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Wortbildung im Deutschen

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4.2.7 Ausdruck der Modalität und Expressivität

Bei einigen reduplikativen Adverbialen schwingt gleichzeitig die Modalität mit. Gemeint ist hier die Modalität im weiteren Sinne, die im Deutschen unterschiedlich ausgedrückt werden kann. Im Folgenden wird ein Beispiel der Modusmarkierung durch Reduplikation dargestellt:


(13)lɤ̂:kpajhǎ:lɔ̀nsǐ:achɤ̌:j- chɤ̌:j [HK_Ü-25]
aufhörengehensuchensiePRTstill-still
‚Er ging nur einfach nicht mehr hin‘


(14)khítdu:di:-di:ná [Sri_O-10]
denkenschauengut-gutPRT
‚Denk da mal drüber nach!‘

In Beispiel (13) wird die modale Bedeutung durch die Verbindung der Modalpartikel sǐ:a und der Reduplikation chɤ̌:j- chɤ̌:j zum Ausdruck gebracht, was im Deutschen durch einfach realisiert wird1. Die Reduplikation in Beispiel (14), die für Befehlssätze von Belang ist, fungiert hingegen anders. Sie ersetzt die sprachlichen Mittel zur Bildung eines Imperativs. Falls das Prädikat bereits mit einem Befehlsmarker gebildet wurde, dann ist die Reduplikation nicht mehr obligatorisch und die Reduplikation übernimmt nur die Funktion der Intensivierung. Erst durch Reduplikation oder mithilfe einer anderen zusätzlichen Markierung kann man mit einem solchen Adjektiv einen Befehlssatz bilden. Die Reduplikation entspricht im obigen Beispiel in diesem Fall dem Modus im Deutschen. Dass Reduplikation die ModalitätModalität ausdrücken kann, ist allerdings kein besonderes Phänomen. Im Chinesischen kann Reduplikation modale Funktionen aufweisen, indem sie subjektive Empfindungen ausdrückt. Die Reduplikationen mancher einsilbiger Adjektive, wenn sie im Satz als Attribut fungieren, drücken die Sympathie oder auch die Antipathie des Sprechers aus (Yang 2001: 123). Der Ausdruck der ExpressivitätExpressivität lässt sich ebenfalls als eine Funktion der thailändischen Reduplikationen beschreiben. Diese Funktion überlappt sich eindeutig mit dem Ausdruck der Modalität, zumal sowohl modale als auch expressive Äußerungen mit der Einstellung und den Gefühlen des Sprechers zusammenhängen. Mit dieser letzten Funktion der Reduplikation, die sich in dem hier untersuchten Korpus finden lässt, möchte ich mich Alieva (1998: 413) anschließen, die beschreibt, dass sich die Verwendung der Reduplikationen in südostasiatischen Sprachen nicht auf lexikalischen, grammatischen, semantischen und pragmatischen Ebenen beschränkt. Die Reduplikation gilt ebenfalls als ein Mittel zum Ausdruck der Expressivität.

Die Reduplikation chɤ̌:j-chɤ̌:j in Beispiel (13) impliziert beispielsweise eine eher negative Einstellung. Hingegen drücken Reduplikationen mit der Funktion Abschwächung eher die Sympathie des Sprechers aus, was üblich bei Diminutiva ist (vgl. z.B. Hentschel/Weydt 2003: 196). Substantive, die im Thailändischen mit der Reduplikation lék-lék ‚klein-klein‘ = ‚etwas klein‘ attribuiert werden, enthalten, wie ihre deutschen Entsprechungen, eine positive emotionale Komponente, wie im folgenden Beispiel ersichtlich ist:


(15)mɛ́:thi:rɛ̂:kpenphi:aŋdɯ̀:mkhɛ̂:phi:aŋkɛ̂:wlék-lék
obwohlzuerstKOPnurtrinkennurnurGlasklein-klein
phɯ̂:ahâjmɯnthâwnán [JE_Ü-30]
zwecksbeschwipstnur
‚zwar immer nur gläschenweise zu saufen‘

4.3 Deutsche Entsprechungen thailändischer Reduplikationen

In vielen Sprachen der Welt gilt die Reduplikation als ein produktives morphologisches Verfahren (Elsen 2011: 74). Die vorliegende Analyse kann dieses Phänomen für das Thailändische deutlich zeigen. Im Deutschen erscheint Reduplikation jedoch nur auf phonologischer Ebene und findet ihre Verwendung eher in der Kindersprache. Anhand der Analyse des hier untersuchten bidirektionalen Korpus wird angestrebt, die aufgetretenen Entsprechungen der thailändischen Reduplikationen in den deutschen Original- und Übersetzungstexten zu kategorisieren.

