem Geschlecht. Dieser junge Mann, der durch seinen bescheidenen Anstand und seinen Ton voll Würde auffiel, hatte viele Dinge mit der Äbtissin der ‚Heimsuchung‘ zu erledigen, besonders als sie einen neuen Kreuzgang zur Verschönerung des Klosters erbauen ließ. Dieser junge Bischof Cittadini, der damals neunundzwanzig Jahre alt war, verliebte sich grenzenlos in die schöne Äbtissin. In dem Prozeß, der ein Jahr später stattfand, berichteten viele Nonnen, daß der Bischof so oft wie möglich das Kloster aufsuchte und ihrer Äbtissin sagte: „An andren Orten befehle ich und wie ich zu meiner Schande gestehen muß, es bereitet mir ein gewisses Vergnügen. Euch gehorche ich wie ein Sklave, aber mit einem Genuß, der weit größer ist, als wenn ich anderswo befehle. Ich befinde mich unter dem Einfluß eines höheren Wesens; wenn ich es auch versuchen würde, könnte ich doch keinen andren Willen haben als den seinen und würde lieber in alle Ewigkeit der letzte seiner Sklaven sein, als fern von seinen Augen ein König.“

Die Zeugen berichten, daß die Äbtissin ihm oft inmitten solcher eleganter Phrasen befahl, zu schweigen und auf harte Weise, in Ausdrücken, die ihre Verachtung zeigten.

„Um die Wahrheit zu sagen,“ fährt ein andrer Zeuge fort, „ihre Gnaden behandelte ihn oft wie einen Dienstboten; in solchen Fällen schlug der arme Bischof die Augen nieder und begann zu weinen, aber er ging nicht fort. Er fand jeden Tag neue Vorwände, um wieder im Kloster zu erscheinen, was die Beichtväter der Nonnen und die Feinde der Äbtissin sehr entrüstete. Aber die Frau Äbtissin wurde von der Priorin lebhaft verteidigt, ihrer intimen Freundin, welche unter ihrem unmittelbaren Befehl der inneren Leitung vorstand. „Ihr wißt, meine Schwestern,“ sagte diese, „daß seit jener vergeblichen Leidenschaft, die unsre Äbtissin in ihrer ersten Jugend für einen Söldner des Glücks gehegt hat, ihr viel bizarre Einfälle zurückgeblieben sind; aber Ihr kennt alle diesen bemerkenswerten Zug ihres Charakters, daß niemals jemand für sie in Betracht kommt, den sie einmal verachtet hat. Nun hat sie vielleicht in ihrem ganzen Leben nicht so viele beleidigende Worte geäußert, wie in unsrer eigenen Gegenwart zu dem armen Monsignor Cittadini: tagtäglich sehen wir ihn eine Behandlung erdulden, die uns für seine hohe Würde erröten läßt.“

„Ja,“ antworteten die aufgebrachten Nonnen, „aber er kommt alle Tage wieder, also wird er wohl im Grunde nicht so schlecht behandelt werden, und in jedem Falle schadet auch der Anschein dieses Abenteuers dem Ansehen des Heiligen Ordens der Heimsuchung.“

Der strengste Herr richtet an den ungeschicktesten Diener nicht ein Viertel der Beschimpfungen, mit denen die hochmütige Äbtissin den jungen Bischof samt seiner salbungsvollen Art überhäufte; aber er war verliebt und er hatte aus seiner Heimat den unerschütterlichen Grundsatz mitgebracht, daß man sich bei einer Unternehmung dieser Art, – wenn sie einmal begonnen ist – , nur um das Ziel kümmern darf.

