Liebe des Todes

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Aus der Reihe: Liebe des... #1
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„Klingt nach einem vernünftigen Plan.“ Manchmal nervte ihre Klugscheißerei einfach nur, doch ich sagte nichts mehr und suchte weiter die Masse nach dir ab. Es dauerte auch nicht lange, obwohl es mir wie eine Ewigkeit vorkam, bis ich dich schließlich entdeckte und du auch mir bereits zuwinktest.

„Hallo, Basti“, begrüßtest du mich, wobei ich dir gerne einen Kuss gegeben hätte, doch du hattest es geschickt zu einer Umarmung abgewandelt, bevor du dich an Cathy wandtest: „Und wer ist die schöne Dame? Du sitzt in der Schule neben Basti, stimmt’s?“

„Ähm, ja. Ich heiße Cathy“, stellte sich meine Freundin vor, wobei ich dann erst erkannte, dass dein Körper mit blauen Flecken übersät war. Auch Cathy schien dieser Umstand aufzufallen, denn sie sprach dich sofort darauf an: „Woher hast du denn die ganzen blauen Flecken?“

„Ach, Skateboard fahren ist manchmal sehr schmerzhaft.“ Du winktest ab und ich zwang mich dazu diese Erklärung zu glauben. Normalerweise ging das Skateboard fahren mit Prellungen und Schürfwunden einher. Doch von Zweiteren fehlte jegliche Spur.

„Du fährst Skateboard? Das ist ja total cool.“ Cathy war sofort von dir begeistert, was mich leicht lächeln ließ. Es tat gut zu sehen, dass ihr euch anscheinend zu verstehen schient, wodurch ich mein Handtuch ruhig neben dir ausbreitete und ich schließlich meine Kleidung fallen ließ bis ich nur noch in Badeshorts da stand. Ruhig nahm ich auf meinem Handtuch Platz und begann mich mit der Sonnencreme einzuschmieren.

„Komm, Sebilein. Ich schmier dir den Rücken ein.“ Cathy war gleich bei mir und nahm ihre eigene Sonnenmilch, wobei ich es geschehen ließ. Nur ein kurzer Blick zu dir gab dir zu verstehen, dass mir deine Hände gerade viel lieber gewesen wären, aber das wäre zu auffällig, vor allem weil Cathy das schon, seit wir zusammen schwimmen gingen, immer tat. Genauso ich bei ihr.

„Schmierst du mir auch den Rücken ein?“, hörte ich deine Stimme, als ich Cathys Rücken versorgt hatte, wobei du mir deine Sonnencreme unter die Nase hieltest und ich sie mit einem Lächeln entgegen nahm. „Gerne doch.“

Du wandest mir auch schon deine Kehrseite zu und nahmst die Haare zu dir nach vorne, sodass sie mir nicht im Weg standen, wodurch ich ein wenig des flüssigen Sonnenschutzes in meine Hand laufen ließ, bevor ich es dann mit zarten Berührungen auf deiner Haut verteilte.

Es fühlte sich so gut an, dich zu berühren, und ich war froh, dass du es geschehen ließest, wobei ich bei den blauen Flecken sehr vorsichtig war und mir vornahm, dass ich dich darauf noch einmal ansprechen würde, wenn wir alleine waren. Irgendetwas stimmte an deiner Geschichte nicht.

„Du musst mir später noch deine Handynummer geben. Damit wir uns im Notfall erreichen können. Ich wusste vorher nicht, ob du schon drinnen bist oder noch draußen auf uns wartest“, sprach ich das Thema mit der Handynummer an und ich sah dein Nicken. „Ist in Ordnung. Bekommst du dann gleich.“

Als ich schließlich fertig war, gab ich dir die Tube zurück und legte mich zurück auf mein Handtuch, um zu warten, dass die Creme eingezogen war. Dabei nahm ich am Rand wahr, dass du dich ein wenig mit Cathy unterhieltest.

Eigentlich wollte ich zuhören, doch daraus wurde irgendwie nichts, denn ich versank eher in der Schönheit deines Anblicks und musste gegen den Drang kämpfen, dich einfach zu umarmen und zu berühren. Wir waren hier in der Öffentlichkeit, deswegen würdest du es auf gar keinen Fall zulassen. Und ich wollte unsere junge Beziehung nicht zerstören.

