Recht der Sozialen Medien

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4. Arten von sozialen Medien

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Auch wenn alle sozialen Medien strukturell durch die Leitidee des Netzwerkgedankens geprägt sind, der kleinere interpersonale Sozialbeziehungen mit größeren Sozialgebilden verknüpft,[16] unterscheiden sich die einzelnen Angebote doch erheblich voneinander. Divergenzen ergeben sich insbesondere im Hinblick auf Art und Umfang der Kommunikationsangebote sowie auf die angesprochene Zielgruppe.

4.1 Soziale Netzwerke

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Soziale Netzwerke sind Kommunikationsplattformen, die regelmäßig eine Registrierung voraussetzen und daher von Außenstehenden kaum oder nur beschränkt eingesehen werden können. Nutzer können dort ein Personen- oder Unternehmensprofil erstellen, um Kontakte zu anderen registrierten Personen aufzubauen oder auf digitalem Wege zu pflegen. Verknüpfungen kommen dabei durch Freundschafts- oder Kontaktanfragen zustande, die sodann entsprechend bestätigt, jedoch auch abgelehnt werden können. Die Kommunikation zwischen den untereinander verbundenen Nutzern kann dabei auf vielfältigen Wegen erfolgen. Neben der Verbreitung eigener Inhalte können solche anderer Nutzer kommentiert und an die eigenen Kontakte empfehlend weiterverbreitet werden. Ebenso können Privatnachrichten lediglich an ausgewählte Nutzer versendet werden. Auch ist im Rahmen von Chats oder Videotelefonie eine Kommunikation in Echtzeit möglich.

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Im Hinblick auf die angesprochene Zielgruppe ist vor allem danach zu unterscheiden, welchem Zweck das soziale Netzwerk dienen soll. Am häufigsten frequentiert sind solche Netzwerke, die nicht auf einen speziellen Themenbereich begrenzt, sondern sowohl für private als auch für berufliche Zwecke genutzt werden können (z.B. Facebook, Google+ oder Werkenntwen). Daneben existieren solche Netzwerke, die vorwiegend zur Herstellung beruflicher Kontakte dienen (z.B. Xing oder LinkedIn). Ferner gibt es Plattformen, die lediglich auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt sind (z.B. schülerVZ oder studiVZ).

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Bekanntestes und erfolgreichstes Netzwerk ist bislang das 2004 von Mark Zuckerberg gegründete Facebook. Anfang 2014 wurden die Nutzerzahlen auf 27 Millionen geschätzt.[17] Auch wenn Facebook bereits als „All-in-one-Medium“ im Sinne eines Kontakt-, Informations- und Unterhaltungsportals bezeichnet wird,[18] greift die Mehrheit der Nutzer auf die Dienste des Internets auch außerhalb des sozialen Netzwerks zurück.[19]


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Relevant ist zudem die sog. Second Screen-Nutzung sozialer Netzwerke. Bemerkenswert ist insoweit, dass die Plattformen nicht lediglich einem in sich geschlossenen Kommunikationszweck dienen, sondern darüber hinaus auch unter direktem Bezug zu parallel konsumierten Fernsehsendungen genutzt werden.[20] Dadurch gewinnt das Phänomen des sog. Social TV zunehmend an Bedeutung. Dabei können sich Nutzer vor, während oder im Anschluss an ein Fernsehformat in sozialen Netzwerken über den Inhalt des jeweiligen Programms austauschen.[21]

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Neuere Entwicklungen gehen dahin, die vom Nutzer preisgegebenen Daten auch über die Grenzen des jeweiligen sozialen Netzwerks verwertbar zu machen. So eröffnet etwa Google über einen einzelnen Account den Zugang zu sämtlichen unternehmenseigenen Plattformen und Diensten. Auf diese Weise können beispielsweise über das soziale Netzwerk Google+ generierte Nutzerdaten zur personalisierten Suche herangezogen werden. In diesem Fall werden dem Nutzer nicht nur allgemein zugängliche, sondern auch solche Suchtreffer angezeigt, die im Zusammenhang mit seinen Netzwerkkontakten stehen.[22] Ein weiteres Beispiel für die Synchronisierung verschiedener Nutzerkonten stellt nunmehr der im Februar 2014 erfolgte Zusammenschluss von Facebook und dem Instant Messaging-Dienst WhatsApp dar.[23]