Es sei hier anzumerken, dass im Übersetzungsprozess nicht selten etwas weggelassen wird und nicht unbedingt alle Entsprechungen der gesuchten Form auftauchen müssen. In dieser Phase der Untersuchung wird deshalb keine quantitative Analyse durchgeführt. Die deutschen sprachlichen Mittel, die im untersuchten Korpus als Entsprechungen der thailändischen Reduplikationen auftreten, lassen sich grob in vier unterschiedliche Kategorien einteilen: verschiedene Wortarten, grammatische Kategorien, reduplikationsähnliche Konstruktionen und Wortbildungsverfahren. Die folgende Tabelle stellt die verschiedenen Typen der deutschen Entsprechungen sowie ihre jeweilige(n) Funktion(en) dar.1 Danach folgt die Beschreibung einzelner Kategorien der deutschen Entsprechungen.


Trans.PlDistr.Intens.Absch.Best.AspektModal
Verschiedene Wortarten
Indefinitpronomen
Intensivpartikeln
Modalpartikeln
Modalwörter
Modalverben
Grammatische Kategorien
Numerus
Verbformbildung (Partizipien)
Modus (Imperativ)
Komparation (Komparativ, Superlativ)
RED-ähnliche Konstruktionen
Nx Präp.Nx
x und x
von Nx zu Nx
um N herum
Wortbildungsverfahren
Komposition
Derivation

Tab. 6

Deutsche Entsprechungen der thailändischen Reduplikationen

Die im Korpus feststellbaren Funktionen der thailändischen Reduplikationen werden durch verschiedene Wortarten im Deutschen übernommen. Indefinitpronomen (z.B. man, jeder) drücken beispielsweise die Unbestimmtheit sowie die Distribution aus. Die Intensivpartikel sehr wird immer einem Adjektiv oder einem Adverb vorangestellt, um die da ausgedrückte Eigenschaft oder Art und Weise zu intensivieren. Die Modalität kann im Deutschen durch Modalwörter, Modalpartikel und Modalverben zum Ausdruck gebracht werden. Die epistemische Verwendung des Modalverbs müssen führt darüber hinaus zur Verstärkung bzw. Erhöhung des Sicherheitsgrads einer Äußerung.

Dass Thailändisch eine isolierende Sprache und Deutsch eine flektierende Sprache ist, führt sicherlich dazu, dass die Reduplikation, die im Thailändischen eine wichtige, aber im Deutschen nur eine marginale Rolle spielt, durch die Flexion ersetzt werden kann. Während einige Sprachen, insbesondere Thailändisch, die Reduplikation als Mittel zur Pluralbildung verwenden, wird die Pluralisierung im Deutschen durch die grammatische Kategorie „Numerus“ bzw. Pluralmorpheme realisiert. Im Verbalbereich lassen sich häufig die Aspektualität und Intensität durch die Partizipialformen ausdrücken. Die Modalität wird durch die verschiedenen Modi zum Ausdruck gebracht, z.B. der Imperativ als Entsprechung von einer Reduplikation im Beispiel (20). Für Adjektive und Adverbien steht die Komparation zur Verfügung, wenn Eigenschaften oder Umstände intensiviert oder abgeschwächt werden sollen.2

Der Komparativ gilt als ein entsprechendes sprachliches Mittel im Deutschen, das als Entsprechung dieser Reduplikation auftritt. Interessanterweise wird im Deutschen selbst das Temporaladverb immer ebenfalls als eine Möglichkeit verwendet, um die Intensivierung zum Ausdruck zu bringen. Gelegentlich wird es verdoppelt als immer und immer wieder. Vor allem beim gemeinsamen Erscheinen mit einem Adjektiv im Komparativ kann „immer“ eine Eigenschaft intensivieren:


