Luzy Bloom - Komm mit mir

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„Es geht doch darum, sich in seiner Fantasie Dinge auszumalen, die einen anmachen“, pflichtet Dina mir bei. „Die müssen weder wahrscheinlich sein, noch muss man sie wirklich umsetzen. Ich habe mal gelesen, dass Menschen, die in erotische Traumwelten abtauchen, auch in Wirklichkeit erfüllteren Sex haben.“

„Komm schon“, setze ich nach. „Raus damit, Elisa – dich macht doch auch irgendwas an, das du noch nicht erlebt hast.“

In Elisa arbeitet es.

„Echt jetzt?“ Sie grinst. „Aber das bleibt unter uns.“

„Klar doch“, sage ich.

„Ehrenwort“, schwört Dina.

„Na dann.“

Und dann erzählt Elisa uns, dass sie manchmal davon träumt, die Männer, die als anonyme Samenspender in ihrem Kinderwunschzentrum masturbieren, selbst zum Erguss zu bringen. „Also die gehen ja bei uns in einen Raum, in dem sie dann alleine Pornos gucken können, um sich zum Höhepunkt zu bringen. Am Ende entladen sie ihren Samen in einen Becher. In meiner Fantasie ist in diesem Raum eine Wand aus dünnem Sperrholz eingezogen. Darin befindet sich ein Loch, gerade so groß, dass ein erigierter Penis durchpasst. Anstatt sich nun selbst zu befingern, stecken sie ihr Teil in das Loch, und ich sitze auf der anderen Seite und hole ihnen einen runter.“

„Scharf“, befinde ich, und auch Dina ist beeindruckt.

„Ziemlich anonym, aber das ist ja Sinn der Sache.“

„Hast du das schon mal gemacht?“, frage ich. „Also, nicht das mit dem Loch, aber einem von euren Spendern einen runtergeholt?“

Elisa wird ein kleines bisschen rot.

„Einmal, also nein, nicht einmal, sondern mehrmals, aber immer mit demselben Mann. Der war drei- oder viermal bei uns. Er konnte immer nur abends nach der Arbeit. Und beim ersten Mal hatte ich abends noch zu tun, Berichte schreiben und so … Deshalb haben wir einen Termin nach 20 Uhr gelegt. Und na ja, er kam – und er sah wirklich gut aus, so kräftig und männlich, und er hatte eine schöne, tiefe Stimme. Wir haben uns zuerst über die Regeln und Bedingungen unterhalten, dann hat er unterschrieben, ich habe ihm den Becher ausgehändigt und ihn zu unserem ‚Handbetrieb‘ gebracht – so nennen wir das Zimmer unter uns. Er geht also rein und sieht mich fragend an. Ich sage: ‚Ist noch was?‘ Er lächelt. ‚Sie könnten mir zur Hand gehen, das würde vieles leichter machen.‘ Und echt jetzt, ich weiß nicht, warum, aber das war so unverschämt, dass es mich irgendwie angemacht hat. Ich bleibe also in der Tür stehen, und er holt sein Teil raus und beginnt ganz langsam, sich zu streicheln. Dabei lässt er mich keine Sekunde aus den Augen. Irgendwann bin ich zu ihm gegangen, habe mich hinter ihn gestellt, mich an ihn gedrückt und ihn mit beiden Händen bis zum Erguss gebracht. Das Blöde war, wir haben beide vergessen, den Becher drunter zu halten. Also musste er am nächsten Abend wiederkommen und wir haben dasselbe noch mal gemacht – dieses Mal haben wir allerdings auch geknutscht und uns gegenseitig befingert. Am Ende landeten wir auf dem Sofa im Handbetrieb und waren so mit uns beschäftigt, dass wieder kein gefüllter Becher dabei rauskam. Also kam er noch mal, da haben wir dann direkt im Empfangsbereich gevögelt.“

Wir lachen.

„Und?“, frage ich.

„Keine Chance“, erwidert Elisa. „Er hat dann das Vorhaben Samenspende aufgegeben, und wir haben uns das nächste Mal privat bei ihm zu Hause getroffen. Aber das ging irgendwie nach hinten los. Es fehlte was. Wahrscheinlich das Verbotene. Ich habs dann abgebrochen – ich meine, ich konnte es ja nicht jeden Abend bei mir in der Praxis treiben.“

„Heiße Geschichte“, sagt Dina beeindruckt, und ich bin auch baff. Soviel Spontaneität hätte ich Elisa gar nicht zugetraut. Wobei sie durchaus ihre Liebhaber hat, aber die hält sie alle geheim. Wir haben noch nie einen kennengelernt. Sie erzählt uns noch, dass sie in ihrer Praxis ein kleines Ranking für den Ausdruck „sich einen runterholen“ aufgestellt hat.

