Grundwissen Psychisch Kranke

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Bei betreffenden Personen ist das Vertrauen in die Welt zutiefst erschüttert: Andere Menschen werden grundsätzlich als bedrohlich erlebt (selbst Freunde und Familie). Es gibt für sie keine Berechenbarkeit mehr, keine Gerechtigkeit, kein Gefühl, selbst etwas bewirken zu können. Der Betroffene selbst zieht sich zurück, schwankt zwischen Leeregefühlen, Hoffnungslosigkeit, Anspannung, Reizbarkeit und impulsivem Risikoverhalten.

Gegenüber den Tätern bestehen dauernde Rachegedanken oder im Gegenteil eine paradoxe Dankbarkeit mit Übernahme des Wertesystems der Täter.81 Auf einer symptomatischen Ebene kommt es zu Depressionen, Angststörungen, Suchtverhalten, chronischen Schmerzsyndromen, Gedächtnisstörungen, Abspaltung von eigenen Gefühlen oder Empfindungen (Dissoziation oder Depersonalisation).

Beispiel

Herr L. ist ein junger Unteroffizier, der zumindest Teilaspekte einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung aufweist. Vordergründig leidet er unter schweren chronisch wiederkehrenden Rückenschmerzen. Die medizinischen Befunde sind unauffällig. Dennoch kommt es zu erheblichen Schmerzepisoden bis hin zur schmerzbedingten Bewegungsunfähigkeit und Bettlägerigkeit.

In der diagnostischen Phase der psychotherapeutischen Behandlung wird schnell klar, dass Herr L. ein weiteres Problem hat: Er kenne keine Gefühle. Er wisse nicht, was seine Freundin meine, wenn sie ihre Liebe zu ihm bekräftige. Er wisse nicht, wie sich Liebe anfühlt, es sei wohl so etwas wie Loyalität. Er kenne auch keine Angst. Bis heute wundere er sich über den Blick seiner Kameraden vor einem Fallschirmsprung. Noch nie in seinem Leben habe er geweint usw.

Zunächst will er nicht aus seiner Kindheit berichten. Das meiste habe er „vergessen“. Erst nach und nach fallen ihm wieder Details ein. Er ist der einzige Sohn einer alleinerziehenden Mutter und wurde bereits in frühester Kindheit stark vernachlässigt und misshandelt. Die Mutter hat ihn (wohl bereits im Alter von 3 - 4 Jahren) oft tagelang ohne ausreichende Nahrungsversorgung in der Wohnung eingesperrt und alleine gelassen. Wenn er „unartig“ war, hat sie sadistische Rituale inszeniert: Das Kind wurde u. a. gezwungen, einen „vergifteten“ Brei zu essen und zum Sterben in sein Zimmer zu gehen …

Als Herr L. eine dieser Szenen mit dem Therapeuten en detail durchgeht, kommt es zu einer heftigen emotionalen Reaktion; er weint über Stunden lang.

Danach sind die Rückenschmerzen anhaltend verschwunden – erstmals seit Jahren. Die therapeutische Arbeit hat an dieser Stelle allerdings erst begonnen …

4. Therapie der Persönlichkeitsstörungen

Die Therapie der Persönlichkeitsstörungen kann hier nur kurz umrissen werden. Selbst für erfahrene Behandler ist die Therapie von Persönlichkeitsstörungen eine besondere Herausforderung, die viel Erfahrung und häufig genug auch spezielle Qualifikationen erfordert.

Erstens geht es in den Behandlungen darum, überhaupt eine Veränderungs- und Therapiemotivation herzustellen. Persönlichkeitsgestörte Menschen sehen sich und ihr Verhalten meistens nicht als Teil jener Probleme, die ihnen im Leben immer wieder begegnen (sogenannte „Ich-Syntonie” des Verhaltens). Oft kommen sie erst auf Druck anderer, des Lebenspartners oder des Arbeitgebers, oder im Rahmen einer nicht mehr abzuweisenden schweren Krise.