(16)nísǎjcajkhɔ:tha:ŋdâ:nní:khɔ̌ːŋkhǎwkɔ̂:
Charakterauf der Seitediesvonihmdann
phùtchátkhɯ̂nma:rɯ̂:aj-rɯ̂:aj [An_O-75]
auftauchendeutlichsteigenkommenimmer-immer
‚zeigte er die dunkle Seite seines Charakters immer deutlicher!‘

Unter den deutschen Entsprechungen im Korpus sind einige Konstruktionen m.E. „reduplikationsähnlich“, denn es handelt sich hierbei immer um eine Wiederholung eines bestimmten Wortes innerhalb einer kleinen Syntagma. Sie lassen sich entweder als syndetische Reduplikation (Stolz et al. 2011) oder syntaktische Reduplikation (Travis 2001) bezeichnen. Bemerkenswert bei solchen reduplikationsähnlichen Entsprechungen im Korpus ist die Tatsache, dass in den meisten Fällen eine Präposition als Bestandteil der Reduplikation auftritt und alle Konstruktionen als Adverbial fungieren. Die auffälligste Konstruktion lässt sich als „Nx Präp Nx“ beschreiben. Es handelt sich hierbei jeweils um die Verdoppelung desselben Substantivs vor und nach einer Präposition: Schritt für Schritt, Büros über Büros. Insbesondere kommt die Konstruktion mit der Präposition für am häufigsten vor und scheint noch produktiv zu sein:

 

(17)sɯ̂ŋkhǎwtɔ̂ŋthɔ̌:jchà:kcùtjɯ:nmâ:kkhɯ̂nrɯ̂:aj-rɯ̂:aj [SS_Ü-24]
Rel-PronermüssenzurücktretenvonStandpunktmehrimmer-immer
‚in denen er Schritt für Schritt seiner Position abgekommen war‘


(18)thamŋa:npajwan-nɯ̀ŋ-wan-nɯ̀ŋ [VN_O-49]
arbeitengehenTag-ein-Tag-ein
‚Tag für Tag zur Arbeit gehen würde‘

Die Verdoppelung mit „und“ wie z.B. nach und nach scheint hingegen sehr weit lexikalisiert zu sein. Es handelt sich um eine feste Verbindung, die als Synonym für allmählich gilt.


(19)khwa:mrú:sɯ̀kcàpcajtɯ̀:ntên […]cɯŋkhɔ̂j- khɔ̂jbanthawloŋ [An2_O-106]
Gefühlbeeindruckengespanntdeshalbdann-dannmildernabsteigen
‚Nach und nach fiel die Aufregung von ihr ab‘

Bei der Präpositionalphrase um N herum, wie in Beispiel (10) bereits dargestellt wurde, handelt es sich um eine klammerschließende Konstruktion, die durch Wiederholung von zwei semantisch ähnlichen Worten um und herum ausgedrückt wird, was im Deutschen oft zu finden ist. In vielen Fällen ist herum nur fakultativ. Jedoch wird durch herum die betroffene Lokalität etwas erweitert und dadurch die Unbestimmtheit erhöht. Bopst (1989: 59) bezeichnet den Gebrauch von um … herum als „adverbialen Nachdruck“. Ähnliche Konstruktionen findet man ihm zufolge auch bei anderen Präpositionen, z.B. aus … heraus.

Im Korpus findet man als Entsprechung zu der Reduplikation rɔ̂:p-rɔ̂:p, die wörtlich als um N herum übertragen wird, die Konstruktion von Nx zu Nx, wie z.B. von Wand zu Wand. Für diese Konstruktion liegt allerdings nur ein einziger Beleg vor.

Bei der letzten Gruppe der deutschen Entsprechungen der thailändischen Reduplikationen handelt es sich um sämtliche Wortbildungsmittel. Diese Kategorie wird getrennt und ausführlicher behandelt.

4.4 Deutsche Wortbildungsmittel als Entsprechungen der thailändischen Reduplikationen

Da deutsche Reduplikationen nur in geringer Anzahl vorkommen, ist es nicht erstaunlich, dass sich im Korpus keine einzige deutsche Reduplikation als Entsprechung der thailändischen Reduplikationen finden lässt. Stattdessen treten vorwiegend andere Wortbildungsarten auf. Es handelt sich überwiegend um Komposition und Derivation. Vor allem bei den Derivaten findet man alle Funktionen bzw. Bedeutungen, die im Korpus bei thailändischen Reduplikationen vorkommen, wie bereits in Tabelle 6 dargestellt wurde.

