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Verträumt 5

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Aus der Reihe: Verträumt #5
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Ich frage mich: Wo ist Mr. Plumburg? Was ist schiefgelaufen?

Doch da, meine Angestellte hat ihn entdeckt – bewegungslos – weshalb ihr vor Aufregung die Adern in ihrem einzigen Auge platzen. Mr. Plumburg versuchte wohl mit dem letzten Herzschlag aus einem der Zimmer zu kriechen. Doch Ms. Sours Grab wurde nun zu seinem.

Ich entscheide mich für die Flucht und habe mich damit abgefunden, dass Ms. Sour jetzt in meinen Hotels aufräumen wird. Und noch bevor ich meinen Namen aus ihrem Mund zu hören bekomme, verschwinde ich aus dem Hotel. Und das, obwohl die Tafel über dem Eingang dichten Nebel verspricht.

Ich muss sagen: Der Nebel war meine Rettung zur Flucht. …

Desorientiert öffnet Katrin zu einem späteren Zeitpunkt ihre Augen, während Sonnenstrahlen durch das Fenster ihre Wangen erwärmen. Der Morgen graut bereits. Sie muss am Abend zuvor während des Lesens eingeschlafen sein.

Zusätzlich bemerkt sie, dass der Stuhl vor der Tür verschoben ist, womit sich die Frage stellt, wer wohl bei ihr im Zimmer war. Sie versteckt daraufhin direkt das Verewigt-Buch unterm Kopfkissen.

Aufgewühlt schlägt Katrin die Bettdecke von sich, eilt mit dem Bademantel um sich zur Tür und reißt diese auf, wo sie auch schon mit Phil zusammenstoßt.

»Guten Morgen Kameradin. Wollte gerade anklopfen, um dich zu wecken. Unser Chef frühstückt an Deck und will dich sprechen.«

»Ach du meine Güte. Das ist mein Todesurteil.«

Sie sputet an Deck und bekommt den frischen Wind in ihren Haaren zu spüren, sowie Fabians Blickkontakt, der sie zum gedeckten Tisch bittet. Dem kommt Katrin nach und setzt sich ihm gegenüber, umgeben vom sonnenklaren Horizont. Nervös entdeckt Katrin sofort ein Verewigt-Buch auf Fabians Schoß liegen.

»Guten Morgen Katrin, ich hoffe, dir geht es gut.«

»Ähm, ja, solange mir nichts getan wird, schon.«

»Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, bezüglich deines Dilemmas.«

»Ich weiß gerade nicht genau …«

»Katrin, dein Geld-Dilemma. Ich habe eine weitere Sonderleistung, die dich erheblich von deinem Schuldenberg herunterkommen lässt. Wie du bereits mitbekommen hast, wird es Isabella nicht mehr besser gehen. Im Gegenteil. Ihr Geist ist in ihrem makellosen Körper gefangen und sucht sehnlichst nach einem Ausweg. Verstehst du, was ich dir damit sagen will?«

»Nicht ganz. Sie macht mir eigentlich einen stabilen Eindruck, wenn du mich fragst.«

»Nur dem Anschein nach, ja. Aber denkst du, Isabella hat gestern mit uns Spaß gehabt? Hat es ihr Spaß gemacht, sich bewegungslos unser Stöhnen anzuhören, während sie sich selbst befriedigen muss? Ich weiß, dass du vor 20 Jahren Lucas Großvater Sterbehilfe geleistet hast. Ich weiß auch, dass er nicht der Einzige war, den du von seinen Schmerzen erlöst hast. Isabella ist ebenfalls bereit zu sterben.«