Da die Kernproblematik der Beziehungsstörung gerade auch in der Beziehung zum Therapeuten virulent wird, muss immer wieder mit therapiegefährdendem Verhalten gerechnet werden (mangelnde oder scheinbare Mitarbeit, Tendenz zur Manipulation des Therapeuten, Nichteinhaltung von Regeln, Übergriffe ins Private des Therapeuten, vor allem aber Selbstgefährdung, impulsives Verhalten und Suizidalität)82. Schließlich „testen” die Patienten ihre Therapeuten, indem sie mehr oder weniger bewusst in der Therapiebeziehung ihre problematischen Muster entfalten.83

Zweitens geht es darum, den Betroffenen bei der Bewältigung der in die Behandlung führenden Symptome (Angst, Depression, Sucht) zu helfen, unter Berücksichtigung ihrer sozialen Problemlagen (Isolation, finanzielle Probleme, familiäre und Erziehungsprobleme, Delinquenz). Hier stellt vor allem die Verhaltenstherapie ein effektives, wissenschaftlich gesichertes Repertoire an Techniken zur Verfügung. In besonderen Fällen (etwa schwere Depressivität, Angsterkrankungen mit starken Meidetendenzen oder psychotische Episoden) muss auch psychopharmakologisch, manchmal auch stationär, behandelt werden.

Drittens geht es natürlich darum, die Patienten in ihrem eigentlichen Betroffensein von persönlichkeitsstörungsbedingten Defiziten zu helfen. Da die rigiden Verhaltensmuster in der Regel zeitlebens eingeschliffen sind und kaum Verhaltensalternativen zur Verfügung stehen, müssen hier langfristige Therapieverfahren zur Anwendung kommen, die entweder tiefenpsychologisch oder verhaltenstherapeutisch orientiert sind84.

Peter Fiedler85 hat ein sehr bekanntes und weithin verwendetes integratives Therapiemodell vorgestellt, nach dem persönlichkeitsgestörte Menschen hinsichtlich ihrer zentralen Bedürfnisse therapiert werden, die entweder in Richtung mehr Selbstkontrolle/Stabilität (bei den dissozialen, histrionischen oder Borderline-Patienten) oder aber in Richtung mehr Selbstaktualisierung/Spontaneität (wie bei zwanghaften oder abhängigen Persönlichkeiten) gehen müssen. Schließlich brauchen nach diesem Modell einige mehr Autonomie/Unabhängigkeit (die selbstunsicheren und abhängigen Patienten), andere wiederum mehr prosoziale Kompetenzen, Bindung und soziale Geborgenheit (schizoide oder paranoide Persönlichkeitsstörungen).

Die Therapieziele im Umgang mit persönlichkeitsgestörten Menschen sind individuell zu erarbeiten und zu formulieren. Meistens geht es nicht unbedingt darum, tiefgreifende Veränderungen der Persönlichkeit (Modifikationen)86 zu bewirken, sondern eher darum, einzelne Defizite zu kompensieren (z. B. die Emotionsregulation zu verbessern, selbstsicheres Verhalten zu üben, Impulskontrolle zu verbessern, Frustration auszuhalten und eigene Bedürfnisse aufzuschieben), oder auch darum, die individuelle Wesensart sozialverträglich einzudämmen, indem man sich punktuell zurückhält oder passende soziale Nischen sucht (sogenannte Schema-Camouflage). Schließlich ist es manchmal sogar möglich, seine problematische Persönlichkeitsdisposition gewinnbringend zu nutzen, z. B. indem man einen geeigneten Beruf ergreift (Utilisation).

Schlussbemerkungen – Hinweise für die polizeiliche Praxis

Zum Schluss noch einige allgemeine Anmerkungen zum Umgang mit Persönlichkeitsstörungen im beruflichen Alltag.

