Die Liste vor der Kiste

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Das Beste kommt zum Schluss

Der Filmtitel Das Beste kommt zum Schluss scheint allem zu widersprechen, was der westliche Mensch so glaubt. Die Moderne hat in einem beispiellosen Jugendkult den Tod weitestgehend verdrängt. Das hat allerdings kaum jemanden glücklich und das Ende zu einem Desaster gemacht. In Heime und Asyle abgeschoben, fühlen sich die Alten, deren Zahl obendrein überproportional zunimmt, weder wohl noch angenommen. Und so werden wir entsprechend dem Schattenprinzip auch auf allen Ebenen immer mehr mit dem Thema Alter konfrontiert, gerade weil wir es nicht mögen. Daten und Fakten dokumentieren die Überalterung der Gesellschaft. Die Alterspyramide ist schon längst keine mehr, sondern zeigt Ausformungen wie ein umweltgeschädigter Baum, der mit seinen Fluchttrieben an der Spitze eine Art Storchennest bekommt. Während Hundertjährige längst keine Seltenheit mehr sind, scheinen es Paare zu sein, die mehr als zwei Kinder bekommen. Viele wollen nur ein Kind und die meisten keins. Die Renten der vielen Alten seien von den wenigen Jungen kaum mehr zu finanzieren, heißt es, und auch das lässt alte Menschen sich nicht gerade beruhigt zurücklehnen und zufrieden entspannen. Sie erhöhe ständig die Lebenserwartung, hören wir von der Schulmedizin, dabei ist es bestenfalls die Alterserwartung, die wir erhöhen. Kindheit und Jugend, die wir so schätzen, werden im Gegenteil immer kürzer. Inzwischen kommt über die Hälfte der US-Kids in die Geschlechtsreife, bevor sie zehn sind, und zwar wegen der Mast mit Tierprotein und besonders Milch(produkten) voll von Wachstumsfaktoren. Die Jugendzeit wird ebenfalls verkürzt durch Herabsetzung der Volljährigkeit, denn Politiker hoffen, zum Dank von eben diesen Jungen gewählt zu werden. Länger wird dagegen nur die Zeit von der Lebensmitte bis zum Tod und damit das Alter, das wir so gar nicht mögen und am liebsten verdrängen. Aber gerade das, was wir ablehnen, drängt das Schicksal uns nach dem Schattenprinzip auf.

Vor diesem Hintergrund behauptet nun dieser amerikanische Film gegen jeden Trend, das Beste käme zum Schluss, und belegt das auch noch mit bewegenden Bildern und dem besten, was Hollywood an Schauspielern zu bieten hat. Der Film ist wie eine Therapie(stunde), und tatsächlich lässt sich daraus mit wenig Aufwand eine wundervoll einfache, wirksame und dabei extrem (preis-)günstige Therapie fürs Leben entwickeln – und in meinen Augen brauchen wir alle Psychotherapie. Schon vor Jahrzehnten sagte der Gestalttherapeut Irving Polster, Psychotherapie sei zu schade, um Kranken vorbehalten zu bleiben. Selten hatte jemand so Recht.

Damit meine ich nun nicht, alle sollten zum Analytiker gehen. Wir brauchen weder eine weitere die archetypisch männliche und sowieso schon übermächtige linke Gehirnhälfte betonende Analyse noch neues Futter für unseren nimmersatten Intellekt. Das bringt, wie der US-Großversuch in den Achtzigerjahren gezeigt hat, erschreckend wenig, höchstens dass die Filme von Woody Allen nach unzähligen Analysestunden deutlich besser geworden sind. Ich meine hier wirkliche Therapie mit tiefem Eintauchen in die Seelen-Bilder-Welt, um Zugang zum eigentlichen Leben mit seinen Empfindungen und Gefühlen, seinen Bildern und Visionen zu bekommen. Aus solch neuem Erleben des Lebens ergeben sich andere Schwerpunkte und Perspektiven, und wir kämen zurück zur alten Einschätzung und Ordnung, wie sie etwa das klassische Indien kennt. Dort sind idealerweise die ersten einundzwanzig Lebensjahre dem Lernen vorbehalten, die zweiten einundzwanzig der Familiengründung und dem Berufsleben, die dritten einundzwanzig dem Konsolidieren des Erreichten, um sich anschließend lösen zu können. Denn mit dreiundsechzig Jahren beginnen die letzten einundzwanzig Jahre der spirituellen Vervollkommnung mit dem Höhepunkt in der (Er-)Lösung des Heimgangs, dem Tod. Dieses letzte Viertel ist der – jedenfalls für Inder – entscheidende Quadrant des Entwicklungskreises, auf den alles hinausläuft. Daran lässt die östliche Philosophie wenig Zweifel. Das wird auch noch gelebt, etwa in Bali, wo das Alter und mit ihm die Alten in hohen Ehren stehen. Insofern illustriert der Film Das Beste kommt zum Schluss eine alte Idee und schlägt eine längst überfällige Korrektur des modernen Lebens vor. Außerdem lädt er dazu ein, über seine Bilderwelten in unsere eigenen einzutauchen und beide zu verknüpfen, bis wir in Trance geraten und Trance-formation erleben, das heißt, dorthin zu gehen, wo wirkliche Psycho- im Sinne von Seelentherapie geschieht.

