Blutspur in die Vergangenheit

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Aus der Reihe: Kommissarin Samantha Bauer #1
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10. Batman und Robin

Sie saßen in Robins kleiner Wohnung in Köln und überlegten wie es weitergehen sollte. „Okay, unsere Seite ist gehackt. Oder hat er ihm Informationen verkauft? Wem würdest du diese heimtückischen Morde zutrauen? Er könnte ja auch jemand engagiert haben, oder ein anderer Verrückter hat sich an unsere Fersen geheftet. Es wundert mich auch, dass wir solange nichts von Klaus gehört haben. Er hätte uns informieren müssen, wenn er den Hack festgestellt hätte?!? Meinst du, dass er mit ihm zusammenarbeitet? Hat er noch mal Geld bekommen und blockiert deshalb unsere Kontaktversuche?“

Robin überlegte noch während Batman seine Gedanken präsentierte.

Sie hatten sich die beiden Namen gegeben, um beim Mailverkehr und den Telefonaten nicht gleich aufzufallen, falls doch mal jemand an ihren Kontakt kommen sollte.

Anfangs war es wichtig, mittlerweile machten sie sich eher einen Spaß aus den Künstlernamen.

Robin stieg jetzt in die Unterhaltung ein: „Annabelle wird es rausfinden. Wir brauchen hier das Gesetzt auf unserer Seite. Es geht darum einem Dreckskerl sein Handwerk zu legen. Wie kaltblütig die sind, sieht man jetzt an dieser Mordserie?“

Batman nickte. Mal schauen, was ich über Kat noch in Erfahrung bringen kann. Ihren Verdacht sollten wir nicht ganz außer Acht lassen. Es wird eh langsam Zeit, die beiden langsam mit mehr Wahrheit zu bestücken. Wenn es zu lange dauert, dann stirbt vielleicht noch mal jemand.“

Er überlegte kurz und fügte dann hinzu: „Wir müssen auch dringend herausfinden, wer diese Mails verschickt. Natürlich steckt er dahinter, doch bin ich mir nicht sicher, ob es ein direkter Kontaktversuch war oder ob er jemand auf sie angesetzt hat.“

11. Ein geheimnisvoller Typ

Der Dienstschluss ließ nicht mehr lange auf sich warten. Katrin tauchte kurz nach zwanzig Uhr bei Sam auf. Sie bog in die kleine dunkle Seitengasse ab und klingelte an der Haustüre. Durch das Treppenhaus kam man über eine Steintreppe hinauf in das zweite Obergeschoss.

Die Wohnung erstreckte sich über einen Großteil des darunter liegenden Ladengeschäfts. Gleich wenn man durch die Eingangstüre links eintrat, stand man in einem riesigen Raum, der das Esszimmer und das dahinterliegende Wohnzimmer präsentierte. Eine offene Küche, die man erst nach ein paar Schritten erblickte, lag etwas versteckt rechts in einer Nische. Eine kleine Bar mit zwei davorstehenden Hockern trennte den weiß glänzenden Kochbereich vom offenen Ess-/Wohnzimmer.

„Darf ich?“ fragte Katrin und ging bereits weiter in den hinteren Bereich. „Tu dir keinen Zwang an. Das Schlafzimmer ist hinten links, wenn dich das interessiert.“

Tatsächlich fand sie auch noch diese Türe und trat ungeniert ein. Hier breitete sich ein riesiges Bett aus, welches nur Zentimeter vor dem, durch eine Glaswand getrennten, Bad stand.

„Geil“, sagte sie spontan, während Sam hinter ihr auftauchte.