Der Umgang mit persönlichkeitsgestörten Menschen ist mitunter eine echte Herausforderung: sei es der Gerechtigkeitsfanatiker, der seine Grundstücksgrenze misstrauisch beäugt und die Nachbarn ein ums andere Mal anzeigt; sei es die abhängige Ehefrau, die umfängliche amtliche Hilfemaßnahmen konterkariert, indem sie zu ihrem prügelnden Ehemann zurückkehrt; sei es der impulsive Verkehrsrowdy, der noch dazu stets „unschuldig” in Schlägereien gerät; sei es die junge Borderlinerin, die zum x-ten Mal im Drogenrausch und mit zerschnittenen Armen aufgegriffen wird; oder sei es die histrionische Frau, die so oft aufwändige Einsätze von Rettungskräften provoziert, weil sie ihren Mann mit Suiziddrohungen beeinflussen will. Hinzu gesellen sich Kränkungen, Beleidigungen oder distanzloses Verhalten. Ist der Polizist in der Lage, Merkmale einer Persönlichkeitsstörung zu identifizieren, dann kann er davon ausgehen, dass andere als nur situative Faktoren das unangemessene Verhalten des Gegenübers mitbedingen.

Eine sachlich-professionelle Reaktion wird dadurch möglich, dass man auffälliges Verhalten nicht persönlich nimmt, sondern auf tiefergreifende Störungen des Persönlichkeitsgefüges zurückführen kann. Das heißt natürlich nicht, dass keine konsequente Reaktion erfolgen müsste.

Situationen mit persönlichkeitsgestörten Menschen machen immer Arbeit. Und sie können emotional belastend sein. Manchmal machen sie ärgerlich oder unsicher, bisweilen mag sich ein Anflug von Überdruss oder Resignation einstellen: Man fühlt sich wie der von den Göttern bestrafte Sisyphos, der immer wieder den gleichen Stein den Berg hinaufrollen muss.

Viel ist gewonnen, wenn der Beamte sich dessen bewusst ist, dass diese Menschen in starren, monotonen und früh erlernten Verhaltensmustern quasi gefangen sind. Auch wenn sie vor dem Gesetz bei weitem nicht immer zu exkulpieren sind, so erleichtert es doch den Umgang mit diesen Menschen, wenn wir uns um ein grundsätzliches Verständnis bemühen, wenn wir ruhig und aufmerksam bleiben und dort, wo ein konfrontatives oder zupackendes Vorgehen unausweichlich ist, mehr als sonst auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel und die Angemessenheit der Sprache achten.

Der Umgang mit schwierigen oder gestörten Persönlichkeiten erfordert Geduld. Egal, ob ich mit den Manipulationsversuchen einer histrionischen Persönlichkeit konfrontiert bin oder mit dem Gerechtigkeitsfanatismus einer paranoiden Persönlichkeit: Einen Zugang zu dem Menschen bekomme ich nur, indem ich mich ihm zuwende, aufmerksam bin und zumindest in Ansätzen zu verstehen versuche. Dabei ist mir das Wissen darüber behilflich, dass man jeder auch noch so schwierigen Persönlichkeit auch positive Aspekte abgewinnen kann.

Die Verhaltensweisen persönlichkeitsgestörter Menschen sind, wie wir sahen, oft schwer korrigierbar. Die Betroffenen greifen in problematischen Situationen zu den immer gleichen, ungeeigneten Lösungsversuchen.

Damit muss der Polizeibeamte rechnen. Es kann vorkommen, dass man innerhalb kurzer Zeit mehrfach ausrückt, um immer dieselbe, fraglich suizidale Person vom Fenstersims zu holen. Hier gilt es, die Situation und den Menschen stets erneut ernst zu nehmen. Man ist effektiv nicht in der Lage, die Motivation eines Menschen zu durchschauen: Ob es sich um Aufmerksamkeit heischendes Verhalten handelt, um einen Hilfeappell, um finale Verzweiflung oder ein provokatives Manöver zur Kontrolle oder Bestrafung einer Bezugsperson, das kann man nicht wissen. All das ist möglich – je nach Persönlichkeit und situativen Umständen.

 

Und damit sind wir wieder am Anfang: Die Persönlichkeit des Menschen ist komplex, der Umgang mit ihm eine Herausforderung. Aber gerade das scheint mir das Salz in der Suppe des Therapeuten – wie auch des Polizistenberufes – zu sein.

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1 Ist die Festlegung negativer Art, nennt man sie Feindbild. Aber auch die positive Festlegung eines Charakters ist mitunter nicht unproblematisch: Man kann Menschen Gewalt antun, indem man sie idealisiert (vgl. Omer, H., von Schlippe, A. & Alon, N. [2010]. Feindbilder – Psychologie der Dämonisierung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht).