»Wie? Hattet ihr etwa von Anfang an geplant, mich darum zu bitten?«

»Natürlich nicht. Hier, ich möchte dir dieses persönliche Buch zum Lesen geben. Ich weiß zwar, dass wir uns jetzt schon seit Jahren kennen, aber du musst zugeben, doch wohl eher nur oberflächlich. Das ist mir in den letzten drei Tagen bewusst geworden, in denen wir uns ein bisschen näher kennengelernt haben. Mein Vertrauen zu dir ist gewachsen, deshalb bitte ich dich, lies dieses Verewigt-Buch, Katrin. Lies es und du wirst besser urteilen können, warum Isabella nicht mehr leben möchte. Weshalb sie mit dieser Krankheit nicht mehr glücklich werden kann. Nie mehr das Glück mit mir teilen kann, das wir in 20 Jahren Ehe hatten. Isabella und ich gehen gleich gemeinsam mit meiner Mutter etwas Essen. Habe es bitte bis heute Mittag gelesen und ich hoffe, du bist dann für diese Sonderleistung bereit. Sie macht sich bezahlt, Katrin.«

Mitgenommen geht Fabian von Deck und lässt Katrin nachdenklich mit dem Verewigt-Buch Nr. 1 zurück. Zahllose Möwen fliegen umher, während sie sich eine Decke umschlägt und die erste Seite beginnt zu lesen.

5
Verewigt 1

Ich bin Fabian Stein – 25 Jahre jung – und auf den leeren Seiten dieses Buches werde ich meine persönliche Geschichte niederschreiben. Ich weiß nicht, wohin die Reise gehen wird und ob mein Durchhaltevermögen gut beschichtet ist, aber ich beginne einfach mit einer Zusammenfassung von den ersten 20 Jahren meines Lebens.

Wieso ich beginne, Gedanken in Worte zu fassen und diese hiermit verewige? Ich leide unter Schlafstörungen – zu viele Gedanken kreisen in meinem Kopf umher, weshalb Mutter meinte, ich solle mein Erlebtes, welches ich nicht aus dem Kopf bekomme, loswerden, indem ich es aus dem Gedächtnis schreibe. Und da ich manchmal einfach nicht aufhören kann zu denken, wage ich es und fange nun damit an.

Ich beginne mit der Adoption von mir und meinem Zwillingsbruder. Wir waren 2 Jahre alt, als Mutter und Vater uns in ihr Herz schlossen. In einem schönen Haus, gut behütet, verbrachten wir zu viert makellose Jahre. Bis das Herz meines Vaters aufhörte zu schlagen.

Von nun an sorgte Mutter alleine dafür, dass es uns an nichts fehlte. Wir bekamen ihre starke Autorität zu spüren. Sie zeigte uns, dass man selbst in dunklen Zeiten hell strahlen sollte. Sie zeigte diese Unabhängigkeit und doch diese undurchdringbare Liebe uns gegenüber. Wir wussten, wir sind alles für sie und sie wusste, sie ist alles für uns.

Meine Kindheit war sorglos – geradezu angstlos. Ich ging durch die Welt mit dem Glauben: Egal was passiert, Mutter wird helfen.

Als mein Zwillingsbruder Median und ich mit 11 Jahren gemeinsam mit Mutter und Oma in ein Küstenhaus zogen, schienen die dunklen Wolken vergangen. Wir lebten wieder im Einklang und unterstützen uns, wie sich eine Familie nur unterstützen kann. Auch beschlossen Median und ich den Kontakt zu unserem Cousin und unserer Cousine mehr zu pflegen. Denn sie schienen in ihrer Familie noch zwischen Sturm und Gewitter zu leben. Schnell war klar, Median verbrachte mehr Zeit mit Cousine Sandy und ich klammerte mich mit Schwertkämpfen und Ritterturnieren an den 2 Jahre jüngeren Luca.

Auch sie verloren ein Elternteil. Aber sie hatten nicht das Glück, einen solch starken Charakter wie unsere Mutter zu haben. Sie hatten nicht das Glück, aus dem Auge des Tornados herausgezogen zu werden.

Aber mein Bruder und ich wussten, mit unserer Anwesenheit könnten wir dafür sorgen, dass wenigstens in den gemeinsamen Stunden nur der Spaß im Vordergrund steht.