„Kaffee, Whisky oder lieber Portwein?“ Katrin überlegte kurz: „Einen kleinen Portwein bitte. Vielleicht aber nur so viel, dass wir nicht schon das Taxi auf dem Hinweg benötigen.“

Sie nahmen an der Bar Platz, um sich auf den Abend einzustimmen: „Was für eine Erleuchtung hattest du denn gestern, welche dich so umgebogen hat?“

„Hängt alles mit meiner Vergangenheit zusammen. Ich habe früher ein paar Dinge getan, die ich nicht hätte tun sollen. Jedenfalls musste ich im letzten Jahr ein ziemliches Tief durchlaufen und hab zu nichts mehr richtig Lust gehabt. Sport, Männer, der Job, alles hat mich irgendwie angekotzt. Nun machte sich gerade in den letzten zwölf Monaten auch noch dieses Gefühl breit, als hätte ich einen von mir angezettelten Krieg gegen meinen Vater verloren. Ja, und aus diesem Loch krabble ich nun langsam wieder raus.“

Es entstand eine kurze Pause nach welcher Sam das Thema wechselte, da sie nicht daran interessiert war, weiter über ihre Vergangenheit zu reden.

„Ich war übrigens gestern joggen. Vielleicht als kleine Kampfansage für unseren Triathlon, damit du dir nicht zu sicher bist, wer von uns zuerst ins Ziel kommt.“

Katrins Antwort kam knapp, aber mit einem breiten Lächeln unterstrichen: „Beim letzten Triathlon wurde ich Dritte und mein Ziel ist es, mich sukzessive zu verbessern.“

„Okay! Dann mal ein kurzer Schnelltest? Wenn du beim Laufen den Zweiten überholst, wievielter bist du dann?“

Katrin antwortete wie aus der Pistole geschossen: „Dann habe ich es endlich geschafft und bin auf meinem geliebten ersten Platz!“

Sam hob triumphierend die Faust: „1:0 für mich. Den ersten Drink übernimmst heute du.“

Da kam die junge Kollegin doch ins Grübeln und hielt sich das Szenario gedanklich noch mal vor Augen. „Schei……! Du hast Recht. Wenn ich den Zweiten überhole, war ich ja Dritter und bin somit erst auf Rang zwei vorgerückt.“

Sam nickte und setzte laut zum Dolchstoß an: „Ja! Weiter wirst du wohl auch nicht kommen, da der erste Platz ja schon für mich reserviert ist.“

Ein erneuter Gegenschlag von Katrin ließ nicht lange auf sich warten: „Für dich ist es ja auch einfach, Erster zu werden.“ Da Sam nicht gleich verstand, legte Katrin nach: „Na, mit über dreißig kannst du ja schon bei den Seniorinnen antreten.“

„Danke!!!“ Lachend stießen die Portweingläser zusammen, bevor es wenig später endlich Richtung Seebach ging.

„Wie gehen wir heute vor?“ Katrin spielte mit ihrer Frage auf das Männerthema an.

„Falls es heute jemanden gibt, der mich nicht anquatscht, dann bekommt er eine Chance.“

Beide fingen laut an zu lachen und Katrin ergänzte: „Also schon wieder ohne Beute heimfahren?“

Somit bekam dann auch die Begrüßung von Lui, am Eingang der Seebach, von Katrin den passenden Kommentar: „Leider verloren, mein Freund!“

„Schade eigentlich“, ergänzte Sam und der Türsteher blieb etwas verwundert und enttäuscht zugleich, im schmalen Eingangsbereich zurück. Die Uhr zeigte kurz vor zehn, wobei nicht wirklich viel los war.

Die Mädels setzten sich an die Theke des kleinen Bistros, welches rechts hinter der Kasse durch eine Schwingtüre vom Hauptbereich getrennt lag. Es war der bekannte Raum, in dem die Einbrecher zugeschlagen hatten. Mit je einem Baguette und zwei Radlern begann die Stärkung für eine lange Nacht.

Danach ging es hinauf in den zweiten Stock, wo sie die Tanzfläche von der Bar aus gut einsehen konnten.

Hatte der Handymörder mit seiner Anwesenheit heute in der Disco geblufft oder würde sich dieses Ungeheuer tatsächlich blicken lassen? Sam versuchte sich all die Gesichter einzuprägen, welche ihr hier noch nie aufgefallen waren. Verkehrte dieser Typ eventuell schon länger in ihrer Umgebung?