Dennoch ließ ich meinen Arm so zur Seite fallen, dass er an deinem Bein zum Liegen kam. Es wirkte, als würden wir uns nur beiläufig berühren, doch für mich reichte diese Verbindung schon, um das Verlangen nach dir ein wenig besser in den Griff zu bekommen…

„Los, Jungs! Lasst uns ins Wasser gehen! Wir sind schließlich nicht nur hier, um in der Sonne zu liegen, sondern auch, um ein wenig zu schwimmen!“ Cathy griff nach unser beider Hände, um uns dann in die Höhe zu ziehen. Sie hätte es niemals geschafft, wenn wir es nicht gewollt hätten, doch wir ließen uns mit einem leichten Lächeln hochziehen.

Kurz tauschte ich einen Blick mit dir, wobei du mir ein sanftes Lächeln schenktest, was mein Herz in die Lüfte beförderte. Und auch wenn der Drang, dich zu küssen, gerade übermächtig zu werden schien, zwang ich mich, meinen Blick von dir abzuwenden und lieber den Rücken von Cathy anzuschauen, die uns immer noch an der Hand hielt und in Richtung Wasser zog.

„Gott, ist das kalt!“, erklang Cathys Stimme, als sie probeweise nur einen Zeh ins Wasser hielt. „Das hat das Schwimmerbecken so an sich.“ Ich zuckte mit den Schultern und glitt ohne eine Regung in das Becken. Ich war da nicht so empfindlich. Dafür gefiel mir die Hitze nicht, was Cathy wiederum kaum berührte.

Aber auch du nahmst erst einmal nur am Rand Platz, wobei du nur die Beine ins Wasser baumeln ließest. „Oliver scheint es genauso zu gehen“, begehrte Cathy sofort auf, um mich als unnormal dastehen zu lassen. Ich lachte nur auf, weil ich dieses Spiel kannte und sah auf meinen Geliebten. „Ist es dir zu kalt?“

„Nein, ich kann nicht schwimmen...“ Nur ein Schulterzucken von deiner Seite, wobei ich deine Worte kaum glauben konnte und auch Cathy sah dich geschockt an. Wir hatten so etwas noch nie gehört, doch auch wenn du so tatest, als wäre es dir egal. Ich erkannte, dass es dir unangenehm war, weil du leicht auf deiner Unterlippe herumkautest.

Sofort war ich neben dir am Rand und sah zu dir auf: „Warum nicht? Soll ich es dir beibringen?“

„Nein, nicht nötig. Ich kann damit ganz gut leben.“ Ich sah, dass es dir nicht egal war, wodurch ich dich noch eine Weile beobachtete und mich dann wieder an Cathy wandte: „Lust ein paar Bahnen zu schwimmen?“

„Ist das für dich in Ordnung?“ Sie sah dich an und du nicktest mit einem wunderschönen Lächeln, das jeden getäuscht hätte, doch mich nicht. Ich wusste, wie du lächeltest, wenn du es ernst meintest, doch jetzt überspieltest du nur deine Verletztheit damit.

Langsam kam meine beste Freundin zu mir ins Wasser und ich sah dich noch einmal besorgt an. „Tu mir einen Gefallen und geh vom Rand weg, okay? Ich hab Angst, dass du unfreiwillig ins Wasser geschickt wirst.“

„Das passiert schon nicht. Ich schau euch eine Weile zu, okay?“, winktest du ab, was meinen Blick noch besorgter machte und ich hoffte, dass du Recht hattest. Doch ich kannte die Leute in diesem Bad und so jemand wie du wurde gerne beim Vorbeilaufen ins Wasser geschubst. Das war normal. Ob man denjenigen jetzt kannte oder nicht war egal. Es zählte nur, dass man jemand einen Streich gespielt hatte.

„Okay, aber pass auf, ja?“ Ich wünschte, ich könnte die Sorge aus meiner Stimme verbannen, denn sie gefährdete unsere Tarnung, doch Cathy war schon ein wenig von uns entfernt, wodurch ich noch einmal ein wenig näher kam und dir sanft über deine Unterschenkel strich. Es war unter Wasser also dürfte es niemand sehen.

„Ja, versprochen. Und jetzt geh. Sonst hängt dich Cathy noch ab.“ Du scheuchtest mich mit einem Lachen weg, wobei ich ebenfalls kurz lächelte. Es sollte meine Sorge beseitigen, doch das tat es nicht, wodurch ich sehr lange brauchte, bis ich mich von dir lösen konnte und zu Cathy aufschloss.

„Ist mit Oliver alles in Ordnung?“, fragte sie mich, als ich neben ihr ankam und mich mit ausgreifenden Bewegungen durch das Wasser zog.

