Kostenlos

Verträumt 5

Text
Aus der Reihe: Verträumt #5
0
Kritiken
Als gelesen kennzeichnen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

2
Verewigt 148

Mit müden Augen realisiert Katrin erst Sekunden nach ihrem Erwachen, dass bereits der Morgen graut und sie sich in einer verbotenen Zone befindet. Sie muss auf dem Bürostuhl am Abend zuvor mit dem Verewigt-Buch von Fabian eingeschlafen sein.

Und das mit dem Wissen, dass ihr ausdrücklich untersagt wurde, nicht in diesen Büchern herumzublättern. Hurtig springt Katrin auf, stellt das Buch an seinen Platz zurück und verschwindet aus dem Raum.

Sie durchquert den Wohnbereich und begibt sich in ihr Zimmer, um sich für den Tag frisch zu machen. Nach der zügigen Katzenwäsche streift sich Katrin neue Kleidung über den Körper und nachdem sie ihre Haare gerichtet hat, erklingt auch schon ein Anruf durch Sid.

Isabella wünscht ihrer Pflegerin einen guten Morgen und bittet Katrin ihren ersten Arbeitstag anzutreten.

»In nicht mal einer Minute bin ich bei dir.«

Gleich darauf startet Katrin wohlwollend in den Tag hinein, begrüßt ihren Arbeitskollegen Phil in der Küche und sichtet das erste Mal die junge Haushaltshilfe Natalia, die fleißig das Gäste-WC säubert. Katrin gönnt sich währenddessen einen kleinen Plausch mit ihr, bevor sie an der Schlafzimmertür von Isabella klopft.

»Katrin, komm rein. Du brauchst doch nicht zu klopfen.«

Die Morgensonne strahlt durch die runden Fenster ins Zimmer hinein, wodurch Fabians blanker Po schön zur Geltung kommt.

»Oh, sag doch was. Jetzt hab ich gesehen, was ich gar nicht sehen wollte«, lässt Katrin erschrocken von sich, während Fabian mit offen stehender Badetür seine Intimbehaarung vor dem Spiegel abrasiert.

»Dich muss es nicht stören, mich nackt zu sehen. Mich stört es ja auch nicht«, gibt Fabian preis, wobei ein freches Grinsen in Isabellas Gesicht zu erkennen ist.

Und bevor Katrin die Decke von Isabella wegzieht erfragt sie flüsternd, ob Fabian denn nicht so etwas wie ein Schamgefühl hat.

»Genauso wenig wie er Schamhaare besitzt.«

»Okay na gut, dann starten wir mal gemeinsam in den Tag.«

»Liebend gern, Katrin.«

Katrin hilft Isabella behutsam aus dem Bett und unterstützt sie bei ihren Belangen – immer zum Wohle ihrer Patientin.

Selbstverständlich darf ein Spaziergang an der frischen Luft an diesem sonnigen Herbsttag nicht fehlen. Deshalb begleitet Katrin Isabella mit dem Rollstuhl an den Hafen, an dem sie gemeinsam Möwen füttern. Der Duft von Zuckerrüben liegt in der Luft und ummantelt die Bewohner.

Fabian befindet sich derweil auf dem Deck seines Hausbootes und telefoniert. Dabei wird er aus weiter Entfernung von Katrin beobachtet.

»Wen hat dein Ehegatte denn die ganze Zeit über am Ohr?«

»Seine Mutter Veronika. Sie telefonieren mindestens einmal am Tag. Nicht das Veronika es verlangen würde, aber so hat er schon immer den Kontakt zu ihr gepflegt – ob wir nun am anderen Ende der Welt waren oder nur einen Ort entfernt.«

»Also ich hätte nicht jeden Tag was Neues mit meiner Mutter zu quasseln. Ich glaub, die würde, wenn ich jeden Tag anrufe, nach dem dritten Tag die Nummer wechseln.«

»Die haben wohl immer was zu reden, Katrin. Mich stört es nicht, ganz im Gegenteil. Ich komme ja auch gut mit meiner Schwiegermutter aus.«

»Luca meinte mal, dass sie auch ein richtiges Biest sein kann.«

»Zu mir war sie immer respektvoll und nett. Also kann ich dem nicht zustimmen.«

Katrin wechselt das Thema.