„Lust zu tanzen?“ Katrin ließ mit einem: „Sorry, aber hab keinen Bock“, nun schon den Dritten abblitzen und Sam bekam bestätigt, dass hier eine ernst zu nehmende Konkurrentin am Start war. Sie selbst hatte bis jetzt erst eine Einladung zu einem Drink abgeschlagen. Die jüngere Kollegin lag also eindeutig in Führung.

Während sie Katrin von oben bis unten inspizierte, musste Sam sich eingestehen, dass diese, in ihrem zu kurzen Trägerhemdchen, welches es nicht ganz bis zur abgenutzten Jeans schaffte, sehr ansprechend rüberkam. Die schweren Biker-Stiefel rundeten das Ganze lässig ab. Ihr langer Körper kam perfekt zur Geltung und die Augen strahlten förmlich im Schwarzlicht.

Samantha trug dagegen ein schwarzes Hemd, leger über ihrer enganliegenden Jeans. Sie hatte ein paar leichte Sommerschuhe an, um nicht noch größer zu wirken. Das Outfit kaschierte die eigentlichen Formen, worauf sie den mangelnden Erfolg heute zurückführte.

„Wenn das mit der Anmache nicht bald besser wird, dann musst du heute die halbe Disco mit nach Hause nehmen,“ fing Katrin nun auch noch an zu sticheln.

Da drehte der Boss auf und ließ den Flirtblick über die Location schweben. Glücklicherweise funktionierte es noch immer, dass sie eher auf einen Drink eingeladen, statt zum Tanzen aufgefordert, wurde. Nach dem sechsten Bier spürte sie dann langsam, wie der Alkohol anfing zu wirken, während Katrin gerade mit ihrem Bruder, ziemlich nass geschwitzt, von der Tanzfläche zurückkehrte.

Katrin: „Wie machst du das nur, dass die dich auf einen Drink statt zum Tanzen einladen?“

„Wahrscheinlich denken die Jungs, dass ich mich in meinem Alter kaum noch bewegen kann oder mir vielleicht sogar was brechen könnte!“

Thomas stand, die kleinen Neckereien verfolgend, nur stumm daneben, worauf ihm die kleine Schwester befahl: „Sprich sie bitte an!“

Als er fragend den Kopf hob, folgte ihre Erklärung: „Ich will nur ein Unheil verhindern!“

Sam betrachtete den smarten Boy und meinte: „Sag nichts und du wirst diese Nacht nie vergessen!“ Jetzt kratzte er sich unsicher am Kopf, während die Mädels über ihn lachten.

Dann tauchte er plötzlich doch noch auf. Aus heiterem Himmel und direkt neben Thomas stehend. Ein blonder Surfer-Typ, mit zerrissenen Hosen und einem hautengen grauen T-Shirt. Er war vielleicht knapp über einen Meter achtzig groß, benötigte sichtlich noch nicht oft den Rasierer und hatte knallblaue Augen.

„O là Franko“, klatschte Thomas mit ihm ab. Sam hatte diesen Playboy schon ein paar Mal beobachtet. Er war sicher kaum über zwanzig, hatte aber dauernd wechselnde Mädels an seiner Seite.

Sam überlegte, nachdem sie dieses Geschehen mehrmals beobachtet hatte, dass er ihr Pendant sein könnte, was die eigene wilde Vergangenheit betraf.

 

„Hi Thomas. Was geht?“ Dass er sich nach der Begrüßung gleich mit dem Rücken zu den Mädels drehte, konnte die kalte Schulter bedeuten oder aber, dass sie mit den Blicken nicht mehr an seinem Knackarsch vorbeikommen sollten.

Samantha fiel in dem Moment auf, dass sie eigentlich nie richtig gelernt hatte, einen Jungen anzusprechen. Normal reichte es aus, die Buben mit einem kurzen Lächeln einzuspinnen und dann zuzustechen. Aber so schwer konnte es ja auch nicht sein, weshalb sie die, vom Alkohol eh schon stark ins Abseits gedrängten, Hemmungen einfach überwand.