Doch wie es nun mal so ist, mussten wir uns Jahre später alle fragen, wohin wir in unserem Leben wollen. Welchen Beruf strebe ich an und wo will ich in 10 Jahren stehen? Ich hatte meine Vision direkt vor Augen. Ich möchte einen Job mit vielen Perspektiven und wechselnden Tätigkeiten.

Deshalb absolvierte ich mehrere Praktika zusammen mit meinem Bruder. Zum Schluss fanden wir unseren Spaß im Beruf des Hotelfachmannes.

Wir begannen gemeinsam die Ausbildung und ich merkte schon nach einiger Zeit, dass Median die Servicebereitschaft nicht gerade zusagte. Die Kommunikation mit den Gästen des Hauses und die Hingabe Wünsche von den Augen abzulesen, das alles fiel ihm schwerer als mir. Trotz alledem stand mir mein Bruder zur Seite, meinem Traum, der sich allmählich in meinen Adern breitmachte, näherzukommen. Denn mein Ziel war es nicht, mein Leben lang die Tische zu decken und die Bettlagen abzuziehen.

Nein, ich wollte selbst Direktor eines Hotels werden. Nach unserer erfolgreichen Ausbildung sammelten wir mehrere Jahre Berufserfahrung, bis ich Mutter fragte, was ich tun müsste, um selbst ein Hotel leiten zu können. Natürlich wusste ich, dass ich eins kaufen müsste. Meine Ersparnisse jedoch erbrachten lange nicht so viel, wie Mutters. Und da ich auch wusste, dass uns Mutter aufopfernd gesonnen ist, war mir klar, dass sie mir meinen Traum ermöglichen wird.

Leider mussten Median und ich dann doch erkennen, dass dies alles eben nicht unser Traum war, sondern nur meiner, weshalb Median beschloss sich aus diesem Beruf zu entfernen und einen neuen Weg einzuschlagen. Doch das Alleinsein hielt mich nicht ab. Nein, es machte mich stärker. Zugegeben, als sich das Band zwischen ihm und mir löste, fühlte ich mich plötzlich freier – so als hätte mich ein kleiner Fremdkörper verlassen. Ich empfand plötzlich Bedürfnisse, die zu meinem inneren Glück führen könnten, wenn ich sie befriedige. Vielleicht war Median mein Selbstschutz. Und mit unserer Trennung zerbrach diese Mauer. Ich konnte fortan hinaussehen – hinaus in die große, bunte Welt. Ich sah plötzlich so viele Möglichkeiten, so viele Menschen um mich herum. Ich nahm die Welt anders wahr – interessanter, viel lebendiger als je zuvor. Es fühlte sich so an, als wäre ich neu geboren. Als hätte ich meinen allerersten Atemzug genommen, den ich jetzt ausatmen konnte.

Mit Mutters Hilfe wagte ich also den Kauf meines ersten Hotels am Hafen. Nicht weit von unserem Küstenhaus. Gleichzeitig zog ich von Mutter weg in einen kleinen Bungalow. Der Dank für die uneigennützige Hilfe meiner Mutter galt ihr für ewig, weshalb ich keinen Tag vergehen lasse, mich nach ihrem Wohlbefinden zu erkundigen. Ich rufe sie jeden Tag an, selbst wenn es in den zwei Minuten ist, in denen ich ein größeres Geschäft auf der Toilette verrichte.

Doch so sehr ich Mutter im Herzen trage, meine endlose Liebe Isabella lernte ich bereits in meiner Ausbildung kennen. Jedoch nahm ich sie, versteckt hinter Medians Mauer, nicht so wahr, wie Jahre später bei den Bewerbungsgesprächen für mein Hotel. Von da an sah ich sie mit ganz anderen Augen. Schöne lange Beine zierten die gelernte Hotelfachfrau. Ihr Kleidungsstil: souverän und doch zum Herunterreißen. Ich hatte immer eine Agentur beauftragt, für mich die Vorstellungsgespräche zu führen, aber bei diesem – bei diesem Vorstellungsgespräch – wollte ich dabei sein.

