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Lockdown, Homeschooling und Social Distancing – der Zweitspracherwerb unter akut veränderten Bedingungen der COVID-19-Pandemie

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3 Methodologie



Im Rahmen des DFG-geförderten Projekts SpraBÜ1 (2020–2023) nutzen wir einen ethnographischen Forschungsansatz, um sprachliche Bildungsangebote und -prozesse am Übergang von Vorbereitungs- in Regelklasse in drei Stadtteilschulen Hamburgs zu rekonstruieren. In diesem Beitrag fokussieren wir uns auf Interviews mit IVK-Lehrkräften einer dieser Stadtteilschulen, die in der Stufe 7/8 unterrichten. Anhand einer Explorationsstudie (vgl. Plöger in Vorb.) haben wir einen institutionell ethnographisch-reflexiven Ansatz entwickelt (vgl. Plöger/Barakos 2021). Die hier befragten Lehrkräfte umfassen eine IVK-Klassenlehrerin, die die Fächer Deutsch, Mathe und Gesellschaft unterrichtet, eine IVK-Bereichsleiterin und eine Englisch-Lehrkraft, mit denen insgesamt sechs Interviews an mehreren Zeitachsen während des Projekts durchgeführt wurden.



In unserem Ansatz verstehen wir die Phasen der Datenerhebung und -auswertung als zyklisch und ineinandergreifend. Dabei orientieren wir uns während der Datenerhebung, die teilnehmende Beobachtungen, informelle Gespräche und qualitative Interviews umfasst, an der Institutionellen Ethnographie nach Smith (2005). Im Fokus stehen soziale Beziehungen zwischen Personen im Forschungsfeld sowie ihre Praktiken innerhalb der gegebenen institutionellen Bedingungen. Ausgangspunkt der Forschung ist „the problematic“ (Smith 2005), die sich aus dem Forschungsfeld heraus ergibt und reelle, dringliche Herausforderungen der Akteur*innen im Feld fokussiert. Als ‚the problematic‘ in unserer Forschung konnten wir anhand unserer Explorationsstudie die sprachliche Bildung am Übergang neu zugewanderter Schüler*innen von Vorbereitungs- in Regelklasse definieren. Während der Pandemie zeigte sich, dass neue Herausforderungen auftraten – nämlich die Erreichbarkeit der Schüler*innen und die Realisierung eines Sprachunterrichts auf Distanz.



Für die Datenauswertung stützen wir uns auf Methoden der Reflexiven Grounded Theory nach Breuer et al. (2019). Neben einem kleinschrittigen Kodierprozess steht hier die reflexive Haltung der Forscher*innen im Vordergrund, indem Vorannahmen und Präkonzepte produktiv in den Erhebungs- und Auswertungsprozess einbezogen werden. Dies scheint uns vor allem vor dem Hintergrund relevant, dass wir selbst als

weiße

, deutschsprachige Forscherinnen in gewisse hegemoniale Machtasymmetrien verstrickt sind, wenn wir mit neu zugewanderten Schüler*innen forschen.



Aufgrund der Schulschließungen musste die geplante Explorationsphase in Formate der virtuellen Ethnographie (Hine 2017) überführt werden und unsere Forschungsmethoden mussten ad hoc und kreativ angepasst werden. Aufgrund der eingeschränkten persönlichen Kontakte zu Lehrkräften und Schüler*innen haben sich verändernde Anforderungen an unser Forschungsdesign ergeben. Viele Forscher*innen, die qualitative Forschung betreiben, stehen derzeit vor der Frage, wie zu sprachlichen und sozialen Ungleichheiten unter sozial distanzierten Bedingungen geforscht werden kann. Mittels sozial distanzierten Interviews über Zoom, klassischen Telefonaten, Beobachtungen in Messenger-Diensten im IVK-Fernunterricht, sowie teilnehmenden Beobachtungen mit FFP2-Maske im Unterricht zwischen den Schulschließungen konnten wir unsere ethnographische Forschung den Gegebenheiten anpassen und fortsetzen. Auf andere ursprünglich geplante Formen der Datenerhebung (regelmäßige teilnehmende Beobachtung von Fallkindern im Unterricht; persönliche Gespräche und Interviews mit Kindern) haben wir aufgrund des Wechsels ins Digitale, dem Gebot der sozialen Distanzierung und der fehlenden Möglichkeit, eine Verbindung zu Fallkindern aufzubauen, soweit verzichten müssen. Unserer Erforschung der subjektiven Lebens- und Bildungswelt von neu zugewanderten Schüler*innen sind aufgrund Coronas Grenzen gesetzt, die nicht vollständig durch virtuelle Forschungsmethoden ausgeglichen werden können.