„Jungs? Wollt ihr was trinken?“

Grinsend, als hätte er die Frage bereits erwartet, drehte sich Franko um. „Aber nur, wenn ich dich einladen darf.“ Dass er Katrin mit einem Augenzwinkern links liegen ließ, deutete schon darauf hin, dass sich die beiden kannten. Dies dürfte die Konkurrenz von ihrer Seite also ausschließen.

„Samantha. Meine Freunde nennen mich aber Sam!“

„Franko! Gibt es viele solche Freunde?“ Mit einem breiten Grinsen bestellte er gleich zwei doppelte Whiskys.

´Also anbrennen lässt dieser Junge ja nichts, wenn er mit solchen Beschleunigern vorgeht´, zollte Samantha Respekt und ließ sich auf die doch sehr amüsante Unterhaltung ein. Franko war weder steif, noch litt die Konversation unter seinem jungen Alter. Sam vermutete, nach dem ersten Austausch, eine gehobene Bildung und die dazugehörige Etikette. Durch den sich heißer entwickelten Flirt vergaß sie total den Handymörder.

Katrin verabschiedete sich dann kurz nach drei, mit einem kurzen Schulterklopfen. „Thomas fährt mich nach Hause. Willst du eventuell mitfahren?“

„Neee Kathleen! Wir bleiben noch auf einen letzten Drink“, beantwortete Franko die Frage, die offensichtlich nicht ihm galt.“

Da seine Stimme nicht mehr klar war, ging Sam davon aus, dass es sich wirklich um den letzten Drink handeln müsste. Denn sonst würde er es nicht mehr auf zwei Beinen durch die Eingangstüre schaffen.

„Ist schon gut Kathleen“, signalisierte sie ihrer Kollegin, den englischen Namen grinsend betont. Katrin wirkte über die Einmischung von Franko ziemlich verärgert. Auch bei seiner Flirtfreundin punktete seine bestimmende Art nicht wirklich, doch wollte Sam diesen Abend jetzt nicht mit einem unnötig provozierten Streit beenden. Sicher wäre der König des Anbaggerns in diesem Moment nicht zu einer sachlichen Diskussion im Stande gewesen. Dafür war sein Zustand zu stark auf kontrolliertes, beratungsresistentes Bestimmen geschaltet.

„Ich ruf dich morgen an“ meinte Katrin, während sie sich bereits wegdrehte.

Thomas kam glücklicherweise nach einer halben Stunde wieder zurück und hatte mit ziemlicher Sicherheit den Auftrag von seiner Schwester im Sack, Samantha heil nach Hause zu geleiten. Er brauchte nicht einmal etwas zu sagen, schon stand das angeheiterte Duo auf und schwankte hinter ihm her. Erst jetzt erkannte Sam, wie auch ihr der Alkohol übel mitzuspielen versuchte. Man merkte es ihr nicht sofort an, weil sie gut die Balance hielt, doch spürte sie leichte Lähmungserscheinungen.

War sie etwa blöd gesessen und ihr waren die Beine eingeschlafen?

Lui bemerkte das Trio beim Verlassen der Diskothek glücklicherweise nicht, weshalb sich eine unangenehme Diskussion erübrigte.

Thomas erkläre im Auto, dass Katrin unter Freunden Kathleen genannt wurde, was wohl aus dem Englischunterricht kam. Franco schien dagegen eingeschlafen zu sein, weshalb sie ihm keine Bedeutung mehr schenkte.

Warum Sam ihn jedoch kurz darauf, vor ihrer Wohnung ankommend, mit aussteigen ließ, konnte sie sich selbst nicht erklären. Das Überraschungsmoment lag allerdings auf seiner Seite. ´Wie schnell so ein schlafender doch aufspringen kann?´

Thomas rief noch hinterher und wollte aussteigen, doch Sam winkte ab. Mit dem Milchbubi würde sie schon fertig werden. Sollte er doch gleich wieder auf dem Sofa einschlafen und morgen vor dem Frühstück verschwinden.

