Große Briefe der Freundschaft

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Jonathan Swift und Charles Ford

Jonathan Swift (1667–1745) ist der Nachwelt vor allem als Autor von Gullivers Reisen in Erinnerung geblieben, eines der meist gelesenen Bücher der Welt. Die Erzählungen von Gullivers Expeditionen zu den Liliputanern und zu den Riesen von Borbdingnag sind heutzutage vor allem in gekürzter Fassung und als Jugendbücher bekannt. Eigentlich aber handelt es sich bei Gullivers Reisen um einen der größten satirischen Texte der Literaturgeschichte.

Swift war ein einzigartiger Satiriker, auch wenn er sich selbst in einem der unten stehenden Briefe genau dieses Talent abspricht. Einen Namen machte sich der gebürtige Ire im London des frühen 18. Jahrhunderts als politischer Journalist; am Anfang seiner Karriere stand er auf der Seite der liberalen Whigs, ab 1710 jedoch unterstützte er die konservativen Tories. Dies war auch der Grund dafür, dass Swift nach dem Tod von Königin Anne und dem Fall der Tories 1714 nicht vom heimatlichen Dublin nach London zurückkehren konnte, das er seiner Geburtsstadt eigentlich bei Weitem vorzog. Swift gilt bei den Iren zwar heute noch als Nationalheld, weil er tatkräftig gegen die Unterdrückung seiner Landsleute durch die Engländer kämpfte; im Grunde jedoch verabscheute Swift Irland von ganzem Herzen (zumindest tat er so).

Überhaupt galt der Autor wie der Mensch Swift als ausgesprochener Misanthrop und Griesgram. Dem gegenüber stehen die tiefen Freundschaften, die ihn mit vielen der geistigen Größen seiner Zeit verbanden; an den klassizistischen Dichter und Verssatiriker Alexander Pope schrieb Swift einmal, dass er nur das »Tier Mensch« im Allgemeinen verachte, individuelle Exemplare der Spezies aber durchaus liebe.

Zu diesen geliebten Menschen gehörte Charles Ford (1682–1741), ein Grundbesitzer, der seine Zelte dauerhaft in London aufgeschlagen hatte. Ford war ein politischer Mitstreiter Swifts und fungierte oft als Mittelsmann zwischen dem exilierten Satiriker und den Druckern und Buchhändlern der Hauptstadt. Swift bewunderte Ford als einen wahren Gentleman, der sich durch Unabhängigkeit, Selbstbewusstsein, Bescheidenheit, Umgänglichkeit, Nonchalance und Geschäftstüchtigkeit auszeichnete – alles Qualitäten, die der Schriftsteller an sich selbst vermisste.

Im Laufe der Jahre wurde der ohnehin exzentrische Swift immer eigenbrötlerischer. Er litt sein Leben lang am Ménière-Syndrom, das sich bei ihm als Schwindel, akute Orientierungslosigkeit und temporäre Taubheit manifestierte. 1739 wurde der große Satiriker deswegen für geisteskrank erklärt. 1

Swift an Ford

London, 8. März 1709

Ich habe mich kürzlich an einigen meiner Korrespondenten schuldig gemacht, und Du bist unter ihnen; ich kann diesen Umstand nur damit erklären, dass ich so wenig zu tun habe, und das nimmt all meine Zeit in Anspruch, da nämlich nichts so viel von derselben verschlingt wie Müßiggang.

Es soll mir mehr als fernliegen, den Versuch zu wagen, Dich davon zu überzeugen, dass Du nicht glücklich bist; ich kann mir nur nicht erklären, warum Du behauptest, Dein Glück hätte im Februar letzten Jahres seinen Anfang genommen: Dieser Zeitraum zeichnet sich weder dadurch aus, dass Du nach London gekommen bist, noch dadurch, dass Du London verlassen hast.

Ich bin der unumstößlichen Überzeugung, dass Du Dich inzwischen davon hast überzeugen können, dass ich weder bereits Ruhm und Ehre erlangt habe noch die Absicht habe, es in naher Zukunft zu tun: In meiner Partei ist man nämlich der Ansicht, dass mir die Kunst der Sorgfalt abgeht, wie sie jeder diskreten Person wohl ansteht.