„Am Schluß des Handels“, sagte der Bischof zu seinem Vertrauten, Cesare del Bene, „trifft die Verachtung den Liebhaber, der sich vom Angriff vorzeitig zurückzog, ohne durch Eingriffe höherer Gewalt dazu gezwungen worden zu sein.“

Jetzt muß sich meine traurige Aufgabe darauf beschränken, einen notgedrungen sehr trockenen Auszug des Prozesses zu geben, in dessen Folge Helena den Tod fand. Die Beschreibung dieses Gerichtsverfahrens, die ich in einer Bibliothek gelesen habe, deren Namen ich verschweigen muß, umfaßt nicht weniger als acht Foliobände. Das Verhör und die Beweisfassung sind in lateinischer Sprache gehalten, die Antworten italienisch. Ich lese darin, daß sich im Monat November 1572, gegen elf Uhr abends, der junge Bischof allein zum Tore der Kirche begab, wo während des Tags die Gläubigen Einlaß finden; die Äbtissin selbst öffnete ihm dieses Tor und erlaubte ihm, ihr zu folgen. Sie empfing ihn in einem Zimmer, wo sie sich oft aufhielt, das durch eine geheime Tür mit den Emporen in Verbindung stand, welche das Kirchenschiff beherrschen.

Eine Stunde mochte kaum verflossen sein, als der Bischof sehr erstaunt wieder nach Hause geschickt wurde; die Äbtissin selbst begleitete ihn zur Kirchentüre zurück und sagte ihm diese verbürgten Worte: „Kehrt in Euren Palast zurück, verlaßt mich schleunigst. Adieu Monsignore, Ihr erregt mir Abscheu; es ist mir, als hätte ich mich einem Lakaien hingegeben.“

Indessen kam drei Monate später der Karneval. Die Bewohner von Castro waren durch die Feste, die sie in dieser Zeit einander gaben, berühmt; die ganze Stadt widerhallte vom Lärm der Maskenscherze. Alles ging an einem kleinen Fenster vorüber, welches einer wohlbekannten Stallung des Klosters einen schwachen Lichtschein gab. Man weiß, daß schon drei Monate vor dem Karneval diese Stallung in einen Salon verwandelt worden war und zur Zeit der Maskeraden niemals leer wurde. Inmitten aller Narrheiten des Volks fuhr der Bischof in seiner Karosse vorüber; die Äbtissin gab ihm ein Zeichen und um ein Uhr der folgenden Nacht verfehlte er nicht, sich an der Kirchentür einzufinden. Er trat ein; aber nach weniger als dreiviertel Stunden wurde er im Zorn fortgeschickt. Seit dem ersten Stelldichein im Monat November kam er so etwa alle acht Tage ins Kloster. Man sah in seinem Gesicht einen leichten Ausdruck von Triumph und Dummheit, der niemandem entging und das Unglück hatte, den stolzen Charakter der jungen Äbtissin außerordentlich zu reizen. Besonders am Ostermontag behandelte sie ihn wie den letzten der Menschen und sagte ihm Worte, die sich der ärmste der Taglöhner des Klosters nicht hätte bieten lassen. Indessen gab sie ihm einige Tage später wieder das Zeichen, dem folgend der schöne Bischof nicht verfehlte, sich um Mitternacht an der Kirchentür einzufinden. Sie hatte ihn kommen lassen, um ihm mitzuteilen, daß sie schwanger sei. Bei dieser Ankündigung, heißt es in den Akten, erbleichte der schöne junge Mann vor Entsetzen und wurde ganz und gar blöde vor Angst. Die Äbtissin hatte Fieber, sie ließ den Arzt rufen und machte ihm gegenüber kein Geheimnis aus ihrem Zustand. Dieser Mann kannte den großmütigen Charakter der Kranken und sicherte ihr zu, ihr aus der Verlegenheit zu helfen. Er begann damit, daß er sie mit einer hübschen jungen Frau aus dem Volk in Verbindung brachte, die nicht den Titel einer Hebamme besaß, aber deren Kunst ausübte. Ihr Mann war Bäcker. Helena war unbefriedigt von der Unterredung mit dieser Frau, die ihr erklärte, daß sie zur Ausführung des Plans, mit dessen Hilfe sie auf Rettung hoffte, zwei Vertraute im Kloster benötige.