4.4.1 Komposition

KompositionKomposition gehört zu den kombinierenden Wortbildungsarten im Deutschen. Da Reduplikation auch häufig unter Komposition subsumiert wird (Donalies 2007: 37), ist es erwartbar, dass Komposita als Entsprechungen der thailändischen Reduplikationen auftreten. Im untersuchten Korpus lassen sich bei diesen Entsprechungen folgende Funktionen feststellen: Transposition, Plural, Intensivierung, Abschwächung und Reduzierung des Bestimmtheitsgrades, wie die Beispiele in der folgenden Tabelle zeigen:


Th. ReduplikationKomposition als deutsche EntsprechungGemeinsame / Ähnliche Funktion
klâj- klâj(neben-neben)Nebenan bellte der Hund [DK_O-7]Transposition
rɯ̂:a di:-di:(Geschichte gut-gut)…, als ginge es um Gutpunkte [AG_O-17]Plural
ta: to:-to:(Auge groß-groß)Kata, sind das nicht Säugetiere, mit riesengroßen Augen …? [MB_O-15]Intensivierung
mɯ:a lék-lék(Stadt klein-klein)Eine Kleinstadt, und er kannte jede Straße [DK_O-7]Abschwächung
daj-daj(welch-welch)Bevor ich jedoch irgendeine Reaktion zeigen konnte [KS_Ü-18]Reduzierung des Bestimmtheitsgrads

Tabelle 7

Komposita als deutsche Entsprechungen der thailändischen Reduplikationen

Im Deutschen können fast alle Wortarten miteinander kombiniert werden und durch Komposition kann ein Wortartwechsel entstehen. Üblicherweise wird ein neues Kompositum der Wortart eines Gliedes zugeordnet. Allerdings kann ein Kompositum auch einer Wortart angehören, die keines seiner Bestandteile hat, wie nebenan in der obigen Tabelle. Hier lässt sich eine Gemeinsamkeit zwischen der deutschen Komposition und der thailändischen Reduplikation feststellen. Es entsteht also eine Transposition von einer Präposition zu einem Adverb.

Mit Reduplikationen als Attribut ist eine Pluralbedeutung im Thailändischen interpretierbar. Aus diesem Grund kann ein Wort mit Pluralmorphem im Deutschen als eine NP mit einem Attribut in Form von Reduplikation übersetzt werden, wie in [AG_O-17] gezeigt wird. Intensivierungs- und Abschwächungsausdrucksweisen können im Deutschen ebenfalls durch Komposition erfolgen, wie oben bei riesengroßen und Kleinstadt der Fall ist. Es handelt sich m.E. um eine Art Gradation. Durch das Bestimmungswort wird das Basiswort entweder vergrößert oder verkleinert. Das ist ähnlich wie die Reduplikationen im Thailändischen, die sich aufgrund der lexikalischen Bedeutung der Basis entweder als Intensivierung oder Abschwächung interpretieren lassen.

Bei Komposita mit irgend- als Bestimmungswort wird der Bestimmtheitsgrad reduziert, indem Interrogativa in Indefinitpronomina umgewandelt werden. Auch in diesem Fall lässt sich eine Gemeinsamkeit zwischen Komposition im Deutschen und Reduplikation im Thailändischen beobachten.

4.4.2 Derivation

Bei der DerivationDerivation werden Basiswörter mit Wortbildungsaffixen kombiniert. Die Affixe in den deutschen Entsprechungen der thailändischen Reduplikationen umfassen Präfixe, Suffixe, sowie Zirkumfixe. Bei präfigierten Verbformen unterscheidet man im Deutschen häufig zwischen Präfix- und Partikelverben mit dem Kriterium, dass Präfixverben stets untrennbar bleiben, während Partikelverben sowohl trennbar als auch untrennbar sein können. Jedoch wird diese Unterscheidung in der vorliegenden Arbeit nicht gemacht. Die folgende Zusammenstellung der deutschen Affixe, die im Korpus als deutsche Entsprechungen der thailändischen Reduplikationen vorkommen und gemeinsame oder ähnliche Funktionen übernehmen, hat allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit und zeigt nur exemplarisch die gemeinsamen bzw. ähnlichen Funktionen der deutschen Affixe und der thailändischen Reduplikationen.