Irgendwann diesen Sommer werde ich Dich sehr wahrscheinlich auf dem Weg zu meiner Residenz mit meiner Anwesenheit erfreuen; und Du wirst feststellen müssen, dass, als ich Dir das Versprechen machte, Dich in meine Familie einzuführen, dies allein aus politischem Kalkül heraus geschah; nämlich, um mein Anrecht zu stärken, in die Deine aufgenommen zu werden.

Ob ich hier angenehmen Zeitvertreib finde oder nicht, würde ich Dir um alles in der Welt nicht offenbaren, es sei denn, ich wäre sicher, dass ich nie wieder mit einer Rückkehr nach Irland gesegnet würde. Ich muss lernen, mich diesem Land und seinen Menschen gegenüber gefälliger zu verhalten, aber ich werde Dir ein Geheimnis anvertrauen (obwohl es kein bedeutendes ist): Ich bezweifle, dass ich, sollte ich je dorthin zurückkehren, meine Zeit sehr viel anders verbringen würde als dazumal. Diesen Umstand möchte ich nicht anders erklären als mit einer kleinen Geschichte von einem Gentleman aus meiner Bekanntschaft, der einst in Frankreich Weintrauben kostete und daraufhin keine englische Rebe auch nur eines Blickes würdigte, nachdem er in die Heimat zurückgekehrt war. Wenn Du nun feststellen musst, welch ein griesgrämiger Geselle ich bin, dann bitte ich Dich, die eine oder andere Entschuldigung für mich zu ersinnen. Doch die Schuld soll nicht bei Irland liegen; zumindest werde ich alles tun, um mich das glauben zu machen; denn ich bin inzwischen so schwer zu befriedigen, dass mir jedes unerwartete Gesicht, das mir über den Weg läuft, sauer aufstößt, und die kleinste Unannehmlichkeit oder Unhöflichkeit verursacht mir Atembeschwerden und Magenschmerzen.

Du erzählst mir von so manchem Zeitvertreib; lass mich Dich fragen, ob unter all diesen Vergnügungen auch jener Genuss bedacht ist, den nichts anderes vermitteln kann, als allein unter Büchern zu sitzen, solange das Herz begehrt. Ich war der Meinung, Du wärst über alle Maßen zufrieden, aber diesen Glauben hat mir das Übermaß Deiner moralischen Überlegungen zerstört. Du wirst feststellen, dass sie mich ganz melancholisch gemacht haben. Es ist meine Erfahrung, dass nur wenige Männer sich mit derartigen Gedanken beschweren, es sei denn, sie befinden sich nicht so, wie sie gerne wollten.

[…] Bitte empfehle mich und meine demütigsten Dienste Mrs. Ford und Deiner Schwester, und auch Mr. Elwood, wenn er Dir über den Weg läuft; dieser Mann genießt meine Achtung, und, um meine Londoner Phrase zu gebrauchen: Ich ertrage unsere Bekanntschaft.

Larcore, 9. Juli 1713

Ich bin Dir außerordentlichen Dank schuldig, dass Du mir so oft schreibst, aber ich muss Dich anflehen, davon abzulassen, wenn es Dir zu viele Umstände bereitet. Ich bin mir sicher, dass ich Deine sechs Briefe erhalten habe, denn drei habe ich hier erhalten, und ich glaube, dass ich genauso viele in Dublin zurückgelassen habe. Ich blieb länger dort, als die Geschäfte mich gezwungen hätten. Mit der Ausnahme eines einzigen Tages empfing ich dort nie Besuche, denn ich war sehr unpässlich, und ich habe meinerseits keinen einzigen Besuch geleistet, sondern mich nach Larcore gestohlen, um hier auszureiten und bitteres Gebräu zu schlürfen. Mir geht es ein wenig besser, Dank sei Gott, doch kann ich noch immer keinen klaren Kopf fassen.

[…]

Wenn man mich diesen Winter rufen lässt, dann werde ich kommen und mich an Euren Aktivitäten in dem Maße beteiligen, in dem es mir meine Gesundheit gestattet. Andernfalls bleibe ich, wo ich bin, und werde dieses Land durch Gewohnheit ertragen lernen. Selbst die tausend Pfund, die mir mehrfach versprochen worden sind, um meine Schulden zu begleichen, werden mich nicht dazu bringen, einzulenken, außer wenn ich den Befehl erhalten sollte, zu kommen. […]

Ich wage es nicht, mehr zu schreiben, mehr bringt mein Kopf nicht zustande. Seine Ergüsse sind dieser Tag nicht viel wert. Er muss also für die Unzulänglichkeiten seines Besitzers geradestehen, so wie es Diener eben manchmal für ihre Herren zu tun gezwungen sind.