„Eine Frau euresgleichen, meinethalben; aber eine aus meinem Stande? Nein. Geht mir aus den Augen.“

Die Hebamme zog sich zurück. Aber einige Stunden darauf ließ sie Helena, die es nicht klug fand, sich dem Geschwätz dieser Frau auszusetzen, durch den Arzt ins Kloster zurückholen, wo sie freigebig beschenkt wurde. Diese Frau schwur, daß sie niemals, auch wenn sie nicht zurückgerufen worden wäre, das ihr anvertraute Geheimnis verraten hätte, aber sie erklärte nochmals, daß sie sich auf nichts einlassen könne, wenn sie nicht im Kloster zwei dem Interesse der Äbtissin ergebene Mitwisserinnen hätte. Ohne Zweifel fürchtete sie die Anklage wegen Kindesmord.

 

Nachdem sie viel darüber nachgedacht hatte, beschloß die Äbtissin, das schreckliche Geheimnis Schwester Vittoria anzuvertrauen, der Priorin des Klosters, aus der vornehmen Familie der Herzöge von C**, und Schwester Bernarda, der Tochter des Marchese P**. Sie ließ sie auf ihr Brevier schwören, niemals ein Wort von dem, was sie ihnen jetzt anvertrauen würde, verlauten zu lassen, nicht einmal vor dem hochnotpeinlichen Gericht. Diese Damen waren vor Schreck verstört. Sie gestanden später beim Verhör, daß sie sich unter dem Eindruck des hochfahrenden Charakters ihrer Äbtissin auf das Geständnis einer Mordtat gefaßt gemacht hätten. Die Äbtissin sagte ihnen einfach und kalt:

„Ich habe mich gegen alle meine Pflichten vergangen, ich bin schwanger.“

Schwester Vittoria, die Priorin, war tief bewegt und ganz verwirrt wegen der langjährigen Freundschaft, die sie mit Helena verband, und nicht bloß aus Neugierde rief sie mit Tränen in den Augen aus:

„Wer ist der Unvorsichtige, der dieses Verbrechen begangen hat!“

„Ich habe es selbst meinem Beichtvater nicht gesagt; urteilt also, ob ich es euch sagen werde.“

Diese beiden Damen beratschlagten sogleich über die Maßnahmen, um das verhängnisvolle Geheimnis dem übrigen Kloster zu verbergen. Sie entschieden vor allem, daß das Schlafzimmer der Äbtissin, das ganz im Mittelpunkt des Klosters lag, nach der Apotheke verlegt werden müsse, die man im entlegensten Teil des Klosters, im dritten Stock des großen, durch Helenas Freigebigkeit entstandenen Neubaus eingerichtet hatte. An diesem Ort war es, daß die Äbtissin einem Knaben das Leben schenkte. Seit drei Wochen war die Frau des Bäckers in den Gemächern der Priorin versteckt. Als diese Frau dann mit dem Kind schnell durch das Kloster eilte, begann es zu schreien, und die Frau flüchtete sich in ihrem Entsetzen in den Keller. Eine Stunde später gelang es Schwester Bernarda mit Hilfe des Arztes, eine kleine Gartentür zu öffnen, und die Frau des Bäckers verließ hastig das Kloster und bald darauf die Stadt. In die Campagna gelangt und von panischem Schrecken verfolgt, flüchtete sie sich in eine Grotte, die der Zufall sie in einem der Felsen entdecken ließ. Die Äbtissin schrieb an Cesare del Bene, den Vertrauten und ersten Kammerherrn des Bischofs, der zu der bezeichneten Grotte eilte; er war zu Pferde, er nahm das Kind in seine Arme und ritt im Galopp nach Montefiascone. Das Kind wurde in der Kirche Santa Margherita getauft und empfing den Namen Alessandro. Die Gastwirtin des Orts hatte eine Amme verschafft, der Cesare acht Taler zurückließ; viele Frauen, die sich während der Tauffeierlichkeit um die Kirche angesammelt hatten, hörten nicht auf, Signor Cesare nach dem Vater des Kindes zu fragen.

„Das ist ein großer Herr aus Rom“, sagte er ihnen, „der sich erlaubt hat, eine arme Bäuerin wie Ihr zu verführen.“

Und er verschwand.