4.2 Instant Messaging-Dienste

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Mit der zunehmenden Verbreitung mobiler Endgeräte und insbesondere Smartphones haben auch mobile Nachrichten-Applikationen an Bedeutung gewonnen (z.B. WhatsApp oder Threema). Dabei handelt es sich um eine spezielle Software für Mobilgeräte, die es den Nutzern über die Grenzen verschiedener Betriebssysteme hinweg erlaubt, Kurznachrichten auszutauschen, ohne auf die Versendung von SMS zurückzugreifen.[24] Neben dem Nachrichtenaustausch können die Nutzer – wie in den sozialen Netzwerken – Kontaktlisten pflegen, Gruppen bilden sowie Bild-, Video- und Audiodateien versenden. Ist ein anderer Nutzer, zu dem eine kontaktmäßige Verknüpfung besteht, gleichzeitig innerhalb des Programms aktiv, wird dies unmittelbar angezeigt, so dass eine Kommunikation in Echtzeit stattfinden kann.

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Obwohl auch die herkömmlichen sozialen Netzwerke als mobile Applikationen verfügbar sind[25] und teils sogar eigene Messenger-Dienste anbieten,[26] stellen die Instant Messaging-Dienste mit mehr als 430 Millionen aktiven Nutzern[27] den Netzwerken gegenüber eine erhebliche Konkurrenz dar. Angesichts der Gefahr abwandernder Nutzer hat sich Facebook daher im Februar 2014 zum Kauf des weltgrößten Messenger-Dienstes WhatsApp entschlossen.[28]

4.3 Blogs

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Während der medial öffentliche Diskurs früher ausschließlich durch journalistisch-redaktionelle Inhalte geprägt war, ist es heute grundsätzlich jedem Einzelnen möglich, zu sämtlichen Themen unabhängig von ihrer gesellschaftlichen Relevanz zu publizieren. Die erforderliche Präsentationsstruktur hierfür bieten sog. Blogs, die mit kostenfreier und einfach zu bedienender Software erstellt und verwaltet werden können.[29]

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Die Bezeichnung Blog ist eine Kurzform des Begriffs „Weblog“, der sich wiederum aus den Termini „Web“ und „Log/Logbuch“ zusammensetzt. Verstanden wird hierunter eine öffentlich zugängliche Internetpublikation im Sinne eines Online-Tagebuchs. Innerhalb dieses kommunikativen Rahmens verbreitet der jeweilige Autor (sog. Blogger) ausgewählte Inhalte zu bestimmten Themen in Text-, Audio- oder Videoform. Die Leser des Blogs können auf die Einträge des Autors (sog. Postings) regelmäßig mit Kommentaren reagieren. Auch können Blogeinträge über soziale Netzwerke an Personenkreise verbreitet werden, die den betreffenden Blog bislang nicht verfolgen. Neben der kommunikativen Vernetzung zwischen Autor und Lesern findet zugleich eine wechselseitige Bezugnahme verschiedener Blogs untereinander statt.[30]

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Neben Privatpersonen[31] nutzen auch Unternehmen,[32] Rundfunkveranstalter[33] und Zeitungsverlage[34] die Wirkmacht von Blogs. Unabhängig von der offiziellen Unternehmenskommunikation existieren auch Mitarbeiter[35]- und CEO-Blogs,[36] in denen Angestellte bzw. der Vorstandsvorsitzende oder der Geschäftsführer über aktuelle Unternehmensentwicklungen, aber auch persönliche Erlebnisse schreiben.

4.4 Microblogs

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Eine spezielle Erscheinungsform des Bloggens sind sog. Microblogging-Dienste.[37] Auch hier können Autoren zu selbst gewählten Themen Einträge verfassen und diese von ihrer Leserschaft kommentieren lassen. Im Unterschied zu den regulären Blogs sind die veröffentlichten Inhalte hier allerdings auf eine bestimmte Anzahl von Zeichen begrenzt.[38] Dies ermöglicht eine reduzierte Art der Kommunikation, die auf die schnelle Interaktion der Microblogging-Nutzer angelegt ist. Ähnlich wie bei den sozialen Netzwerken kann die Kommunikation auch hier auf die angemeldeten Leser, die die Nachrichten eines bestimmten Autors abonniert haben (sog. Follower), beschränkt werden. Ebenfalls möglich ist die Versendung von Direktnachrichten an einen bestimmten Leser.