Ford an Swift

Paris, 23. Oktober [1716]

Wenn ich kommen würde, um Dich wiederzusehen, würdest Du mir doppelt so viel Geld geben, wie Du mir vor sechs Wochen anbotest, nur, um mich nicht gesehen zu haben. Genauso könnte es sein, dass Du es Dir einiges kosten lassen würdest, wenn Du nichts von mir hören müsstest, aber der beiliegende Brief erreichte mich diesen Morgen, und ich konnte es nicht über mich bringen, ihn wegzuschicken, ohne einige Worte an Dich hinzuzufügen. Ich versichere Dir, dass sie Dich nicht wieder in die Arme der Melancholie treiben werden. Ich möchte Dich nur fragen, wie es Dir geht und wie Du Deine Tage verbringst. Gehen Deine großen Pläne für Larcore vorwärts, oder verhindert der horrende Regen Deine Erwerbungen genauso wie meine Reise? Diese Fragen zu beantworten, kostet Dich nichts weiter als einen Penny und wenige Minuten. Im Gegenzug werde ich Dir alles, was Du willst, über mich und meine Reiseabenteuer erzählen. Ich werde weiterreisen, sobald fünf oder sechs Sonnentage die Straßen getrocknet haben und das beste Land der Welt erträglich machen. Wenn ich vom Reisen rede, werde ich hier ausgelacht, umso mehr, wenn ich erwähne, dass ich auf besseres Wetter warte. Doch für mich ist das Reisen selbst der vergnüglichste Teil überhaupt; und während mein Reisegefährte sich die ganze Zeit schon nach Rom wünschte, wünsche ich Rom tausend Meilen weiter weg, damit ich noch weiter durch Frankreich und Italien zu reisen hätte. Wenn Du mir die Freude machst, zu schreiben, dann adressiere den Brief an Mr. Cantillon Banker in Paris.

Swift an Ford

15. Dezember 1720

Wir befanden uns einige Tage lang in größter Sorge um Dich, aber zu guter Letzt versicherte man uns, dass Du sicher in London angekommen seist. Ich war für ein paar Tage außer Gefecht gesetzt. Es war meine alte Taubheit, die mich daran hinderte, in die Dawson Street zu gehen [und Deine Mutter zu besuchen]. Ich sende Dir mit diesem Brief das Zeug, das ich Dir versprochen hatte, so korrekt, wie ich nur kann. Es hat mich Mühe genug gekostet, ob es nun gut ist oder nicht. […]

 

Du wirst mich doch wissen lassen, ob Du alles erhalten hast.

Dublin, 15. April 1721

Du und ich, wir korrespondieren nicht zu gleichen Bedingungen, denn Deine Briefe sind nützlich und unterhaltsam und kosten mich nicht selten keinen Penny; während Du jedes Mal für den Erhalt der meinen bezahlen musst, die außerdem ein derartiges Geschreibsel darstellen, dass sie sicher ganz unbrauchbar und stumpfsinnig sind. Ich aß vor ein paar Tagen bei Deinen Leuten zu Abend, die bei guter Gesundheit waren und mir versicherten, dass es um Dich ebenso steht, und ich bin mir sicher, dass Du Dich über all die gegenwärtige Aufregung köstlich amüsierst. […]

Mir ist zu Ohren gekommen, dass die Dame, deren Schuldschein ich Dir anvertraute, wegen anderer Schulden im Gefängnis war, und Mr. Charlton schrieb mir in ihrer Sache; ich bin sicher, dass sie eine ausgekochte Schurkin ist; aber ich bitte Dich, mir den Schuldschein in den Händen einer vertrauenswürdigen Person zurückzusenden, und ich werde ihn gegen den Hauptübeltäter verwenden, der sich meines Wissens hier in der Stadt herumtreibt.

[…] Ich muss feststellen, dass man heutzutage noch weniger Freunden vertrauen kann, als unsere Großmütter es uns immer hinter die Ohren schreiben wollten. […] Ist das nicht ein feiner Stoff für einen Brief? Aber leider habe ich sonst nichts zu erzählen. – Ich schreibe zurzeit an einer »Geschichte meiner Reisen«, die ein sehr voluminöses Buch abgeben wird und von Ländern erzählt, die bis dato völlig unbekannt waren.