Mit diesem Gedanken lag sie leider weit daneben.

Oben angekommen, drückte er sie noch im Flur an die Wand und seine Zunge baggerte sich den Weg durch den Hals, Richtung Herz und Lunge, frei. Beim Öffnen der Türe riss er ihr regelrecht die Kleider vom Leib, wobei seine Hektik Samantha mehr überraschte als irritierte. Schon landete sie rückwärts auf dem Sofa.

Seine Finger waren plötzlich überall, während die Zunge immer noch dabei war, den Weltrekord im Trommelwirbel zu brechen. Das Geschlabber kam ihr vor, als würde sie mit dem Auto durch eine Waschstraße fahren.

Es ging alles so schnell, dass Sam, immer noch vom Alkohol gelähmt, diesem Grabsch-Angriff gar nicht mehr ausweichen konnte. Fast hätte sich bei ihr anfänglich noch ein Lachkrampf gelöst und die Frage lag auf der Zunge, ob dies sein erstes Mal sei und er tatsächlich noch keine Erfahrung mit Frauen hatte? Doch dann blieben ihr die Worte einfach im Hals stecken. Dieses Bürschchen holte tatsächlich gerade zum großen Finale aus.

Außer in Nase und Ohren steckten seine Finger und gefühlte zehn Zungen plötzlich überall, wo eine empfindliche Stelle zu finden war.

War das ihre Stimme, die stöhnte oder seufzte, „hör auf!“ War es ein Jammern oder Wimmern? Es fühlte sich an als würde sie dem Szenario von außen zusehen. Als würde Samantha dastehen und ihrer eigenen Vergewaltigung zuschauen.

Warum spürte sie ihn plötzlich nicht mehr und was war das für ein helles Licht. Sie riss gewaltsam die Augen auf, während er plötzlich aufsprang und zum Ausgang rannte.

Hatte er etwa gerade mit dem Handy ein Foto geschossen? Hatte er gerade womöglich alles gefilmt oder aufgenommen?

Es ging so schnell, dass ihr Verstand nicht in der Lage war, diese Situation richtig wahrzunehmen. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie splitternackt dalag und gerade undefinierbaren Sex hatte.

Er dagegen musste für diesen Quickie kein einziges Kleidungsstück opfern. Das lähmende Gefühl hatte seinen Höhepunkt erreicht und sie schaffte es nicht einmal mehr, die unplanmäßig gespreizten Beine sauber abzulegen.

>Peng< krachte auch schon die Türe ins Schloss. Samantha wusste jetzt nicht, ob sie lachen oder heulen sollte. Nicht einmal ansatzweise wurde sie sich einer ähnlichen Szene in ihrem doch schon sehr wilden Leben bewusst. War dieses Gefühl von eben etwa ein Orgasmus? Konnte das überhaupt in der kurzen Zeit mit so einem Ganzkörpervibrator möglich sein? Wie lange dauerte dieser körperliche Angriff überhaupt? War sie womöglich zwischendurch noch eingeschlafen und kam erst jetzt wieder zu sich? Und was hatte er, wenn überhaupt, alles fotografiert?

Fragen, die Samantha gerade total verwirrten, sie aktuell aber auch nicht beantworten konnte. Über dieses Geschehen musste morgen, wenn der Alkohol verdunstet war, noch mal gründlich nachgedacht werden. `Dieser kleine Hosenscheißer´, schoss es durch ihr verwirrtes Gehirn, während der Schlaf sie langsam überkam, ´hat mich gerade auf die merkwürdigste und frechste Art der Welt flach gelegt´.

Doch selbst zum Ärgern fühlte sie sich gerade zu schwach.

12. Der Tag danach

Am nächsten Morgen wachte sie erst um 11 Uhr auf und konnte dabei einen der übelsten Kater in ihrer Geschichte begrüßen. Sie lag noch nackt auf dem Sofa und es wurde langsam kalt. In diesem Moment dachte sie ernsthaft darüber nach, ob er ihr womöglich Ko-Tropfen in den Drink geschüttet hatte. Aber dann würde sie sich an gar nichts mehr erinnern. Wenn überhaupt, dann hatte er ihr irgendetwas Körperlähmendes verabreicht.