So gesehen bieten gute Filme eine wundervolle Chance, sich selbst besser kennen- und mehr schätzen, ja lieben zu lernen, und ich empfehle sie gern als Therapie, verbunden mit speziellen Aufgaben. Das bringt viel und kostet (fast) nichts. Tatsächlich gibt es viele brillante Spielfilme, die uns spielend und spielerisch auf die Sprünge helfen und weiterbringen können. Mir ist es jedenfalls oft so gegangen und hat mich zu einem ausgesprochenen Filmfan gemacht.

Fast immer handeln Spielfilme von fremden, aber an eigene Muster und Erfahrungen erinnernden Lebensgeschichten, die uns in Resonanz mit unseren (Ur-)Mustern beziehungsweise Archetypen bringen. So können sie Träume wecken und aufleben lassen, zu neuen Träumen verleiten und die Seele berühren; sie regen das Mitfühlen und Lernen an. Oder mit den Worten von Eleonore Roosevelt: »Die Zukunft gehört denen, die an Träume glauben.« Müsste ich einen Film aussuchen, der mir und meinen Patienten diesbezüglich am meisten geholfen hat, fällt mir sofort Das Beste kommt zum Schluss (The Bucket List) ein. Manche haben diesen Film mit Morgan Freeman und Jack Nicholson in den Hauptrollen schon gesehen. Wenn noch nicht, umso besser! Dann hat man dieses Vergnügen noch vor sich, und das erste Mal ist immer etwas Besonderes. Ich habe den Film sicher zehnmal erlebt und mag ihn eigentlich immer mehr. Er hat trotz seines Ernstes viel Witz und für Hollywood-Verhältnisse verblüffende Tiefe; er ist außerdem im Sinne der Krankheitsbilder-Deutung sehr stimmig, von wundervollen Darstellern getragen und in meinen Augen insgesamt ein Meisterwerk.

Es kann uns helfen und viel Zeitverlust im Leben ersparen, wenn wir uns einmal intensiv mit Das Beste kommt zum Schluss auseinandersetzen. In dieser Tragikomödie ist zu erleben, wie zwei Menschen verschiedenen Temperaments, unterschiedlichster sozialer Herkunft und Lebenswelt angesichts der erschreckenden Diagnose Lungenkrebs zu Freunden und Verbündeten in Sachen Lebensfreude werden. Als sie scheinbar nichts mehr zu verlieren haben, entdecken die Todkranken, was ihnen wirklich wichtig ist. Bevor sie den Löffel abgeben müssen, haben sie schnell jeweils ihre »Löffelliste« (bucket list) aufgestellt und machen sich daran, die Zeit zu nutzen, um Spaß zu haben und ihre Leichtigkeit wieder zu spüren. Das Beste für uns Zuschauer ist aber noch viel besser, denn der Film lässt uns spontan erkennen, dass wir gar nicht bis auf eine Krebsdiagnose und gescheiterte Chemo warten müssen. Wir können in diesem Moment anfangen, wirklich zu leben, unser eigenes originelles, ganz persönliches Leben.

Eigentlich ist The Bucket List der Film zum Buch oder Die Liste vor der Kiste das Buch zu diesem himmlischen Film. Himmlisch, weil er uns tatsächlich mit dem Himmel, unserer Bestimmung, verbinden kann und dazu noch mit unseren Wurzeln im irdischen Leben. Jedenfalls rate ich, ihn sich als anmachende, im Sinne von öffnender Übung zur Eigenentwicklung erst- oder nochmals anzuschauen. Anmachend auch, weil uns diese »Filmtherapie« wieder einschalten kann, falls wir schon abgeschaltet und uns aus Leben und Entwicklung ausgeklinkt haben. Wichtig ist, sich zuvor Papier und Stift bereitzulegen, denn gleich nach dem Anschauen des Films geht es um die eigene, ganz persönliche Liste vor der Kiste. Sie kann zu wundervoller Lebenshilfe werden – ich persönlich habe meine Liste immer dabei.

