Passion between us

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Aus der Reihe: Between us #1
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„Cady?“, höre ich Savannah laut von unten nach mir rufen.

Schnell werfe ich einen prüfenden Blick auf die große Uhr, die über dem Türrahmen hängt. Ich war so sehr in meine Gedanken versunken, dass ich gar nicht gehört habe, wie es geklingelt hat. Aber auch so hätte es mich nicht gewundert. Schließlich befindet sich mein Schlafzimmer am anderen Ende des Hauses und ich habe außerdem den Fernseher an. Da höre ich eigentlich nur etwas, wenn ich die Tür geöffnet habe.

„Ich bin oben“, erwidere ich laut.

Es dauert nicht lange, bis die Tür so schwungvoll geöffnet wird, sodass ich erschrocken zusammenzucke, und meine Freundin auf der Bildfläche erscheint. Bevor sie hineinkommt und die Tür wieder hinter sich schließt, oder etwas sagt, dreht sie sich noch einmal zum Flur um. Bei dieser Bewegung kann ich den Gesichtsausdruck erkennen, den sie aufgesetzt hat. Sie sieht aus, als würde sie sich davon überzeugen wollen, dass uns niemand hört. Erst, als sie sich anscheinend davon überzeugt hat, dass wir alleine sind, kommt sie hinein und schließt sie hinter sich.

„Was ist los?“, frage ich sie sichtlich irritiert.

Ich habe so ein Verhalten noch nie bei ihr beobachtet und dementsprechend auch keine Ahnung, was es zu bedeuten hat. Normalerweise ist es ihr nämlich egal, wer sich in unserer Nähe befindet. Wenn sie etwas zu sagen hat, macht sie es auch. Es ist ihr egal, ob es jemand hört oder nicht.

Um ihr zu verdeutlichen, dass ich keine Idee habe, was gerade in ihr vor sich geht, ziehe ich noch meine Augenbrauen ein Stück nach oben.

„Zum einen hättest du ruhig einen Ton darüber verlieren können, dass dein Bruder heute da ist. Das würde vor allem Lana interessieren. Oh Mann, sie wird ausrasten und ihm bei der nächsten Gelegenheit an den Hals springen, was ich aber nachvollziehen kann.“

„Ich habe es ihr heute verraten. Und er ist nicht nur heute hier, sondern wird die nächsten Wochen in Los Angeles verbringen“, unterbreche ich meine Freundin, bevor sie sich in Rage reden kann.

Überrascht sieht sie mich an.

„Etwa auch dieser heiße Typ, der sich ebenfalls unten befindet? Und das bringt mich direkt zum zweiten Punkt. Wer ist das?“

Ihr überraschter Gesichtsausdruck ist verschwunden. Dafür lehnt sie sich mit weit aufgerissenen Augen ein Stück nach vorne und zeigt in die Richtung der Tür.

Doch das ist nicht mein eigentliches Problem. Ihre Worte sorgen nämlich dafür, dass ich wieder sein Gesicht vor Augen habe. In den letzten Stunden habe ich es wunderbar geschafft, ihm aus dem Weg zu gehen. Das hat sich nun aber in Luft aufgelöst. Und das nur, weil meine Freundin ihn als heiß bezeichnet hat. Bis jetzt hatte ich keinen Grund, wieso ich an ihn denken sollte. Nun kommt mir auch unsere kurze Unterhaltung wieder in den Sinn und die Art, wie er mit mir geflirtet hat. Und ich habe nichts unternommen, um dem entgegenzuwirken.

„Cady? Bist du noch da?“, fragt Savannah und zieht mich so wieder auf die Unterhaltung. „Wer ist der Typ?“

„Jax, ein Kumpel von meinem Bruder. Er wird ebenfalls die nächsten Wochen in der Stadt verbringen und solange hier wohnen“, erkläre ich ihr. Ich versuche so unbeeindruckt wie möglich zu klingen.

Kaum habe ich ausgesprochen höre ich, wie sie leise pfeift. Ich brauche nicht großartig darüber nachzudenken um zu wissen, was das zu bedeuten hat. Sie spielt darauf an, dass ich mit ihm unter einem Dach leben werde. Das verraten mir unter anderem auch die großen Augen, die sie nun bekommt.