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Besonderen Anklang finden Microblogs bei der jüngeren Zielgruppe zwischen 14 und 29 Jahren. Neben der originären Kommunikation mit anderen Nutzern kommt auch hier der parallelen Nutzung von Fernsehen und sozialem Medium (Social TV) Bedeutung zu.[39]

4.5 Wikis

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Als Wikis werden durch Querverweise verknüpfte Webseiten bezeichnet, deren Inhalte von den Nutzern nicht nur gelesen, sondern auch geändert oder ergänzt werden können. Durch das gemeinschaftliche Zusammentragen von Informationen und Wissen entsteht so ein themenübergreifendes Nachschlagewerk, das ohne Registrierung genutzt werden kann.[40] Aus welchen Motiven die mitwirkenden Nutzer im Hinblick auf die Verbesserung, Ergänzung oder Aktualisierung der Wiki handeln, ist bislang nicht hinreichend geklärt.[41] Weil die (Mit-)Autoren eines Beitrags nicht namentlich genannt werden und infolge der Mitwirkung auch kein materieller Vorteil erlangt wird, verbleibt als treibende Kraft allein das ideelle Interesse der Partizipation an einem der Allgemeinheit dienenden Gemeinschaftsprojekt.

4.6 Webforen

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Webforen sind virtuelle Diskussionsräume, die den Nutzern die Gelegenheit zum Austausch von Fragen, Meinungen, Erfahrungen und Gedanken bieten. Sie können thematisch offen[42] oder auf ein bestimmtes Thema[43] oder eine bestimmte Zielgruppe[44] beschränkt sein. Sobald die Diskussion durch den ratsuchenden Beitrag eines Nutzers eröffnet wird, können die anderen Nutzer hierauf antworten. Durch gegenseitige Bezugnahmen und Ergänzungen der Antwortbeiträge entsteht so eine interaktive Kommunikation. Teils findet eine Überwachung durch Administratoren oder Moderatoren statt, so dass beleidigende oder sonst unangemessene Beiträge zeitnah entfernt werden können.

 

4.7 Bewertungsportale

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Über Bewertungsportale können Nutzer ihre Erfahrungen mit Produkten,[45] Dienstleistungen,[46] Unternehmen/Arbeitgebern,[47] Pflegeeinrichtungen[48] und Personen[49] publizieren. Die Bewertung erfolgt dabei entweder durch textliches Verfassen einer Beurteilung und/oder durch die Einordnung in ein portaleigenes Bewertungssystem. Die nachfolgenden Nutzer erhalten auf diese Weise einen Überblick, wie sich das jeweilige Bewertungssubjekt bzw. -objekt zu vergleichbaren Personen bzw. Gegenständen verhält.

4.8 Multimediaportale

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Multimediaportale bieten die Möglichkeit, Video- oder Audio-Inhalte sowohl zu konsumieren als auch selbst zu veröffentlichen. Die für soziale Medien charakteristische Interaktion mit anderen Nutzern kommt dadurch zustande, dass die eingestellten Inhalte kommentiert werden können. Überdies wird die Anzahl der Abrufe durch andere Nutzer sichtbar gemacht und eine hieran ausgerichtete Rangfolge erstellt. Darüber hinaus können die Inhalte per Link im Rahmen anderer sozialer Medien verbreitet und so einem weiteren Nutzerkreis zugänglich gemacht werden.

Anmerkungen

[1]

Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V., S. 138.

[2]

BITCOM Soziale Netzwerke 2013 – Dritte, erweiterte Studie, abrufbar unter http://www.bitkom.org/files/documents/SozialeNetzwerke_2013.pdf.

[3]

Hohlfeld/Godulla in Hornung/Müller-Terpitz (Hrsg.), 2. Kap. Rn. 1.

[4]

So etwa das Service-Angebot der Deutschen Telekom über Facebook und Twitter, vgl. unter https://de-de.facebook.com/telekomhilft und https://twitter.com/Telekom_hilft.