Ich spreche Dir mein Bedauern wegen des Ablebens von Lady Newtown aus. Man sagt mir, dass sie ihren Leichnam hierher überführen wollen. Bitte empfehle mich Mr. Lewis und Pope und Gay. Es gibt genug Leute, die das Ausbleiben der beiden abschließenden Bände von Mr. Popes »Homer« sehr beklagen.

Dublin, 5. April 1733

Ich habe Deinen vorletzten Brief an einen so geheimen Ort verlegt, dass ich außerstande bin, ihn wiederzufinden. Deinen letzten habe ich nun vor mir liegen. Mein alter Schwindel hat mich während des ganzen vergangenen Monats in solche Verwirrung gestürzt, dass ich mich in die Hände Deallys begeben habe und täglich Medizin schlucke. Der Schwindel war nicht heftig, und es geht mir ein wenig besser, aber Du darfst nicht erwarten, dass ich einen klaren Kopf habe, denn ich irre stets im Dunklen umher. […] Doch vor zehn Tagen befiel mich noch ein weiteres grausames Missgeschick. Denn ich habe mir mein verstauchtes Bein entweder noch einmal gestaucht oder aber mir ein Rheuma zugezogen. Ich kann also nur unter Schmerzen laufen, und dennoch spaziere ich drei oder vier Meilen am Tag; ich bin entschlossen, dies zu tun, solange ich nur irgend kann, nicht um gegen den Tod, sondern um gegen den Schmerz anzukämpfen. Ich werde nicht noch weiter auf all meine Beschwerden eingehen und lediglich anfügen, dass ich bestimmt mein halbes Gedächtnis und all meinen Erfindungsgeist verloren haben muss. […]

Ob ich Dich bald besuchen komme, kann ich nicht sagen. Meine Angelegenheiten hier sind heillos verworren, dazu kommt, dass meine neue Behinderung und die Wiederkehr meines alten Leidens mich so niederdrücken, dass an solch eine Reise nicht zu denken ist. Meine Absicht war, wenn ich denn meine Angelegenheiten bereinigen und einigermaßen gesunden könnte, im August aufzubrechen und den Winter abwechselnd bei Lord Bolingbroke und Mr. Pope zu verbringen. Alle seine jüngsten Werke werden hier ununterbrochen gedruckt, auch die anderer Dichter. Ich stimme mit Dir darin überein, dass Lady Mary [Wortley Montague] die fragliche Satire nicht verfasst habe, obwohl ich keine zehn Zeilen davon gelesen habe. Den Teufel im Leib dazu hat sie allerdings.

Du schreibst nichts über Deine Gesundheit. Wenn es Dir inzwischen nicht besser geht, dann habe ich Grund, mich zu beklagen, weil Du Dich nämlich nicht bei mir beklagst.

Ich beneide Mr. Pope, weil er so angefeindet wird. Ich bin der Ansicht, dass alle Männer von Witz und scharfem Verstand denselbigen in der Kunst der Satire einsetzen sollten, und wenn es die Schlingel auch nur ärgert, anstatt sie zu bessern. Wenn mein satirisches Talent der Griesgrämigkeit meines Gemüts entsprechen würde, würde ich nichts anderes mehr als Satiren schreiben.

Ford an Swift

London, 14. April 1733

Von Deinem schlechten Gesundheitszustand zu hören, macht mir große Sorgen. Ich habe mir schon oft gewünscht, Du würdest Dich bei Deinen Spaziergängen zurückhalten; denn obwohl es immer heißt, dass Reiten gut gegen einen schwindligen Kopf wäre, habe ich doch noch nie gehört, dass Spaziergänge als Heilmittel für eine Verstauchung verschrieben worden wären; und die heftigen Anstrengungen, denen Du Dich unterziehst, führen sicherlich leicht zu Schweißausbrüchen, die wiederum schnell eine Erkältung nach sich ziehen können und ohne Zweifel sogar auch die Auslöser Deiner vielen anderen Beschwerden sind. Ich bin voll und ganz davon überzeugt, dass sich Dein Zustand hier sehr schnell bessern würde. Ich war ausnehmend erfreut, als ich Mylord Mayor sagen hörte, welch ungeheure Freude es ihm bereiten würde, Dich dieses Jahr hier zu sehen […]. Ich wünschte von ganzem Herzen, dass alle Deine Klagen genauso wenig in der Realität begründete wären wie Deine Sorge, Du hättest die Hälfte Deiner Erinnerungen und all Deinen Erfindungsgeist verloren. Ich maße es mir an, zu behaupten, dass Du immer noch über ein besseres Gedächtnis verfügst, als die meisten anderen Menschen je besessen haben, und von Erfindungsgeist besitzt Du ohnehin mehr als jeder andere Mensch auf Erden. […]

Ich mache mir große Hoffnungen, dass dieses schöne, milde Wetter Dir guttun wird, und sehne mich danach, zu hören, dass Du mitten in den Reisevorbereitungen steckst und bald nach London aufbrichst. Ich bin ganz und gar Dein dankbarer etc.