„Mein Favorit ist ‚Das Gürteltier keulen‘.“

Wir verschlucken uns fast vor Lachen.

„Gleich gefolgt von ‚Dem Arbeitslosen die Hand schütteln‘.“

„Was hältst du von ‚Den Lachs buttern?‘“, frage ich.

„Nicht schlecht“, befindet Elisa, setzt aber mit ‚Den Jürgen würgen‘ noch einen drauf.

„Ist euch mal aufgefallen, dass es für weibliche Selbstbefriedigung eigentlich kaum andere Begriffe gibt?“, wirft Dina ein. „Also außer vielleicht noch onanieren?“

„Ménage-à-moi finde ich ganz schön“, sage ich.

Elisa glaubt, dass das mit der Anatomie zusammenhängt. „Also ein Penis ist einfach ein Anhängsel, ein Körperteil, das da so rumbaumelt. Hat ja irgendwie auch was Albernes. Da fällt einem sofort irgendein Spruch oder Witz ein. Das weibliche Geschlechtsteil ist – sagen wir – undurchschaubar und geheimnisvoll, und deshalb vor Verballhornung und Verunglimpfung geschützt.“

„Ein bisschen mehr Humor würde aber nicht schaden“, finde ich, und wir sind uns einig, dass auf diesem Gebiet ruhig mal was passieren könnte.

Als ich später in meinem Bett liege, wandert meine Hand zwischen meine Beine. Ich überlege, wer heute mein Sparringspartner werden soll und wähle Ramon.

Eine gute Entscheidung.

Kapitel 4

Teile deine erotischen Fantasien mit den Bäumen

Eigentlich könnte ich wieder aufhören zu joggen, denn durch meinen Dating-Plan bin ich über die schlimmste Trauerphase wegen David-Alexander hinweg. Seit drei Tagen verbiete ich mir auch die bildliche Vorstellung davon, wie er mit seiner neuen Flamme alle möglichen erotischen Ideen umsetzt. Wie sie hechelnd im Kino übereinander herfallen, wie er sie an die Bettpfosten fesselt und hart nimmt, wie sie ihm in seinem neuen Büro unter dem Schreibtisch einen bläst, wie … Na ja, das Übliche eben, was man sich vorstellt, wenn man zwar einerseits mangels Erfahrung über eine begrenzte Phantasie verfügt, sich aber andererseits selbst unbedingt quälen will.

Zurück zum Joggen: Der Schmerz ist unter Kontrolle, und die Salsa-Stunde habe ich auch konditionell mit Bravour gemeistert. Ich könnte es also aufgeben. Aber irgendwie habe ich mich daran gewöhnt, morgens vor dem Frühstück eine halbe Stunde durch das nahe gelegene Naturschutzgebiet zu traben, danach wieder in meinen Mini zu steigen, mir um die Ecke meiner Wohnung beim süßen Gary meinen Hafer-Latte zu holen und mich dann nach einer Dusche an den Schreibtisch zu setzen und mir Glückskeks-Sprüche einfallen zu lassen. Die sind übrigens in den letzten Monaten deutlich negativer ausgefallen als in den Jahren zuvor. Nach „Mische dein Gift mit Sorgfalt“ und „Mach kaputt, was dich kaputtmacht“ rief mein Chef mich an.

„Ich kann ja verstehen, dass du schlecht drauf bist, Luzy, aber ‚Mord ist keine Lösung‘ geht einfach nicht.“

Wo er recht hatte, hatte er recht – also habe ich die Arbeit einer ganzen Woche vernichtet und mich wieder den hoffnungsvollen Seiten des Lebens zugewandt. „Findet mich das Glück?“ oder „Wo wartet mein Traumprinz?“

Bevor ich diese Serie meinem Chef geschickt habe, musste ich einsehen, dass sie vor Selbstmitleid nur so troff – also habe ich die Reißleine gezogen beziehungsweise ‚Delete‘ gedrückt. Danach ging es bergauf, mit meinen Sprüchen und meiner Zuversicht.