„Ich will mich nur vergewissern, dass ich dich auch wirklich richtig verstanden habe“, murmelt sie. „Aber du wirst die nächsten Wochen, während wir Semesterferien haben, mit ihm unter einem Dach wohnen? Zu jeder Tageszeit?“

„Ich kann dir versichern, dass er nicht sehr oft hier sein wird. Schließlich ist er ein Freund meines Bruders. Und ich glaube wir beide wissen sehr genau, was das bedeutet. Sie werden ständig unterwegs sein, Partys unsicher machen und Frauen aufreißen.“

„Dein Bruder ist ein guter Mann“, verkündet sie überraschend. „Auf jeden Fall, wenn es um dich geht. Leider hat er aber auch so seine Momente, die nicht zu seinen Sternstunden gehören. Du wirst dir aber keine Sorgen machen müssen, dass Jax dir zu nahe kommt. Vor allem dann, wenn du das nicht willst. Mason wird schon auf dich aufpassen.“

Dem ersten Teil ihrer Aussage kann ich nicht widersprechen.

„Mason braucht nicht auf mich aufzupassen. Das schaffe ich auch alleine“, gehe ich auf den letzten Teil ein.

„Das kannst du und das weiß ich. Aber das ändert nichts daran, dass Jax hier sein wird“, fährt sie fort, bevor ich die Chance habe, das Thema auf etwas anderes zu lenken.

„Jap“, seufze ich also.

Ich weiß, dass sie mich so lange nicht in Ruhe lassen wird, bis ich ihr zugestimmt habe. Auf der anderen Seite würde ich das aber auch machen. Dennoch hoffe ich, dass das Thema damit vom Tisch ist. Ich habe keine Lust mich weiterhin über Jax zu unterhalten, auch wenn es da nichts gibt, über das man sich unterhalten könnte. Ich weiß nichts über ihn, da kann Savannah noch so sehr versuchen mich auszuquetschen, um mehr zu erfahren.

Ihr dringt ein erneutes Pfeifen über die Lippen was mir zeigt, dass das Thema noch lange nicht vorbei ist für sie.

„Das kannst du dir sparen“, weise ich sie an.

Gleichzeitig greife ich nach meinen Schuhen. Ich werfe ihr noch einen mahnenden Blick zu, während ich sie mir anziehe. Dann hänge ich mir meine Tasche über die Schulter. Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, verlasse ich mein Schlafzimmer. Es gibt da noch ein paar Sachen, die mir bereits auf der Zunge liegen. Doch ich weiß, dass es die Sache nicht unbedingt besser machen würde. Deswegen behalte ich sie für mich.

„Was kann ich mir sparen?“ Savannah tut so, als hätte sie keine Ahnung, wovon ich spreche.

Zu Schweigen macht es aber auch nicht besser, denke ich.

„Was dir gerade durch den Kopf geht“, erkläre ich ihr.

Ich betrachte sie eindringlich. Ich sehe ihr an, dass es ihr schwerfällt den Mund zu halten. Doch ich bin froh darüber, dass sie nichts weiter dazu sagt. Dennoch verrät mir eine leise Stimme, dass sie früher oder später wieder damit anfangen wird.

Bevor ich das Risiko eingehe, dass sie doch noch einen Kommentar von sich gibt, drehe ich mich um und gehe nach unten. Kaum habe ich den Wohnbereich betreten, geht die Haustür erneut auf. Lana und Liana erscheinen auf der Bildfläche und grinsen mich gut gelaunt an. Ein schlechtes Gefühl macht sich wieder in mir breit. Ich kann es nicht genau beschreiben, doch ich habe auch keine Zeit mehr, genauer darüber nachzudenken.

In der nächsten Sekunde bleibt Lana schlagartig stehen und sieht mich mit großen Augen an.

„Wow“, raunt sie in einem Ton, den ich nur zu gut kenne.

„Oh ja, die Männer werden ihre Augen überhaupt nicht von dir lassen können. Dreh dich“, fordert Liana mich auf. Sie bewegt ihren Finger im Kreis, um ihre Worte zu unterstreichen.

Brav gehorche ich, wobei ich meine Hüften von rechts nach links schwinge. Der dünne schwarze Stoff des Kleides liegt leicht auf meinem Körper, sodass es meine Kurven umspielt. Es ist nicht super kurz, aber dennoch nicht zu lang. Ein tiefer Ausschnitt lenkt die Aufmerksamkeit auf den Ansatz meiner Brüste, sodass sie etwas größer wirken, als sie es sind.

Eigentlich bin ich überhaupt kein Fan von solchen Kleidern. Das hier konnte ich aber nicht hängen lassen. Ich habe es gesehen, und musste es haben.