London, 3. Juni 1736

Werter Herr,

auch wenn Sie es unterlassen haben, die letzten zweieinhalb Jahre mit mir zu korrespondieren, so kann ich doch noch nicht von Ihnen lassen; ich glaube, das ist nun der sechste Brief, den ich Ihnen sende, ohne ein Wort von Ihnen von Ihrer eigenen Hand gelesen zu haben. Mylord Oxford erzählte mir letzten Winter, dass er von Ihnen gehört hätte und dass Sie sich damals wohl befunden hätten. Mr. Cæsar berichtete mir erst vor Kurzem Ähnliches. Solche Nachrichten sind mir immer höchst willkommen; doch es würde meiner Freude unendlich viel hinzufügen, wenn ich es von Ihnen persönlich hören würde; und Sie wissen auch, dass ich wegen meiner ehrlichen Zuneigung zu Ihnen ein gewisses Recht habe, eine solche Nachricht von Ihnen zu verlangen.

Schon fünf Monate bin ich jetzt in einen unerquicklichen Prozess mit einem Iren verwickelt. Diese Gesellen treiben sich in Schwärmen im Saint James’s Park herum; man kann dort bei schönem Wetter kaum mehr in Ruhe flanieren, weder auf der Straße noch im Park. Der fragliche Schurke versperrte mir den Eingang zu einer Taverne […] und wollte mich nicht vorbeilassen, bis ich ihm eine Kopfnuss versetzte. An jenem Abend tat er so, als würde er die Sache mit Humor nehmen; doch am nächsten Morgen stand ein irischer Anwalt vor meiner Tür und legte mir mit größtem Respekt nahe, dem Burschen Genugtuung zu geben; er spann eine fürchterliche Geschichte von einem Wundarzt und einem blutigen Hemd und behauptete, zu seinem eigenen Schaden mir, dem er ja noch nie zuvor begegnet war, besagten Ratschlag zu erteilen, um zu verhindern, dass ich öffentlich bloßgestellt würde. Weder dieser wohlmeinende Herr noch die Warnungen unseres Freundes Mr. L. und noch einiger anderer konnten mich jedoch zum Einlenken bewegen. […]

Ich werde jeden Tag gefragt, ob denn keine Hoffnung bestünde, Sie jemals wieder hier begrüßen zu dürfen, und ich bedauere es immer sehr, niemandem Auskunft über Ihre Absichten erteilen zu können. Ich bezweifle, dass meine Briefe Ihre Geduld über alle Maßen strapazieren, und schließe deshalb mit der Versicherung, dass niemand Ihnen mehr alles Glück dieser Erde wünscht als ich, der ich voll und ganz der Ihre bin, etc.