 

Ich schmachtete nach ihren butterzarten Lippen und stellte mir vor, während sie vor uns ihre Beine übereinanderlegte, wie ich sie ihr wieder aufschlage und ihr zum Höhepunkt verhelfe. Und mir hätte es nichts ausgemacht, wenn die bezahlten Leute von der Agentur zugeschaut und an sich selbst herumgespielt hätten. Von da an merkte ich, welche Sehnsüchte in mir verborgen sind.

Heute weiß ich nicht einmal mehr, welche Fragen ihr gestellt wurden und was für Antworten aus ihrem Mund kamen. Was ich aber wusste: Egal an welchen Kriterien sie scheitern würde, sie soll die Frau an meiner Seite sein – Isabella soll zu meiner Bella werden!

Ein Tag nach dem Vorstellungsgespräch gab ich ihr eine telefonische Zusage und verlangte für die Vertragsunterzeichnung noch einmal ein Treffen in einem Restaurant. Ich lud sie ins Aqua Popolus ein und ließ die feinsten Gerichte servieren. Ihr Parfüm rieche ich heute noch, das sie bei unserem Geschäftsessen an ihrem Halse trug. Ich legte ihr den Vertrag vor die Nase. Allerdings nicht für die Stelle des Housekeeping, sondern als beteiligte Inhaberin.

Nach ihrem Blick hätte ich sie auffressen können. Diese Schönheit in Kombination mit dieser Erschrockenheit. Ist das ein Fehler? Meinte sie und griff sich dabei an ihr Herz. Doch ich versicherte ihr, dass es kein Fehler sei. Sie unterzeichnete und fragte sich, wie sie mir nur Danken könnte. Daraufhin sah ich in ihre Augen und wagte geradezu meine Bitte. Sie verstand schnell, weshalb wir kurzerhand viele gemeinsame Stunden in meinem Bungalow im Bett verbrachten. Ich dachte nicht, dass Bella eine der Frauen wäre, die für Geld alles tun würde. Aber sie schien sich nichts daraus zu machen – im Gegenteil.

Nach unserer Zweisamkeit merkten wir bei einem Gespräch und einer Flasche Cognac rasch, dass wir mehr Interessen als nur den Beruf gemein hatten.

Wir lieben das Schöne. Und so auch schöne Menschen. Es darf oberflächlich ausgelegt werden, aber jeder darf lieben, wen er will, nicht wahr? Und jeder sucht sich seine Reize, richtig? Also warum dann nicht so ehrlich sein und die Menschen um uns herum danach aussuchen?

Wir unterhielten uns mehrere Tage – zurückgezogen im Bett – über die bevorstehende Zukunft. Und während ich die Hoteleröffnung per Telefon vorantrieb, ließen wir uns jeden Tag etwas zum Essen und zum Trinken liefern. Einmal täglich sprangen wir unter die Dusche, um uns im Anschluss direkt wieder ausgiebig zu vernaschen. Es passte. Alle unsere Gedanken passten in und aufeinander. Ich spürte plötzlich wieder diesen Zusammenhalt, den ich mit Median hatte. Diese Verbundenheit. Allerdings mit dem Unterschied, dass ich mit Bellas Mauer den Horizont noch weiter ergreifen konnte. Denn diesmal stand ich nicht dahinter, sondern darauf. Sie ist das Gegenstück, das mich vollendet.