Und jetzt rate ich, den Film auf sich wirken zu lassen mit all seinen kleinen Feinheiten und Stimmigkeiten und gleich anschließend in dieser Stimmung, die erste eigene »Lebensliste« zu erstellen oder sie zu überarbeiten und zu ergänzen. Nach dem Filmerlebnis befinden wir uns sowieso in einer Art Trance und können den musikalischen Abspann nutzen, um in dieser angerührten Stimmung einen Moment der (Selbst-)Ehrlichkeit – vielleicht statt sonst üblicher Selbstherrlichkeit – zu genießen und offene Wünsche Punkt für Punkt zu Papier zu bringen, sogar die ganz großen. Wer mag, kann anschließend auch noch mit anderen über seine Liste sprechen. Unter Umständen wird er wie der Filmheld Edward Cole (Jack Nicholson) einen Partner finden für eine gemeinsame Reise zur Verwirklichung (noch) ungelebter Träume. Hier liegt nur dann eine Gefahr, wenn jemand wie der andere Filmheld Carter Chambers (Morgan Freeman) die eigene Frau als Kompagnon wählt beziehungsweise sie ihn. Das wird in solch einem Fall von Dominanz nicht gutgehen, da das alte Muster der Verhinderung von Lebens- und Selbstverwirklichung dadurch nur noch stabilisiert wird. Aber es könnte natürlich auch der eigene Partner sein, wenn beide sich idealerweise wirklich die Freiheit schenken, ureigene Erfahrungen zu machen, und sich einander zugestehen und gönnen zu leben, was noch offengeblieben ist. Und wenn beide Partner zwischendurch immer wieder am gleichen Strang ziehen, kann eine gemeinsame Lebensliste eine große Liebe noch vertiefen und bereichern.

Ein urprinzipieller Vorgeschmack

Jetzt möchte ich Sie auf eine Reise mitnehmen zur Überarbeitung und vielleicht Erweiterung Ihrer ursprünglichen (Film-)Liste vor der Kiste. Ziel ist es, Ihre Fantasie anzuregen, Sie auf Ideen zu bringen, um alle wesentlichen Aufgaben und Herausforderungen zumindest ins Auge zu fassen und um letztlich zu verwirklichen, was Sie lebendig macht und hält. Natürlich kann ich nur Anregungen und Vorschläge anbieten, denn wie schon C. G. Jung sagte: »Die Schuhe, die jemandem passen, drücken jemand anderen. Es gibt kein Lebensrezept, das für alle passt.«

 

Wie kann ich mir dennoch herausnehmen, Ratschläge zu geben, was in Ihrem Leben noch fehlen könnte, was Sie vielleicht noch brauchen, ohne Sie überhaupt persönlich zu kennen? Ich stütze mich dabei auf die alten Traditionen und ihr System der Ur- oder Lebensprinzipien; sie geben auch Ihnen die Sicherheit, nichts zu vergessen. Es geht darum, den Wunschzettel an der ganzen Fülle der Möglichkeiten und am ganzen Spektrum der Wirklichkeit zu messen, und dazu sollten Sie Folgendes wissen:

Die Einheit zerfällt zuerst in Yin und Yang, weiblich und männlich. Das weibliche Yin lässt sich in die beiden Elemente Wasser und Erde, das männliche Yang in Feuer und Luft unterteilen. Aus diesen vier Elementen folgen die zwölf Ur- oder Lebensprinzipien, denn jedes Element ist in drei Aspekte unterteilbar, in einen anfänglichen kardinalen, einen mittleren fix(iert)en und einen labilen. Nehmen wir als Beispiel das Element Wasser: Das ruhige Wasser der Teiche und Bäche ist kardinal, das verschlingende Wasser der Moore und Sümpfe fix und das unendlich weite der Meere und Ozeane labil. Werden alle vier Elemente nach diesem Dreischritt untergliedert, kommen wir zum Entwicklungskreis der (vier mal drei) zwölf Ur- oder Lebensprinzipien. Der Ausdruck Archetypen trifft auch, wird aber häufig und vor allem von C. G. Jung für alle möglichen seelischen Muster verwendet. Wir könnten diese zwölf Grund- oder Lebensthemen einfach durchnummerieren; nach klassischer Art werden sie mit den Namen der Stern- oder Tierkreiszeichen belegt, was jedoch noch nichts mit Astrologie zu tun hat.