„Befreie dich von deinen Fesseln“, „Trau dich aus deinem Schneckenhaus“, „Sei offen für neue Erfahrungen“ – wahrscheinlich hat dieser Prozess wie eine Art Selbsttherapie gewirkt, auf jeden Fall hat er mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Glückskeks-Sprüche zu erfinden ist übrigens nicht meine einzige Einnahmequelle. Ich schreibe auch das Wochenhoroskop für eine Frauenzeitschrift. Und ab und zu verschafft mir Dina in ihrer Werbeagentur einen Job als Texterin. Aber mir verträumte Sprüche einfallen zu lassen und mir dabei vorzustellen, wie irgendjemand auf der Welt einen Glückskeks öffnet und mein kleiner Satz ihn oder sie zum Lächeln bringt, macht mir am meisten Spaß. Meine Freundinnen finden meinen Job cool.

„So würde ich auch gern mein Geld verdienen“, sagt Dina, die allerdings in ihrer Werbeagentur viel besser bezahlt wird. Unsere gemeinsame Freundin Elisa, die Pragmatikerin von uns, seufzt.

„Wenn es doch in meinem Job auch so einfach wäre, andere happy zu machen.“

Und die Vierte in unserem Bunde, Carmen – ehemals Carlos – findet: „Du bist selber ein Glückskeks!“

Meine Eltern sind allerdings der Meinung, dass ich unter meinen Möglichkeiten geblieben sei.

„Ist das nicht schrecklich anspruchslos? Warum wechselst du nicht in den Journalismus?“ Typisch meine Mutter.

„Willst du nicht wenigstens einen Roman schreiben?“, fragt mein Vater gern.

Aber mein älterer Bruder Vincent, der als Performance-Künstler in Paris mit anderen Künstlern irgendwelche Schrei-Videos produziert, ist der Meinung, dass Arbeit den Menschen glücklich machen soll und in der Welt etwas bewirken muss.

„Ist doch toll – irgendjemand steht vielleicht morgens auf, hat wieder einen total langweiligen Tag in seinem Bullshitbüro mit seinem Bullshitjob vor sich, überlegt schon auf dem Bahnsteig, ob er sich heute oder doch erst morgen vor die Bahn werfen soll, geht zufällig an diesem Mittag mit seinen Bullshitkollegen in ein Bullshitchinarestaurant, und noch bevor Nummer 114 auf der Karte ihm ein wenig Linderung in seinem Bullshitleben verschafft, liest er: ‚Es gibt einen Weg aus diesem Bullshitleben‘. Das kann alles verändern.“

Ich liebe dich, Vincent.

Gut, ganz so einflussreich bin ich wahrscheinlich nicht, aber ich mache mit meinen Glückskeks-Verheißungen auf jeden Fall niemanden unglücklich, und ich schade auch keinem.

Zurück zum Thema Joggen. Ich werde es vorerst nicht aufgeben, weil ich mich, wie gesagt, daran gewöhnt habe und weil ich mich für meine Abenteuerreise in Schuss halten will. Der kleine Schock neulich in der Umkleidekabine hat mir unmissverständlich klargemacht, dass man spätestens ab Mitte 30 anfangen muss, mehr für sich zu tun. Das heißt auch: Der abendliche Becher Schokoladeneis beim Binge-Watchen, wofür ich ja hoffentlich ab jetzt eh keine Zeit mehr haben werde, ist tabu, ebenso der Pizzaservice. Wobei, einer der Boten, der wohl Italiener ist – wieder so ein süßer Akzent – kommt immer total flirtiv rüber.

 

„Bella, ich habe halbe Stunde, willst du wirklich Pizza essen oder lieber mich vernaschen?“

Ich weiß zwar nicht, wie er heißt, aber ich könnte es im Rahmen meines Experiments mal drauf ankommen lassen. Dadurch würde ich mir nebenbei die eine oder andere Pizza Hawaii in die Wohnung schummeln. Gute Idee!

Neuerdings ziehe ich zum Joggen jeden Tag mein neues Sportoutfit an, denn es ist Sommer und ich finde mich damit eindeutig anziehender als mit langen Leggings. Ich fahre mit meinem Mini etwa zehn Minuten zu dem Naturschutzgebiet. Erst geht es durch die Straße, in der ich wohne. Hier mischen sich sämtliche Baustile der Jahrzehnte nach 1900 – ich selbst wohne in einem modernen Neubau mit Holzfußboden, offener Küche, einem schicken, schwarz gefliesten Bad und viel Glas. Je näher man dem Naturschutzgebiet kommt, umso edler werden die Immobilien. Am Ende stehen einzelne Villen mit großen, prächtigen Gärten, in denen wahrscheinlich große, prächtige Gärtner arbeiten. Danach geht es rechts in einen schmalen Feldweg, wo ich in einer Allee mit wunderschönen Platanen parke. Ich klemme mein Handy an meinen Oberarmhalter, stecke meine Airpods in die Ohren, mache „The Weekend“ an – wobei ich am Anfang „Blinding Lights“ fünfmal und am Ende meiner Runde noch dreimal höre – und dann geht’s los. Nicht allzu schnell, zunächst vorbei an einer Wiese voller Wildblumen, die gerade anfangen zu blühen, dann durch ein längeres schattiges Waldstück aus Eichen und Kastanien, einen Hügel hinauf, auf dem ein kleiner Holzunterstand steht. Dort hängen immer ein, zwei Zettel mit Telefonnummern.