[5]

Zum Phänomen des Crowdsourcing Schwenke 4. Kap., S. 184 ff.

[6]

Vgl. dazu Schwartmann/Keber/Silberkuhl I. Kap., S. 16.

[7]

Zur datenschutzrechtlichen Zulässigkeit des Social Media Monitoring vgl. unten Rn. 226 ff.

[8]

Hohlfeld/Godulla in Hornung/Müller-Terpitz (Hrsg.), 2. Kap. Rn. 43.

[9]

Vgl. dazu Hohlfeld/Godulla in Hornung/Müller-Terpitz (Hrsg.), 2. Kap. Rn. 51.

[10]

Beispiele zu erfolgreichem und missglücktem Krisenmanagement finden sich bei Schwartmann/Keber/Silberkuhl I. Kap., S. 17 f.

[11]

Zur Minimierung dieser Gefahren durch sog. Social Media Guidelines vgl. unten Rn. 218 ff.

[12]

Schwartmann/Keber/Silberkuhl I. Kap., S. 18.

[13]

Hohlfeld/Godulla in Hornung/Müller-Terpitz (Hrsg.), 2. Kap. Rn. 44.

[14]

Vgl. dazu Spindler in Hornung/Müller-Terpitz (Hrsg.), 5. Kap. Rn. 15.

[15]

Inhaltsgleicher Abdruck einer Veröffentlichung aus Schwartmann RDV 2013, 270.

[16]

Hohlfeld/Godulla in Hornung/Müller-Terpitz (Hrsg.), 2. Kap. Rn. 2.

[17]

Vgl. unter http://de.statista.com/statistik/daten/studie/70189/umfrage/nutzer-von-facebook-in-deutschland-seit-2009/.

[18]

Hohlfeld/Godulla in Hornung/Müller-Terpitz (Hrsg.), 2. Kap. Rn. 32 unter Verweis auf Mende/Oehmichen/Schröter Media Perspektiven 1/2013, 33, 43.

[19]

Vgl. Busemann Media Perspektiven 7-8/2013, 391, 396.

[20]

Dazu Hohlfeld/Godulla in Hornung/Müller-Terpitz (Hrsg.), 2. Kap. Rn. 41.

[21]

So etwa bei den Livesendungen des Casting-Formats „The Voice of Germany“ (ProSieben/Sat.1).

[22]

Vgl. dazu unten Rn. 263.

[23]

Vgl. dazu unten Rn. 260.

[24]

Vgl. dazu Hohlfeld/Godulla in Hornung/Müller-Terpitz (Hrsg.), 2. Kap. Rn. 31.

[25]

So etwa die Facebook-App unter https://itunes.apple.com/de/app/facebook/id284882215?mt=8.

[26]

So etwa der Facebook-Messenger unter https://itunes.apple.com/de/app/facebook-messenger/id454638411?mt=8.

[27]

So der weltgrößte Instant Messaging-Dienst WhatsApp, vgl. unter http://www.tweaktown.com/news/34968/whatsapp-sees-50-billion-messages-per-day-more-than-all-sms-combined/index.html.

[28]

Zu möglichen datenschutzrechtlichen Konsequenzen vgl. unten Rn. 260.

[29]

Z.B. http://de.wordpress.org/.

[30]

Hohlfeld/Godulla in Hornung/Müller-Terpitz (Hrsg.), 2. Kap. Rn. 27 sprechen bereits von einer Vernetzung aller Blogs zu einer sog. Blogosphäre; in diesem Sinne auch Grabs/Bannour S. 176.

[31]

Den ersten Platz der Blogcharts belegte im Januar 2014 der Satire-Blog „Der Postillion“ von Stefan Sichermann, vgl. unter http://deutscheblogcharts.de/.

[32]

Vgl. etwa http://www.bmwblog.com/ oder http://www.blog.audi.de/.

[33]

Vgl. etwa http://blog.tagesschau.de/.

[34]

Vgl. etwa http://blogs.faz.net/.

[35]

Vgl. etwa http://www.blog.daimler.de/ oder http://www.frostablog.de/.

[36]

Vgl. etwa den Blog von Bill Marriott (CEO der internationalen Hotelkette Marriott) unter http://www.blogs.marriott.com/marriott-on-the-move/.