»Dein Ehemann hat gestern beim Abendessen nicht ernsthaft gemeint, dass er sich einen Vierer wünscht. Er, du, Luca und ich. Was eine absurde Vorstellung. Kannst du dir vorstellen, dass er das ernst gemeint hat?«

»Selbstverständlich. Ganz normal bei ihm.«

»Was?! Du weißt von seinen schmutzigen Gedanken?«

»Wäre schlimm, wenn ich es nicht wüsste. Ihr habt uns nie richtig kennengelernt, stelle ich gerade mit einem Lächeln fest. Dabei haben wir bereits viel gemeinsam erlebt. Wir haben euch oft genug Avancen gemacht, doch ihr wolltet diese wohl nicht ernsthaft erkennen.«

»Ihr seid verrückt. Ich sage dir, ihr seid verrückt.«

»Wenn du das so nennen willst. Wir leben gerne so, jedenfalls bis es durch meine Krankheit komplizierter wurde. Keine Vorstellung hielten wir verborgen und es gab nichts auf dieser Welt, was wir nicht ausprobiert haben.«

»Ihr beide? Bisexuell?«

»Was heißt das schon, Katrin. Uns mussten halt die Personen gefallen. Schöne Körper machen uns an. Ob männlich oder weiblich – wir können mit beiden Geschlechtern Spaß haben.«

»Ich glaube, ich brauch 'nen Schnaps. Und jetzt seit deiner Krankheit habt ihr immer noch Spaß zusammen?«

»Nicht mehr so abenteuerlich wie vor einem halben Jahr. Die Ansteckungsgefahr ist zu groß, genauso wie meine Schmerzen in den Gelenken.«

Tränen steigen an die Oberfläche. Tränen der Angst, der Wut und der verwelkten Liebe.

Somit vergeht der Mittag wie im Fluge und die Abenddämmerung kehrt ein.

Und während Fabian seine Isabella zum Essen ausführt, nutzt Katrin die Gelegenheit, verbotenerweise im Verewigt-Buch Nr. 148 weiterzulesen.

Doch um keine Lücke im Regal zu hinterlassen, tauscht Katrin diesmal ihr ausgesuchtes Buch mit einem Blankobuch aus. Zuvor aber beschriftet sie den Buchrücken mit der gleichen Zahl.

Selbst begeistert von dieser Täuschung marschiert sie unmittelbar in ihr Zimmer, hängt ein Kleidungsstück vor das Schlüsselloch und macht es sich auf ihrem Bett gemütlich.

Tiefenentspannt lehnt sie sich zurück und versinkt anschließend in Fabians Verewigt-Buch.

… Es fühlte sich wie gestern an, als ich mit meinen Angestellten in meinem französischen Spa Hotel den jährlichen Kostümball organisiert habe.

Jedes Jahr aufs neue begeisterten sie mich mit ihren kreativen Ideen, mit ihrem Enthusiasmus, mit ihrer Leidenschaft. Klar, dass ich dieses Jahr diese Feier dafür verwenden werde, Ms. Sour zu beeindrucken. Dieses Mal habe ich meine Hausaufgaben im Vorfeld gemacht und Mr. Plumburg beauftragt, die privaten Interessen von ihr herauszufinden – was er auch tat.

Eine begabte Sängerin scheint sie zu sein und das nutzte ich für dieses romantische Wellnesshotel aus. Ich sandte ihr eine Einladungskarte mit der Bitte zu, den Kostümball mit einer Gesangseinlage zu eröffnen.

Kein Tag später kam die Zusage. Ich wusste es, darauf steht diese schöne kurvige Frau mit diesen schönen langen Beinen. Sie steht darauf, im Mittelpunkt zu sein und von vielen Männern und Frauen angehimmelt zu werden.

Bei diesem Anlass wird sie hoffentlich ihre beruflichen Absichten als Sternwanderin nicht so ernst nehmen und es wird so viel los sein, dass sie bei der Begutachtung auf keinen Fall den Sinn dieses Hotels erkennen wird. Denn hier darf nach Herzenslust Liebe gemacht werden – mit was und mit wem man will.

Vorab gab ich Ms. Sour per Telefon ein paar Anregungen mit auf den Weg, was die Songauswahl betrifft. Ich erklärte ihr, dass die jährlichen Kostümbälle dieses Hotels für die sexuelle Freiheit angedacht sei. Und sie nahm mich beim Wort.

Mit einem bunten Federkleid betritt sie nun die Bühne im Veranstaltungsraum und begeistert mit ihrem Anblick jeglichen kostümierten Gast. Doch selbst meine Gäste nutzen ihre innerlichen Bedürfnisse zu ihren Gunsten. Darunter darf man zum Beispiel Menschen über den Weg laufen, die sich in einem Latexanzug wohlfühlen.

Ms. Sour hält auf der Bühne kurz inne – genießt sichtlich den Moment des Applauses. Und auch mir ergeht es nicht anders. Ich bin von meinem Platz aus, meiner innerlichen Hitze schutzlos ausgeliefert, bis plötzlich das großartige Orchester zu spielen beginnt.