„Gay? Lust auf einen Fick? Ruf mich an!“ oder „Schwul und geil? Wähle diese Nummer!“

Ich frage mich, woran das liegt, dass schwule Männer so offensiv mit ihrer Sexualität umgehen. Ist es das Testosteron? Halten sich heterosexuelle Männer nur wegen uns Frauen zurück? Sind sie eigentlich wilde Tiere, die über die Jahrhunderte gezähmt wurden? Ich nehme mir vor, demnächst meinen Bruder Vincent dazu zu befragen. Der ist schwul und kennt sich aus. Jedenfalls ist das Naturschutzgebiet offenbar ein schwuler Sex-Treffpunkt, aber ich muss sagen: Die Jungs sind wirklich diskret. Ich habe bisher noch kein Pärchen gesehen, geschweige denn irgendwelche erotischen Aktionen zwischen den Bäumen beobachtet. Oder stammen die Aufrufe von Verzweifelten, die alles dafür tun, um endlich mal einen ab- beziehungsweise reinzukriegen? Sorry, der musste sein …

Die nächsten 200 Meter hasse ich mich für meine Überheblichkeit. ‚Du bist doch keinen Deut besser, Luzy. Du willst doch neuerdings auch nur Sex. Und wenn du dir noch so sehr einredest, das alles im Rahmen einer persönlichen Sozialstudie zu unternehmen. Am Ende geht’s dir doch auch nur um das Eine.’ Nach 200 Metern sage ich mir: ‚Ja, stimmt. Ich will Sex. Na und?‘

Hinter dem Hügel führt ein Weg nach links durch ein Mohnfeld – wenn ich den wähle, bin ich nach rund dreißig Minuten wieder bei meinem Auto. Biege ich nach rechts ab, bin ich zwanzig Minuten länger unterwegs, und die Strecke führt an einem kleinen See vorbei, an dessen Ufer eine uralte Trauerweide steht, die ich im Rahmen der David-Alexander-Verarbeitungswochen sehr in mein Herz geschlossen habe. Immer, wenn mich die Verzweiflung zu überwältigen drohte, habe ich mich an ihren kräftigen Stamm gelehnt und mich von ihrer rauen Schale trösten lassen, während ihre langen Weiden meine Arme gestreichelt haben.

Heute bin ich fit und übermotiviert, also entscheide ich mich für die längere Strecke. Ich wechsle die Musik zu meiner melancholischen Playlist – „Love Hurts“ – und schwöre mir, dass ich sie heute aus rein sentimentalen Gründen zum letzten Mal hören werde. Zum Abschluss, sozusagen. Als ich den See mit meiner Trauerweide erreiche, läuft gerade „Everybody Hurts“ von R.E.M. Bei diesem Song könnte ich immer heulen, ganz gleich, ob ich Liebeskummer habe oder nicht. Aber heute zwinge ich mich dazu, an Ramon zu denken, und statt Tränen des Selbstmitleids durchfahren mich hitzige Schauer. Ich schalte die Musik ab, stöpsele meine Airpods aus, lehne mich an meine vertraute Trauerweide und umarme ihren Stamm. Ich drücke meine Wange gegen die Rinde, schließe die Augen und denke an alles, was vor mir liegt – und manches, was hinter mir liegt. Stichwort Ramon. Dabei atme ich tief ein und aus. So stehe ich etwa fünf Minuten lang, als eine sehr ruhige und tiefe Stimme neben mir raunt:

„Darf ich mitmachen?“

Ich öffne die Augen und blicke in ein Paar warme braune Augen, die von dichten Wimpern umrandet werden. Darunter ein voller, sanfter Mund.

„Klar“, sage ich, nicht sonderlich überrascht.