[37]

Bekanntester Anbieter dürfte Twitter sein, obwohl daneben auch noch andere Dienste existieren (so etwa Tumblr oder Soup). Google hat seinen Microblogging-Dienst Google Buzz indessen mittlerweile eingestellt.

[38]

Bei dem Microblogging-Dienst Twitter dürfen die sog. Tweets höchstens 140 Zeichen umfassen, vgl. hierzu https://support.twitter.com/groups/50-welcome-to-twitter/topics/203-faqs/articles/108034-neue-nutzer-faqs#.

[39]

So kommt es bereits bei 58 % der 14 bis 29-Jährigen zu einer gelegentlichen Parallelnutzung von TV und Internet, vgl. Hohlfeld/Godulla in Hornung/Müller-Terpitz (Hrsg.), 2. Kap. Rn. 41.

[40]

Bekanntestes Beispiel ist die Online-Enzyklopädie Wikipedia.

[41]

Hohlfeld/Godulla in Hornung/Müller-Terpitz (Hrsg.), 2. Kap. Rn. 30 unter Verweis auf Stegbauer, der das Phänomen der Wikis als „Rätsel der Kooperation“ betrachtet.

[42]

Z.B. die Ratgeber-Plattformen http://www.gutefrage.net/ oder http://www.wer-weiss-was.de/.

[43]

Z.B. das Auto- und Motorradforum http://autoforum.kfz-auskunft.de/.

[44]

Z.B. das Teenager-Forum http://www.teenstalk.de/.

[45]

Z.B. das thematisch offene Produktbewertungsportal http://www.ciao.de/.

[46]

Z.B. das Bewertungsportal für Restaurants http://www.restaurant-kritik.de/.

[47]

Z.B. das Bewertungsportal für Arbeitgeber http://www.jobvoting.de/.

[48]

Z.B. das Bewertungsportal für Pflegeheime http://www.pflegeheimvergleich.de/.

 

[49]

Z.B. die Bewertungsportale für Lehrer und Professoren http://www.spickmich.de/ und http://www.meinprof.de/.

II. Regelwerke der sozialen Medien

1. Anwendbares Recht

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Dem Zugang zu sozialen Medien ist regelmäßig die zwingende Bestätigung der jeweiligen Nutzungsbedingungen vorgeschaltet. Hierin werden die rechtlichen Rahmenbedingungen festgelegt, die je nach Eigenart des sozialen Mediums verschiedentlich ausgestaltet sein können. Sofern die Social Media-Anbieter allerdings im Ausland ansässig sind, muss zuallererst geklärt werden, welches Recht auf die vertragliche Ausgestaltung anwendbar ist. Dies bestimmt sich nach der sog. Rom-I-VO.[1] Danach unterliegt der Vertrag grundsätzlich dem von den Parteien gewählten Recht (Art. 3 Rom-I-VO). Handelt es sich indessen um einen Verbrauchervertrag nach Art. 6 Abs. 1 Rom-I-VO, darf die Rechtswahl gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom-I-VO nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch diejenigen Bestimmungen des Staates gewährt wird, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Enthält also das deutsche Recht gegenüber dem von den Parteien Gewählten verbraucherfreundlichere Vorschriften, sind diese ungeachtet der vorgenommenen Rechtswahl anzuwenden.[2] Vorrang gegenüber rechtlichen Vereinbarungen zwischen Social Media-Anbietern und Nutzern genießen auch solche Vorschriften, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses angesehen wird, dass sie ohne Rücksicht auf eine etwaige Rechtswahl auf alle Sachverhalte anzuwenden sind, die in ihren Anwendungsbereich fallen (Art. 9 Abs. 1 Rom-I-VO). Als derartig zwingende Eingriffsnorm kommt insbesondere § 1 Abs. 5 BDSG in Betracht, der den Anwendungsbereich deutschen Datenschutzrechts bei Sachverhalten mit Auslandsbezug festlegt.[3]

