Begriffe der Psychologie

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Begriffe im Überblick

echoisches Gedächtnis • Effektstärke • Effektüberlagerungen • Eidetik • Eigendynamik • Eigenschaftsräume • Einprägen • Einschätzung der Geschwindigkeit • Einsicht • Einstellungen • Einstellungsähnlichkeit • Einstellungsänderungen • Einstellungsstabilität • Einstellungs-Verhaltens-Konsistenz • Elaboration Likelihood Model • Elaborationseffekt • Emotion • emotionsorientiertes Coping • Emotionsraum • Empirie • empirische Einheiten • empirisches System • Encoding-Specifity Principle • Endorphine • Enkodierung • Entfernung • Entspannungstechnik • Entspannungstherapien • Entzugserscheinungen • episodisch • Erbkoordinationen • Erblichkeitsschätzung • Erfolgsintelligenz • Erfolgslernen • Ergebniswissen • Erregungstransfer • Erwartung-Wert-Theorien • Erwerb • Ess-Brechsucht • Ethogramm • Ethologie • evolutionäre Perspektive • Exemplartheorien • Experimentalgruppe(n) • Expertise • explorativ • externale Attribution • Exterozeptoren • Extraversion • extrinsische Motivation

echoisches Gedächtnis siehe S. 217

Vom (akustischen) echoischen Gedächtnis (gehört zum → sensorischen Gedächtnis oder → Ultrakurzzeitgedächtnis) nimmt man an, dass es bis in den Sekundenbereich reicht, sodass es sich nur unscharf vom stabileren Kurzzeitgedächtnis abgrenzen lässt.

Effektstärke siehe S. 75

Als Effektstärke wird das Ausmaß des statistischen Effektes einer → Variablen auf eine oder mehrere andere Variablen bezeichnet.

Effektüberlagerungen siehe S. 67

Bei den meisten psychologischen Subdisziplinen ist für die Bestätigung von Gesetzen die Heranziehung wahrscheinlichkeitstheoretischer Überlegungen bzw. der Einsatz von Statistik notwendig. Neben der Multikausalität, die zu Effektüberlagerungen bei den untersuchten Phänomenen führt, ist hierfür noch ein weiterer Grund zu nennen (Steyer, 2003): die oft erhebliche Fehlerüberlagerung von Daten und Messwerten (Messfehler). Denn man ist in der Psychologie oft damit konfrontiert, dass Phänomene nur vage, verschwommen oder verzerrt registrierbar sind, und somit gezwungen, mittels statistischer Methoden die Messfehler oder Effektüberlagerungen auszufiltern und für Kennwerte oder Variablenbeziehungen Schätzwerte zu berechnen.

Eidetik siehe S. 217

Die Sonderbegabung weniger Personen, optische Wahrnehmungseindrücke auch noch nach vielen Sekunden detailreich aus der Vorstellung wiedergeben zu können, nennt man Eidetik oder → fotografisches Gedächtnis. Untersuchungen aus der Frühzeit der Psychologie lassen vermuten, dass diese Fähigkeit bei Kleinkindern stärker ausgeprägt ist als bei Erwachsenen und mit der Zunahme des begrifflichen Denkens verloren geht.

Eigendynamik siehe S. 252

Bei allen Problemlösungen, die Einflussnahmen auf Personen, technische Aggregate oder Gesellschaftssysteme beinhalten, ist auch die Eigendynamik dieser »Systeme« mit zu berücksichtigen. Diese bewirkt nämlich, dass bestimmte Zustände im System mit größerer Wahrscheinlichkeit angestrebt werden als andere (»Attraktoren«), sodass der Aufwand für Problemlösungen umso geringer wird, je besser es gelingt, die Eingriffe im System auf dessen Eigendynamik abzustimmen. Beim Menschen sind diesbezüglich seine angeborenen oder erworbenen Anpassungsmechanismen (z. B. Reflexe, Erbkoordinationen, Konditionierungen, Gewohnheiten) einzubeziehen sowie seine Tendenz zum Aufsuchen positiver Gefühlslagen (»Hedonismus«). Bei vielen menschlichen Problemlösungen muss trotzdem leider oft mit beträchtlichem Aufwand gegen die emotionale oder triebbedingte Eigendynamik (Wünsche, Ängste, Aggressionen, …) angekämpft werden. Die Neigung zum bequemen Auto erschwert zum Beispiel die Lösung von Verkehrsproblemen, der Hang zum Fernsehen oder Computerspielen behindert die Lösung schulischer Probleme, und Suchttherapien gelingen oft erst nach Entwicklung alternativer Befriedigungsmöglichkeiten.