Indem wir diese zwölf archetypischen Urmuster als Hintergrundwissen nutzen, stellen wir sicher, nichts Wesentliches auszulassen. Vergewissern Sie sich also zum Schluss, dass Sie auf Ihrer Liste zu allen Urprinzipien Punkte aufgenommen haben, damit kein wesentliches Lebensthema außen vor bleibt.



1. Beim Aggressions- oder Marsprinzip geht es darum, den Mut zu entwickeln, erste Schritte in Neuland zu unternehmen, sich neue Räume zu erobern – im Hinblick auf konkrete Vorhaben, vor allem aber auch auf Bewusstseinsräume. Das Marsprinzip könnte also dadurch erlöst werden, einmal den Mut aufzubringen, etwas wirklich Neues zu tun, das uns reizt und herausfordert. Es ist auch entscheidend, wenn wir unseren Platz im Leben erobern und wenn wir Entscheidungsfähigkeit, Konfrontationsbereitschaft und Zivilcourage entwickeln. Für eine gute Sache zu kämpfen, ist eine wundervolle Herausforderung und Einlösung dieses Prinzips, wobei man auch bewusst Risiken eingeht.

Eine Sportart erlernen, die Mut erfordert, oder auf einer (Foto-)Safari gewagte Aufnahmen von wilden Tieren zu schießen oder Rafting- und Canyoning-Touren zu unternehmen, passen zu diesem Prinzip, ebenso der Sprung vom Zehnmeterbrett oder nur ein Kopfsprung ins Wasser, eine Fahrt mit der Achterbahn samt Dreifachlooping, natürlich auch ein Feuerlauf und alle anderen Mutproben, die wirklich herausfordern. Ganz im Sinne von Mars ist auch das Erlernen von Kampfkunst inklusive der Vertiefung in ihre Philosophie oder Reiten im Cowboy-Stil im gestreckten Galopp über Stock und Stein. Vor allem ist mutiges, grenzüberschreitendes Denken bis in neue Bereiche und die Eroberung von geistigem Neuland gefragt. Einen alten Streit mutig beizulegen und seine Hintergründe offen(siv) zu klären, gehört in dieses Feld, zum Beispiel auch die eigene Geburt nochmals im Rahmen einer Therapie oder in einer Sitzung mit dem Verbundenen Atem zu erleben oder sich bei einer Primärtherapie oder Dynamischen Meditation die ganze Wut aus dem Leib zu brüllen.


2. Das Stier-Venusprinzip fordert, unseren Platz in der Welt und im Leben zu finden und zu sichern. Besitz und materielle Werte sind hier äußerer Ausdruck von Selbstwertgefühl, das so wichtig ist. Wir sollten das eigene Revier abstecken und es auf Dauer anlegen und genießen. Im Rahmen eines Rituals könnten wir Mutter Erde mit allen Sinnen spüren lernen. Denkbar ist auch, Naturrituale und Feste im Jahreskreis zu feiern, etwa Beltane und andere Fruchtbarkeitsriten nach dem Vorbild alter keltischer Tradition. Die intensive sinnliche Naturerfahrung wird hier zur Kraftquelle.

Verwurzelung und Erdung, Verbundenheit und Beständigkeit sind im Reich von Stier-Venus Grundbedürfnisse, dazu gehört auch aller Sinnengenuss. Einmal einen Sommer auf einer schönen Alm zu verbringen, wäre folglich ein passender Punkt für die Lebensliste. Gartenarbeit und sich für Umwelt und Natur zu engagieren oder eine Vereinsgründung zu diesem Zweck entsprechen ebenfalls diesem Urprinzip. Man könnte sich aber auch in der eigenen Heimatgemeinde engagieren (in Verwaltung oder Politik), um diese bewusst als Heimat zu erhalten und ihre Schätze zu pflegen.