„Ja, ich glaube schon. Ich mach mir halt nur Sorgen, falls man ihn ins Wasser schubst“, erklärte ich ihr meine Gefühlslage, wodurch sie mich sanft anlächelte. „Keine Sorge. Wir sind ja im Becken und können ihm dann helfen, wenn es passieren sollte. Außerdem wäre der Rand ja nicht weit weg. Er wird schon wissen, was er sich zumuten kann.“

„Aber er kennt die Penner von unserem Städtchen nicht, die einen einfach mal rein stoßen. Egal, ob man schwimmen kann oder nicht. Das ist denen doch egal und helfen würden sie ihm dann auch nicht.“ Es schwang mehr Hass mit, als ich eigentlich wollte, wodurch mich Cathy besorgt ansah. „Er ist dir sehr wichtig, kann das sein?“

Ich zuckte kurz zusammen und lächelte dann ein wenig peinlich berührt. „Na ja, bei dir würde es mir auch nicht anders gehen. Ich verstehe mich halt sehr gut mit ihm und wir sind schon gute Freunde geworden.“

„Das ging aber schnell.“ Ich ignorierte die Skepsis in ihren Worten, wobei ich dann weiter neben ihr her schwamm.

All meine Sinne waren gespannt, ob ich irgendwo ein Platschen hörte und jedes Mal zuckte ich zusammen, wobei mein Blick sofort zu dir glitt. Doch du saßest immer noch am Rand und winktest mir jedes Mal zu, wofür ich dich schon fast hasste, weil es irgendwie spöttisch wirkte.

Doch als wir uns gerade auf den Rückweg zu dir machten, sah ich, wie eine Gruppe Jugendliche an dir vorbeilief und dich einfach schubsten. Mein Herz blieb stehen und das Ganze geschah wie in Zeitlupe vor meinen Augen. Ich sah dein erschrockenen Gesichtsausdruck und deinen verzweifelten Versuch, irgendwo Halt zu finden, bevor dein Körper im Wasser verschwand.

Ohne mein bewusstes Zutun beschleunigte ich mein Schwimmtempo und auch Cathy neben mir wechselte ihren Stil, um schneller voranzukommen. Immer wieder sah ich deinen Körper untergehen, wobei du nach Hilfe rufen wolltest, doch das Wasser erstickte fast jeden Laut von dir.

Wo war nur der Bademeister, wenn jemand Hilfe brauchte? Immer wieder suchte mein Blick hektisch die Umgebung ab, doch außer ein paar Gaffer konnte ich nichts erkennen. Warum holte niemand Hilfe? Ich verstand das nicht.

Es dauerte in meiner Welt viel zu lange, bis ich bei dir angekommen war und mein Arm deinen Körper umschloss. Doch als ich dich in Richtung Rand bringen wollte, drücktest du mich in deiner ganzen Panik selbst unter Wasser, wodurch ich Mühe und Not hatte mich selbst über das tödliche Nass zu halten.

 

Es begann ein Rangen zwischen uns, wobei ich dir immer wieder beruhigend zuflüsterte: „Ich halte dich. Vertrau mir. Bitte.“

Doch sie schienen nicht in deine von Panik gestürmten Gedanken zu kommen, denn deine Bewegungen wurden verzweifelter und ich selbst hatte immer mehr Mühe dich zu halten, bevor ich dann ein Herz fasste. „Es tut mir Leid.“

Ich drückte dich meinerseits kurz unter Wasser, damit du dich beruhigtest und es schien direkt zu helfen, denn als ich dich wieder hoch holte, legtest du nur deine Arme um meinen Hals und drücktest dich verzweifelt an mich.

Mit einer Hand stützte ich deinen Rücken ab, während ich die andere zum Schwimmen hernahm und die wenigen Meter zum Rand zurücklegte, um dich dann aus dem Wasser zu heben und auf den Rand zu setzen. Sofort zog ich mich neben dir heraus und nahm an deiner Seite Platz. „Geht’s wieder?“

Besorgt hielt ich deine Hand und strich dir beruhigend über den Rücken. Es war mir in diesem Moment egal, was die Leute dachten oder sahen. Dir ging es schlecht und ich wollte für dich da sein. Immer wieder hustetest du und holtest dann zittrig Luft.