Eigenschaftsräume siehe S. 210

Durch die Simulation von Eigenschaftsräumen im Kortex können Leistungen biologischer Speicher erforscht werden.

Einprägen siehe S. 208

Als biologischer Zweck des Lernens im Allgemeinen und des Einprägens von Wissen im Besonderen kann die Entwicklung organismusinterner Modelle von Lebensumwelten gelten, die damit besser vorhergesagt und kontrolliert werden können. Die Speicherkapazität des Gehirns wäre jedoch überfordert, wenn die gesamte über die Sinne einströmende Informationsmenge (ca. 109 bit/s; Keidel, 1963) dauerhaft eingeprägt werden müsste (das wären ca. 57,6 Terabyte an einem 16-Stunden-Tag). Es haben sich daher im Laufe der evolutionären Entwicklung im Nervensystem viele Filtermechanismen und Speicherstrategien herausgebildet, die auf eine sparsame und dennoch leistungsfähige Informationsverarbeitung abzielen. Diese besteht im Wesentlichen darin, dass aus den wechselnden Erscheinungsweisen unserer Wirklichkeit weitgehend konstante räumliche oder zeitliche Muster extrahiert werden, die in gespeicherter Form für die Selektion und Klassifikation von Ereignissen eingesetzt werden. Solche Muster betreffen Konfigurationen von Merkmalen (Gestalten), regelmäßige Aufeinanderfolgen von Reizen und Reaktionen bzw. Reiz-Reiz- und Reiz-Reaktions-Kombinationen (Konditionierungen), Ketten von Verhaltenselementen (Fertigkeiten) und abstrakte geistige Ordnungen (Begriffe, Schemata oder Schlussfolgerungen). »Gegeben ist jeweils die Erfahrung (also eine Teilmenge aller möglichen Erfahrungen der Realität), und gesucht (d. h. für den Organismus zu lernen) ist die für den Organismus beste Abbildung der Realität« (Spitzer, 1996, 58). Wie von McClelland, McNaughton und O’Reilly (1995) hervorgehoben wird, hat diese Zielsetzung starke Ähnlichkeit mit der Schätzung von Parametern (z. B. von Mittelwerten) in der Statistik.

Einschätzung der Geschwindigkeit siehe S. 152

Beim Erlernen von Fertigkeiten (Schreiben, Klavierspielen, Tennis, Jonglieren, Hochspringen etc.) müssen Verhaltenskomponenten zum richtigen Zeitpunkt ausgelöst und visuell koordiniert werden, wofür vor allem die korrekte Einschätzung der Distanz von Objekten wichtig ist. Für die Einschätzung der Geschwindigkeit sich nähernder Objekte (»time to contact«) – insbesondere in Situationen, bei denen kaum andere Tiefenhinweise zur Verfügung stehen und in denen schnell auf Reize reagiert werden muss (z. B. beim Bremsen im Verkehr, Fangen von Gegenständen, Landen von Flugzeugen) – scheinen jedoch nur die Größenveränderungen der sich nähernden Reize im Netzhautbild genutzt zu werden (Lee, 1976).

Einsicht siehe S. 259

Einsicht in ein Problem entsteht, wenn relevante Problembedingungen erkannt werden. Bereits in frühen gestaltpsychologischen Untersuchungen wurde auf das sogenannte »Aha-Erlebnis« hingewiesen, welches bei verschiedenen Aufgabenstellungen – offenbar durch Verbesserung der Einsicht in relevante Aspekte der Problemsituation – schlagartig zu einer Lösung führt.