Gerade, als ich stehen bleiben will, um sie zu fragen, ob sie es wirklich so gut finden, fällt mein Blick auf Jax. Er sitzt auf dem Sofa und hat sich nach vorne gelehnt, sodass er sich mit den Ellbogen auf den Knien abstützen kann und seine Muskeln noch mehr angespannt sind. Sein Blick durchdringt mich und lässt mein Herz schneller schlagen. Er wendet sich von mir ab. Sofort bleibe ich stehen, als hätte man plötzlich meine Füße am Boden festgeklebt.

Erschrocken und auch ein wenig irritiert schaue ich ihn an. Ich habe nicht gemerkt, dass mein Bruder und sein Freund sich ebenfalls mit im Zimmer befinden. Zu meiner Verteidigung muss ich aber sagen, dass ich mehr auf meine Freundinnen, als auf meine Umgebung konzentriert war.

Am Rande höre ich, wie meine Freundinnen sich noch immer unterhalten. Mehrmals sagen sie mir, wie schön sie mein Kleid finden. Doch ich kann nicht mehr darauf reagieren. Ich weiche Jax nicht aus, auch wenn mein Verstand mich anschreit, dass ich das durchaus machen sollte.

Es ist, als würde ich mit offenen Augen ins Chaos rennen.

Es dauert einen Moment, doch schließlich merken sie, dass ich sie nicht mehr beachte und verstummen. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, dass alle drei sich neugierig in die Richtung drehen, in die ich schaue.

„Was?“, frage ich ihn, als er auch nach einer gefühlten Ewigkeit noch keinen Ton von sich gegeben hat. Auf diese Weise will ich die Stille durchbrechen, die sich über das Zimmer gelegt hat. Sie lässt mich wahnsinnig werden, sodass mir alle möglichen Szenarien durch den Kopf gehen, wie das hier ausgehen kann.

Obwohl er ein paar Meter von mir entfernt ist, erkenne ich das amüsierte Funkeln in seinen Augen. Langsam steht er auf und kommt mit geschmeidigen Schritten etwas näher. Sein Blick gleitet über meinen Körper, sodass mir heißer wird. Dann dreht er sich plötzlich zu meinem Bruder um.

„Du lässt zu, dass deine kleine Schwester so das Haus verlässt?“ Während er spricht macht er eine Handbewegung, die mein komplettes Outfit mit einbezieht.

Es dauert ein wenig, bis seine Frage bei mir angekommen ist. Dann stemme ich meine Hände in die Hüften und ziehe die Augenbrauen etwas nach oben. Mein Mund öffnet sich. Ich will ihm erklären, dass ich sehr wohl in der Lage bin alleine zu bestimmen, was ich anziehe und was nicht. Doch so weit komme ich nicht, da in diesem Moment bereits mein Bruder spricht.

 

„Wieso nicht?“, gibt er zurück und zuckt mit den Schultern. Mason scheint nicht zu wissen, worauf sein Freund hinaus will. Und ehrlich gesagt weiß ich das auch nicht so genau.

Jax sagt nichts. Sein Blick, als er sich mir wieder zuwendet, reicht aus, dass sich eine Gänsehaut auf meinem Körper bildet. Es ist beinahe so, als würde er durch mich hindurch sehen können.

Als würde er meine Gedanken lesen können. Ehrlich gesagt ist das etwas, was mir überhaupt nicht gefällt.

„Lana“, höre ich die Stimme meines Bruders, als er an uns vorbeigeht.

„Mason“, erwidert meine Freundin nur kühl.

Ohne noch einen weiteren Kommentar von sich zu geben, verschwindet er in der Küche. Unter anderen Umständen würde ich sein Verhalten seltsam finden. Bevor er und Lana sich in die Haare bekommen, ist es aber besser, wenn sie sich in zwei verschiedenen Räumen befinden und so wenig miteinander sprechen, wie es nur geht.

Aus Erfahrung kann ich sagen, dass es dennoch früher oder später zwischen den beiden krachen wird. Ich bin jedoch nur froh, dass es anscheinend nicht an diesem Abend passieren wird. Ich habe gerade keine Lust auf Streitereien.

Schon gar nicht, wenn Jax sich nur wenige Meter von mir entfernt befindet.

Leider muss ich mir nämlich eingestehen, dass ich gerade kaum noch klar denken kann. So wäre es mir auch unmöglich, dazwischenzugehen.

„Lasst uns verschwinden, bevor Lana noch ihren guten Vorsatz über den Haufen wirft, von dem sie mir vorhin ausführlich berichtet hat“, fordert Liana uns auf. Sie greift nach Lanas Hand und wendet mir den Rücken zu, um das Haus wieder zu verlassen.