Die Gedanken an dieses eigenartige Erlebnis waren leider noch viel klarer vorhanden als es ihr lieb war. Sie wollte den Gedanken aber keine Chance geben, das Wort Missbrauch überhaupt erst aufzugreifen. Nicht mit ihr!

Die Handgelenke schmerzten und auch ihr Unterleib tat weh. Aber wieso? Er war die ganze Zeit angezogen. War er blöd auf sie drauf gesprungen? Sie inspizierte sich, so gut es im eingeschränkten Modus möglich war. Tatsächlich hatte sie an den Innenschenkeln leichte Schürfstellen, die sich nicht erklären ließen. Auch die Handgelenke hatten Streifen, als wäre sie gefesselt gewesen. Das passte nicht mit dem zusammen, was ihre Erinnerung spiegelte. Müsste sie einen Abstrich machen lassen? Nein! Es war nichts passiert. Basta!

Doch beim genaueren Betrachten kam Franko immer wieder negativ ins Spiel. Dieser Junge war in der letzten Nacht entweder komplett entgleist oder er hatte ein ernsthaftes Problem. Ja, und was war das noch für ein komisches Blitzlicht am Schluss? Sollte er einen Schnappschuss von dieser heißen Position gemacht haben, dann hätte auch sie ein Problem. Ein ähnliches, welches zur letzten Versetzung geführt hatte.

Die beiden Aspirintabletten benötigten heute auch länger als sonst, bis sie einen einigermaßen erträglichen Zustand herstellten. Beim Essen und beim Trinken schalteten dazu die Geschmacksnerven anfänglich noch auf taub. Also legte sie sich am Mittag wieder hin und wurde erst vom Telefon aus ihren Albträumen gerissen.

„Sam?“

„Hi Kathleen!“ Der Kater in der Stimme ließ sich leider nicht unterdrücken. „Thomas sagte, dass Frank mit dir hoch gegangen sei?“

„Du meinst Franko?“

„Na klar. Er heißt eigentlich Frank. Das O hängt er nur an, um mit dem südländischen Touch bei den Damen besser anzukommen. Willst du drüber reden?“

„Nein, verdammt noch mal. Sorry, aber ich bin irgendwie ziemlich neben der Spur. Lass uns einfach ein anderes Mal quatschen. Okay?“

„Verstehe! Tut mir leid, dass ich dich nicht gewarnt habe. Aber die Stimmung schien mir am Schluss plötzlich kurz vor dem Kippen, da wäre ein Intervenieren sicher sehr unangenehm geworden. Wenn du was brauchst, dann melde dich bitte.“

„Danke, dass du angerufen hast. Ciao!“ Die Leitung klickte und bei Samantha bekam die Verwirrung neue Nahrung. ´Entschuldige, dass ich dich nicht gewarnt habe´. Was wollte sie ihr damit sagen? Das Gespräch verlief fast so, als hätte Sam gerade gebeichtet, dass sie vergewaltigt oder misshandelt wurde. Vor allem wusste Katrin, dass etwas passiert sein musste, was das Ganze noch viel merkwürdiger machte. Jedenfalls hatte sie jetzt Gewissheit, dass mit dem Jungen etwas nicht stimmte, worüber wohl Alle Bescheid wussten, außer natürlich wieder mal, Sam!

Kurz vor dreiundzwanzig Uhr klingelte das Telefon erneut. Dieses Mal allerdings mit unterdrückter Nummer. „Hi. Ich bin´s, Franko.“ Es blieb stumm in der Leitung und Samantha war sich nicht wirklich sicher, wie sie reagieren sollte. Die Opferrolle würde sie ihm von sich aus jedenfalls nicht anbieten.