Der Fremde lehnt sich an die gegenüberliegende Seite des Stammes und breitet seine Arme ebenso aus wie ich. Unsere Fingerspitzen berühren sich. So stehen wir eine Weile lang da, ohne etwas zu sagen, als ich plötzlich bemerke, wie seine Energie meinen Körper erreicht. Es fühlt sich aufregend an, und während ich noch überlege, wie es wohl wäre, hier und jetzt mit diesem Mann, dessen Namen ich nicht einmal kenne, Sex zu haben, spüre ich seine linke Hand über meine rechte gleiten. Sie fühlt sich warm und trocken an. Ich bin völlig entspannt, als er mich entschlossen, aber ohne ein Wort auf seine Seite der Trauerweide zieht. Ich lasse es geschehen. Erregung breitet sich in mir aus, mein Atem geht schneller, mein Puls hämmert. Er greift meine Schultern, drückt mich gegen den Stamm, und sein sinnlicher Mund drängt sich auf meinen. Ich öffne die Lippen, und unsere Zungen umspielen sich – da ist keine Zurückhaltung, keinerlei Zögern. Ich will mich an ihn drücken, seine Erektion spüren, aber er umfasst meine Handgelenke mit hartem Griff und dreht mich um, sodass ich mich statt an ihn an die Weide dränge. Seine Hände gleiten langsam unter mein T-Shirt, weiter unter meinen Sport-BH. Er umfasst meine Brüste von hinten, drückt meine Nippel, bis sie sich steif aufrichten, und atmet in meinen Nacken. Mein Körper lädt sich mit seiner Energie auf.

Ein Beben durchläuft mich, und mein erogenes Zentrum stellt sich auf empfangsbereit. Es ist, als würde er eine direkte Leitung zwischen meine Beine legen. Ich spüre, wie ich feucht werde und schiebe meinen Hintern in seine Richtung. Er lässt von meinen Brüsten ab und knetet mit einer Hand meine Rückseite. Mit der anderen entblößt er seinen erigierten Schwanz. Dann schiebt er meine Joggingpants herunter, spreizt mit beiden Händen entschlossen meine Schenkel, hebt mich an der Taille hoch, zieht mich ein bisschen zurück und setzt mich auf seinen steifen Penis. Ich halte mich an der Weide fest, während er mich hoch und runter schiebt. Sein Griff ist entschlossen und hart, sein Penis groß und fordernd. Ich kann mich in dieser Position nicht selbst bewegen, meine Hände schmerzen an der rauen Rinde der Weide, aber ich fühle mich ihm aufregend ausgeliefert. Er löst eine Hand und schiebt sie mir von vorn zwischen meine Beine. Er umspielt meine Klit und stößt heftiger zu. Ich fühle seinen pulsierenden, heißen Schwanz in meine Möse drängen und will ihn tiefer, fester. Er scheint das zu spüren, dringt noch weiter in mich ein. Sein Atem geht schneller, mein Atem geht schneller – er stöhnt, ich stöhne. Ich pendele zwischen leichtem Schmerz und lustvoller Hingabe. Ich will, dass er mich ‚nimmt’, ich will, dass er sich an mir erregt. Ich will, dass er in mir kommt, und ich will mit ihm zusammen kommen. Er wird immer heftiger, bewegt mich wie eine Puppe auf und ab, und ich spüre, wie er pumpt und pumpt und pumpt … und zwischen meinen Schenkeln zündet das Feuerwerk.

Er hebt mich von sich herunter, stellt mich auf den Boden, und ich bleibe atemlos an die Weide gelehnt stehen, mit dem Rücken zu ihm. Ich höre, wie er sich hinter mir wieder ankleidet.

„Das war geil“, sagt er. „Vielleicht bis zum nächsten Mal.“

Ich sage nichts, und er verschwindet ebenso plötzlich, wie er aufgetaucht ist. Noch eine Weile stehe ich an meine Weide gelehnt, halbnackt, aber das ist mir egal. Dann frage ich meinen Baum:

„Hab ich das jetzt nur geträumt?“

Ein Luftzug durchstreift die Weide, und ihre Äste hauchen mir zu:

„Was macht das für einen Unterschied?“

Kapitel 5

Wenn die Erotik dich herausfordert, überwinde deine Hemmungen

Mein Handy klingelt. Carmen!

„Hey, Darling! Ich wollte fragen, ob ich nachher bei dir vorbeikommen kann. Ich habe nämlich vorher in der Nähe …“

„Ja klar“, unterbreche ich sie. „Unbedingt – ich freue mich!“

Ich brenne darauf, irgendwem von meinem neuen Abenteuerleben zu erzählen, und Carmen ist meine erste Wahl. Wahrscheinlich werde ich auch meinen besten Freund Daniel einweihen, aber als Interfrau ist Carmen die sexuell experimentierfreudigste und aufgeschlossenste Person, die ich kenne. Sie pfeift auf Geschlechterrollen und will auch keine feste Beziehung. Carmen macht alles, worauf sie Lust hat. Sie ist einfach frei.