2 Gilbert, D. & Malone, P (1995). The correspondence bias. Psychological Bulletin, 117, 21 - 38.

3 Foucault, M. (1973). Wahnsinn und Gesellschaft. Frankfurt a. Main.: Suhrkamp Verlag.

4 Es dominierte zuletzt die abwertende Alltagsbedeutung der „Psychopathie“ zur Bezeichnung eines gemeinen/bösartigen Menschen. Erst über den US-amerikanischen „Psychopathy“-Begriff kommt es in den letzten Jahren zu einer wissenschaftlichen Renaissance des Begriffes „Psychopathie“ im Bereich der Forensik und Arbeits- und Organisationspsychologie (s. unter „Antisoziale Persönlichkeitsstörung“).

5 Jaspers, K. (1913). Allgemeine Psychopathologie. Berlin: Springer, S. 365.

6 Zur Humoralpathologie und ihrer geschichtlichen Bedeutung: Eckart, W. U. (2009). Geschichte der Medizin. Heidelberg: Springer.

7 Cloninger, C. R. (1993). A Psychobiological Model of Personality and Character. In: Archives of General Psychiatry, 50, 975 - 990.

8 Borkenau, P. & Ostendorf, F. (2008). Neo-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI) nach Costa und McCrae. Manual. Göttingen: Hogrefe.

9 Schneider, K. (1946). Klinische Psychopathologie. Stuttgart: Thieme. Kurt Schneider unterschied darin hyperthymische, depressive, selbstunsichere, fanatische, geltungsbedürftige, stimmungslabile, explosible, gemütlose, willenlose und asthenische Psychopathen.

10 Kretschmer, E. (1948). Körperbau und Charakter. Heidelberg, Berlin: Springer (16. Aufl.).

11 Oldham, J. & Morris, L. (2010). Ihr Persönlichkeitsportrait. Warum Sie genauso denken, lieben und sich verhalten, wie Sie es tun. Marburg: Klotz.

12 Schmitz, B., Schuhler, P., Handke-Raubach, A. & Jung, A. (2001). Kognitive Verhaltenstherapie bei Persönlichkeitsstörungen und unflexiblen Persönlichkeitsstilen – Ein psychoedukativ- und kompetenzorientiertes Therapieprogramm zur Förderung von Selbstakzeptanz, Menschenkenntnis und persönlicher Entwicklung. Lengerich: Pabst Science Publisher.

13 Leonhard, K. (2000). Akzentuierte Persönlichkeiten. Würzburg: Wernicke-Kleist-Leonhard-Schriftenreihe (3. überarbeitete Auflage).

14 Siehe z. B. Lieb, H. (1998). Persönlichkeitsstörung. Zur Kritik eines widersinnigen Konzeptes. Tübingen: dgvt-Verlag.

15 Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung (APA, 1994) in seiner 4. Version. Das DSM-IV wird weltweit für vergleichende Studien am häufigsten genutzt.

 

16 Internationale Klassifikation der Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation, Kapitel V(F), Dilling, H., Mombour, W. & Schmidt, M. H. (1991) in seiner 10. Version. Das ICD-10 ist überwiegend im europäischen Sprachraum in Gebrauch.

17 Saß, H., Zaudig, M. & H. U. Wittchen (1996). Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen nach DSM-IV. Göttingen: Hogrefe.

18 Der US-amerikanische Verhaltenstherapeut Arthur Freeman hat die Problematik anlässlich eines Workshops in der Schweiz einmal metaphorisch mit einem Schweizer Käse verglichen: Die betroffenen Menschen seien sehr wohl respektabel und vollwertig, aber es fehlten ihnen einige „skills“ (Kompetenzen) wie die Fähigkeit zur Selbstberuhigung, Hoffnung, Selbstsicherheit, Geselligkeit etc. (mündliche Mitteilung anlässlich eines Seminars in Bern 1996).