Der Steigerung des eigenen Selbstwertgefühls mag es dienen, sich selbst für alles bereits Erlebte und Erreichte Anerkennung zu schenken. Gleichzeitig ist die bisherige Einstellung zu Besitz auf den Prüfstand zu stellen. Aus der Perspektive von Stier-Venus ist Besitz auch Verpflichtung, und die Pflege von Landschaft und Tradition ist gleichermaßen Herzensanliegen. Das eigene Zuhause spielt eine große Rolle und könnte gefeiert und genossen werden im Kreise der Nächsten, etwa bei kulinarischen und musischen Festen.

Einmal nach Herzenslust Spezialitäten zu schlemmen bei entsprechender Volksmusik oder kulinarische Reisen zu unternehmen, könnte reizen, etwa ein Besuch beim Oktoberfest mit reichlich Bier und rustikalem Essen aus der Hand. Man könnte einmal etwas kosten, das man noch nie gegessen hat und auch nie essen wollte, oder in einem Ritual sehr bewusst (s)einen Baum pflanzen oder einen ganz Tag lang überall hin barfuß gehen, sich vielleicht auch einen ganzen Sommer lang täglich barfuß erden.


3. Das Zwillinge-Merkurprinzip lädt dazu ein, sich mit den Themen Kontakt und Kommunikation – mit Menschen, der Welt und dem Leben – intensiver zu beschäftigen. Es herrscht hier die Grundstimmung, allem neugierig und offen zu begegnen, die Welt zu erforschen und immer wieder Neues dazuzulernen. Wir könnten erleben, welche Freude es macht, sich mitzuteilen und ganz offen und wach zuzuhören. Diese Offenheit, Klugheit und Flexibilität bereichern das Lebensgefühl.

Eine Fremdsprache zu lernen oder Nachhilfepate zu werden für ein ausländisches Kind, und diesem beim Lernen und Einstieg in die neue Kultur zu helfen, könnten passende Punkte für die Liste sein. Eine kleinere Herausforderung wäre das Einlösen aller Brief- und Mail-Schulden. Wie wäre es, spontan Menschen anzurufen, mit denen man schon immer mal reden wollte, auf Facebook oder im Netz nach alten Freunden zu fahnden und wieder mit ihnen in Kontakt zu treten. Das Gefühl, vernetzt zu sein, könnte mehr Aufmerksamkeit verdienen.

Die Chance, mit Gott und der Welt in Kontakt zu treten und überall dabei zu sein, seine Interessen auszuweiten und auf Facebook oder Twitter noch weitere neue Kontakte hinzuzugewinnen – all das lässt sich genießen. Das könnte auch heißen, in einer Espressobar mitten im Trubel ganz einfach zu sein, das Ohr am Puls des Zeitgeistes, oder Menschen, die vollkommen anders sind, die aus anderen Kulturen oder einer anderen Schicht stammen, kennenzulernen und sich für sie zu interessieren: Wie kommt ein Clochard unter die Brücke, oder wie lebt es sich als Förster? Oder ganz im Gegenteil könnte die Herausforderung darin bestehen, eine Woche lang auf jede Form von Kommunikation zu verzichten, um mit sich selbst, mit seiner Seele in Kontakt zu kommen, oder sich sogar eine längere Zeit des Schweigens und Rückzugs zu gönnen.


4. Beim Mondprinzip werden wir dazu angeregt, uns der eigenen seelischen Identität bewusst zu sein. Es geht zudem darum, sich selbst als (mit-)fühlendes Wesen zu erleben, eingebunden in den Rhythmus von Natur und Welt. Hingebungsvolle mütterliche Liebe gegenüber allen Lebewesen zu empfinden, ist hier Lebensaufgabe. Konkret heißt das zum Beispiel, ehrenamtliche Arbeit wirklich als Ehrenamt wahr- und wichtig zu nehmen und dies im Rahmen einer gemeinnützigen Organisation wie der Tafel auszuleben oder in der Sorge für ein Patenkind.

Wir folgen dem Mondprinzip, wenn wir uns ein Nest bauen, einen Familientag gestalten, es dabei so richtig gemütlich angehen lassen und Familiengefühl leben, wie schon lange nicht mehr, und ganz bewusst all das annehmen, was andere spießig (an einem) finden. Gönnen wir uns doch einmal ganz bewusst etwas, das als kitschig, peinlich, uncool gilt. Nicht zu vergessen die Möglichkeit, sich die Welt sogar ganz bewusst schönzutrinken, sich gemütlich zu »bedudeln«. Oder wir pflegen und hegen den eigenen Garten, verschönern den Balkon und freuen uns an unserem grünen Daumen; vielleicht machen wir einen Wintergarten zu unserem eigenen kleinen Paradiesgarten, um uns darin einfach wohlzufühlen und die Seele baumeln zu lassen.