Mit der Aussicht auf ihren Besuch wird meine gute Laune noch besser. Dieser Tag hat schon gut angefangen. Wegen der Hitze habe ich meine Joggingrunde bereits am frühen Morgen zurückgelegt, heute nur die kurz, und einen bezaubernden Flirt mit dem bezaubernden Gary mitgenommen.

„Hey, Sweetheart – wenn du hier reinkommst, geht die Sonne auf.“

„Dabei strahlst doch du wie ein Autoscheinwerfer mit Fernlicht!“

„Nur, weil ich dich sehe.“

„Du bist wirklich süß, Gary.“

„Und du erst mal, Lucy.“

„Luzy mit Z“, korrigiere ich ihn.

„Luzy mit Z – wie Zucker!“, gibt er zurück.

„Bye, Gary. Bis morgen.“

„Bye, Sweetheart – love you.“

Ich werfe ihm beim Hinausgehen eine Kusshand zu und entschwebe mit dem Gefühl, dass sich meine ersten Erfolge in Sachen erotischer Erfahrungserweiterung nicht nur positiv auf mein Selbstwertgefühl auswirken, sondern auch meine Ausstrahlung verbessert haben.

Und Gary wird früher oder später zwischen meinen Beinen landen. Zuhause dusche ich und creme mich anschließend genüsslich mit meiner neuen Bodylotion ein. Ein Duft von Rosmarin und Orangen durchzieht die Wohnung, und obwohl ich meine Gedanken an David-Alexander eigentlich unter Kontrolle habe, schleicht sich eine Erinnerung in meinen Kopf, die ich bis heute offenbar verdrängt habe. Schuld ist die neue Bodylotion!

Im Rahmen meiner „Sex-mit-David-Alexander-Pimping-Maßnahmen“ spielte nämlich für kurze Zeit auch das Thema Düfte eine Rolle. In der Frauenzeitschrift, für die ich die Horoskope verfasse, hatte ich einen Artikel gelesen: „Erotik geht durch die Nase.“ Demnach haben vor allem die Duftnoten Jasmin und Ambra eine anziehende Wirkung auf das andere Geschlecht.

„Als Botenstoffe der Liebe schwirren sie durch die Nase in das Gehirn und signalisieren pure Lust.“

Unschlagbar sei laut dem Artikel Sandelholz: „Sandelholz ist eines der Aromen mit dem größten Erotikfaktor – sowohl für Männer als auch für Frauen. Es ähnelt einem stimulierenden Duftstoff, den Männerhaut produziert.“

Verstehe. Männer macht demnach ihr eigener Geruch am meisten an. Wundert mich das?

Wenn alles über die Nase lief, könnte ich ja vielleicht auch David-Alexander mit ein paar parfümierten Wölkchen auf Hochtouren bringen. Einen Versuch war es wert, also besorgte ich erst mal Sandelholz-Duftkerzen, die ich in der ganzen Wohnung aufstellte. Um meinem Liebsten die Sinne so richtig zu vernebeln, kochte ich obendrein sein Lieblingsgericht: Pellkartoffeln mit Kräuterquark. Zugegeben, nicht gerade die Zutaten für ein romantisches Dinner zu zweit, aber ihn konnte ich damit um den Finger wickeln. „Das erinnert mich an meine Großmutter.“

Vielleicht hätte ich über dieses Kompliment mal nachdenken sollen?

Zu spät.

Ich dekorierte den Tisch mit ein paar getrockneten Rosenblättern und einer weiteren Duftkerze, tupfte mir ein paar Tropfen Sandelholzöl hinter die Ohren und zwischen die Brüste, wählte bei Spotify unsere selbst zusammengestellte Playlist „Love is in the Air“ aus und … wartete. Eigentlich wollte David-Alexander spätestens um 19 Uhr zuhause sein, aber wie so oft war wohl etwas dazwischengekommen. Als der Haustürschlüssel gegen 21 Uhr im Schloss klimperte, waren die Kartoffeln kalt, ich lag auf dem Sofa und schaute zum gefühlt hundertsten Mal „Tatsächlich … Liebe“. Die Duftkerzen waren zur Hälfte heruntergebrannt. Immerhin hatten sie genügend Zeit gehabt, um ihre stimulierenden ätherischen Öle in unserer Wohnung zu verteilen. Ich riss mich zusammen und begrüßte David-Alexander, indem ich meine Arme um seinen Hals schlang und mich an ihn schmiegte.