Trotzdem möchten wir festhalten, dass die virtuelle Ethnographie als Forschungsansatz in Zeiten der Corona-Krise wichtiger denn je wird. „Wir nehmen hier andere Räume der Kommunikation mit unseren Forschungspartner*innen und digitale Wege der Datenerhebung in Anspruch. Unsere Forschung geht weiter und muss sich einfach an die neuen Gegebenheiten anpassen“ (Plöger/Barakos 2020). Auch die Datenauswertung haben wir an virtuelle Formate angepasst. So verlief der Kodierprozess nach der Reflexiven Grounded Theory anhand von digitalen Datensitzungen im Projektteam. Nach einem ersten offenen und axialen Kodieren wurden die Kategorien „Ressourcen – Umgang, Verantwortung und Bewertung“, „Sprachentwicklung und Distanzunterricht“ sowie „Sprache und Medialisierung des IVK-Unterrichts“ induktiv aus dem Interviewmaterial heraus gebildet. Dadurch konnten Textpassagen selektiert werden, die im Rahmen eines Arbeitsgruppentreffens über Videokonferenzen gemeinsam rekonstruiert wurden2.





4 Daten und Analyse



Ausgehend von diesen methodologischen Überlegungen stützen wir uns in diesem Beitrag auf qualitative Daten, die im Zuge des SpraBÜ-Projekts als Teil einer ethnographischen Fallstudie an einer Hamburger Stadtteilschule (STS) erhoben wurden. Wir benennen die Fallschule im Folgenden mit dem Pseudonym STS Burg1. Im Beitrag rekonstruieren wir anhand von reflektierenden Interviews mit IVK-Lehrerinnen die Herausforderungen, die sie in Bezug auf die Umstellung ihres Sprachunterrichts fokussieren. Die Interviews wurden nach der ersten Schulschließung 2020 geführt und reflektieren dahingehend die sich verändernde Lehr- und Lernsituation an der Fallschule. Die bildungspolitische Perspektive nehmen wir durch offizielle Verlautbarungen der Schulbehörde, öffentliche Dokumente und Berichte sowie anhand eines Interviews mit dem zuständigen Referatsleiter für die Beschulung neu zugewanderter Schüler*innen in den Blick. Die wissenschaftlichen Ansprüche rekonstruieren wir anhand ausgewählter Publikationen und Stellungnahmen öffentlicher Bildungseinrichtungen. Die Daten dieses Beitrags sind qualitativ-ethnographisch verortet, d.h. es werden und können keine Ansprüche auf Repräsentativität und Generalisierbarkeit gestellt werden. Vielmehr geht es bei der vorliegenden Untersuchung um eine überzeugende, eingehende Darstellung von subjektiven Erfahrungswerten, Momentaufnahmen und Beschreibungen wichtiger situativer Aspekte in Bezug auf Sprachunterricht in Pandemiezeiten.





4.1 Wissenschaftliche Ansprüche an Sprachunterricht



Bisher liegen sehr wenige wissenschaftliche Erkenntnisse zu der schulischen Situation neu zugewanderter Schüler*innen während der Pandemie im Allgemeinen und zum Sprachunterricht im Spezifischen vor. Aber es wurden von Wissenschaftler*innen, die im Bereich Migration und Bildung forschen, erste Publikationen und Stellungnahmen veröffentlicht. Auf diese sekundären Daten beziehen wir uns im Folgenden und diskutieren die Ansprüche, die aus diesen Veröffentlichungen hervorgehen.



Aus wissenschaftlicher Perspektive wird vor allem auf die „existenzielle Relevanz“ (DivER 2020: 1) von Einrichtungen der Bildung, Betreuung und Erziehung für Schüler*innen aus sozioökonomisch belasteten Familien hingewiesen, zu denen wir auch neu zugewanderte Schüler*innen und ihre Familien zählen. So wurde während des ersten Lockdowns ab März 2020 vermehrt auf die Bedeutung des Schulbesuchs unabhängig von Curricula und Bildungsabschlüssen aufmerksam gemacht. Wir möchten dies im Folgenden auf neu zugewanderte Schüler*innen in IVKs fokussieren.