Der Klang der Instrumente durchflutet den Saal und lässt alles mit großen Emotionen abheben.

Und dann leiht Ms. Sour mit purem Sexappeal dem Orchester ihre vielseitige Stimme. Sie singt mit einem französischen Akzent über die bunte Welt von heute – lebe laut, lebe bunt.

Sie verzaubert mich aufs Neue, denn wieder mal kreisen meine Gedanken nur um ihren heißen Körper. Ich stelle mir vor, wie meine Finger sanft an ihrer schimmernden Haut entlanggleiten und sich zu gern in ihrem Schlüpfer verstecken wollen.

Das Publikum feiert Ms. Sour nach ihrem Auftritt mit Bravour und das Orchester spielt von nun an alleine weiter. Meine Gäste beginnen miteinander zu tanzen.

Und ich lasse mir Ms. Sour von Mr. Plumburg in den Gesellschaftsraum bringen. Dort habe ich extra Champagner auf einem ovalen Beistelltisch kalt stellen und bunte Kissen auf den Sesseln aufschütteln lassen.

Die lebendige Vielfalt Frankreichs spiegelt sich in den Schiebetüren wider.

Mir stockt der Atem als Ms. Sour hereinspaziert und mit einem zufriedenen Lächeln vor mir Platz nimmt. Sie entledigt sich ihrem Federkleid und verspürt dabei keinerlei Scheu nur noch im Bikini vor mir zu sitzen, während sie die Beine übereinander schlägt.

Ich lobe ihren Auftritt und belohne sie mit großzügigem Honorar. Gerne hätte ich gewollt, dass sie sich als Dankeschön auf mein Gesicht setzt, doch mit dieser Vorstellung werde ich mich wohl heute Abend alleine beglücken müssen.

Immer wieder folge ich ihren Blicken, ich verfolge, bei welcher Art von Gast sie haften bleibt. Vielleicht begehrt sie die etwas dickere Gesellschaft, eventuell macht es sie an, wenn das Bäuchlein sich über die Gürtelschnalle erhebt. Oder findet sie gar Interesse an den Personen, die Nietenarmbänder besonders erotisch finden?

Ich würde für sie alles in Kauf nehmen. Doch ich traue mich nicht, sie einfach nach ihren Interessen zu fragen. Also frage ich Ms. Sour, ob sie eine Kleinigkeit im Innenhof mit mir essen möchte. Sie lehnt ab.

 

Ich frage Ms. Sour weiter, ob sie mit mir am Kochkurs in unserer Küche teilnehmen will. Sie lehnt ab.

Außerdem frage ich Ms. Sour, ob sie mit mir auf der Dachterrasse in die Sterne schauen will. Natürlich lehnt sie ab.

Jeden Versuch, mit ihr private Zeit zu genießen, lehnt sie dankend ab. Und um nicht noch eine Abfuhr zu kassieren, lasse ich die private Unterhaltung und gehe mit ihr in die geschäftliche Fragerunde ein. Dabei denke ich immerzu an heute Abend – daran, wie ich nackt alleine in meinem Bett liege und mir vorstelle, wie Ms. Sour auf meinem Gesicht sitzt. Aber bitte ohne Slip. …

Plötzlich fällt Katrin vor Müdigkeit das Verewigt-Buch auf die Nase, weshalb sie dieses unter ihrem Kopfkissen versteckt. Anschließend wirft sie einen Blick auf die Uhr. Zur späten Abendstunde gehorcht sie ihrem knurrenden Magen und beschließt, sich eine Kleinigkeit zum Essen aus der Küche zu holen. Um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, läuft Katrin leise durch den düsteren Wohnbereich, wo sie das Stöhnen einer männlichen Person wahrnimmt.

Kurz kichernd durchquert Katrin den geschwungenen Flur, öffnet die Küchentür und blickt in Richtung Küchentresen, wo unerwartet Fabian zu sehen ist. Vor ihm kniet Phil, der seinen Chef in dieser Sekunde im Genitalbereich erfreut.

Nachdem sich Fabians und Katrins Blicke treffen, schließt Katrin ohne einzutreten sofort die Tür. Entsetzt marschiert sie zurück in ihr Zimmer und ruft aufgewühlt ihren Ehemann Luca mit dem Handy an.