 

„Na, du Armer, haben sie dich wieder mit irgendeinem Schwachsinn im Büro festgenagelt?“

„Nein, sorry, ich war noch mit Ben-Maximilian auf ein Bier unterwegs. Der hat echt ein Problem: Helena will nicht mehr mit ihm schlafen.“

„Das ist bitter“, antwortete ich, dachte aber im Stillen: ‚Kein Wunder – Ben-Maximilian ist so sexy wie eine Cognacbohne. Kommt hochtrabend daher, ist aber total aus der Zeit gefallen.‘ Aber das sagte ich natürlich nicht.

„Er wollte ein paar Tipps, um wieder ein bisschen Feuer in seine Beziehung zu bringen.“

‚Da bin ich ja mal gespannt’, dachte ich und sagte:

„Du konntest ihm sicher helfen.“

Wohl wissend, dass Ironie ein Fremdwort für David-Alexander war.

„Ich habe ihm geraten, erst mal auf Abstand zu gehen und keinerlei Versuche zu unternehmen, bis ihr auffällt, dass ihr etwas fehlt. Und wenn’s dann wieder läuft, sollte er einen Jour fix einrichten. Also sozusagen ein festes Sex-Date. Das klappt doch bei uns auch total gut.“ OH MEIN GOTT – das kommt dabei raus, wenn Männer sich gegenseitig in Sachen Beziehung beraten!

“Sag mal, wonach riecht es hier eigentlich so komisch?“

Ohne meine Antwort abzuwarten, riss David-Alexander ein Fenster nach dem anderen auf, wedelte mit den Armen und atmete tief durch.

„Schon besser“, beglückwünschte er sich selbst und machte sich über die Pellkartoffeln her. “Schade, schon kalt. Aber trotzdem lecker.“

Ich löschte die Kerzen, die er nicht einmal wahrgenommen hatte, und spulte in „Tatsächlich….Liebe“ zurück zu der Szene, als Mark seiner heimlichen Liebe Juliet auf Papptafeln seine Liebe gesteht.

„Nur weil Weihnachten ist, und Weihnachten sagt man die Wahrheit: Für mich bist du vollkommen.“

Mir kullerten ein paar Tränen über die Wangen.

Trotz dieses Reinfalls ließ ich mich nicht entmutigen und recherchierte weiter. Irgendein Duft musste doch auch David-Alexanders animalische Wolllust wecken, oder ihn wenigstens ein bisschen stimulieren. Ich durchforstete das Internet, kokettierte kurz mit Patchouli-Öl, entschied mich aber dagegen, weil der Geruch penetrant war und David-Alexanders Nase offenbar empfindlich reagierte. Ein wärmendes Massageöl mit Schoko-Duft hätte mir gut gefallen, vor allem auf seinem besten Stück, aber ihm wäre das sicher zu unmännlich gewesen. Ich forschte weiter, und schließlich wurde ich fündig: Desire 22 – das Parfüm für Frauen, das Männer unvernünftig macht. Es enthält angeblich eine hohe Konzentration synthetischer Pheromone, die dem Menschen nachempfunden sind. Und Pheromone gelten als DER Lockstoff schlechthin. Das würde mein Durchbruch werden, vor allem, weil es obendrein in einer geruchsneutralen Variante zu haben war. Das hieß: David-Alexander würde besinnungslos über mich herfallen, ohne auch nur zu ahnen, was ihn so wild gemacht hatte. Perfekt!

Desire 22 traf zehn Tage nach meiner Bestellung ein. Ich entschied mich, es am nächsten Samstagabend anzuwenden. Da waren wir bei einem neuen Kollegen meines Ex und dessen Frau eingeladen. An solchen Abenden trank David-Alexander gerne ein bisschen zu viel Wein, und ich hatte die Hoffnung, dass das Zusammenspiel aus Alkohol und Pheromonen in einer überwältigenden Liebesnacht gipfeln würde. Leo und seine Frau Ella waren neu in der Stadt und gerade erst Eltern geworden. Nachdem wir Baby Tim begutachtet und Hund Rudolf begrüßt hatten, genossen wir ein exzellentes Dinner in harmonischer Runde. Leo und Ella turtelten wie Frischverliebte, Baby Tim und Rudolf schliefen seelenruhig, und ich war fast ein bisschen neidisch auf diese kleine Idylle. Zum Glück erwartete mich heute die Nacht der Nächte, und vielleicht würde David-Alexander unter dem Eindruck dieses Familienglücks und angesichts unseres sexuellen Höhenflugs morgen früh um meine Hand anhalten. Ja, heute finde ich das auch peinlich, aber damals habe ich mir das wirklich so ausgemalt.