Und nachdem wir unser Imperium im Kopf bereits durchdacht und unser Ziel erkannt hatten, sprach ich sie einfach auf meine innerlichen Bedürfnisse an. Gut, ich wusste, auf beruflicher Ebene sind wir eins. Doch wie ist es in der privaten? Ich sagte zu ihr, dass wir himmlischen Sex haben, keine Frage. Aber ich gab auch zu, dass mich himmlisch nicht so sehr befriedigt. Ich erzählte ihr, dass ich mir schon beim Vorstellungsgespräch etwas mit ihr vorgestellt habe. Dass ich sie in Gedanken mit meiner Zunge liebkoste und mir vorstellte, wie andere uns zuschauten und sich im gleichen Moment ebenfalls beglückten. Das macht mich an, ließ ich Bella wissen. Und sie? Sie war von der Idee nicht abgeneigt. Es käme auf einen Versuch an. Allein für diese Antwort hätte ich sie heiraten können.

Es waren herrliche vier Tage allein zu zweit, doch wie jeder Tag, waren auch diese Tage irgendwann vorbei. Denn die Hoteleröffnung meines ersten Hotels stand bevor und schließlich mussten wir uns ja auch wieder hinausbewegen. Ich ließ vor dem Hafenhotel eine Bühne errichten und der freiberufliche Manager verpflichtete jede Menge Stars und Sternchen. Lichterketten erhellten nach Einbruch der Dunkelheit das Gelände und zauberten eine himmlische Atmosphäre über dem dunkel schimmernden Wasser. Um Punkt 18.00 Uhr schrieb sich der erste Gast ins Gästebuch ein, womit uns der erste Sänger für die Eröffnung unseres Hotels beglückwünschen durfte.

Es kam die Hälfte der Stadt, um ihre Neugierde zu stillen und um einfach nur zu begutachten, darunter aber auch sogar viele Prominente, die extra eincheckten, damit sie ausgelassen an der Party teilhaben konnten. Es versprach ein voller Erfolg zu werden.

Natürlich stellte ich meiner Mutter und meinem Bruder an diesem Abend meine Freundin Bella vor. Das Glück stand mir zur Seite. Jedem einzelnen Angestellten stellte ich mich und meine Bella höchstpersönlich vor. Ich motivierte sie, mit Spaß ihre Arbeit anzugehen und für jeden Gast da zu sein. Sie sollen die Arbeit nicht nur als Arbeit betrachten, sondern als ein Hobby, mit dem man sein Lebensunterhalt verdient.

Auch dem externen Manager Hendrik galt mein Dank. Er hatte eine großartige Eröffnung auf die Beine gestellt, weshalb ich ihm angeboten hatte, weiterhin für mich tätig zu sein.

Er sprach bei einem Glas Gin Tonic mit mir über die Konditionen und ich sah in ihm eine treue Seele. Hendrik ist 2 Jahre jünger und strahlte eine besondere Anziehungskraft aus, der ich während unseres Gespräches kurzzeitig widerstehen musste. Denn ich erwischte mich, wie ich ihm nicht mehr zuhören konnte, da ich mir gerade leidenschaftliche Experimente mit ihm vorstellte.

Mir war bewusst, dass mich die Missionarsstellung langweilte und ebenso wusste ich: umso absurder, umso besser. Aber das mich nun ein schöner Mann mit seiner Art dazu bringt, mit ihm an Sex zu denken, das war mir neu.

Ich besiegelte mit einem Händedruck einen Vertrag mit ihm und während ich seinen festen Handgriff zu spüren bekam, spürte ich, wie es heiß um mich wurde. Mein tiefer Blick in seine Augen ließen mich kurzweilig zweifeln. Hatte ich gerade Bella vergessen? Doch während ich in diesem kurzen Moment mit meiner rechten Hand seine nicht loslassen wollte, reichte ich einfach meine linke Hand Bella. Nun hielt ich zwei verschiedene Geschlechter an den Händen und war verwirrt. Tatsächlich schien mir das Geschlecht egal zu sein, es muss nur gut aussehen. Aber die Liebe zu Bella war mir nicht egal, weshalb mich plötzlich der Wunsch ereilte, dass sich Bella und Hendrik ebenfalls die Hände geben, sodass wir zu dritt verbunden wären. Wäre sie auch hierfür so tolerant? Falls ja, würde sie sich zur Göttin machen.