Einstellungen siehe S. 337

Einstellungen sind kognitive oder emotionale Bewertungsergebnisse für Objekte, Personen, Tätigkeiten oder Situationen.

Einstellungsähnlichkeit siehe S. 354

Je mehr Einstellungsübereinstimmungen sich in einem Gespräch zwischen zwei Personen herausstellen, desto größer ist die resultierende wechselseitige Anziehung. Ausgenommen davon sind jene Persönlichkeitseigenschaften und Einstellungen, die man an sich selbst negativ beurteilt oder von denen man annimmt, dass sie zu Konflikten führen könnten.

Einstellungsänderungen siehe S. 341 ff.

Eine Einstellungsveränderung ist zumeist kein passiver Prozess, der einfach durch Berieselung mit Argumenten zustande kommt, sondern beruht wesentlich auf der Bereitschaft und der Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten. Nach

dem → Elaboration Likelihood Model (ELM) von Petty und Cacioppo (1986) kann die Motivation, sich mit Mitteilungen zu beschäftigen, sowohl über den zentralen Pfad (Interesse an den Inhalten) hervorgerufen werden als auch über den peripheren Pfad (Sympathie, Autorität, Rhetorik etc.). Einstellungsänderungen, die durch intensives Nachdenken zustande kommen (zentraler Pfad), sind gemäß dieser Theorie beständiger und verhaltensrelevanter als jene, die eher oberflächlich entstehen (peripherer Pfad).

Einstellungsstabilität siehe S. 341

Je extremer eine bestimmte Einstellung bei einer Person ausgeprägt ist – wie zum Beispiel stark emotional gefärbte Vorurteile oder Werthaltungen –, desto mehr Begründungen und desto gewichtigere Argumente werden dafür gefunden und desto größer ist daher im Allgemeinen die Einstellungsstabilität (Herkner, 1991). Bei einer stabilen und argumentativ gut abgesicherten Meinung ist der Akzeptanzbereich für eine mögliche Einstellungsveränderung wesentlich kleiner als bei instabilen Meinungen.

Einstellungs-Verhaltens-Konsistenz siehe S. 338

Je mehr eine Person bestimmten Einstellungen Bedeutung zuschreibt, je weniger sie sich sozial beeinflussen lässt und je mehr sie an die Durchsetzbarkeit ihrer eigenen Meinungen glaubt (→ internale Attribution), desto größer ist auch die beobachtbare Einstellungs-Verhaltens-Konsistenz bzw. desto mehr stimmt ihr Verhalten mit den geäußerten Einstellungen überein (s. etwa Herkner, 1991).

Elaboration Likelihood Model siehe S. 342

Nach dem Elaboration Likelihood Model (ELM) von Petty und Cacioppo (1986) kann die Motivation, sich mit Mitteilungen zu beschäftigen, sowohl über den zentralen Pfad (Interesse an den Inhalten) hervorgerufen werden als auch über den peripheren Pfad (Sympathie, Autorität, Rhetorik etc.).

 

Elaborationseffekt siehe S. 231

Relevanter Effekt für die Aufnahme von Gedächtnismaterial in das → Langzeitgedächtnis. Das bloße Wiederholen von Wissensinhalten, ohne darüber intensiver nachzudenken, ist als Lerntechnik heute veraltet. Craik und Lockhart (1972) heben die Bedeutung der »Tiefe der Verarbeitung« (»levels of processing theory«) für die Speicherung hervor und verstehen darunter das Reflektieren über die Bedeutung der Inhalte und über deren Anbindung an bereits aufgenommenes Wissen. Je mehr der gesamte Bedeutungsumfang neuer Information bewusst wird, je lebendiger die davon ausgelösten Vorstellungen sind und je mehr Assoziationen zu anderen Wissensinhalten geweckt werden, desto größer ist die Chance, dass diese Informationen langzeitlich abgelegt werden. Künstlich kann man die Elaboration des Stoffes in Experimenten etwa dadurch steigern, dass absichtlich falsch geschriebener Text korrigiert werden muss