19 In Anlehnung an Oldham, J. M. & Skodol, A. E. (1996). Persönlichkeitsstörungen. In F. I. Kass et al. (Hrsg.). Das große Handbuch der seelischen Gesundheit (202 - 211). Weinheim: Beltz.

20 Auch hier sei wieder eine vorsichtige Beurteilung angemahnt. In Zeiten, in denen Beliebigkeit und Flexibilität gepredigt und Lebensabschnittspartnerschaften propagiert werden, kann man bei einer Abbruchsbiographie nicht mehr unbedingt von einem Störungs-Indiz sprechen: Sennett, R. (2006). Der flexible Mensch. Kultur des neuen Kapitalismus. Bt Bloomsbury Verlag.

21 Gaebel, W. & Falkai, P (2009). S2-Praxisleitlinien in Psychiatrie und Psychotherapie, AWMF Register Nr. 038/015, Steinkopff Verlag.

22 Fiedler, P (2007). Persönlichkeitsstörungen. Weinheim, Basel: Beltz Verlag.

23 Maier, W., Lichtermann D., Klingler T. & Heun, R. (1992). Prevalences of personality disorders (DSM-III-R) in the community. Journal of Personality Disorders 6, 187 - 196.

24 Stone, M. (1987). A psychodynamic approach: some thoughts on the dynamics and therapy of selfmutilating borderline-patients. Journal of Personality Disorders 16, 347 - 349.

25 Millon, T. (1969). Modern psychopathology. A biological approach to maladaptive learning and functioning. Philadephia: Saunders.

26 Bohus, M., Stieglitz, R., Fiedler, P., Hecht, H. & Berger, M. (2004). Persönlichkeitsstörungen. In: Berger, M. (Hrsg.). Psychische Erkrankungen. Klinik und Therapie, 875 - 965, München: Urban & Fischer.

27 Linehan, M. (2007). Dialektisch-behaviorale Therapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung. München: CIP-Medien.

28 Im ersten Fall am ehesten eine Borderline-Persönlichkeitsstörung, im zweiten Falle z. B. eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung.

29 Torgersen S. (2000) Genetics of patients with borderline personality disorder. The Psychiatric clinics of North America 23: 1 - 9.

30 Parnas, J., Schulsinger, F. & Mednick, S. A. (1990). The Copenhagen high-risk study: Major psychopathological and etiological findings. In. Straube E. R. & Hahlweg, K. (Eds.). Schizophrenia. Concepts, vulnerability, and intervention, 45 - 56, Berlin: Springer.

31 Dieckmann, E. (2011). Die narzisstische Persönlichkeitsstörung mit Schematherapie behandeln. Stuttgart: Klett-Cotta.

32 Schmitz, B., Schuhler, P., Handke-Raubach, A. & Jung, A. (2001). Kognitive Verhaltenstherapie bei Persönlichkeitsstörungen und unflexiblen Persönlichkeitsstilen – Ein psychoedukativ- und kompetenzorientiertes Therapieprogramm zur Förderung von Selbstakzeptanz, Menschenkenntnis und persönlicher Entwicklung. Lengerich: Pabst Science Publisher.

33 aus dem Englischen, cluster bedeutet Gruppe, Bündel, Haufen, Anhäufung.

34 Der Begriff „paranoid” kommt aus dem Griechischen und bedeutet „neben dem Verstand“ oder „verrückt“. In der Psychiatrie bezieht er sich im engeren Sinne auf Menschen, die unter einem Verfolgungswahn leiden. Als Attribut einer Persönlichkeitsstörung bezeichnet er die Neigung, sich von anderen böswillig beeinträchtigt oder herabgesetzt zu fühlen, ohne dass (in der Regel) ein Wahn vorliegt.

35 Zu beachten ist, dass paranoide Tendenzen durch bestimmte medizinisch-psychologische Probleme begünstigt werden: Typisch sind paranoid-eifersüchtige Entwicklungen nach langjährigem Alkoholmissbrauch (Eifersuchtswahn der Alkoholiker) und paranoide Entwicklungen unter kommunikativer Isolation (Verfolgungswahn bei hochgradig Schwerhörigen oder in sprachfremder Umgebung). Man spricht in diesen Fällen aber nicht von paranoider Persönlichkeitsstörung.