VII

Bis dahin ging alles gut, trotz dieses ungeheuren Klosters, das von mehr als dreihundert neugierigen Frauen bewohnt wurde; niemand hatte etwas gesehen, niemand etwas gehört. Aber die Äbtissin hatte dem Arzt einige Hände voll neuer in der Münze Roms geprägter Zechinen übergeben. Der Arzt gab mehrere dieser Goldstücke der Frau des Bäckers. Diese Frau war hübsch und ihr Mann eifersüchtig; er durchstöberte ihren Koffer und fand diese glänzenden Goldstücke darin; und da er sie für den Preis seiner Schande hielt, setzte er seiner Frau ein Messer an die Kehle und zwang sie zu sagen, woher die Goldstücke stammten. Nach einigen Ausflüchten gestand die Frau die Wahrheit und der Friede wurde geschlossen. Die Eheleute begannen nun über die Verwendung einer so großen Summe zu beratschlagen. Die Bäckerin wollte einige Schulden bezahlen; aber der Mann fand es schöner, ein Maultier zu kaufen, was auch geschah. Dieses Maultier erregte Aufsehen in dem Viertel, wo man die Armut des Ehepaars kannte. Alle Weiber der Stadt, Freundinnen und Feindinnen fragten eine nach der andern die Frau des Bäckers, wer der freigebige Liebhaber gewesen sei, der sie in Stand gesetzt habe, ein Maultier zu kaufen. Diese Frau wurde dadurch so gereizt, daß sie einige Male die Wahrheit antwortete. Eines Tages, als Cesare del Bene das Kind besucht hatte und zur Äbtissin zurückkehrte, um Bericht zu erstatten, schleppte sich diese, obgleich sie sehr unpäßlich war, bis zum Gitter und machte ihm wegen der Unzuverläßlichkeit der von ihm verwendeten Mittelspersonen Vorwürfe. Der Bischof seinerseits wurde krank vor Angst; er schrieb seinen Brüdern in Mailand, um ihnen die ungerechte Anklage, deren Ziel er war, zu erzählen; auch forderte er sie auf, ihm zu Hilfe zu kommen. Obwohl er sich schwer leidend fühlte, faßte er den Entschluß, Castro zu verlassen; aber bevor er es tat, schrieb er der Äbtissin:

„Ihr wißt bereits, daß alles, was vorgefallen ist, bekannt wurde. Wenn Euch deshalb daran liegt, nicht allein meinen Ruf, sondern vielleicht mein Leben zu retten, und um den Skandal zu verkleinern, könnt Ihr Giovanni Battista Doleri beschuldigen, der vor zwei Tagen gestorben ist. Wenn Ihr auf diese Weise auch nicht Eure Ehre wiederherstellen könnt, so läuft wenigstens die meine keine Gefahr mehr.“

Der Bischof ließ Don Luigi, den Beichtvater des Klosters von Castro, rufen:

„Gebt dies eigenhändig der Frau Äbtissin“, sagte er zu ihm.

Als diese das ehrlose Schreiben gelesen hatte, rief sie laut vor allen, die sich im Zimmer befanden:

„So verdienen die törichten Jungfrauen behandelt zu werden, welche die Schönheit des Leibes über die der Seele stellen!“

Das Gerücht von allem, was in Castro vor sich ging, kam rasch zu Ohren des schrecklichen Kardinals Farnese. Er hatte sich diese Bezeichnung seit einigen Jahren verdient, weil er hoffte, im nächsten Konklave die Unterstützung der Eiferer zu finden. Sogleich gab er der Obrigkeit von Castro den Auftrag, den Bischof Cittadini zu verhaften. Dessen ganze Dienerschaft ergriff aus Furcht vor der Folter die Flucht. Nur Cesare del Bene blieb seinem Herrn treu und schwur ihm, daß er eher auf der Folter sterben, als etwas gestehen würde, was ihm schaden könnte.

Cittadini, der seinen Palast von Wachen umringt sah, schrieb aufs neue seinen Brüdern, die in großer Eile von Mailand ankamen. Sie fanden ihn schon im Gefängnis von Ronciglione eingekerkert.

Ich entnehme aus dem ersten Verhör der Äbtissin, daß sie ihre Schuld offen zugestand, aber leugnete, in Beziehung zu dem Hochwürdigsten Bischof gestanden zu haben, ihr Mitschuldiger sei Gian-Battista Doleri, Advokat des Klosters, gewesen.