Nach einer schieren Ewigkeit kam ein Nicken von dir, wobei du meine Hand leicht drücktest und nun kam auch Cathy zu uns. „Alles in Ordnung bei euch?“

Sie hatte den Bademeister im Schlepptau, wobei sich dieser sofort zu dir kniete. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung? Fühlen Sie sich gut oder wollen Sie einen Arzt?“

Erneut nicktest du. „Es geht schon. Danke.“ Ich hasste diesen Kerl dafür, dass er erst jetzt auftauchte, doch ich wusste nicht, wo er gewesen war und er konnte nicht alles im Auge behalten, wodurch ich das Gefühl tief in meinem Inneren einkerkerte und dich noch einmal besorgt ansah. „Komm, lass uns zu unseren Handtüchern gehen.“

Ich half dir beim Aufstehen und führte dich zurück an unseren Platz. Cathy folgte uns. Ihr Gesicht war genauso blass, wie ich mich fühlte. Ich war einfach nur froh, dass alles noch einmal gut gegangen war…

Behutsam legte ich dir mein eigenes Handtuch um die Schultern, sodass du auf keinen Fall frorst. Mir selbst war es gerade egal, dass ich in dem Gras saß und selber nichts besaß, mit dem ich mich hätte abtrocknen können. Du warst in diesem Moment einfach wichtiger.

Cathy sah besorgt auf uns herab, bevor sie dann sanft nach meinem Arm griff. „Kommst du kurz mit. Ich würde gerne mit dir reden.“

Ich sah zu dir, wobei du nur lächeltest und nicktest. „Geh schon. Ich komm schon klar. Das böse Wasser ist ja jetzt weit weg.“

Deine Worte ließen mich kurz schmunzeln, bevor ich dann schließlich aufstand und Cathy folgte, die ein paar Schritte von unseren Platz wegging, sodass wir nicht mehr in Hörweite von dir waren.

„Was gibt es?“, fragte ich dann ruhig und sah sie abwartend an, wobei ihr Blick besorgt auf mir lag und noch einmal kurz prüfend zu dir wanderte, bevor sie dann endlich zu sprechen begann: „Sebilein, ich weiß ja nicht, was du hier für eine Show abziehst, aber ihr seid keine Freunde. Du bist viel zu fürsorglich zu ihm. So benimmst du dich nur, wenn du jemanden liebst und nachdem er es geschehen lässt, bestätigt dies meine Vermutung, dass ihr ein Paar seid. Habe ich Recht?“

Ich stockte und sah sie entsetzt an, wodurch ihr Blick noch besorgter wurde. „Deine Reaktion lässt deuten, dass ich ins Schwarze getroffen habe. Wie lange geht das schon?“

„Seit gestern und bitte, sag es niemanden. Wir wollen es geheim halten. Du weißt ja, wie die Welt in diesem Fall ist.“ Ich wusste, dass es keinen Sinn mehr hatte, es zu leugnen, und vielleicht war es ganz gut, wenn man einen Verbündeten hatte.

Ein kurzes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, bevor sie dann nickte. „Ist in Ordnung. Euer Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben. Doch du solltest dich jetzt langsam beruhigen und wieder normal werden, sonst merken das noch mehr Leute.“

Ich war froh, dass sie auf meiner Seite war und so lächelte ich leicht und nickte, um mit ihr dann zurück zu dir zu gehen. Cathy nahm nun wieder neben dir Platz, wobei sie dir ebenfalls kurz über den Arm strich. Sofort wichst du dieser Berührung aus und sahst sie geschockt an.

„Lass das bitte.“ Deine Stimme war leise und ich nahm auf meinen Handtuch, das du mittlerweile wieder abgelegt hattest, Platz, wobei ich dich kurz anlächelte. „Sie weiß Bescheid über uns.“

Entsetzten trat in deine Augen, bevor du dich zu Cathy wandtest und dann plötzlich hektisch alles zusammenpacktest. „Ich… ich muss jetzt gehen.“

Ich verstand nicht und auch meine Freundin sah dich verwirrt an, wobei ich dich kurz aufhielt, als du gänzlich flüchten wolltest. „Sehen wir uns morgen wieder?“

„Das weiß ich noch nicht.“ Diese Angst in deinen Augen hatte ich gestern Abend schon einmal gesehen und auch jetzt versetzte sie mir wieder einen Stich ins Herz, wobei ich deinen Arm losließ und du dann gänzlich aus dem Schwimmbad flüchtetest.