2. Leistungsumfang

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Grundsätzlich ist der Anbieter des sozialen Mediums zur Ermöglichung der Kommunikation zwischen den Nutzern und der Speicherung von nutzergenerierten Inhalten verpflichtet.[4] Den Schwerpunkt der Leistung bildet daher die Eröffnung des Zugangs zu einer technischen Online-Plattform, die die kontaktmäßige Verknüpfung und den gedanklichen Austausch mit anderen Nutzern ermöglicht.[5] Weil die fortschreitende technische Entwicklung und die im Wandel begriffenen Bedürfnisse der Nutzer bisweilen eine Anpassung des sozialen Mediums an diese Parameter erforderlich machen, wird regelmäßig auf die Festlegung eines konkreten Leistungsumfangs verzichtet oder dessen Änderung vorbehalten.[6]

3. Social Media-Vertrag

32

Stimmt der Nutzer den Bedingungen des Social Media-Anbieters zu, kommt zwischen beiden Parteien ein Vertrag zustande (§§ 145 ff. BGB). Ist der Nutzer minderjährig, richtet sich die Wirksamkeit eines solchen Vertrages nach der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB). Dies gilt nicht nur für kostenpflichtige, sondern auch für kostenfreie Angebote, weil sich die Anbieter sozialer Medien regelmäßig weitreichende Rechte an den nutzergenerierten Inhalten einräumen lassen und zugleich das verfassungsrechtlich verbürgte Recht auf informationelle Selbstbestimmung nachteilig beeinträchtigt wird.[7] Praktische Schwierigkeiten bereitet indessen die Verifikation der durch den gesetzlichen Vertreter erteilten Zustimmung zum Abschluss eines Social Media-Vertrages. Global tätige Anbieter verzichten bislang auf sichere Prüfsysteme und verlassen sich vielmehr auf die Selbstauskunft der Nutzer.[8]

33

Weil sämtliche Regelungen vom Anbieter des sozialen Mediums für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und einseitig gestellt sind, handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Die wirksame Einbeziehung dieser Bedingungen gemäß § 305 Abs. 2 BGB erfolgt regelmäßig dadurch, dass der Nutzer die Kenntnisnahme des vorgegebenen Regelwerks bestätigen muss, um sich bei dem sozialen Medium überhaupt registrieren zu können.[9] § 305 Abs. 2 BGB verlangt allerdings nicht nur, dass der Verbraucher den Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen überhaupt wahrnehmen kann. Erforderlich ist vielmehr, dass ihm die Möglichkeit verschafft wird, von den Bedingungen in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen. Dies ist insbesondere dann nicht gewährleistet, wenn deutsche Verbraucher, die von dem jeweiligen Social Media-Anbieter im Übrigen auch in deutscher Sprache angesprochen werden, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur in englischer Sprache abrufen können. Es kann insoweit nicht erwartet werden, dass der durchschnittliche Verbraucher Vertragsbedingungen in englischer (Rechts-)Sprache ohne Weiteres verstehen kann.[10]

34

Die gelegentlich verwendete Bezeichnung als Social Media-Vertrag ist rein beschreibender Natur, weil es an der expliziten gesetzlichen Regelung eines solchen Vertragstyps fehlt. Da jedenfalls die Basisdienste sozialer Medien unentgeltlich zugänglich sind (sog. Freemium-Angebote),[11] handelt es sich regelmäßig um Verträge sui generis im Sinne von § 311 Abs. 1 BGB.[12] Kostenpflichtige Dienste lassen sich hingegen als Werkverträge mit Dauerschuldcharakter qualifizieren. Die Verfügbarkeit und Funktionsfähigkeit sind dem hierfür zahlenden Nutzer als tatsächlicher Erfolg geschuldet.[13]

35

Darüber hinaus können Social Media-Verträge danach abgegrenzt werden, ob sie für private oder gewerbliche/berufliche Zwecke genutzt werden. Im Falle einer privaten Nutzung handelt es sich um einen Verbrauchervertrag im Sinne von § 310 Abs. 3 BGB. Dient der betreffende Account dagegen vornehmlich beruflichen Zwecken, liegt nach § 343 HGB ein Handelsgeschäft vor. Speziell verbraucherschützende Vorschriften kommen dem gewerblich handelnden Nutzer dann nicht zu Gute. Auswirkungen kann die Einordnung als Verbraucher auch auf das anwendbare Recht haben.[14]