»Warum dauert es denn immer so lange, bis du abhebst – falls du dann mal abhebst?«

»Sorry Süße, war auf Toilette ein Ei legen.«

»Du willst nicht wissen, in welche beschissene Situation ich gerade gekommen bin.«

»Hört sich scheiße an.«

»Ich habe unseren Fabian beim Fremdgehen erwischt. Bella, die arme Sau liegt krank in ihrem Zimmer und der lässt sich in Ruhe einen blasen.«

»Hört sich nach deren Problem an, findest du nicht?«

»Was?! Das war auch noch der Koch! Hör auf zu lachen. Was mach ich jetzt? Ich kann Bella doch dieses Wissen nicht vorenthalten, was wäre ich für eine Freundin? Und überhaupt, wo warst du gestern Abend schon wieder? Bring mich nur nicht auf falsche Gedanken, ich sage es dir!«

Plötzlich ertönt Kimberlys Stimme im Hintergrund des Telefonats, die mitteilt, dass Luca gestern Abend im Spielcasino war.

»Nein Luca! Willst du mich verarschen? Ich bin nur wegen deiner Spielschulden hier angestellt, damit wir schuldenfrei werden und dir fällt mit deiner Zeit nichts Besseres ein, als uns weiterhin in den Ruin zu treiben!«

»Ich dachte, vielleicht gewinne ich ja was. Dann hätten wir früher die Schulden los und du könntest wieder zu uns nach Hause.«

Katrin betätigt den roten Hörer auf ihrem Handy und wirft es auf ihr Bett. Wutentbrannt stoppt sie ihre Tränen, bis es an der Zimmertür zaghaft klopft. Nach kurzen Sekunden des Sammelns holt sie tief Luft, öffnet die Tür und bekommt Phils große Rehaugen zu sehen. Er steht mit zwei Gläser Rotwein in der Hand vor ihr.

»Sind heute Überstunden fällig, was?«, fragt Katrin provokativ, woraufhin Phil sich gerne an Deck mit ihr unterhalten möchte.

»Kamerad, sei nicht so geizig. Ich quassele mit dir nur mit 'ner Flasche Wein, kapische?«

Umhüllt von der sternenklaren Nacht und dem Vollmond, der sich verzerrt auf dem Wasser widerspiegelt, sitzen beide schauend über die Reling, eingemummelt auf einem Stuhl. Nur eine geschützte Kerze auf dem Tisch erhellt die Gesichter, während sich die vollen Rotweingläser im Schatten verbergen.

Phil beginnt den Dialog.

»Ich habe eine Tochter, vier Jahre und eine Freundin. Wir sind schon seit über 5 Jahren zusammen.«

»Und sie weiß, dass du auf Männer stehst und fremdgehst?«

»Ich liebe meine Freundin und mein Kind über alles. Und ob schwul oder nicht, ich werde dafür bezahlt.«

»Ah Sonderleistungen auch noch? Na dann, prost!«

»Bevor ich diesen Job hatte, war ich Koch in einem Hotel von Fabian und Isabella und musste jeden Tag zwei Stunden Fahrtweg zurücklegen. Als ich dann die Stelle hier als Koch angeboten bekommen habe, sagte ich sofort zu. Und zack, wurden es nur noch zehn Minuten Fahrtweg und mein Gehalt wurde deutlich angehoben. Was glaubst du, wie glücklich meine Freundin deshalb war?«

»Und wäre sie auch noch glücklich, wenn sie herausfindet, dass du mit deinem Chef kuschelst?«

»Ich schätze, es wäre relativ. Denn woher die Sonderzahlungen kommen, das hinterfragt sie ja auch nicht.«

»Das ist unmoralisch, einfach widerlich. Und die arme Isabella erst.«

»Frau Stein hat bevor sie krank wurde mitgemacht. Was glaubst du, wie viel Spaß wir zu dritt im Bett hatten? Und was glaubst du, wie lebendig Frau Stein war mit zwei Männern? Sie hält sich zwar tapfer, aber ich glaube, sie hat mehr mit ihrem Dilemma zu kämpfen, als man es von ihr zu hören bekommt.«

»Ich brauche noch einen Schluck von diesem süffigen Rotwein, oder zwei. Oh meine Güte, jetzt brauche ich mir keine Gedanken mehr zu machen, ob ich es petzten muss oder nicht. Das Bild meiner Freunde ist mit unserem Gespräch in ein völlig anderes Licht gerückt.«

»Sex gegen Geld – ich kenne keine Gelegenheit, schneller an Geld zu kommen.«

»Wo bin ich hier nur gelandet … und dann komme ich auch nicht mal einfach so hier weg, weil mein Männlein meint, weiterhin im Casino Schulden machen zu müssen.«