Für die meisten würde das beinahe schon fluchtartige Verschwinden meiner Freundin wahrscheinlich merkwürdig aussehen. Wir alle wissen nur zu genau, dass es laut wird, wenn man ihnen die Chance dazu gibt. Außerdem habe auch ich nach den letzten Minuten nur noch den Wunsch, von hier zu verschwinden, wieder atmen zu können und mich mit etwas anderem befassen zu können.

Während ich den beiden hinaus folge muss ich mich zwingen, Jax nicht zu offensichtlich zu betrachten. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass er mir nachsieht.

Ich komme nicht drumherum zuzugeben, dass er mich ein wenig aus der Bahn zieht. Obwohl, nein. Ein wenig ist noch untertrieben. Wie er mich vorhin betrachtet hat, hat mich mehr als nur ein wenig aus der Bahn gezogen. Es hat dafür gesorgt, dass ich selber keine Kontrolle mehr über meinen Körper hatte, sonst hätte ich es geschafft, mich eher von ihm abzuwenden.

Ein letztes Mal atme ich tief durch, bevor ich nach draußen trete, damit ich mir sicher sein kann, dass meine Freundinnen nichts davon bemerken. Gemeinsam gehen wir zu dem Taxi, was am Straßenrand bereits auf uns wartet.

„Mason ist noch genauso heiß wie vor einem Jahr“, erklärt Liana, nachdem wir uns gesetzt haben.

„Hast du etwas anderes erwartet?“, mault Lana.

Ich sehe ihr an, dass sie nicht glücklich ist. Aber kann ich nicht genau sagen, woran das liegt.

Einen Moment überlege ich, ob es etwas gibt, was ich sagen könnte, um die Situation zu entschärfen. Aber ich glaube nicht, dass es etwas gibt, was es besser macht.

„Aber sein Freund sieht noch besser aus“, spricht Liana weiter und wendet sich mir zu.

„Fang du nicht auch noch damit an“, stöhne ich und verdrehe die Augen.

„Wieso? Es ist doch die Wahrheit.“

„Ich habe Cady vorhin schon darauf hingewiesen, dass es schwer werden wird, ihm zu widerstehen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die beiden in einem Haus übernachten werden“, erklärt Savannah und zwinkert mir zu.

Ich ziehe es vor den Mund zu halten. Auch wenn ich das Bedürfnis habe ihr zu sagen, dass es nicht so schwer für mich werden wird, wie sie vielleicht denkt. Das kann ich mir jedoch sparen, und zwar bei allen. Sie haben sich anscheinend in den Kopf gesetzt, dass ich Jax nicht widerstehen kann.

„Sie hat doch recht“, fügt nun auch Liana hinzu.

Ich bin mir sehr wohl darüber bewusst, dass ich keine Chance gegen meine Freundinnen habe. Ich kenne sie gut genug um zu wissen, dass sie so lange nicht locker lassen werden, bis ich es zugebe. Unter anderen Umständen würde ich es auch machen. Bei ihm kann ich es aber nicht. Den Grund dafür kenne ich aber nicht.

„Sag es“, fordert Lana mich auf. Nun scheint es ihr schon wieder wesentlich besser zu gehen.

„Ja, ich gebe es zu. Er ist heiß und sieht gut aus“, murmle ich also. Ich spreche aber so leise, dass ich nicht weiß, ob sie mich überhaupt verstanden haben.

In der nächsten Sekunde geben sie ein leises Seufzen von sich. Auch wenn ich diesen Ton schon lange nicht mehr gehört habe, beziehungsweise er schon lange nicht mehr auf mich bezogen war, so kenne ich ihn doch genau.

„Und jetzt, wo ich es zugegeben habe, können wir uns über etwas anderes unterhalten, als über den Kumpel meines Bruders?“, frage ich in die Runde. Ich kann nicht verhindern, dass sich ein leicht bittender Ausdruck in meine Augen schleicht.

„Wir können auch über Mason sprechen“, schlägt Savannah vor und schaut zu Lana.

„Ich weiß, dass ihr es mir nicht glaubt, wenn ich euch sage, dass es mir total egal ist, dass er wieder in der Stadt ist. Ja, vorhin hat es sich nicht so angehört und auch heute Mittag war ich nicht begeistert davon, aber es ist so. Mason wird nur ein paar Wochen hier sein und in dieser Zeit werde ich ihm wohl nicht sehr oft über den Weg laufen. Die letzten Stunden habe ich darüber nachgedacht und beschlossen, dass ich immer etwas überreagiert habe, wenn es um ihn ging, egal in welche Richtung es ging. Außerdem zwingt mich ja keiner mit ihm zu sprechen“, verkündet sie.