Wir könnten den Eltern einen Überraschungsbesuch abstatten und ihnen für das eigene Leben danken und sagen, wie sehr wir sie lieben – oder uns in die Rolle von Mutter oder Vater versetzen und dem Kind, das heißt uns selbst, einen Brief zur Geburt schreiben und mitteilen, wie wir uns angesichts all der auf uns zukommenden Verantwortung fühlen. Sehr inspirierend ist auch, sich viel Zeit zu nehmen und sich das Leben einer Groß(en)Mutter oder eines Groß(en)Vaters in aller Ausführlichkeit erzählen zu lassen und darüber nachzusinnen oder sogar zu schreiben wie Marcel Proust Auf der Suche nach der verlorenen Zeit – ohne es vielleicht auf so viele Bände bringen zu müssen. Es kann auch dazu inspirieren, Ahnenforschung in eigener Sache zu betreiben und das Ergebnis in Gestalt eines Stammbaumes auf einer eigens arrangierten Familienfeier zu enthüllen, damit alle etwas davon haben.


5. Beim Sonnenprinzip ist alles andere als Schüchternheit gefragt. Wir dürfen uns in den Mittelpunkt stellen, einmal richtig glänzen, beispielsweise ungeniert Karaoke singen, in großer Aufmachung in die Spielbank gehen, locker 100(0) Euro einsetzen und dabei erleben, wo die eigenen Grenzen sind und das Herz zu klopfen beginnt.

Überhaupt will man im Zeichen der Sonne die Herzensthemen und Anliegen spüren und umsetzen und seine Kreativität und Lebensenergie einsetzen. Wir sollten nicht zögern, bewusst all das zu delegieren, was auch andere bewerkstelligen können, und uns lieber vorbehaltlos unserem Herzensthema widmen. Dazu gehört auch, allen zu danken, die so vieles für einen erledigen, sie anzuerkennen, die eigene Dankbarkeit dafür in sich zu suchen und zu übermitteln. Überhaupt ist einmal darauf zu achten, wie viel andere für einen tun und was man für sie tun könnte.

Etwas richtig und aus ganzem Herzen gut und von allen bewundert auf die Bühne (des Lebens) zu bringen, ist eindeutig sonnenhaft. Etwa bei jedem Blick in den Spiegel sich bewusst sagen: »Ich liebe dich!« Einem völlig fremden Menschen eine unerwartete Freude machen. Bewusst in andere Rollen schlüpfen und Kleidung tragen, die man noch nie getragen hat und eigentlich auch nie tragen würde, um sich in der fremden Rolle zu spüren und von allen sehen zu lassen, etwa in der eines Punkrockers, und Max Reinhardts Erkenntnis nachfühlen: »Der wahre Schauspieler ist von der unbändigen Leidenschaft getrieben, sich unaufhörlich in andere Menschen zu verwandeln, um in den anderen am Ende sich selbst zu entdecken.«

Letztlich werden im Sonnenprinzip idealerweise auch die eigene Herzenswärme und Güte kultiviert und mit Großzügigkeit sowie mit Autorität und Authentizität verbunden. Wir können unsere Zentriertheit und unser Selbstbewusstsein nutzen, um Großes zu bewegen und hochfliegende Träume wahr zu machen.

 

6. Dankbarkeit ist das große Thema des Jungfrau-Merkurprinzips, insofern gilt es hier, wirklich Ernte-Dank-Feste zu feiern. Eine passende Aufgabe wäre, all jenen zu danken, denen Dank gebührt. Oder besser noch eine ganze Woche Danksagen für das, was von allen Seiten täglich für uns geschieht. Genießen wir also die große Anpassungsfähigkeit an die vorgefundenen Lebensbedingungen in Dankbarkeit und Bescheidenheit und mit aller gebührenden Demut. Ein wichtiges Thema ist in diesem Zusammenhang auch, das eigene Leben und das anderer immer wieder in Ordnung zu bringen mit der notwendigen Sorgfalt und Achtsamkeit, mit guter Beobachtungsgabe und Vernunft – als eine Art Zen des Alltagslebens.