Am 9. September 1573 befahl Gregor XIII., daß der Prozeß in aller Strenge und Eile erledigt werde. Ein Kriminalrichter, ein Fiskal und ein Kommissär begaben sich nach Castro und nach Ronciglione. Cesare del Bene, der erste Kammerherr des Bischofs, gestand, bloß ein Kind zu einer Amme gebracht zu haben. Man verhört ihn in Gegenwart der ehrwürdigen Klosterschwestern Vittoria und Bernarda. Man unterwarf ihn zwei Tage hintereinander der Tortur; er litt gräßlich, aber seinem Wort getreu, gestand er nur das, was zu leugnen unmöglich war, und der Fiskal konnte nicht mehr aus ihm herausbringen.

Als die Reihe an die ehrwürdigen Damen Vittoria und Bernarda kam, die Zeugen der Folterung Cesares gewesen waren, gestanden sie alles, was sie getan hatten. Alle Nonnen wurden nach dem Urheber des Verbrechens gefragt, die meisten antworteten, daß es der Hochwürdigste Herr Bischof gewesen sei. Eine der Schließerinnen berichtet die beleidigenden Worte, welche die Äbtissin gebraucht hatte, als sie den Bischof aus der Kirche wies. Sie fügte hinzu: „Wenn man in diesem Ton zueinander spricht, zeigt es an, daß man schon lange ein Liebesverhältnis hat. Der Herr Bischof, der sonst durch übermäßige Selbstgefälligkeit auffiel, hatte ein ganz linkisches Aussehen, als er die Kirche verließ.“

Eine Nonne, im Anblick der Folterwerkzeuge verhört, antwortet, daß die Katze Urheber des Verbrechens sein müsse, weil die Äbtissin sie nie aus den Armen läßt und immerzu liebkost. Eine andre Nonne behauptet: der Urheber des Verbrechens müsse der Wind sein, weil die Äbtissin an Tagen, wo der Wind weht, glücklich und guter Laune sei; sie setze sich dem Wind auf einem Belvedere, das sie eigens hatte erbauen lassen, aus, und wenn man an diesem Ort eine Gnade erbitten kam, sei sie niemals verweigert worden. Die Frau des Bäckers, die Amme, die Weiber von Montefiascone bekannten aus Furcht vor den Folterqualen, die sie Cesare hatten erleiden sehen, die Wahrheit.

Der junge Bischof war krank oder spielte in Ronciglione den Kranken, was seinen Brüdern Anlaß gab, durch das Ansehen und den Einfluß der Signora von Campireali unterstützt, sich mehrmals dem Papst zu Füßen zu werfen und von ihm zu erbitten, daß das Verfahren aufgeschoben werde, bis der Bischof seine Gesundheit wiedererlangt habe. Auf dies hin vermehrte der schreckliche Kardinal Farnese die Zahl der Soldaten, die ihn in seinem Gefängnis bewachten. Da der Bischof nicht verhört werden konnte, begannen die Kommissäre in jeder ihrer Sitzungen immer wieder, die Äbtissin einem Verhör zu unterziehen. Eines Tages, als ihre Mutter ihr hatte sagen lassen, sie solle guten Mutes bleiben und fortfahren, alles zu leugnen, gestand sie alles.

„Warum habt Ihr zuerst Gian-Battista Doleri bezichtigt?“

„Aus Mitleid mit der Feigheit des Bischofs, und dann, wenn es ihm gelingt, sein teures Leben zu retten, damit er für meinen Sohn sorgen kann.“

Nach diesem Geständnis schloß man die Äbtissin in eine Zelle des Klosters von Castro ein, deren Wände und Deckenwölbung acht Fuß dick waren; die Nonnen sprachen nur mit Schaudern von diesem Verlies, das unter dem Namen Mönchszelle bekannt war. Die Äbtissin wurde hier ständig von drei Frauen überwacht.