„Was ist jetzt passiert?“ Cathy verstand gar nichts. Dafür verstand ich umso mehr. Das, was du gestern so sehr gefürchtet hattest, war wahr geworden. Du wolltest diese Beziehung geheim halten, doch es gelang uns nicht einmal einen Tag lang. Darum wolltest du sie nun beenden.

„Er hat Angst“, meinte ich leise, wobei Cathy schon näher zu mir kam und somit die Lücke zwischen uns schloss, die du dort hinterlassen hattest. Ich spürte ihre zierliche Hand auf meinem Arm und ließ es geschehen. „Wovor hat er Angst?“

„Davor, was die Öffentlichkeit mit Homosexuellen macht.“ Ich seufzte schwer. „Er wird mich nun meiden. Ich hab ihn verloren.“

Ich spürte, wie Tränen in meinen Augen brannten, wodurch ich instinktiv meine Beine an meinen Körper zog, um mich so selbst zu schützen, wobei ich erneut die Berührung von Cathy auf meiner Schulter spürte. „Komm, lass uns auch gehen. Es wäre nicht gut, wenn du jetzt hier weinst. Ich kenn' dich, Sebilein. Deswegen wusste ich, was da zwischen euch abging. Aber die Allgemeinheit kennt euch nicht und wenn sie etwas nicht sehen will, dann erkennt sie es auch nicht. Eure Beziehung ist noch lange nicht verloren.“

Sie packte ihre Sachen zusammen und ich tat es ihr gleich. Zog mich wieder an, wobei ich sie doch kurz beneidete, denn sie musste sich nur ein Kleid überstreifen und war dann fertig, während ich ein paar Sachen mehr besaß, doch schließlich schulterten wir beide unsere Taschen und verließen gemeinsam das Bad.

„Geh du nach Hause. Ich werde Oliver aufsuchen und mit ihm reden, wenn es für dich okay ist.“ Ein sanftes Lächeln kam mir entgegen und ich nickte leicht, bevor wir uns zum Abschied umarmten und sich unsere Wege trennten.

Ich wusste selbst nicht, wo du wohntest, doch irgendwie schien Cathy eine Idee zu haben, wo sie dich fand oder wie sie deinen Wohnort herausfand. Dadurch entschloss ich mich, ihr einfach zu vertrauen und selbst nach Hause zu gehen, um mich wieder zu beruhigen.

Der Tag war nicht spurlos an mir vorüber gegangen. Erst wärst du vor meinen Augen beinahe ertrunken und dann entferntest du mich auch noch aus deinem Leben.

Ein Seufzer stahl sich über meine Lippen, als ich nach meinem Handy griff und dir eine SMS schrieb: Ich muss mit dir reden. Bitte lass es nicht so zwischen uns enden. Das hat unsere Liebe nicht verdient. Hättest du heute Abend Zeit zum Telefonieren?

Ich strich mir erschöpft durch die Haare, bevor ich dann meine Tasche auf dem Gepäckträger meines Fahrrades befestigte, um mich dann auf die Heimfahrt zu machen.

Es hätte ein so schöner Tag werden können. Doch es hatte wohl nicht sein sollen…

Kapitel 3

Zuhause angekommen war ich sofort in mein Zimmer gegangen. Schmiss die Tasche nur in irgendeine Ecke und legte mich selbst auf das Bett, wobei ich mein Kissen verzweifelt an meinen Körper drückte und somit versuchte diese Leere irgendwie auszufüllen.

Ich wusste, dass Liebe schmerzen konnte und ich hatte es auch schon oft genug selbst erlebt, doch es hatte bis jetzt nie so wehgetan. Ich fühlte mich verloren und verlassen, obwohl ich nur ins Wohnzimmer gehen müsste, um dort meine Eltern zu treffen. Doch ich wollte sie nicht sehen.

Meine rechte Hand umklammerte immer noch mein Handy. Ich wartete auf eine Antwort von dir, dass wir miteinander sprechen konnten. So sehr hoffte ich auf das erlösende Vibrieren, doch es geschah nicht. Mein Zimmer blieb still. Nur das Ticken der Uhr an meiner Wand war zu hören und diese Monotonie machte mich fast wahnsinnig.

Schreib mir. Ruf an. Gib mir ein Lebenszeichen. Ich will dich nicht verlieren.

Es hat doch alles so wunderschön begonnen. Wir hatten uns doch geeinigt, dass wir es versuchten. Warum hattest du solch große Angst?