Unbedingt wäre die eigene Ernährung dem aktuellen wissenschaftlichen Wissensstand anzupassen und sie auf pflanzlich-vollwertige Nahrung im Sinne von Peace Food umzustellen, und zwar der eigenen Gesundheit, der Beseitigung des Hungers in der Welt, der Ökologie und den Tieren zuliebe. Und wenn es noch nicht geschieht: vor jedem Essen ein Tischgebet des Dankes sprechen.

Wer in Verbindung mit dem Jungfrau-Merkurprinzip steht, wird die eigene Situation genau analysieren wollen, den Zukunftssorgen gern eine Stunde Beachtung schenken und alle Eventualitäten prüfen. Das heißt, sich bewusst all die Sorgen zu machen, die gerechtfertigt sein könnten – in gesundheitlicher und gesellschaftlicher Hinsicht. Anschließend sollten wir aber über Mark Twains Erkenntnis meditieren: »Es gibt unglaublich viele Sorgen, aber die meisten treten nie ein.«

Ratsam ist auch, sich Vorteil und Konsequenz echter Vorbeugung im Sinne von Krankheit als Symbol klarzumachen und sich auf diese Weltsicht einzulassen, statt viele Tage mit Gesundheitssorgen und allen möglichen Früherkennungsmaßnahmen zu verschwenden. Man könnte auch einmal eine homöopathische Arzneimittelprüfung wagen, um zu erleben, wie es ist, in das Wesen eines Tieres, einer Pflanze oder sogar eines Minerals einzutauchen und es aus dem Herzen heraus zu verstehen.

Empfehlenswert ist, für einen genau definierten Zeitraum Sorgen bewusst beiseitezulassen, also zu üben, sich eine Woche alle »Beschwerden« ans Universum zu untersagen – auch »Bestellungen«, denn sie sind ja auf der Kehrseite nichts anderes als Beschwerden, die langfristig das Leben schwer machen.


7. Eine gute Herausforderung im Rahmen des Waage-Venusprinzips besteht darin, sich einen Monat oder wenigstens eine Woche lang ganz auf den eigenen Partner einzulassen und einfach mit ihm oder ihr in Harmonie zu gehen, gleichgültig wobei und gleichgültig wofür er oder sie sich gerade interessiert. Oder einen schon lange überfälligen Liebesbrief vorbehaltlos schreiben und wirklich absenden; einem Menschen die eigene Liebe ohne Einschränkungen gestehen und ihm seine ganze Zuneigung schenken; eine Flirt-Schule besuchen und sich auf entsprechende Erfahrungen einlassen.

Vielleicht genügt es auch, einmal uneingeschränkt und vorbehaltlos Sympathie zu zeigen: einen ganzen Tag lang jedem ein freundliches, offenes Lächeln schenken, ein Kompliment machen, eine Freundlichkeit erweisen und schauen, was sich daraus ergibt. Möglicherweise verlangt diese Erfahrung nach Verlängerung, vielleicht ist sie die Offenbarung für alles weitere Zusammenleben.

Kleine Punkte wären, einmal eine Modenschau mitzuerleben, einen Tag der Schönheit und Ästhetik zu widmen, sich zu pflegen und verwöhnen zu lassen vom Masseur bis zum Friseur – auch als Mann. Oder – wenn man so etwas noch nie getan hat – einmal einen ganzen Tag lang in eine Kunstausstellung zu gehen und sich Bilder und Plastiken anzusehen oder den ersten Besuch einer Opern- oder Ballettaufführung zu zelebrieren, vielleicht sogar an einer der großen Bühnen anlässlich einer Ferienreise. Oder gehen wir doch mal zu einer Filmpremiere mit all den Promis und Schönen, falls das einen Reiz hat.

Zu den Lebensgenüssen, die hier verwirklicht werden wollen, gehört auch, einmal so richtig vom Feinsten zu essen – nicht viel, aber von höchster Qualität und mit allem Drum und Dran an einem schön gedeckten Tisch bei Kerzenlicht, untermalt von Musik. Wir könnten uns auch daranmachen, unsere Traumwohnung einzurichten, und dazu die entsprechenden Designerkataloge wälzen und an der Umsetzung Spaß haben.

Was immer man auch tut, nach dem Prinzip von Waage-Venus verlangt es Achtsamkeit für Ausgewogenheit und wahre Harmonie im Sinne des goldenen Schnittes. Der Sinn für (innere) Schönheit und Ästhetik möchte mit ins Spiel (des Lebens) gebracht werden. Entscheidend ist, liberal und höflich sowie mit erlesenem Geschmack zu Werke zu gehen, um ausgleichend auf die Gegenpole zu wirken; ein Gleichgewicht der Kräfte und harmonische Partnerschaften sind der Gewinn.