Als sich die Gesundheit des Bischofs ein wenig gebessert hatte, kamen dreihundert Sbirren oder Soldaten, um ihn aus Ronciglione zu holen, und er wurde in einer Sänfte nach Rom geschafft. Dort brachte man ihn in einem Gefängnis unter, das Corte Savella hieß. Wenige Tage später wurden auch die Nonnen nach Rom eingeliefert; die Äbtissin wurde im Kloster Santa Marta, untergebracht. Vier Nonnen waren beschuldigt: die ehrwürdigen Schwestern Vittoria und Bernarda, die Schwester, welche an jenem Tage die Aufsicht führte, und die Pförtnerin, welche die beleidigenden Worte gehört hatte, die von der Äbtissin an den Bischof gerichtet wurden.

Der Bischof wurde vom Auditor der päpstlichen Kammer vernommen, einem der höchsten Vertreter des Richterstandes. Man spannte den armen Cesare del Bene von neuem auf die Folter; doch er gestand nichts, ja er sagte sogar Dinge aus, die dem Staatsanwalt peinlich waren, was ihm eine neue Folterung eintrug. Diese Einleitungsmarter mußten auch die ehrwürdigen Schwestern Vittoria und Bernarda erleiden. Der Bischof leugnete alles in dümmster Weise, aber mit einer gefälligen Hartnäckigkeit; er zählte mit den größten Einzelheiten alles auf, was er an den drei offenkundig bei der Äbtissin verbrachten Abenden vorgenommen haben wollte.

Schließlich stellte man die Äbtissin dem Bischof gegenüber, und obgleich sie beständig die Wahrheit gesagt hatte, wurde sie dennoch der Folterung unterworfen. Weil sie auf dem beharrte, was sie auf ihrem ersten Geständnis immer ausgesagt hatte, überhäufte sie der Bischof, seiner Rolle getreu, mit Beleidigungen.

Nach mehreren andren, im Grunde vernünftigen Maßnahmen, die aber von jenem Geist der Grausamkeit befleckt sind, der seit der Regierung Karls V. und Philipps II. zu sehr an den Tribunalen Italiens vorwiegt, wurde der Bischof zu lebenslänglicher Gefangenschaft in der Engelsburg verurteilt. Die Äbtissin wurde verurteilt, ihr ganzes Leben im Kloster von Santa Marta, wo sie sich aufhielt, eingekerkert zu werden. Aber schon hatte es Signora von Campireali unternommen, um ihre Tochter zu retten, einen unterirdischen Gang ausheben zu lassen. Dieser Gang begann bei einer der aus der Herrlichkeit des alten Rom zurückgebliebenen Kloaken und sollte bei dem tiefen Kellergewölbe enden, wo man die sterblichen Reste der Nonnen von Santa Marta beisetzte. Dieser Gang von zwei Fuß Breite hatte Bretterwände, um das Erdreich rechts und links zu stützen und als Deckenwölbung gab man ihm, im Maße man vorwärts kam, zwei wie die Schenkel eines großen A gestellte Bretter.

Man grub diesen unterirdischen Weg in einer Tiefe von etwa dreißig Fuß. Das schwierigste war, ihn in der rechten Richtung weiterzuführen; jeden Augenblick waren die Arbeiter durch antike Brunnen und Grundmauern gezwungen, eine Wendung zu machen. Eine andre große Schwierigkeit bereitete die weggeräumte Erde, mit der man nichts Rechtes anzufangen wußte; es sah aus, als ob man sie nachts in allen Straßen Roms aussäte. Man wunderte sich über diese Menge Erde, die sozusagen vom Himmel fiel.

 

Wie groß die Summen auch waren, welche Signora von Campireali ausgab, um ihre Tochter zu retten, wäre ihr unterirdischer Gang doch sicher entdeckt worden; aber der Papst Gregor XIII. starb 1585, und die Herrschaft der Unordnung zog mit der Vakanz des Heiligen Stuhls ein.