Gegen 23.30 Uhr habe ich mich in meiner geheimen Mission auf die Gästetoilette verabschiedet, wo ich mich von oben bis unten mit meinem neuen Lockstoff Desire 22 einnebelte. Ich versah Nacken und Innenschenkel mit ein paar Extra-Spritzern, hielt prüfend meine Nase in die Luft und stellte zu meiner Zufriedenheit fest, dass wirklich nichts zu riechen war.

„Noch einen Absacker?“, bot Leo gerade an, als ich ins Wohnzimmer zurückkam.

David-Alexander stimmte zu, und wir stießen mit einem Averna auf Eis auf den schönen Abend an. In der Ecke raschelte es. Mit einem Ächzen erhob sich Rudolf, der sehr große und sehr alte Golden Retriever, von seinem Nachtlager und trottete wie fremdgesteuert auf unseren Tisch zu.

„Ich muss gleich noch mal mit ihm raus“, meinte Leo, aber darum schien es Rudolf nicht zu gehen. Statt seines Herrchens hatte er mich im Visier.

„Na, du Süßer?“, sagte ich, als er seinen Kopf schwer auf meinen Schoß bettete. „Wie heißt er noch mal?“

„Rudolf“, sagte Ella. „Keine Sorge, er ist ganz lieb.“

„Hört aufs Wort“, fügte Leo stolz hinzu und rief ihn zum Beweis.

„Rudolf, hierher, komm zu Papa!“

Doch Rudolf hatte weder Augen noch Ohren für seinen Papa. Er war vielmehr daran interessiert, wie es unter meinem Rock roch. Ich versuchte, ihn mit Streicheln abzulenken, aber Rudolf wurde jetzt richtig ungehalten und schnüffelte wie besessen zwischen meinen Beinen.

„Ist ja fein, Rudolf“, versuchte ich, ihn zu beruhigen und presste meine Knie zusammen.

„Rudolf!“ Leos Stimme wurde streng. „Hierher – sofort!“

Aber Rudolf hatte sich bereits in einen Rausch geschnüffelt und versuchte nun, auf meinen Schoß zu klettern.

„Rudolf!“, rief Ella entsetzt. „Was ist denn in dich gefahren?“

‚Desire 22‘, dachte ich, sagte aber kein Wort.

„Rudolf! Schluss jetzt!“ Leo schlug auf den Tisch. Gläser klirrten, und im Hintergrund fing das Baby an zu weinen. Ich schaffte es irgendwie, den schwer hechelnden Rudolf ein Stückchen von mir wegzuschieben und stand erst mal auf. Keine wirklich gute Idee, denn nun sprang der Hund an mir hoch, umklammerte meine Hüften, schleckte meinen Hals ab und versuchte, seinen ausgefahrenen Hundepimmel an meinem Bein zu reiben. Hilfesuchend blickte ich zu David-Alexander, der nur ratlos die Achseln zuckte.

„Ich kenne mich mit Hunden nicht aus.“

Leo schaffte es schließlich, mich aus dieser entwürdigenden Umklammerung zu befreien, indem er Rudolf an beiden Ohren zog. Das arme Tier ging laut aufjaulend zu Boden.

„Ich verstehe nicht, was mit ihm los ist“, entschuldigte Leo sich verlegen.

„Das hat er noch nie gemacht.“

„Ist doch nicht so schlimm“, beschwichtigte ich ihn. „Ich nehme es als Kompliment. Vielleicht hatte er einen erotischen Traum.“

David-Alexander, der inzwischen ein Taxi gerufen hatte und zum Aufbruch blies, warf mir einen tadelnden Blick zu.

Leo und Rudolf begleiteten uns noch bis zur Straße, wobei Rudolf mehrere Annäherungsversuche unternahm, die sein Herrchen jedoch mit einem festen Ruck an der Leine unterband.

„Hast du deine Tage?“, fragte David-Alexander mich im Taxi. „Oder hast du vergessen zu duschen?“

„Weder noch“, sagte ich beleidigt. „Du hättest mir ruhig mal helfen können.“

„Wie denn? Nachher hätte er mich noch gebissen, so komisch wie der war. Aber nach irgendetwas musst du ja riechen, so wie der abgegangen ist.“