8. Alles in Frage stellen und radikal anders und tiefgründiger denken – diesen Anspruch finden wir beim Plutoprinzip. Das kann bedeuten, einen Tag oder mehr der eigenen dunklen Seite zu widmen – angefangen bei der Lektüre von Das Schatten-Prinzip und der Inspiration durch die CD Schattenarbeit bis hin zur vierwöchigen Schattentherapie. Im Grunde geht es darum, sich der größten Angst todesmutig zu stellen und sie (und sich) so zu überwinden.

Vieles mag dazu beitragen, dem Plutoprinzip näherzukommen, zum Beispiel etwas verschenken, woran das eigene Herz besonders hängt; die Ausstellung Körperwelten besuchen und mit dem Tod auf vertrauten Fuß kommen, sich zu ihm, in seinen Schatten setzen. Auch an Friedhofsbesuche um Mitternacht wäre zu denken und sich vielleicht sogar einmal auf das Grab eines Vorfahren zu legen. Oder Bücher des Marquis de Sade oder Shades of Grey lesen und eigene Sadomaso-Ambitionen ausloten; sich in einem Sexshop beraten lassen und entsprechend einkaufen. Oder ein Foltermuseum, die Folterkammer einer alten Burg inspizieren. Oder eine Woche lang alles ablehnen, was an einen herangetragen wird und die folgende Woche allem zustimmen. Oder eine schamanistische Schwitzhütten-Zeremonie durchleben.

Bedeutsam ist, bei allem die große seelische Kraft und radikale Wandlungsfähigkeit und das Stirb-und-werde-Prinzip im Auge zu behalten und einmal bewusst den wichtigen Dingen des Lebens auf den Grund zu gehen, und zwar mit Selbstüberwindung und -beherrschung sowie mit Opferbereitschaft.


9. Das Jupiterprinzip verbindet uns in besonderem Maß mit Lebensfreude und Glück. So mögen wir uns dazu inspiriert fühlen, einen Freudentag liebevoll zu gestalten. Ein wichtiges Thema ist dabei auch die Pilgerreise ins eigene Innere oder eine Reise um die Welt zu den Quellen der großen Religionen. Es ist vielleicht von Gewinn, Gotteshäuser und Tempel anderer Kulturen zu besuchen und sich auf diese Eindrücke einzulassen. Das kann bedeuten, einmal an einem uns fremden religiösen Ritual teilzunehmen und in diese andere Glaubenswelt einzutauchen, auf Sinn- und Visionssuche zu gehen, die Bibel oder andere heilige Schriften zu studieren, sich auf Gottessuche zu begeben.

Neben dem spirituellen Suchen und Finden steht die Beschäftigung mit Philosophie, zum Beispiel anhand der Schriften eines Philosophen, von dem man schon gehört hat und der fasziniert. Eine unterhaltsame Geschichte des Denkens wie Sofies Welt von Jostein Gaarder mag dazu anregen, sich in einen der philosophischen Ansätze zu vertiefen.

Es liegt bei diesem Urprinzip auch nahe, über Glücksforschung zu lesen und sich Übungen zum Glückserleben zu widmen. Außerdem könnte dazu gehören, einmal genießerisch ein Gelage, die eigene Orgie zu veranstalten, sich Luxus zu gönnen, ein dickes Auto zu fahren und großzügig zu schenken und sich an der begeisterten Reaktion der Beschenkten zu erfreuen.

Ganz Jupiter ist, Versöhnung und Toleranz zu üben – etwa indem wir einem Asylbewerber großzügig helfen –, Freude zu stiften, Humor zu verbreiten, andere mit Weitblick zu fördern, zum Gönner und Mäzen zu werden, den Funken der Begeisterung überspringen zu lassen, Brückenbauer zu werden und Weisheit wie auch Vertrauen in den Sinn des Lebens zu verbreiten. Das alles – mit einer großen Portion Optimismus im Hinblick auf Wachstum auf allen Ebenen – gehört zur »Jupiterliste«.


10. Das Saturnprinzip führt zum Wesentlichen. Das kann bedeuten, sich einen Monat lang in jeder Hinsicht zu beschränken und dabei das Minimum auszuloten, das man wirklich braucht. Versuchen wir doch mal, es ohne viel Konsum zu schaffen.