Helena ging es in Santa Marta sehr schlecht; man kann sich denken, wie sehr die einfachen und armen Nonnen wetteiferten, eine so reiche, eines solchen Verbrechens überführte Äbtissin zu quälen. Helena erwartete mit Ungeduld das Ergebnis der von ihrer Mutter unternommenen Arbeit. Aber plötzlich erfuhr ihr Herz seltsame Bewegung. Schon vor sechs Monaten hatte Fabrizio Colonna, der angesichts des schwankenden Gesundheitszustands Gregors XIII. große Pläne für die Zeit des Interregnums faßte, einen seiner Offiziere zu Giulio Branciforte geschickt, der jetzt in der spanischen Armee unter dem Namen Oberst Lizzara sehr bekannt geworden war. Er rief ihn nach Italien zurück. Giulio brannte darauf, seine Heimat wiederzusehen. Er landete unter einem angenommenen Namen in Pescara, einem kleinen Hafen des Adriatischen Meeres, der unterhalb Chieti in den Abruzzen lag, und kam über das Gebirge nach La Petrella. Die Freude des Fürsten setzte alle Welt in Erstaunen. Er teilte Giulio mit, daß er ihn zurückrufen ließ, um ihn zu seinem Nachfolger zu machen und ihm den Befehl über seine Soldaten zu übergeben. Worauf Branciforte antwortete, daß, militärisch gesprochen, das Unternehmen nichts mehr wert sei, was er leicht beweisen könne; wenn jemals Spanien ernstlich wollte, würde es in sechs Monaten mit geringen Auslagen sämtliche Briganten Italiens vernichten.

„Aber trotz allem,“ fügte der junge Branciforte hinzu, „wenn Ihr es wollt, bin ich bereit zu marschieren, mein Fürst. Ihr werdet stets in mir den Nachfolger des tapferen, bei Ciampi gefallenen Ranuccio finden.“

Vor Giulios Ankunft hatte der Fürst befohlen, so wie er zu befehlen verstand, daß sich niemand in Petrella unterfangen solle, von Castro und von dem Prozeß der Äbtissin zu sprechen; Todesstrafe ohne Nachsicht war auf das geringste Geschwätz gesetzt. Mitten in den Freundschaftsergüssen, mit denen er Branciforte empfing, bat er ihn, niemals ohne ihn nach Albano zu gehen, und seine Art, diese Reise zu machen, bestand darin, daß er die Stadt durch tausend seiner Leute besetzen ließ, und eine Vorhut von zwölfhundert Mann auf der Straße nach Rom aufstellte. Man stelle sich vor, was der arme Giulio empfand, als der Fürst den alten Scotti, welcher noch lebte, in das Haus, wo er sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte, holen ließ und ihn in das Zimmer rief, wo er sich mit Giulio aufhielt. Als die beiden Freunde einander umarmt hatten, rief er Giulio zu sich: „Jetzt, mein armer Oberst, mußt du dich auf das Schlimmste gefaßt machen.“

Darauf blies er das Licht aus und verließ das Zimmer, in dem er die beiden Freunde einschloß.

Am nächsten Morgen schickte Giulio, der sein Zimmer nicht verlassen wollte, die Bitte zum Fürsten, nach La Petrella gehen und sich dafür einige Tage beurlauben zu dürfen. Aber man brachte ihm die Meldung, daß der Fürst verschwunden sei samt seinen Truppen.

In der Nacht hatte er den Tod Gregors XIII. erfahren; er hatte seinen Freund Giulio vergessen und war über Land. Bei Giulio waren nur etwa dreißig Mann geblieben, die einst zur Kompanie Ranuccios gehörten. Es ist bekannt genug, daß in jenen Zeiten während der Vakanz des Heiligen Stuhls die Gesetze schwiegen; jeder dachte nur daran, seine Leidenschaften zu befriedigen und es galt nur die Kraft; darum hatte, noch vor dem Ende des Tags, Fürst Colonna schon mehr als fünfzig seiner Feinde aufhängen lassen. Giulio aber, obgleich er nicht vierzig Mann bei sich hatte, wagte es, nach Rom zu marschieren.