Doch dann unterbrach Median plötzlich den langanhaltenden Händedruck zwischen mir und Hendrik. Ich hatte meinen Bruder eingeweiht und er gab mir nun Bescheid, dass mein Auftritt auf der Bühne gleich so weit sei.

Ich hielt nämlich an dem Abend noch eine Überraschung für meine Bella bereit. Und zwar sollte nur ich mit einer Gitarre die Bühne mit Musik füllen – ganz allein nur für die neue Frau in meinem Leben.

Mir schlotterten die Knie, während ich mich bei Hendrik verabschiedete und zur Bühne eilte. Mein Herz pumpte das Blut durch meine Adern und ich spürte den Puls an meinem Hals. Gedanken übersäten meine Konzentration und ich fokussierte mich nur noch auf den einen Gedanken. Der Gedanke, Bella jetzt meine Treue zu übermitteln.

Median überreichte mir Backstage die Gitarre und ich erklimmte den Berg der Nervosität. Ich setzte mich auf einen Stuhl mittig der Bühne und blicke über hunderte von Köpfen hinweg. Meine Hände fingen zu zittern an und ich befürchtete, diese Aufmerksamkeit übermannt mich. Bis ich Bella mit solch einer Begeisterung neben meiner Mutter sah. Sie haben sich nach vorne gequetscht und warteten völlig überrascht auf meinen Auftritt.

Und nachdem ich in die Augen meiner Bella geblickt hatte, spürte ich auf einmal, dass ich nicht mehr allein bin. Es machte mich plötzlich sogar an, dass ich von mehrere Menschen begutachtet wurde. Ich schaute kurz an mir herunter und stellte mir vor, wie ich wohl gerade für Außenstehende aussehen mag. Und dann schaute ich zu ihnen hinab und spürte diese Befriedigung über ihnen zu stehen. Ich lächelte und begann mit den ersten Klängen meiner Gitarre, bevor ich dann mit meinem Song das Schweigen meiner Gäste verlangte.

Dabei spürte ich die heißen Strahler auf meiner, mit Schweißperlen versehenen, Stirn. Ich spürte diese flammende Unruhe in meinem Körper, während Bella plötzlich auf die Bühne eilte und mich vor allen küsste.

Anschließend beglückte ein DJ nun die feiernde Meute und Bella und ich gesellten uns in den späten Abendstunden in die Lobby auf eine Couch. Bereits da war die Eröffnung ein voller Erfolg und überall tummelten sich Gäste, darunter die Prominenz und die Paparazzi. Meine Bella lag in meinen Armen, das Cocktailglas in der Hand. Und ich sah mich sitzend in meiner Lobby um. Bella und ich haben vor noch weitere Hotels auf der ganzen Welt zu eröffnen. Russland, Frankreich, selbst vor der Karibik werden wir keinen Halt machen. Und angefangen hat es eben in meiner Heimatstadt am Hafen.

Während um uns herum die Menschen feucht fröhlich ihren Abend genossen, musste ich immerzu an das Gefühl denken, das Hendrik in mir ausgelöst hatte. An diese Kombination von Freiheit. Natürlich begegnete ich ihm auf einem meiner Toilettengänge und bat ihn, sich doch bei uns zu verweilen. Mit seiner Arbeit voll und ganz zufrieden, gesellte sich Hendrik also zu uns, sodass wir nun zu dritt die Eröffnungsfeier ausgiebig mit Alkohol ausklingen lassen konnten.

Unsere Gespräche waren oberflächlich, aber mir gefiel es, wie wir uns drei beschnupperten. Mir gefiel es, wie Bella und Hendrik zusammen mit mir harmonierte. Darum schlug ich Hendrik vor, uns morgen auf eine Schulung für Führungskräfte zu begleiten, um im Anschluss einige infrage kommende Immobilien zu besichtigen. Sie standen zum Verkauf und waren vielversprechend für eine Hauptzentrale, von der später mal weitere Hotels gemanagt werden können.