oder dass ersucht wird, eigene Formulierungen für die aufzunehmenden Wissensinhalte zu bilden (Paraphrasieren). Eine spezielle Bedeutung hat dabei auch der Bezug zur eigenen Person. Je mehr Assoziationen die lernende Person von den Wissenseinheiten zu ihren eigenen Erlebnissen und Erfahrungen herstellen kann, desto größer ist der → Selbstbezugseffekt und damit die Einprägungswahrscheinlichkeit für das jeweilige Lernmaterial.

Emotion siehe S. 295

Obwohl Emotionen eine tragende Rolle im Leben des Menschen spielen, sind sich die Forscherinnen und Forscher bis heute über eine allgemeine Definition nicht einig geworden, ebenso nicht über die Anzahl eventuell fundamentaler Emotionsqualitäten (z. B. Freude, Trauer, Zorn), über die genetische Veranlagung und kulturelle Universalität emotionalen Ausdrucks sowie über das Ausmaß des Einflusses von Emotionen auf kognitive Prozesse (LeDoux, 1995). In der psychologisch-wissenschaftlichen Terminologie wird Emotion häufig als Oberbegriff für eine wertende, integrative und komplexe Reaktion des Organismus auf eine gegebene Situation oder einen auslösenden Reiz verwendet. Lazarus (1991) schlägt eine »Cognitiv-Motivational-Relational Theory of Emotion« vor, die besagt, dass in einer Emotion sowohl Informationen über die Umwelt als auch individuelle Einschätzungen der Situation enthalten sind, wobei in Letzteren auch bedürfnisorientierte Ziele zum Ausdruck kommen. Insgesamt kennzeichnet also eine Emotion die momentane Person-Umwelt-Relation, die entweder als vorteilhaft oder als nachteilig empfunden wird.

emotionsorientiertes Coping siehe S. 417

Eine Form des → Copings. Bereits in den 60er-Jahren wurde von Richard Lazarus eine Differenzierung vorgeschlagen zwischen → problemorientiertem Coping, bei dem die Problemsituation selbst verändert werden soll, und emotionsorientiertem Coping, bei dem an den kognitiven, emotionalen und körperlichen Reaktionen angesetzt wird (s. Folkman et al., 1986). Emotionsorientiertes Coping ist vor allem dann angebracht, wenn die Belastungsfaktoren der Realität (zumindest momentan) nicht beseitigbar sind, wie etwa bei starken Schmerzen, chronischen Krankheiten oder persönlichen Verlusterlebnissen. Auf negative Emotionen (z. B. Angst, Aggression, Nervosität) kann entweder über deren kognitiven oder auch affektiven Anteil eingewirkt werden. Im ersten Fall lassen sich fehlentwickelte Kognitionen wie etwa übertriebene Bewertungen, unrealistische Befürchtungen und unerfüllbare Erwartungen aufdecken und in korrigierter Form neu einspeichern, ja sogar »einüben« (»kognitive Umstrukturierung«, Stressbewältigungstraining).

Emotionsraum siehe S. 298

Emotionen unterscheiden sich von rein kognitiven Bewusstseinsinhalten im Wesentlichen dadurch, dass sie entweder als angenehm oder als unangenehm erlebt werden und/oder mit einem überoder unterdurchschnittlichen Grad an zentralnervöser oder physiologischer Aktivierung verbunden sind. Im zweidimensionalen Emotionsraum ergibt sich daraus eine kreisförmige Anordnung der verschiedenartigen emotionalen Reaktionen (Russell & Barrett, 1999; Barrett et al., 2007). Ob tatsächlich die Angenehm-unangenehm-Bewertung sowie die Über- und Unteraktivierung als voneinander unabhängige Dimensionen des flächigen Emotionsraumes gelten können, oder ob nicht vielleicht Positivbewertungen und Negativbewertungen zwei unabhängig voneinander ablaufende Stellungnahmen mit manchmal ambivalentem Ergebnis sind, ist weitgehend ungeklärt (Watson et al., 1999).