„Hi Frank. Schön, dass du noch mal anrufst. War ein netter Discoabend gestern.“ ´Gefährlich´, raste es durch ihren Kopf, doch fing sie gerade an, sein Spiel anzunehmen. Wenn es denn überhaupt eins war. Er hatte in ihr ein Kribbeln geweckt, welches sie noch nicht kannte und Sam war das Spielen mit den Jungs aus der alten Zeit gewohnt. Doch diese Art von Gegenspieler kannte sie noch nicht, was das Ganze interessant machen sollte.

„Wie geht es deinem Kopf?“ Man konnte ihn nach ihrer Frage zuerst einmal durchschnaufen hören. Scheinbar bewegte er sich ebenfalls auf ziemlich unsicherem Terrain.

„Es geht so. Der letzte Whisky hatte es irgendwie in sich. Sollen wir wieder mal was ausmachen?“

Erst jetzt bemerkte sie, dass er, dem Tonfall und der Ausdrucksweise nach, immer noch nicht ganz nüchtern sein konnte.

„Lass uns Ende nächster Woche wieder telefonieren. Ich bin Montag und Dienstag weg.“

„Ich möchte dich aber morgen sehen!“ Nun schien der leicht berauschte Zustand, untermalt von seinem Befehlston, immer deutlicher zu werden.“

„Es tut mir leid! Bin leider ausgebucht. Schlaf gut!“ Sam legte auf und gab ihm damit keine Chance, auf ein weiteres Beharren. Sie behielt den Hörer in der Hand und erwartete seinen zweiten Anruf. Doch das Telefon blieb stumm. Es klingelte auch niemand mehr an der Türe.

In Gedanken charakterisierte sie ihren neuen Lover als potenziellen Stalker. ´Hoffentlich nicht! Das kann ich momentan überhaupt nicht gebrauchen. Aber vielleicht sollte ich diesem Jungen mal etwas genauer auf die Finger schauen´.

Sie konnte es sich zwar nicht vorstellen, aber es könnte ja durchaus sein, dass er sogar etwas mit dem Fall zu tun hatte oder zumindest hinter diesen komischen Mails stecken würde. Immerhin war er gestern in der Seebach, wie es auch der Handymörder angekündigt hatte. Er war intelligent und gleichzeitig unberechenbar.

 

Aber noch viel mehr interessierte es sie, ob dieses Würstchen vielleicht tatsächlich mit K.O.-Tropfen arbeitet und wie viele vermeintliche Opfer es schon gab? Spaßeshalber könnte sie ja mal sein Alibi bei den letzten Morden überprüfen und ihm dadurch Angst einjagen, oder ihn damit einfach etwas unter Druck setzen. So ein kleiner Konter zu der unbeschreiblichen Nummer vom Vorabend wäre jetzt sicher angebracht.

Vermischte sie gerade Dienstliches mit Privatem? Egal! Einen Grund für polizeiliche Aufsicht hatte er jedenfalls, zumindest aus ihrer Sicht, schon mal geschaffen.

Am Sonntag zeigte sich der Kater immer noch in der abklingenden Phase. So lange wurde sie vom Alkohol noch nie auf die Bretter geschickt. Irgendetwas stank an dieser Geschichte doch gehörig. Trotz allem zog sie die Laufschuhe an und drehte, jedenfalls wurde der Versuch unternommen, ihre Hochfirstrunde. Dieses Mal allerdings mit sechs Pausen.

Nach dem Lauf zog sie sich zwei Energiedrinks rein, bestellte telefonisch eine Pizza und richtete ein Kissenlager vor dem Fernseher ein. Auch heute blieben nervige Anrufe oder Belästigungen von Franko aus.

Später packte sie den Koffer und bereitete sich auf die unruhige Nacht vor. Es gelang ihr leider nie richtig zu schlafen, wenn sie morgens früh raus musste. Unter der Angst den Wecker zu überhören, wollte sich der Schlaf in ihrem Bett einfach nicht einstellen. Die tiefste Entspannung schien immer erst dann einzutreten, wenn der schrille Ton eine Minute später an ihren Ohren zerrte.

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