Kurz werfe ich einen skeptischen Blick in ihre Richtung. Ich weiß nicht, wie viel ich ihr glauben soll. Doch abgesehen von ihrer kurzweiligen schlechten Laune vorhin, scheint es ihr wirklich egal zu sein. Und das ist das erste Mal, dass ich davon ausgehe, dass die beiden sich wirklich nicht in die Haare bekommen werden.

Beziehungsweise ich hoffe es.

Es dauert eine halbe Stunde, bis wir beim Club angekommen sind. Wie ich es erwartet habe, stehen die Besucher vor dem Eingang bereits in einer riesigen Schlange, die beinahe bis zur nächsten Ecke geht. Wundern tut es mich nicht. Das Fire ist der beliebteste Club in der ganzen Stadt. Deswegen können wir schon froh sein, wenn wir es überhaupt reinschaffen, geschweige denn in die Nähe des Eingangs kommen, bevor er wieder schließt.

Dennoch freue ich mich auf einen gemeinsamen Abend mit meinen Freundinnen. Auch wenn der darin besteht, auf der Straße zu stehen und zu hoffen, dass wir hineinkommen.

„Was meint ihr? Sollen wir wetten, wie lange wir hier warten müssen?“, erkundigt sich Liana. Mit einem abschätzendem Gesichtsausdruck sieht sie sich die Menschen an, die sich vor uns befinden.

„Also, wenn ihr bereit seid, eure Vorteile ins richtige Licht zu rücken, sind wir in den nächsten Minuten schon drin“, überlege ich und deute in die Richtung des Gebäudes.

Meine Freundinnen folgen der Kopfbewegung. Kurz verfolgen wir schweigend das Schauspiel, was sich direkt vor uns abspielt. Die Türsteher lassen ihren Blick über die wartende Menge wandern und picken sich immer wieder ein paar Frauen hinaus, die durch ihre knappe Kleidung einem sofort ins Auge springen.

Dann sehe ich, wie Lana, Liana und Savannah ihre Kleidung ebenfalls ein Stück nach unten ziehen. Als sie merken, dass ich keine Anstalten mache, werfen sie mir einen irritierten Blick zu.

„Ich glaube, dieser Ausschnitt ist bereits tief genug. Ich kann es weder nach unten noch nach oben ziehen, ohne Stellen zu entblößen, die ich eindeutig nicht entblößen will.“

„Stimmt“, gibt Liana zu und dreht sich dann wieder nach vorne.

Es dauert nur wenige Minuten, bis die Männer sich erneut umdrehen. Als ich schon die Befürchtung habe, dass sie uns nicht entdecken, bleibt ihr Blick an uns kleben. Einen Moment scheint es, als würden sie darüber nachdenken. Doch schließlich winkt uns einer von ihnen zu sich.

Bevor er es sich anders überlegen kann, gehen wir in seine Richtung und huschen an der Absperrung vorbei. Gemeinsam betreten wir den Club.

Bis jetzt hatte ich noch keine Gelegenheit herzukommen. Doch das ändert nichts daran, dass ich in den letzten Wochen bereits einiges über ihn gehört habe. Und vor allem die Fotos, die ich bis jetzt vom Inneren gesehen habe, haben dafür gesorgt, dass ich eine ziemlich genaue Vorstellung hatte. Allerdings muss ich nun zugeben, dass nichts an das herankommt, was sich direkt vor mir befindet.

„Wow“, entfährt es mir, nachdem ich mich im Kreis gedreht habe. Ich sehe mir den Eingangsbereich genauer an und versuche so viel wie möglich in mir aufzunehmen.

Wir befinden uns in einem hell erleuchteten Vorraum. Das bedeutet aber nicht, dass es hier ruhig ist. Oder besser gesagt ruhiger, als im Hauptraum. Die laute Musik dringt aus den großen Boxen, die in den Ecken stehen und von der Decke hängen. Überall befinden sich Gäste, die sich angeregt unterhalten und bunte Cocktails schlürfen.

Ich bin neugierig auf den Rest des Ladens. Deswegen greife ich mir zwei meiner Freundinnen an den Händen und ziehe sie hinter mir her in den nächsten Raum.