Empirie siehe S. 56 f.

In der sozialwissenschaftlichen Forschung werden aus einer Vielzahl von Strukturen und Abläufen in der psychischen oder sozialen Realität – der sogenannten Empirie – jene Phänomene identifiziert, die Gegenstand der wissenschaftlichen Untersuchungen werden sollen.

empirische Einheiten siehe S. 59

Als empirische Einheiten kommen in der Psychologie beliebige statische oder dynamische Systeme infrage (z. B. Personen, Gruppen, Situationen, Abläufe), in denen sich psychische Gesetzmäßigkeiten äußern.

empirisches System siehe S. 57

In der psychologischen Methodenlehre unterscheidet man zumeist ein empirisches System, das die Forschungsdaten liefert, und ein → theoretisches System, das die Gesetze und Erklärungen zu formulieren gestattet, und bezeichnet die Vorgangsweisen, Methoden und Instrumente, die zwischen beiden eine Verbindung herstellen, als Korrespondenzsystem. Im empirischen System werden Phänomene menschlicher Erfahrung ausgewählt und in ihren konkreten Erscheinungsweisen (Tatsachen) verbal oder symbolisch (über Indikatoren) protokolliert.

Encoding-Specifity Principle siehe S. 238

Entsprechend dem Encoding-Specifity Principle von Tulving und Thomson (1973) werden Gedächtnisinhalte dann besser reproduziert, wenn in der Prüfsituation die gleichen Merkmale als Abrufhilfen herangezogen werden, die auch bei der Aufnahme der Information als deren Charakteristika wahrgenommen wurden (Meyer & Schvaneveldt, 1971). Dies kann man auch im Alltag beobachten, wenn man zum Beispiel beim Gehen in ein anderes Zimmer eine beabsichtigte Tätigkeit vergessen hat und sich bei der Rückkehr in die ursprüngliche Situation wieder daran erinnert. Besonders wirksame Retrieval Cues sind solche, die in enger logischer oder kausaler Beziehung zu den Merkinhalten stehen und bereits in der Einprägungssituation mit diesen assoziiert waren (Kenealy, 1997).

Endorphine siehe S. 162 f.

Endorphine sind körpereigene Opiate. Ihre Ausschüttung kann als körpereigene Schmerzbekämpfung angesehen werden, die bei Verletzungen oder großen körperlichen Belastungen (z. B. Marathonlaufen, Extrembergsteigen) eine Stimmungsaufhellung und größere Schmerztoleranz bewirkt (Corder et al., 2019).

Enkodierung siehe S. 227

Hier ist die Aufnahme von Wissen gemeint. Entscheidend für die Gedächtnisleistung sind die Formen, in denen Informationen dem Gedächtnis zugeführt werden (z. B. als Melodien, sprachliche Inhalte, Vorstellungen, Gedanken usw.), und die Bedingungen, unter denen dies geschieht (z. B. Aufmerksamkeit, Bedürfnislage, Kontext, Gliederung der Inhalte, Reihenfolge der Einprägung usw.). Jeder Enkodierung von Speicherinformation geht eine Filterung voraus, die durch Gestaltbildung, Aufmerksamkeitsausrichtung und Begriffskategorisierung zustande kommt, wobei auch irrelevant wirkende Details Einfluss ausüben, wie etwa die jeweilige Stimmung, der räumliche Kontext, verbale Kommentare oder Ähnliches.