Erneut entwich mir ein Schluchzen, als ich mich enger zusammenrollte und mein Gesicht in das Kissen drückte, sodass der Stoff meine Tränen sofort aufnahm und sie niemand sah. Ich fühlte mich so schwach. Nichts war von dem Hochgefühl, als ich dich für mich gewinnen konnte und dann auch noch dein Leben gerettet hatte, übrig geblieben.

„Ruf an.“ Meine Stimme zerbrach fast. „Schreib mir wenigstens.“ Doch mein Handy rührte sich nicht. Ich wollte dich sehen. Mit dir sprechen und dir alles erklären. Meine einzige Hoffnung war Cathy. Ich wünschte mir, dass sie bei dir etwas erreichte und dir die Situation erklären konnte.

Ich wusste nicht, wie lange ich einfach nur da lag und stumm weinte, während ich weiter mein Handy anflehte dass es sich irgendwie bewegte. Du solltest dich melden und diesen Schmerz in meinem Herzen wegnehmen. Ich wollte dich wieder spüren und küssen. Alleine bei dem Gedanken, dass ich dein Lächeln nicht mehr sehen würde, zerbrach mein Herz.

Ich musste schmunzeln, als ich selbst bemerkte in welche Kreise meine Gedanken gingen. So etwas war ich von mir gar nicht gewohnt und ich hatte über die Mädchen immer den Kopf geschüttelt, wenn sie mir ihr Leid beichteten. Niemals hätte ich geglaubt, dass man einem Menschen so schnell verfallen könnte. Doch jetzt war es mir selbst passiert und es zerriss mich fast.

Tick Tack

Tick Tack

Tick Tack

Dingdong

Tick Tack

Tick Tack

Ich hörte die Stimmen auf dem Flur, doch ich starrte weiter mein Handy an und wartete auf eine Reaktion von dir, als es plötzlich an meiner Zimmertür klopfte und man, ohne auf eine Erlaubnis zu warten, eintrat.

Es war mir egal, wer dort stand und ich ignorierte auch die Blicke, die auf mir ruhten, während ich weiter das Handy in meiner Hand anstarrte. Wenn er das Ansehen überflüssig geworden war, dann würde sich der Eindringling schon melden.

Ich selbst versuchte derweil nicht zu weinen und die Schluchzer, so gut es ging, irgendwie zu unterdrücken. Warum sagte er nichts? Worauf wartete er? Wollte er sich nicht einmal vorstellen?

Langsam erwachte die Wut in meinem Körper und im nächsten Moment näherte sich der Eindringling meinem Bett, um sich dann hinter mir auf die Matratze zu setzen. Der Hass in meinem Inneren wuchs immer weiter an, wobei ich dann schon deinen Duft wahrnahm und mich überrascht zu dir wandte.

„Oliver?!“ Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, als ich in deine neckischen Saphire blickte und ich konnte nicht anders, als dich einfach nur zu umarmen. Es tat gut, dich zu sehen und auch der Fakt, dass du mich nicht von dir schobst, verlieh mir Flügel und vertrieb den Schmerz in meinem Inneren.

„Ja, so heiß ich.“ Du lachtest amüsiert auf und erwidertest die sanfte Umarmung, wobei du deinen Kopf ebenfalls auf meine Schulter legtest und ich so deinen Duft noch besser einatmen konnte. Deine Wärme an meiner Haut zu spüren war ein wunderschönes Gefühl.

„Warum bist du gekommen?“ Ich trennte mich verwirrt von dir und sah dich dann ruhig an, wobei du erneut leicht lächeltest. „Cathy hat mich auf dem Sportplatz aufgesammelt und mit mir gesprochen. Sie hat mir ins Gewissen geredet und ein paar Dinge erklärt. Ja, eigentlich wollte ich danach nach Hause gehen, doch irgendwie bin ich hier gelandet, obwohl dein Zuhause gar nicht auf dem Weg liegt.“

Erneut lachtest du und wieder spürte ich das Glück in mir, während ich weiter deinen Worten lauschte: „Ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich zu dir gehen sollte, aber dann dachte ich mir, dass ich ja eh schon hier war und du ja sowieso mit mir reden wolltest und habe geklingelt. Deine Mutter hat mich rein gelassen und gleich weiter in dein Zimmer geleitet. Tja, und nun bin ich da. Den Rest kennst du ja.“

 

Ich wusste, dass du über deine Entdeckung nicht sprechen wolltest, denn ich hatte den Schmerz kurz aufblitzen sehen und auch wenn es mich eigentlich hätte traurig stimmen sollen, freute es mich irgendwie, dass meine schlechte Verfassung dich nicht kalt ließ.