36 Die Bezeichnungen der Persönlichkeitsstile und ihre Merkmale werden dargestellt in Anlehnung an Fiedler, P. (2000). Integrative Psychotherapie bei Persönlichkeitsstörungen. Göttingen: Hogrefe und Oldham, J. M. & Skodol, A. E. (1992). Ihr Persönlichkeitsportrait. Hamburg: Kabel.

37 Im polizeilichen Feld ist Misstrauen natürlich eine hoch funktionelle Grundhaltung, z. B. im Kontext von Vernehmungen. Jedoch ist auch der Polizeibeamte in Gefahr, es mit dem Misstrauen zu übertreiben. Hier könnte man auch von einer„déformation professionelle“ sprechen.

38 Auf gar keinen Fall zu verwechseln mit der Diagnose einer „Schizophrenie“. Die Silbe „schizo“ kommt aus dem Griechischen und meint hier „abgetrennt sein von“ (von der Umwelt nämlich). Bei der Schizophrenie bezeichnet sie das „Gespaltensein“ des Geistes in Form von Ambivalenz oder wahnhaften Erlebensweisen.

39 Sachse, R. (2004). Persönlichkeitsstörungen. Leitfaden für die psychologische Psychotherapie. Göttingen: Hogrefe.

40 Man hat gefunden, dass diese Störung gehäuft in Familien auftritt, in denen es schizophren Erkrankte gibt. Aber nur sehr wenige Menschen mit schizotypischer Störung erkranken später selbst an einer Schizophrenie (Siever, L. J. [1985]. Biological markers in schizotypal personality disorder. Schizophrenia Bulletin, 11, 564 - 575). Im Alltagsjargon der Psychiatrie wurde früher – zu Unrecht – auch von „verdünnten Schizophrenien“ gesprochen.

41 Man sieht an diesem Beispiel noch einmal, wie wichtig es ist, nicht vorschnell auf ein diagnostisches Etikett zu verfallen, denn der Glaube an eine Wiedergeburt ist im Rahmen religiöser Überzeugungen und Praktiken als absolut rational und in bestimmten (Sub-)Kulturen als normal anzusehen.

42 In der ICD-10 wird von „dissozialer Persönlichkeitsstörung“ gesprochen; mitunter spricht man auch von soziopathischer, früher auch von gemütsarmer Persönlichkeitsstörung. Es wird mit dem Begriff natürlich nicht auf eine Schichtzugehörigkeit (im Sinne von „asozial“) Bezug genommen, im Gegenteil vermuten manche Autoren gerade unter Oberschichtangehörigen und in der Politikerklasse besonders viele antisoziale Persönlichkeiten (z. B. Wirth, H. J. [2002]. Narzissmus und Macht: Zur Psychoanalyse seelischer Störungen in der Politik. Psychosozial Verlag; Hare, R. [2005]. Gewissenlos – Psychopathen unter uns. Wien: SpringerVerlag).

43 Hare, R. (1991). Manual for the Psychopathy Checklist-Revised. Toronto: Multihealth Systems.

44 Dolan, B. & Coid, J. (1993). Psychopathic and antisocial personality disorders. Treatment and research issues. London: Gaskell.

45 Andrews, D. et al. (1990) Does correctional treatment work? A clinically relevant and psychologically informed metaanalysis. Criminology 28: 369 - 404.

46 Saß, H. (1988). Angst und Angstfreiheit bei Persönlichkeitsstörungen. In: Hippius, H. (Hrsg.), Angst: Leitsymptom psychiatrischer Krankheiten, 87 - 93. Berlin: Springer-Verlag.

47 Letztlich kann es nicht als gesichert gelten, dass antisoziale Persönlichkeiten gehäuft in Führungspositionen streben. Es gibt Autoren, die von einer „sozialen Verwahrlosung“ von Menschen in Führungspositionen ausgehen, in denen man allmählich von sich selbst (Armut), von anderen (Arroganz) und von der Realität (Ausblendung) abgekoppelt wird (Volk, T [2011]. Unternehmen Wahnsinn. Überleben in einer verrückten Arbeitswelt. München: Kösel).