Entfernung siehe S. 146

Der Anblick von Gegenständen ändert sich mit der Tageszeit, Beleuchtung, Perspektive und Entfernung. Damit sie dennoch konstant als die gleichen identifiziert werden können, müssen ihre möglichen situativen Veränderungen in Helligkeit, Farbigkeit, Größe und Betrachtungswinkel bekannt sein. So kann das aktuelle Wahrnehmungsbild korrigiert werden. Durch diese Leistungen der → Wahrnehmungskonstanz werden entfernte Erwachsene nicht als Kinder gesehen, Bäume werden in der Dämmerung immer noch als grün erlebt, und bekannte Formen (z. B. Kreise, Rechtecke, Säulen) können trotz perspektivischer Verzerrung erkannt werden. Für die Größeneinschätzung von Gegenständen, deren absolute Ausdehnung nicht bekannt ist, wird die Größe des Netzhautbildes mit der geschätzten Entfernung (Tiefenwahrnehmung) in Beziehung gesetzt. Ein gutes Beispiel dafür ist die jedem aus eigener Erfahrung bekannte, bereits früh erforschte Mondtäuschung (Kaufman & Rock, 1972). Sie besteht darin, dass der Mond am Horizont um etwa 50 % größer erscheint als im Zenit. Dies ist damit zu erklären, dass er am Horizont aufgrund der dazwischen liegenden Landschaftselemente als weiter weg eingestuft wird als am Zenit. Je nachdem also, ob ein Objekt als eher nah oder als eher fern erscheint, wird es vergleichsweise als kleiner oder als größer eingeschätzt.

Entspannungstechnik siehe S. 418

Durch eine erlernte Entspannungstechnik (z. B. durch ein »Loslassen« der Muskeln nach Vortraining in Progressiver Muskelentspannung; Jacobson, 2006) kann physiologische Aktivierung in Stresssituationen reduziert werden.

Entspannungstherapien siehe S. 426

Entspannungstherapien und → Hypnosetherapien (Progressive Muskelentspannung, → Autogenes Training, Meditation, → Hypnose) bezwecken eine Harmonisierung der physiologischen und vegetativen Körperfunktionen, insbesondere eine Senkung des allgemeinen Aktivierungsniveaus und eine Senkung der Intensität emotionaler Aktivierungs- und Stressreaktionen.

Entzugserscheinungen siehe S. 119

Bei → Abhängigkeit von einem Stoff entsteht ein zunehmend unwiderstehlicher Drang danach, bei → Sucht bewirkt das Absetzen des Stoffes Entzugserscheinungen, die sich in Konzentrationsmangel, Schläfrigkeit, Unruhe, Niedergeschlagenheit, emotionaler Labilität, Schlafstörungen, Angstzuständen, Ungeduld, vermehrter Aggression, Herzrasen, Schwitzen, Gänsehaut, Zittern, Benommenheit, Erbrechen oder sogar in tödlichen Komplikationen äußern können.

episodisch siehe S. 225

Meint hier episodische Inhalte, eine Komponente des → Langzeitgedächtnisses. Episodische Inhalte (räumlich und zeitlich definierte Erlebnisse) werden überwiegend in den Assoziationszentren der rechten, semantische Inhalte überwiegend in jenen der linken Gehirnhemisphäre mit wesentlicher Beteiligung des Hippocampus vermutet, während das → limbische System eher für den Aufbau des Gedächtnisses und der frontale und temporale Kortex eher für den Abruf wichtig zu sein scheint.

Erbkoordinationen siehe S. 169

Erbkoordinationen (Angeborene Auslösermechanismen/AAM) sind reizabhängige Verhaltensprogramme, die nicht durch individuelle Erfahrungen erworben werden, sondern in einem bestimmten Alter des Lebewesens ausreifen. Als angeborener Auslöser darf das sogenannte Kindchenschema gelten (Lorenz, 1943), auf welches der Mensch (und andere Säuger) gefühlsmäßig reagiert (»süß«, »herzig«, »niedlich«) und mit »Pflegereaktionen« antwortet (z. B. streicheln, liebkosen). In Cartoons und bei Puppen werden die typischen Merkmale (relativ großer Kopf, große Augen, pummelige Gliedmaßen) zur Steigerung des Effektes oft übertrieben dargestellt.

Erblichkeitsschätzung siehe S. 287

Ausmaß des genetischen Einflusses auf ein Persönlichkeitsmerkmal.