„Danke.“ Ich wusste nicht, was ich sonst hätte sagen sollen, wobei ich sanft nach deiner Hand griff und sie streichelte.

„Keine Ursache. Ich habe vielleicht ein wenig überstürzt gehandelt“, nahmst du den Dank an, wobei ich erneut einen blauen Fleck durchschimmern sah und mich erinnerte, dass ich dieses Thema ja besprechen wollte: „Die blauen Flecken?“

„Ja, was ist mit ihnen?“ Du sahst mich ruhig an und ich schluckte kurz trocken, als ich die Angst vor der Wahrheit in mir spürte, doch dann zwang ich mich zu der nächsten Frage: „Sie sind nicht nur vom Skateboard fahren, habe ich Recht?“

Du wichst meinen Blick aus und schienst nach Worten zu suchen, bevor ein Seufzer über deine Lippen kam und du leicht nicktest: „Ja, du hast Recht. Es gab einen Grund, warum ich hierher gezogen bin und auf eure Schule kam.“

Eigentlich wolltest du mir deine Hand entziehen, doch ich ließ es nicht geschehen, wodurch du dir nur unsicher über den Oberarm fuhrst, ehe du dann weitersprachst: „Ich hatte Ärger auf meiner alten Schule und in meinem alten Dorf. Sie haben meine Sexualität erkannt und sind über mich hergefallen. Am Anfang war es harmlos. Sie haben mich nur angerempelt oder geschubst. Doch irgendwann sind sie auf mich losgegangen. Zu Beginn nur ein oder zwei Schläge, doch irgendwann haben sie mich damit ins Krankenhaus geschickt. Die blauen Flecken sind die letzten Zeichen davon. Als meine Eltern das mitbekommen hatten, entschlossen sie sich, umzuziehen. Es ging alles sehr schnell. Ich weiß heute noch nicht, wie sie das angestellt hatten, aber als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, konnte ich schon mein neues Zimmer beziehen.“

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass da noch etwas kam, doch ich wartete vergebens. Du schwiegst und somit drückte ich leicht deine Hand, bevor ich meine freie erhob, um dir über die Wange zu streicheln.

Es fühlte sich so gut an, dich zu berühren, wodurch ich mich nicht länger zurückhalten konnte und den Abstand zwischen uns überwand, um dich zu küssen. Ich wusste, dass meine Eltern da waren und du anscheinend auch, denn du drücktest mich augenblicklich wieder von dir weg. „Basti. Deine Eltern.“

Erneut war dort diese Panik, die ich nun langsam besser verstand, weshalb ich kurz lächelte und dich zu beruhigen versuchte: „Keine Angst. Sie klopfen vorher an und warten auch auf eine Erlaubnis. Nicht so wie du.“

Der letzte Satz war neckisch gemeint und er ließ dich ebenfalls lächeln: „Tut mir Leid. Ich konnte nicht darauf warten.“

„Warum nicht?“ Meine Stimme war nur ein Flüstern und erneut verlor ich mich in deinen Augen, während ich auf deine Antwort wartete.

„Weil ich dich sehen wollte.“ Die Worte von dir waren nur ein Windhauch, doch ich konnte sie verstehen, wodurch ich dich zu mir zog. Dann ließ ich mich nach hinten fallen und nahm dich mit mir. Meine Armen schlangen sich noch im Fall um deinen Hals und drückten dich so gänzlich auf mich, ehe wir uns erneut küssten.

Bitte verschwinde nie wieder…

Wir lagen lange nur da. Ich hielt dich fest und immer wieder küsste ich dich. Deine Lippen, deine Stirn, deine Nase oder deine Wangen. Ich konnte einfach nicht anders und ließ auch meine Hände ruhig über deinen Körper wandern.

„Ich bin so froh, dass du wieder hier bist.“ Ich konnte mein Glück gar nicht fassen und musterte dich ebenso ungläubig aber glücklich, während ich dich sanft streichelte, um dir Sicherheit und Ruhe zu geben.

„Ich auch.“ Die Freude in deiner Stimme war hörbar echt und ich kuschelte mich noch einmal näher an dich, dabei nahm ich deinen Duft in mir auf und spürte weiter deine Wärme auf meiner Haut.

„Wie hat dich Cathy denn überzeugen können?“, fragte ich schließlich in die Stille hinein und ich sah, wie dein Lächeln eine Spur breiter wurde.