»Ist er spielsüchtig?«

»Krank ist er. Ich versuche die Schulden zu tilgen und er sorgt gleichzeitig für neue. Unser ganzes Leben lang haben wir eigentlich noch nie zusammen an einem Strang gezogen. Doch den Sprung ins kalte Wasser habe ich bisher nicht gewagt. Vielleicht wegen meiner Tochter? Aber ich brauche jetzt einen Themawechsel, sonst fang ich an zu heulen und muss aufhören zu trinken. Hahaha. Prost! Schon mal in die Bücher hineingelinst?«

»Welche Bücher?«

»Na diese Ewig-Bücher in Fabians Büro.«

»Verewigt-Bücher. Ja, von denen weiß ich. Er hatte mir mal davon erzählt. Aber auch erst, nachdem er sich fast eine Flasche Cognac gegönnt hatte.«

»Erzähl, Kamerad. Ich lese gerade eins hinter seinem Rücken und muss gestehen, ich bin schon neugierig und will wissen, was da so abgeht. Ich bin Feuer und Flamme.«

»Lass das ja nicht Herr Stein herausbekommen, der würde ziemlich ungemütlich werden.«

»Ach Quatsch, erzähl. Was hat er gesagt?«

»Nun, er würde immerzu von Träumen heimgesucht werden und diese hätten irgendwie nie ein Ende. Begonnen hätte es bereits im jungen Erwachsenenalter, als er sein erstes Hotel mit seinem Bruder eröffnete. Auch im Traum errichtete er ebenfalls Hotels, diese seien allerdings im Vergleich zur Realität ganz anders.«

»Fantasievoller, nicht war?«

»Ähm, mehr oder weniger?«

»Egal, lass hören. Sprich weiter.«

»Um auf den Punkt zu kommen, er begann seine Träume niederzuschreiben und verewigte somit seine Geschichten im Kopf in Form dieser Bücher. Ob es nun tatsächlich immer nur Träume sind oder ob er sich dies vor dem Schlafengehen ausdenkt, damit er vom alltäglichen Stress runterkommt, das weiß ich nicht.«

»Das ist ja auch egal, interessant ist es allemal. Und vor allem diese Vielzahl an Büchern.«

»Wenn Herr Stein etwas beginnt – dann bedacht.«

»Sag mal, fängt es zu regnen an?«

»Ich glaube schon, komm wir setzen unsere Unterhaltung am Esstisch fort.«

»Sehr gerne, Kamerad.«

Im trockenen Wohn- und Essbereich angelangt werfen sich Katrin und Phil weiterhin mit Decken eingemummelt auf die Couch, genießen auch hier den Kerzenschein und den Wein, der wohl niemals leer gehen mag. Die Gespräche vertiefen sich und ein gewisses Vertrauen wird aufgebaut. Und je mehr der Kopf vom Alkohol benebelt wird, desto attraktiver findet Katrin ihre männliche Gesellschaft.

»Falls du gerade daran denkst, mit mir gemeinsam unter eine Decke gehen zu wollen …«

»Oh meine Güte, wieso? Ist das denn so offensichtlich?«, lallt Katrin peinlich berührt.

»Kamerad, du bist ein gut aussehender Mann und ich eine jut aussehende Frau. Hahaha. Ha.«

»Und beide in einer Partnerschaft, liebe Kameradin. Und ohne Bezahlung sehe ich es als Fremdgehen an.«

»Kamerad, ich bin am Ende. Ich kann so nicht weitermachen. Ich bin so unglücklich in meiner Ehe, es läuft rein gar nichts mehr. Das kann doch nicht alles gewesen sein. Ich bin 37 Jahre – schnief – na gut 41, schnief, schnief. Und ich habe nichts erlebt, bin nicht einen Schritt weitergekommen, obwohl ich so sehr, so sehr dafür gearbeitet habe. Aber wie soll man auch weiterkommen, wenn da jemand ist, der einen blockiert. Luca hält Kimberly und mich mit seiner Naivität am Abgrund fest und ihm ist es egal. Ihm macht es nichts aus, hinunterzufallen. Er denkt immer, er würde ja von irgendwem schließlich wieder aufgefangen werden. Sei es von seiner Großmutter, seinem Vater oder mir. Ich möchte dieses Leben nicht mehr. Ich will was Neues erleben und vor allem muss ich mit dem Alkohol aufhören. Der Wein vernebelt mir die Sinne und fördert meine Lust auf Sex. Erst gestern erging es mir so und ich dachte idiotischerweise an Fabian, mit der Hoffnung ihm im Flur zu begegnen. Und jetzt deine Abfuhr. Ins Bett gehöre ich.«

Der Weg ins Zimmer ist demnach nicht mehr weit und schnell findet sich der Schlaf in ihrem Bett.

Weitere Bücher von diesem Autor