Erfolgsintelligenz siehe S. 286

Das Konzept der Erfolgsintelligenz (»Theory of Successful Intelligence«) von Sternberg (1997) bezweckt eine besondere Annäherung der Intelligenzmessung an Alltagserfordernisse. Sie wird definiert als

•Fähigkeit, im persönlichen Rahmen innerhalb des soziokulturellen Kontextes Erfolg zu haben,

•als Begabung zur Nutzung eigener Stärken und zur Kompensation eigener Schwächen,

•und erfordert eine Balance zwischen analytischer (schulischer, akademischer), kreativer und praktischer Intelligenz.

Erfolgslernen siehe S. 190

Erfolgslernen (instrumentelles Konditionieren) ist eine Form des Lernens. E. L. Thorndike formulierte 1898 mit seinem »Gesetz des Effektes« (engl. »law of effect«) als Erster das Grundprinzip der → instrumentellen Konditionierung: Verhalten ändert sich durch den Effekt, den es auslöst, belohnende Konsequenzen stärken die Verhaltenstendenz, bestrafende Konsequenzen schwächen sie.

Ergebniswissen siehe S. 196

Die Abweichung des Verhaltensergebnisses vom Verhaltensziel wird auch als Ergebniswissen (»knowledge of result«) bezeichnet. Präzise Rückmeldungen darüber sind sehr wichtig für die Optimierung motorischer Fertigkeiten (»tuning«). Wenn dieses Feedback über die Zielerreichung verfälscht, ungenau oder verzögert ist, kommt es zu erheblichen Beeinträchtigungen im Lernprozess (Mazur, 2004).

 

Erregungstransfer siehe S. 308

Die mit einer Emotion einhergehende Aktivierung kann eine nachfolgende andere Emotion im Auftreten begünstigen oder intensiver erleben lassen. So kann ein intensives Angstgefühl in Aggression umschlagen, in einen Weinkrampf – bei Wegfall der Bedrohung – oder in übertriebenes Gelächter. Dieser Erregungstransfer konnte auch experimentell nachgewiesen werden (z. B. Cantor, Bryant & Zillmann, 1974): Probanden, denen emotional erregende, aber nicht witzige Geschichten zum Lesen vorgegeben wurden, fanden danach Witze und Cartoons amüsanter als jene, die davor gleichartige, aber weniger aufregende Geschichten gelesen hatten.

Erwartung-Wert-Theorien siehe S. 312

Wie stark sich ein Anreiz motivierend auswirkt und sich im Verhalten niederschlägt, hängt davon ab, welche Bedeutung dem angestrebten Zielzustand zugeschrieben und für wie wahrscheinlich sein Auftreten eingeschätzt wird. Die sogenannten Erwartung-Wert-Theorien postulieren, dass die Motivation – z. B. für eine finanzielle Entscheidung – aus dem Produkt Erwartung × Wert geschätzt werden kann. Die Motivation erreicht ihr Minimum, wenn entweder die subjektive Chance zur Erlangung des angestrebten Zustands oder dessen subjektiver Wert gegen Null geht.

Erwerb siehe S. 201

Begriff aus der → sozial-kognitiven Lerntheorie; eine Verhaltensweise wurde durch Beobachtung innerlich (»latent«) gelernt.

Ess-Brechsucht siehe S. 317

Die Ess-Brechsucht (Bulimia nervosa) ist eine Essstörung. Essstörungen kommen vorwiegend bei jungen Frauen vor (Prävalenz: ca. 1–3 %) und können ebenfalls erhebliche Gesundheitsschäden verursachen (Untertemperatur, Haarausfall, Darminfektionen, Ausbleiben der Regel, Osteoporose, …).

Ethogramm siehe S. 85

Einen Katalog möglicher Verhaltensweisen in natürlichen Umweltbedingungen nennt man in der Verhaltensforschung Ethogramm, innerhalb dessen ein »behavior mapping« charakterisiert, wer was wo tut (Hellbrück & Fischer, 1999).