Für Kinder und Jugendliche in IVKs bedeutet der tägliche Schulbesuch zum einen das Erlernen der deutschen Sprache, um möglichst schnell am monolingual ausgerichteten Regelschulsystem teilhaben zu können. Zum anderen zeigen Studien aber auch, dass der Schulbesuch insbesondere für geflüchtete Schüler*innen einen strukturierten Tagesablauf sowie eine Unterstützung durch Lehrkräfte und Pädagog*innen bedeuten kann (Pagel et al. 2020). Die coronabedingten Schulschließungen sind also aus wissenschaftlicher Perspektive auf zweierlei Weise prekär für neu zugewanderte Schüler*innen: Zum einen bedeuten sie, dass ein durch die Schule strukturierter und organisierter Tagesablauf wegfällt und zum anderen bedeuten sie die Einschränkung täglicher Kommunikationsgelegenheiten auf Deutsch sowie einer strukturierten Unterstützung beim Erlernen der Sprache (Plöger/Barakos 2020). Das Erlernen einer Sprache ohne strukturierte Hilfestellungen

sowie

 ohne Kommunikationsmöglichkeiten erscheint kaum möglich. Mit Blick auf Bildungsgerechtigkeit wird davor gewarnt, dass bestehende Bildungsungleichheiten durch die Schulschließungen verstärkt werden, da Schüler*innen, die die Schul- und Bildungssprache Deutsch nicht primär zuhause sprechen, durch den Lockdown „schlechtere Chancen haben, sich diese Fähigkeiten anzueignen“ (DivER 2020: 2). Da die deutsche Bildungssprache aber als Voraussetzung für Schulerfolg gesehen wird, muss mit Blick auf Bildungsgerechtigkeit auch gewährleistet werden, dass alle Schüler*innen adäquate Möglichkeiten haben, sich diese anzueignen –

auch

 neu zugewanderte Schüler*innen,

auch

 in Pandemiezeiten. Dass der Distanzunterricht dafür keine adäquate Möglichkeit darzustellen scheint, wird noch deutlich, wenn wir den Blick auf die schulpraktischen Ansprüche richten.



Was also sind die wissenschaftlichen Ansprüche an Sprachunterricht zu Pandemiezeiten? Es wird vor allem auf die Notwendigkeit hingewiesen, die „Durchgängigkeit sprachlicher Bildung“ (vgl. hierzu z.B. Gogolin et al. 2020) aufrecht zu erhalten. Hierfür sei es bedeutsam, für die Schüler*innen auch in Zeiten von Homeschooling „dialogische Angebote“ und entsprechenden „Zugang zu Dialogpartner*innen“ (Gogolin 2020: 179) zu gewährleisten – gerade in Familien, in denen potentielle Dialogpartner*innen nicht zwangsläufig bildungssprachliches Deutsch als tägliches Register verwenden. Zudem wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, den Lernenden Strategien zu vermitteln, mit denen sie selbstständig lernen können (Gogolin 2020: 180). Dies wird zentral mit Blick auf die strukturellen Probleme der Erreichbarkeit von Schüler*innen in IVKs (4.3 für schulpraktische Perspektiven). Um die Erreichbarkeit zu gewährleisten, wird mit Blick auf Bildungspolitik und Behörden gefordert, die Schüler*innen einerseits mit der entsprechenden Hard- und Software auszustatten und darüber hinaus auch ein „igital literacy training“ (Livesey 2020) zu gewährleisten, da „Ausstattungsmängel“ (Bremm/Racherbäumer 2020: 205) nur einer von mehreren Faktoren seien, die den Zugang zu digitaler Bildung verhindern würden.

 



Auch wird es als sinnvoll erachtet, Strategien, „die an der Mehrsprachigkeit der Lernenden ansetzen und ihr Wissen über Sprache aktivieren“ (Gogolin 2020: 180) zu vermitteln und zu nutzen. Das ist besonders relevant vor dem Hintergrund, dass Lernende in ihren Familien ggf. Unterstützung in den nicht-deutschen Familiensprachen erhalten können. Wird die Nutzung anderer sprachlicher Ressourcen als Deutsch aber nicht anerkannt, stellen sich hierdurch wieder Fragen nach Gerechtigkeit.