Hier ist es dunkler und buntes Licht flackert herum, sodass man nicht mehr so gut alles erkennen kann. Die kleinen Lampen, die im Boden eingelassen sind, sorgen dafür, dass man dennoch weiß, wo man hingeht.

Auch wenn die Dunkelheit nur von wenigen Lichtern erhellt wird, kann ich doch sehen, dass es edel und vor allem teuer eingerichtet ist. Wer auch immer für die Inneneinrichtung zuständig war, derjenige hat einen super Job geleistet.

Kein Wunder, dass er der neue In-Laden der Stadt ist, denke ich.

An diesem Abend habe ich soviel Spaß mit meinen Freundinnen, dass ich kaum merke, wie es immer später wird. Erst, als ich die Haustür hinter mir schließe, merke ich die Müdigkeit in meinem Körper und gähne.

Damit ich die anderen nicht wecke, streife ich mir meine High Heels von den Füßen und husche leise über die Fliesen. So schnell wie möglich gehe ich nach oben. Auf diese Weise will ich verhindern, dass mir Mason oder Jax über den Weg laufen. Ihre Autos stehen zwar vor der Tür, doch ich habe keine Ahnung, ob die beiden zu Hause sind. Aber ich will es gerade auch nicht herausfinden.

Weit komme ich nicht. Kaum habe ich die letzte Treppenstufe hinter mich gebracht, habe ich einen riesigen Körper vor mir stehen.

Erschrocken, da ich ihn nicht gesehen habe, zucke ich zusammen. Aus einem Reflex heraus mache ich wieder einen Schritt nach hinten. Diese Bewegung sorgt dafür, dass ich beinahe die Treppe herunterfalle. Bevor ich jedoch mein Gleichgewicht verlieren kann, greift eine starke Hand nach meinem Arm und hindert mich so daran, mir wahrscheinlich mehrere Knochen zu brechen.

„Habe ich dich erschreckt?“, fragt er mich.

Es dauert einen Moment, bis ich registriere, wer vor mir steht.

Jax.

Ihm so nah zu sein und noch immer seine Hand auf meiner Haut zu spüren, lässt mein Herz schneller schlagen. Und zwar so schnell, als würde es sich aus meiner Brust befreien wollen.

„Jein“, antworte ich, als ich merke, dass ich noch nichts gesagt habe.

„Jein?“ Ich erkenne den belustigten Unterton, mit dem er spricht.

„Ich war in Gedanken und habe dich nicht gesehen. Deswegen habe ich mich erschrocken“, erwidere ich. Ich versuche so selbstbewusst wie möglich zu klingen.

„Sorry, das wollte ich nicht. Ich habe dich nicht gehört.“

Langsam, beinahe in Zeitlupe, hebe ich meinen Kopf und sehe ihn an. Das Erste, was ich registriere, ist die Nähe, die zu ihm besteht. Es trennen uns nur wenige Zentimeter. Bei jedem Atemzug streift seine Brust meine, sodass ich eine Gänsehaut bekomme. Sein Geruch steigt mir in die Nase und benebelt mich.

„Kein Problem. Wir waren ja beide daran Schuld.“

Ich setze mich in Bewegung, um an ihm vorbeizugehen. Gerade will ich nur noch Abstand zwischen uns bringen. Doch Jax macht keine Anstalten einen Schritt zur Seite zu machen.

 

„Wie war´s denn?“ Aufmerksam betrachtet er mich.

„Wie es halt so ist, wenn vier Frauen unterwegs sind“, gebe ich zurück und zucke mit den Schultern.

Je länger wir hier so stehen, umso weniger bin ich in der Lage zu wissen, was ich machen soll oder will. Die Dunkelheit, die um uns herum herrscht, wird nur von dem Mondlicht erhellt, was durch das Fenster einfällt. Ich muss ihn aber auch nicht direkt vor mir sehen, um mich von ihm aus der Bahn werfen zu lassen. Der Lichtschein, der sein Gesicht ein wenig erhellt, zeigt mir das Funkeln seiner Augen. Ich habe keine Ahnung, was es zu bedeuten hat. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich das wirklich wissen will.

Innerlich warte ich darauf, dass er noch etwas sagt. Doch das macht Jax nicht. Frech grinst er mich an und geht an mir vorbei. Seine Hand berührt meine. Ich erschaudere. Mein Herz setzt für ein paar Schläge aus, bevor es in doppelter Geschwindigkeit weiter schlägt.

Ich kann es nicht für mich behalten. Jax geht aber nicht darauf ein.