Ethologie siehe S. 168

Verhaltensforschung.

evolutionäre Perspektive siehe S. 50

Die evolutionäre Perspektive ist eine der häufigsten gegenwärtig in der Fachliteratur genannten Forschungsperspektiven der Psychologie. Die Struktur der Psyche sowie ihre Dynamik werden als Resultat der evolutionsgeschichtlichen Entwicklung des Menschen betrachtet, bei der das Verhaltensrepertoire (z. B. Erbkoordinationen, Ritualisierungen) durch Selektion und Mutation an die jeweiligen (frühmenschlichen) Umweltbedingungen angepasst und genetisch weitergegeben wurde.

Exemplartheorien siehe S. 199

Exemplartheorien sind Begriffsbildungsmodelle, die davon ausgehen, dass einzelne, häufig vorkommende reale Erfahrungen gespeichert vorliegen (z. B. Schwalbe, Buchfink,…) und dann gemeinsam zur oberbegrifflichen Kategorisierung (z. B. Vogel) von neuen Erfahrungen herangezogen werden.

Experimentalgruppe(n) siehe S. 81

Häufig wird in psychologischen Experimenten der (den) Experimentalgruppe(n) (Versuchsbedingungen) eine Kontrollgruppe (Kontrollbedingung) gegenübergestellt. Den Fällen der Experimentalgruppen sind solche Ausprägungen der unabhängigen Variablen (Ursachenvariablen) zugeordnet, von denen ein Effekt auf die abhängigen Variablen (Wirkungsvariablen) erwartet wird, während den Fällen der Kontrollgruppe Ausprägungen der unabhängigen Variablen zugeteilt sind, denen kein systematischer Effekt zugeschrieben wird. Diese Gruppe dient somit nur dazu, Veränderungen zu erfassen, die entweder auf natürliche Weise auftreten (Zeiteffekte, Gewöhnungsprozesse etc.) oder durch die experimentellen Umstände selbst zustande kommen, nämlich durch die künstliche Situation oder den Eindruck, beobachtet zu werden.

Expertise siehe S. 259 f.

Expertise wird durch Erfahrungsgewinnung über viele gleichartige Problemsituationen erworben. Der Hauptunterschied zwischen einem Laien und einem Experten bzw. einer Expertin besteht wohl darin, dass Letztere(r) über einen bestimmten Erfahrungsbereich eine große Anzahl von möglichen Zuständen und Veränderungsmöglichkeiten im Langzeitgedächtnis gespeichert hat.

explorativ siehe S. 34

Bei einem explorativen Verfahren geht es darum, an einem Pool gewonnener Daten unbekannte Zusammenhänge zwischen Variablen zu finden.

externale Attribution siehe S. 323

Der Erfolg oder Misserfolg von Leistungen kann entweder personeninternen (Fähigkeit, Anstrengung) oder personenexternen Ursachen (Aufgabenschwierigkeit, Zufall) zugeschrieben werden (internale oder externale Attribution). Als → internale Attribution gilt, wenn ein Verhalten oder eine Leistung im Wesentlichen sich selbst zugeschrieben wird, wenn jedoch überwiegend andere Faktoren verantwortlich gemacht werden (Aufgabe, Situation), spricht man von externaler Attribution.

Exterozeptoren siehe S. 159

Exterozeptoren sind Sinneszellen, die Informationen über die Außenwelt liefern (über Auge, Ohr, Nase).

Extraversion siehe S. 394

Extraversion ist eine Eigenschaft der Persönlichkeit, die offenbar alltägliche Ereignisse positiv empfinden lässt und befriedigende Sozialkontakte erleichtert (»Soziabilität«). Extravertierte Menschen fühlen sich häufiger wohl als andere.

extrinsische Motivation siehe S. 311, 324

Ist ein motiviertes Verhalten hauptsächlich von der Umwelt ausgelöst (z. B. durch Entlohnung, Strafandrohung, Bewunderung), spricht man von extrinsischer Motivation, ist es hingegen stärker durch die Einstellungen, Werthaltungen oder Stimmungen der Person bedingt (z. B. durch Interesse, Bewegungsdrang, ethische Normen), von → intrinsischer Motivation.

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