4.2 Bildungspolitische Ansprüche an Sprachunterricht



Die bildungspolitischen Ansprüche an Sprachunterricht in den Hamburger IVKs stellen wir anhand eines Interviews mit dem zuständigen Leiter des Referats für die Beschulung neu zugewanderter Schüler*innen sowie anhand von Querverweisen auf öffentliche Dokumente und Berichte heraus. Das Gespräch wurde im Herbst 2020 geführt. Somit blickt der Referatsleiter auf die pandemiebedingten Geschehnisse zurück. In Übereinstimmung mit der Reflexiven Grounded Theory (Breuer et al. 2019) war das Gespräch vor allem über unseren Gesprächspartner geleitet. Zunächst schauen wir auf die Frage nach strukturellen Ressourcen für die Ermöglichung von Sprachunterricht und dann auf Forderungen nach der Ausgestaltung von ebendiesen.





Ressourcen



Um den Sprachunterricht während der Schulschließungen zu gewährleisten, stellt sich zunächst die Frage nach Ressourcen, um sowohl Schüler*innen als auch Lehrkräfte adäquat mit Hard- und Software sowie den erforderlichen Kenntnissen auszustatten, wie es nicht zuletzt auch aus wissenschaftlicher Perspektive gefordert wird (vgl. 4.1.).



Diesbezüglich verweist der Referatsleiter, Lucas Romano, immer wieder auf das Konzept der „Selbstverantworteten Schule“, das in Hamburg 2006 eingeführt wurde: „Die selbstverantwortete Schule übernimmt Aufgaben und Verantwortung vor allem im Hinblick auf den Unterricht, die Gestaltung des Schullebens insgesamt, die Finanzen und die Personalsteuerung“ (BSB 2006: 5). Diese „Freiheiten“ (BSB 2006: 5), die die Schulen dadurch gewinnen, werden wiederum durch Qualitätskontrollen und Ergebnissicherungen seitens der Behörde überprüft. Relevant für die Ermöglichung von (Sprach-)Unterricht für die IVK-Schüler*innen während der Schulschließungen ist vor allem der Umgang mit finanziellen Ressourcen innerhalb der Schule, um die Schüler*innen, die gerade in IVKs oftmals weder über die entsprechende Hard- und Software, noch über die notwendigen digitalen Kenntnisse verfügen (Stichwort: digitale Prekarität), adäquat auszustatten. Die Behörde stattet die Schulen Hamburgs mit finanziellen Ressourcen aus, die sich nach dem Sozialindex der Schule richten. Damit reagiert die Bildungspolitik auf den „manifesten Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und dem Kompetenzerwerb“ (Schulte et al. 2014: 67). Der Sozialindex wird in Anlehnung an Bourdieus Kapitaltheorie aus dem ökonomischen, sozialen und kulturellen Kapital der Schülerschaft sowie dem Anteil der Schüler*innen mit Migrationshintergrund konstruiert und mittels Schüler*innen- und Elternbefragungen erhoben (vgl. hierzu genauer Schulte et al. 2014). Anhand der Ergebnisse werden die Schulen in sechs „Belastungsgruppen“ (Schulte et al. 2014: 77) eingeteilt, um ihnen differenziert finanzielle Ressourcen zuzuweisen. Dadurch soll eine „Verteilungsgerechtigkeit“ (BSB o.J.) erreicht werden, da Schulen mit einer hohen „Belastung“ mehr Ressourcen erhalten. Durch das Konzept der Selbstverantworteten Schule kommt der Schulleitung dann die Aufgabe zu, mit dem „eigenen Finanzbudget“ zu arbeiten, das sie „flexibel“ (BSB 2006: 16) einsetzen können. Das bedeutet, dass z.B. Personalmittel in bestimmten Fällen in Sachmittel umgewidmet werden können.



Wie eingangs erwähnt, betont Herr Romano die Selbstverantwortung der Schulen während des Interviews immer wieder mit Blick auf den Umgang mit Ressourcen während der Schulschließungen:





 (1) Da wurden ja sehr viele Bundesgelder zur Verfügung gestellt. Ähh die, die Behörde hat auch schneller als andere Behörden in Deutschland, ähh also haben wir die irgendwie gut, wurde das schnell abgerufen. (Interview, Lucas Romano)1





Herr Romano betont hier, dass die Hamburger Behörde „schneller als andere“ die zur Verfügung gestellten Bundesgelder abgerufen hätte. Seines Erachtens seien die Schulen ausreichend mit Ressourcen ausgestattet, insbesondere auch durch die zusätzlichen Förderfonds für die technische Ausstattung während der Pandemie. Weiter erzählt er uns, dass dadurch im Sommer mit der Auslieferung von im Schnitt „eine Laptop oder Tablet für vier Schüler“ (Interview, Lucas Romano) begonnen werden konnte. Er fokussiert damit auf materielle Ressourcen, die den Schulen zur Verfügung gestellt wurden und für die Schulen keine eigenen finanziellen Ressourcen aufbringen mussten. Die schnelle Beschaffung und Auslieferung der technischen Ausstattung betont auch der Hamburger Schulsenator in einem Interview mit dem NDR:



Dem Schulsenator zufolge hat die Stadt sei März rund 45000 weitere Laptops und Tablets für die Schulen angeschafft. „Kein anderes Bundesland hat auch nur annähernd so viele Tablets und Laptops gekauft gemessen an der Schülerzahl.“ Mindestens 90 Prozent der insgesamt rund 62000 Geräte würden seines Wissens nach derzeit auch eingesetzt. (NDR 12.01.2021)



Die Hamburger Bildungspolitik und Behörde scheint ihre Aufgabe folglich vor allem in der Ausstattung mit materiellen Ressourcen zu sehen. Allein die Ausstattung mit materiellen Ressourcen kann aber nur ein erster Schritt in der Ermöglichung von Sprachunterricht sein, da es zusätzlich Mittel braucht, um die Endgeräte internetfähig zu machen, die Schüler*innen einzuweisen und über eine

faire

 Verteilung der Endgeräte zu entscheiden (62000 Geräte bei 200000 Schüler*innen). Denn eine „bedarfsgerechte Ressourcenallokation“ (Bremm/Racherbäumer 2020: 204), die dazu beitragen würde, Bildungsgerechtigkeit herzustellen, geht aus den Aussagen nicht hervor. Für diese Aspekte verfügten aber die Schulen aus Lucas Romanos Perspektive über genügend Ressourcen, und Stimmen, die eine mangelnde Ressourcenausstattung der Schulen beklagten, entsprächen seines Erachtens nicht der Realität, wie er mit folgendem Zitat deutlich zum Ausdruck bringt:





 (2) Nur ähm, wenn wenn Sie jetzt irgendwie hören, ähh da da da gibt's keine keine Ressourcen und wenn das vielleicht sogar dann noch gepaart ist mit so 'ner, mit so 'ner, mit so 'ner ähh ähh Papi also die Schulbehörde hat uns nicht ordentlich ausgestattet – das ist meistens nicht die Realität. (Interview, Lucas Romano)





Herr Romano geht hier auf die vermeintliche Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung der Öffentlichkeit und der tatsächlichen Ausstattung mit Ressourcen ein. Seines Erachtens seien Schulen „ordentlich“ ausgestattet. Er antizipiert, dass wir als Wissenschaftlerinnen gehört haben könnten, dass Schulen „keine Ressourcen“ hätten. Dem stellt er gegenüber, dass die Schulbehörde, die er paternalistisch mit der Metapher des Vaters verknüpft, den Schulen aber ausreichend Mittel zur Verfügung stellt. Die Verantwortung, diese Ressourcen entsprechend einzusetzen, liegt nach dem Konzept der Selbstverantworteten Schule bei der Schulleitung: Solang die Schulen das Budget nicht ausschöpfen, ist die Behörde nicht zuständig. Der Referatsleiter rückt folglich die Möglichkeiten und Handlungsspielräume der Schulen in den Fokus, indem er auf die ausreichende Ausstattung mit Ressourcen durch die Bildungspolitik und Behörde verweist. Das Problem liege in der Verwendung der Ressourcen, die er in der Verantwortung der Schulen sieht. Gleichzeitig ist sich Herr Romano der besonderen Herausforderungen des Fernunterrichts für Schüler*innen in IVKs bewusst, worauf wir im Folgenden schauen.





Sprachentwicklung und Distanzunterricht



Lucas Romano betont bezüglich des Unterrichts Neuzugewanderter, dass Präsenzunterricht dem Distanzunterricht aufgrund der effektiveren Sprachentwicklung vorzuziehen wäre. Präsenzunterricht sei gerade für die neu zugewanderten Schüler*innen wichtig, wie er hier zum Ausdruck bringt:





 (3) also gerade bei der Sprachentwicklung kann ich natürlich ähh im Präsenzunterricht ähh viele Sachen machen die ich im Distanzunterricht nicht machen kann also allein schon Sprachvorbilder zu sehen und so weiter aber man muss bei dieser Schülerschaft sozusagen schon einfach immer überlegen kann man es viell