Swift an Ford

22. Juni 1736

Deine Version der Briefaffaire lasse ich auf keinen Fall gelten, weil ich mir mehr als sicher bin, dass Du mir nie mehr als einen letzten Brief geschickt hast, mit Ausnahme des Papiers natürlich, dass ich vor ungefähr einer Woche erhalten habe. Es ist schon so, dass ich die vergangenen zwanzig Monate keinen einzigen Tag der Gesundheit genießen durfte; mein Schwindel dauerte in einem fort, wenn auch nicht immer sehr heftig, so jedoch stark genug, meinen Geist niederzudrücken, und zwar umso mehr, da ich die schlimmen Zeiten und die Menschen und all die Unterdrückung, mit denen die Geschichte beide Königreiche plagt, von Herzen überhabe. Ich bin den Leuten hier wie dort der verhassteste Mensch auf Erden: zumindest dort, bei Dir zu Hause, bei allen, die Macht innehalten und die mir, Gott sei mein Zeuge, viel zu viel zutrauen, denn ich kann ihnen schon lange nicht mehr schaden oder dienlich sein. Was nun Dich betrifft, habe ich nie auch nur ein Körnchen jener wahren Liebe und Wertschätzung verloren, die ich Dir entgegenbringe. Ich habe mir jedoch gedacht, dass wir wahrscheinlich nie wirklich dazu bestimmt waren, einander in dieser Welt zu begegnen, denn meine Gesundheit erlaubt mir keinesfalls, nach England zu reisen, und Du wirst nie in der rechten Geistesstimmung sein, um nach Irland zu kommen. Ich wage es nicht, mich längere Zeit oder in der Tat eine längere Strecke von dieser Stadt hier zu entfernen, ganz zu schweigen davon, nach London zu gehen, denn ich fürchte jeden Moment jenen leidigen Schwindelanfall und jene merkwürdige Taubheit, die manchmal bis zu sechs Wochen lang andauern kann. Und meine Finanzen sind solcherart, dass ich mir gar nicht leisten kann, komfortabel in London zu leben. Außerdem verfüge ich nicht einmal über drei Freunde, mit denen ich gerne konversieren oder dinieren würde. Hier besitze ich ein großes Haus, das meinem einfachen Geschmack durchaus entgegenkommt, und kann ein Krümelchen zum Abendessen verspeisen, ohne mich zu verschulden; nichtsdestoweniger war ich gezwungen, mir 200 Pfund zu leihen, um die kleine Familie aus dreieinhalb Bediensteten halten zu können, weil ich mich nämlich mit einem eklatanten Mangel an vernünftigem Honorar konfrontiert sehe.

Als Sr. … letzthin von England zurückkehrte, erzählte er mir, Du hättest arg geschwollene Beine; dass er Dich deswegen ernstlich verwarnte und Dir riet, aufs Land zu fahren und Dich behandeln zu lassen, dass Du aber seinen Rat ablehntest und sagtest, dass Du andere kenntest mit denselben Beschwerden, die nach zwanzig Jahren immer noch am Leben wären, und mehr könntest Du Dir gar nicht wünschen. Aber Du hast natürlich nicht gedacht, dass die Hälfte dieser zwanzig Jahre ein Bild des Elends waren. Als ich viel jünger war, als Du jetzt bist, nicht älter als 32, schwoll mein linkes Bein an, weil mir nämlich der Wein verhasst war und ich immer nur Wasser trank. Weil ich in London lebte, war ich gezwungen, an diesem Bein einen geschnürten Strumpf zu tragen; aber ich heilte mich selbst, weil ich ohne Unterlass zu Fuß ging; und obwohl das Bein mir oft Ärger machte, führte diese Übung letzten Endes dazu, dass ich die Schwellung ganz los wurde. Sie ist seitdem auch nicht wiedergekommen, und ich kann immer noch sechs oder sieben Meilen am Tag zu Fuß bewältigen. Aber ich war und bin besonnener als Du. Ich lege wenig Wert auf ein langes Leben; aber da es nun eben andauert, bin ich bestrebt, es mir durch stetes Maßhalten erträglich zu machen. Ich freue mich sehr über Deinen Sieg über den irischen Schurken. […]

Ich habe Mrs. Ford schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen und weiß auch nicht, wo ich sie finden könnte; und die Ludlows haben mich ganz und gar verlassen. Aber das zu Dir zu sagen, ist – wie Alexander sagte, als einer seiner Statthalter ihm während seines Siegeszugs gegen Darius über die Kleinkriege in Griechenland schrieb – wie Dir von einem Krieg zwischen Pygmäen und Kranichen zu erzählen. Der D. of Argyle war immer ein wahrer Schotte, und doch täuschte er mich für eine Zeit; und ich hatte ihm doch einst so viel Liebe entgegengebracht. Wo ist unser Freund Lewis? Ich habe ihn immer geliebt und stehe nach wie vor hoch in seiner Schuld. Ich würde ihm jederzeit ohne Zögern meine Dienste anbieten – und er verheiratet sich wie ein … – und ich hielt ihn doch für einen der weisesten Männer, die ich jemals kennenlernen durfte. Ich hoffe, dass wenigstens Mylord Masham eine ehrliche Haut geblieben ist; sollte das so sein, so hoffe ich, dass er meine ergebensten Grüße akzeptiert. Taugt sein Sohn irgendwas? Ich hatte bei ihm immer meine Zweifel. Gott segne Dich, ich bin für immer und von Herzen der Deine.