Und wie erwartet wurden wir von Hendrik am nächsten Tag begleitet. Ich gestaltete unsere Geschäftsreise eher als Ausflug, denn insgeheim wollte ich, dass wir drei uns besser kennenlernen, allerdings auf privater Ebene. Ich hatte nichts ausgesprochen, aber ich wollte, dass wir alle das Gefühl erhalten, uns gegenseitig zu lieben. Eine Verbundenheit ist da, das spürte ich von Anfang an. Wir hatten Interesse, sagen wir, Sympathie füreinander und doch traute sich niemand wirklich etwas zu wagen. Dabei wusste ich längst, was ich mit den zwei hübschen Menschen anstellen wollen würde. Ich sah uns drei bereits in meiner Fantasie – lustvoll, leidenschaftlich, füreinander geschaffen.

Nach der absolvierten Schulung, die sich bis zum späten Abend vollzog, legten wir eine Rast in einem schmuddeligen Motel ein, um ausgeruht in den nächsten Tag starten zu können. Leider teilten wir bei dieser Übernachtung unser Zimmer natürlich nicht mit Hendrik.

Und natürlich verlangte Bella in dieser Nacht ein Techtelmechtel. Wohingegen ich sagen musste, dass es mich so langsam nicht mehr erregte. Mich spornte dieses immer wieder gleiche Prozedere nicht mehr an. Selbstverständlich probierten wir jegliche Stellungen aus, aber ich hatte stets die Fantasie mit Hendrik, ihr und mir im Kopf.

Am nächsten Morgen sprach ich es unter der Dusche einfach an. Ich fragte meine Bella, was sie von Hendrik hielt – ob sie ihn attraktiv fände. Und ob ihre Freiheit im Kopf auch Realität werden könnte. Ich muss sagen, es war, wie ich es mir erhofft hatte.

Meine Göttin wurde zu mir hinuntergesandt.

Nachdem sie mir meine Wünsche von den Augen abgelesen hatte und ihr Einverständnis gegeben war, es mit Hendrik und mir im Bett zu versuchen, entflammten wieder meine heißen Gefühle für sie. Der Sex unter der Dusche war heißer als je zuvor.

Plötzlich erkannte ich, dass wir auch in der privaten Ebene auf einer Länge sind. Wir harmonieren einfach in allen Lebenslagen und scheuen uns vor keiner Herausforderung.

Sie und ich – nicht gegen, sondern mit dem Rest der Welt!

Meine Bella und ich überlegten, ob Hendrik überhaupt solch ein Typ wäre, für solch eine Kombination. Anhand eines Flyers, den ich zwischen den Werbeprospekten des Motels fand, kam mir die Idee, der abgebildeten Kneipe mal einen Besuch abzustatten. Wir sollten Hendrik mal aus seiner Komfortzone entreißen und mit ihm den Moment des Lebens genießen.

Natürlich war er einverstanden. Deshalb besuchten wir wie geplant zuerst die Immobilien und am späten Abend die verrauchte und doch gemütliche Kneipe des Flyers. In Erinnerung blieben mir die farbenfrohen Tiffanylampen auf den Tischen – der Stil der 30er Jahre wurde hervorragend hervorgehoben. Sofort reservierten wir uns ein stilles Eckchen. Unterhalten wurden wir von den verschiedensten No-Name-Künstlern auf der Bühne. Mal brachte uns ein Komiker zum Lachen und mal zwang uns ein Sänger mitzusingen. Unser Zwischenmenschliches wurde fortan gestärkt.

 

Gerne schaute ich extra lustvoll in die Augen von Hendrik – er wiederum schweifte ab. Ich konnte nicht so genau interpretieren, ob es nun aus Scham oder Desinteresse sei. Auch meine Blutsbrüderschaft lehnte er divenhaft ab, womit mein innerer Wolf geweckt wurde.

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