„Mit vielem. Sie hat mich zugetextet, dass es nichts zu bedeuten hatte, wenn sie es gemerkt hat, weil sie dich schon so lange kennt und es schade ist, wenn man seine Gefühle aus Angst wegwirft. Außerdem meinte sie, dass du deine Beziehungen noch nie geheim halten musstest und ein sehr leidenschaftlicher Liebhaber wärst, wodurch du öfters wohl nicht merken wirst, wenn du über die Stränge schlägst. Aber dass ich dir all dies nicht übel nehmen sollte, denn es würde mir nur zeigen, wie wichtig ich dir wäre. Und selbst wenn es Probleme geben sollte, dann wärst du da, um mich zu verteidigen. Du kämpfst für deine Liebsten und hast wohl auch sie schon öfters verteidigt“, rekonstruiertest du einen Teil des Gesprächs, was mich leicht auflachen ließ.

„Oh ja, das klingt nach Cathy und ja, sie hat wohl auch Recht. Ich bin ein Tiger, wenn es darum geht, die Menschen zu beschützen, die mir wichtig sind. Und auch wenn ich versuchen werde, dass unsere Beziehung geheim bleibt, so solltest du auch wissen, falls es nicht klappt und es doch irgendwie ans Licht kommt, dass ich dann für dich kämpfen werde. Jeder, der ein Problem mit dir hätte, würde auch eines mit mir bekommen. Ich werde nicht zulassen, dass man dich erneut so verprügelt wie damals.“ Meine Stimme war ruhig und ich strich dir eine Strähne aus dem Gesicht, bevor ich weiter über die Wange fuhr, hinab zu deinen Lippen, die sich bei der Berührung leicht öffneten, was einen angenehmen Schauer durch meinen Körper jagte und die Lust in mir steigerte, wodurch ich zu dir kam und dich erneut küsste.

Dein Geschmack machte mich trunken. Er war fantastisch und nahm mich vollkommen ein. Wenn ich daraus Kraft schöpfen könnte, dann würde ich mich nur noch von deinen Küssen ernähren, doch dies würde wohl leider nicht lange gut gehen. Noch nie hatte mir etwas so gut geschmeckt.

Schweren Herzens trennte ich mich von dir, doch als sich kurz darauf unsere Blicke trafen, verlor ich mich erneut in deinen Augen. Ich könnte die ganze Zeit hier liegen und dich ansehen. Damit war ich glücklich und ich wollte nichts anderes tun. Im nächsten Moment erklang jedoch ein Klopfen an der Tür und schneller als ich schauen konnte, warst du von mir weg und sahst am andere Ende des Bettes.

Unsicher richtete ich mich auf und sah dich verwirrt an. Erneut erkannte ich diese Angst in deinem Blick, die mir einen Stich ins Herzens versetzte, doch ich seufzte nur und nahm ebenfalls Platz, bevor ich meine Stimme erhob: „Herein.“

Die Tür öffnete sich und meine Mutter tauchte in ihr auf, wobei sie uns sanft anlächelte. „Wir würden nun Kaffee trinken und Kuchen essen. Wollt ihr auch etwas?“

Mein Blick glitt zu dir und du nicktest dann sanft. „Oh ja, das klingt lecker.“ Du entspanntest dich langsam wieder und auch ich stimmte zu: „Wir kommen gleich.“

„Okay, lasst euch Zeit. Du willst wahrscheinlich deinen üblichen Kaffee und was kann ich dir machen, Oliver?“, wandte sich meine Mutter zu dir, wobei du kurz überlegtest: „Ich hätte wenn möglich gerne einen Kakao.“

„Natürlich geht das.“ Somit verschwand sie wieder und wir waren erneut allein. Es dauerte nur zwei Atemzüge, ehe du dich von deinem Platz trenntest und zurück in meine Arme kamst. Dein Kopf schien sich schon fast automatisch auf meine Brust zu legen und ich lächelte erneut leicht.

Sanft streichelte ich dein wildes rotes Haar und sah dich einfach nur an. Damit könnte ich wirklich den ganzen Tag verbringen, wobei ich eine Ahnung hatte, dass es dir irgendwann zu langweilig werden würde. Du brauchtest Aktion und Unternehmungen.

„Ich werde nach dem Kuchen gehen“, durchbrach deine Stimme die Stille und erneut kehrte der Verlustschmerz zu mir zurück, wodurch ich ein wenig überstürzt reagierte: „Warum?“

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