Die ganze Dienerschaft der Äbtissin von Castro war ihr treu geblieben; sie hatten sich in den ärmlichen Häusern um das Kloster Santa Marta herum eingemietet. Der Todeskampf Gregors XIII. hatte länger als eine Woche gedauert; Signora von Campireali erwartete ungeduldig die Tage der Verwirrung, die seinem Tod folgen würden, um die letzten fünfzig Schritt ihres unterirdischen Ganges in Angriff zu nehmen. Da man die Keller von mehreren bewohnten Häusern durchqueren mußte, fürchtete sie sehr, das Ziel ihrer Unternehmung nicht länger verbergen zu können.

Schon am übernächsten Tag nach der Ankunft Brancifortes in La Petrella, schienen die drei ehemaligen Bravi Giulios, welche Helena in ihre Dienste genommen hatte, närrisch geworden zu sein. Obgleich jedermann nur zu gut wußte, daß sie in strenger Geheimhaft gehalten und von Nonnen bewacht wurde, die sie haßten, kam doch Ugone, einer der Bravi, zum Klostertor und bat inständigst unter den seltsamsten Vorwänden, daß man ihm erlauben möge, seine Herrin zu sehen, und zwar auf der Stelle. Er wurde abgewiesen und zur Tür hinausgeworfen. In seiner Verzweiflung blieb der Mann aber hier stehn und fing an, jedem der Bediensteten des Hauses, mochte er ein- oder ausgehn, einen Bajocco zu geben, wobei er stets diese gleichen Worte sagte: „Freut Euch mit mir, Signor Giulio Branciforte ist angekommen, er lebt: sagt dies Euren Freunden.“

Die beiden Kameraden Ugones verbrachten den Tag damit, ihm Bajocchi zuzutragen, und sie fuhren Tag und Nacht darin fort, sie mit den immer gleichen Worten zu verteilen, bis ihnen nichts mehr blieb. Aber die drei Bravi fuhren, einander ablösend, trotzdem fort, die Wache an der Tür des Klosters Santa Marta zu beziehen und richteten mit tiefen Verbeugungen an alle Aus- und Eintretenden immer die gleichen Worte: „Signor Giulio ist angekommen…“

Der Einfall dieser braven Leute hatte Erfolg: keine sechsunddreißig Stunden nach der Verteilung des ersten Bajocco wußte die arme Helena trotz ihrer Einzelhaft in der Tiefe ihres Kerkers, daß Giulio lebte; dieses Wort versetzte sie in Raserei:

„O meine Mutter,“ rief sie aus, „habt Ihr mir genug Leid zugefügt?“

Einige Stunden später wurde ihr diese erstaunliche Neuigkeit durch die kleine Marietta bestätigt, die all ihren Goldschmuck für die Erlaubnis geopfert hatte, der Schwester Pförtnerin, die der Gefangenen die Mahlzeiten brachte, zu folgen. Helena warf sich in ihre Arme und weinte vor Freude.

„Das ist sehr schön,“ sagte sie ihr, „aber ich werde kaum mehr bei dir bleiben.“

„Gewiß!“ sagte Marietta, „ich denke wohl, daß die Zeit des Konklaves nicht verstreichen wird, ohne daß sich Euer Gefängnis in eine einfache Verbannung verwandelt.“

„Ach, meine Teure, Giulio wiedersehen! Und ihn wiedersehen, und ich schuldig!“

In der Mitte der dritten Nacht, die dieser Unterredung folgte, stürzte ein Teil des Fußbodens der Kirche mit großem Getöse ein; die Nonnen von Santa Marta glaubten, daß das Kloster versinke. Äußerste Verwirrung herrschte, alle Welt glaubte an ein Erdbeben. Ungefähr eine Stunde nach dem Einsturz des Marmorfußbodens der Kirche drang Signora von Campireali, ihr voran die drei Bravi aus Helenas Diensten, durch den unterirdischen Gang in den Kerker.

„Sieg, Sieg, Herrin!“ riefen die Bravi. Helena befiel Todesangst, sie glaubte, daß Giulio Branciforte mit ihnen käme. Sie beruhigte sich und ihre Züge nahmen den gewohnten strengen Ausdruck an, als sie ihr sagten, daß sie nur Signora von Campireali begleiteten und daß Giulio noch in Albano sei, welches er mit wenigen tausend Mann besetzt hielte.

Другие книги автора