Th. ReduplikationDt. AffixeDerivation als deutsche EntsprechungGemeinsame/ Ähnliche Funktion
khɯ̂n ma rɯ̂:aj- rɯ̂:aj (steigen kommen immer-immer)an-haben sich eine ganze Menge Stifte angesammelt [JF_O-6]Intensivierung
cùt lék-lék(Punkt klein-klein)-chenZwischen den rosa Poren, wo der Haaransatz ausrasiert ist, zeichnen sich weiße Pünktchen ab [JF-49]Abschwächung (Diminutiv)
plík-plík(blättern-blättern)durch-Sie griff nach einer herumliegenden Zeitung und blätterte sie durch [An_Ü-98]Iterativ / Intensivierung
krathú- krathú (schlagen-schlagen)ein-…öffnet das Fliegenglitter und schlägt auf die Äste des Baumes ein [An_Ü-171]Iterativ / Intensivierung
krí:t- krí:t(schreien-schreien)ge- -e…, gefolgt von lautem Geschrei und Getobe [An_Ü-125]Iterativ / Expressivität
rɔ̂:p-rɔ̂:p(um-um)herum-Er rollte mit den Kugelgelenken herum [SS_O-11]Reduzierung des Bestimmtheitsgrads
paj rɯ̂:aj- rɯ̂:aj (gehen immer-immer )…mit dem Herumzappen anfangen [SS_O-40]Iterativ
mɔ: paj rɔ̂:p-rɔ̂:p (schauen gehen um-um)um-…sehen Sie sich ohne Hemmungen um [UP_O-101]Reduzierung des Bestimmtheitsgrads
paj hâj phón-phón (gehen geben entkommen-entkommen)ver-Wann werden sie endlich verschwinden [An_Ü-106]Intensivierung
khlà:t- khlà:t(feige-feige)-haft…streckte zaghaft die Hand… aus [KS_Ü-17]Modalität
samǎj dèk-dèk (Zeitalter Kind-Kind)-heitund an meine Kindheit zurückdenken [WL_Ü-62]Plural (Kollektiv)
-igoder so zittrig auf den Beinen, dass ein Unfall passiert war [SP_Ü-10]Modalität
-lichbrachte sie zögerlich hervor [An_Ü-72] [An_Ü-72]Modalität
khî:nók khǎw-khǎw(Vogelkot weiß-weiß)überall klebt weißlicher Kot [RR_O-5]Abschwächung
cháw-cháw (Morgen-Morgen)-sdaß er morgens eigentlich nicht spricht [JH_O-151]Transposition
baw-baw(leicht-leicht)-samMein Vater nahm mich behutsam in seine Arme [PB_Ü-22]Modalität
pen klùm-klùm(KOP Gruppe-Gruppe)-weisedie grüppchenweise herumziehen [UP_O-67]Distribution

Tabelle 8

Derivate als deutsche Entsprechungen der thailändischen Reduplikationen

Wie in der obigen Tabelle ersichtlich ist, tragen Verben mit den Präfixen an-, durch-, ein- und ver- die Wortbildungsbedeutung „intensiv“. Eine Intensivierung drückt an- bei Verben aus, indem die präfigierte Form ein mengenmäßiges Vermehren bezeichnet. Präfixverben mit durch- implizieren mit der Bedeutung ‚ohne Unterbrechung‘ auch die Intensivierung. Das Präfix ein- in [An_Ü-171] bezeichnet das mehrmalige Schlagen und deshalb das intensive Einwirken auf die betroffenen Gegenstände. Eine Intensivierung der Basisbedeutung bewirkt auch das Präfix ver- beim Verb verschwinden. Die Intensivierung hängt grundsätzlich mit der Iteration eng zusammen, weil die Wiederholung einer Handlung immer deren Intensität steigert.

 

Das Suffix -lich-lich modifiziert das Basislexem mit der Modifikationsart „Gradation“. Durch die Affigierung mit -lich wird die Bedeutung ‚nur annähernd‘ vermittelt, wie z.B. weißlich in [RR_O-5]. Die Abschwächung einer adjektivischen Eigenschaftsbezeichnung gilt ebenfalls als Diminuierung. Aus diesem Grund wurde das Suffix -chen auch in der obigen Tabelle dargestellt. Diese Betrachtungsweise lehnt sich an Fleischer/Barz (2012: 232) an, die -lich als Diminutivsuffix beim Adjektiv und -chen beim Substantiv bezeichnen.

Die Bedeutung bzw. Funktion „Modalität“ in Tabelle 8 bezieht sich auf die Modalität im weitesten Sinne, d.h. alle möglichen Modalausdrucksweisen werden mitberücksichtigt, weshalb -haft, -ig, -sam und -lich als Beispiele der Entsprechungen der thailändischen Reduplikation aufgelistet sind. Es handelt sich bei all diesen Beispielen um deverbale Transposition mit der Bedeutung „aktivisch-modal“, wie dies typischerweise bei der Wortbildungsbedeutung dieser Suffixe zu finden ist (vgl. ebd.: 306). Die Suffigierung mit -lich bei Farbadjektiven weist am deutlichsten Ähnlichkeiten mit der thailändischen Reduplikation auf, denn beide sprachlichen Mittel drücken Abschwächung aus. Nach Kühnhold et al. (1978: 412) bezeichnet -lich eine unzureichende Annäherung an die Basis und bedeutet etwa „etwas BA“ (ebd: 412). Anzumerken ist, dass Adjektive mit -lich in deutschen Originaltexten, in der thailändischen Übersetzung immer als Reduplikationen auftreten. Hingegen wird die Reduplikation in der deutschen Fassung nicht explizit übertragen.

Die Pluralbedeutung wird im Deutschen grundsätzlich durch die Flexion, nämlich durch Pluralmorpheme, ausgedrückt. Jedoch findet man relevante Bedeutungen wie Kollektiv und Distribution im Wortbildungsverfahren. Die Modifikation mit -heit führt zur Bedeutung ‚Menge‘ oder ‚Gesamtheit‘, während die Wortbildung mit -weise mit der Bedeutung ‚in der Form/Art von …‘ gleichzeitig die Pluralbedeutung impliziert. Die Kombination eines Substantivs mit -weise (meistens in Pluralform, z.B. tonnenweise, gruppenweise) ist als Aufteilung bzw. Distribution wahrzunehmen, sowie grüppchenweise in [UP_O-67].

Mit den Präfixen herum- und um- kann der Bestimmtheitsgrad der lokalen Bedeutung reduziert werden. Zum einen drückt herum- eine Wiederholung bzw. die Iteration aus, wie z.B. bei herumzappen in [SS_0–40] der Fall ist. Zum anderen wird durch die Präfigierung die Bestimmungslosigkeit ausgedrückt, zumal Verben mit herum- kein Ziel bzw. kein Objektbenötigen. Den Ausdruck der Unbestimmtheit findet man auch bei den Verben mit dem Präfix um-, allerdings nicht immer, weil um-Verben zweiwertig sind und deshalb ein Akkusativobjekt regieren kann. Wenn es sich aber um ein reflexives Verb handelt, wie in [UP_O-101] gezeigt wird, kann von der Bestimmungslosigkeit der lokalen Angabe die Rede sein.

Die Transposition findet man bei deutschen Entsprechungen, deren Basis ein Substantiv ist und durch das Suffix -s in ein Temporaladverb umgewandelt wird, wie z.B. morgens in Tabelle 8. Bemerkenswert ist, dass man unter den deutschen Entsprechungen der thailändischen Reduplikationen ebenfalls die Expressivität feststellen kann. In [An_Ü-125] drückt das Zirkumfix ge…e die Wiederholung bzw. den verbalen Aspekt „Iterativ“ aus. Darüber hinaus wird hier die negative Einstellung des Sprechers zum Ausdruck gebracht. Es handelt sich bei der Affigierung mit ge-…e, oder ge-…ei um Iteratives, Unerwünschtes. Die Iteration der Grundbedeutung ist also mit einer pejorativen Konnotation, mit einem Ausdruck des Überdrüssigen bzw. Lästigen verbunden (Fliescher/Barz 2012: 266).