Eine Studentin

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

4

Vorlesung

Die erste Seminarstunde nach Hol­lan­dos Rück­kehr war ent­täu­schend. In der Menge der Stu­den­ten schien er Ca­rolin gar nicht wahr­zu­neh­men …

Das Se­mi­nar glich we­gen des An­drangs eher einer Vorle­sung. Man saß in ei­nem thea­ter­ähn­li­chen Raum mit Bühne und ab­fallen­den Stu­fen und Hol­lando schrieb The­sen auf eine altmo­di­sche Krei­de­ta­fel. Es ging da­rum, die engen Ver­bin­dungen von Neu­ro­lo­gie und Hirn­for­schung mit Mo­tiva­tio­nen und ge­sell­schaft­li­chen Miss­stän­den zu ana­ly­sie­ren.

„Menschliche Verrohung ist allgegen­wär­tig in der Ge­sell­schaft. Hab­gier, Egois­mus, Hass und Ag­gres­sivität sind an der Ta­ges­ord­nung. Dazu Fol­ter, Ver­ge­wal­ti­gung, Un­ter­drü­ckung, Amok­läu­fer, Selbst­mord­at­ten­täter, Spreng­stoff­an­schlä­ge – und die Prog­nose bleibt wei­ter un­güns­tig. Oder zwei­felt das je­mand an?“, er­kun­dig­te sich Hollan­do.

„Steinzeit in der Gegenwart …“, mel­dete sich die Stim­me eines Stu­den­ten.

Lacher und Beifall im Publi­kum.

„Ein briti­scher His­to­ri­ker hat ein­mal die Kriegs­to­ten der bis­he­rigen Mensch­heits­ge­schichte hochgerechnet. Bis zu drei­ein­halb Milli­ar­den Tote, also etwa die halbe ge­gen­wär­tige Welt­be­völke­rung.

Eigentlich hätte schon ein zehn­jäh­ri­ges Kind mit durch­schnitt­li­cher In­telli­genz erken­nen kön­nen, dass die Ju­den zur Zeit des Na­tio­nal­sozia­lismus gar kein ge­mein­sa­mes Merk­mal hat­ten wie min­der­wer­tige Rasse, Welt­ver­schwö­rer oder Aus­beu­ter. Da­zu musste man sich nur ir­gend­ein jüdi­sches Schul­kind, den ar­beits­lo­sen jüdi­schen Ar­beiter oder die alte jü­di­sche Ge­müse­händle­rin an der Ecke anse­hen.“

Hollando machte eine Pause und blickte sich fra­gend im Audi­to­rium um.

„Und was ist Ihrer Mei­nung nach da­für ver­ant­wort­lich? Sind es die ge­sell­schaftli­chen Ver­hält­nis­se? Un­sere Gene? Man­gelnder gu­ter Wille? Oder Gleich­gül­tig­keit, Ego­is­mus und Be­quem­lich­keit?“

„Oder Dummheit?“, ergänz­te eine Frau­en­stimme.

Carolin hob zögernd die Hand und Hol­lando nickte ihr auf­mun­ternd zu.

„Man könnte auch die Fra­ge stel­len, die ja gegen­wärtig in der Hirn­for­schung disku­tiert wird, ob der Men­sch über­haupt über Wil­lens­frei­heit ver­fü­gt.“

„Ausgezeichnet, Fräulein Mey­ers … das ist der Hinweis, den ich erwar­tet habe.“

Er hat sich wahrhaftig meinen Na­men ge­merkt!, dach­te Caro­lin. Er hat mich wie­derer­kannt in die­sem Saal vol­ler Stu­den­ten …

„Illusionär könnte die menschli­che Wil­lens­frei­heit sein, wenn in allen Be­rei­chen der Welt das Prin­zip von aus­nahms­lo­sem De­termi­nis­mus herrscht“, fuhr Ca­rolin fort. „In der mate­riel­len Welt glei­cher­ma­ßen wie in der geis­ti­gen, in der neu­ro­lo­gi­schen eben­so wie in der Quan­ten­phy­sik.“

„Und wie denken Sie persönlich dar­über, Kom­mi­lito­nin Mey­ers?“

„Wenn jede Veränderung im Uni­ver­sum eine Ur­sa­che hat, wenn es also nir­gends ursa­che­loses Ge­sche­hen gibt und wenn in einem glei­chen Be­din­gungs­zu­sam­men­hang eine Ver­än­de­rung ein­tritt, dann ist diese nach Maß und Quali­tät im Er­geb­nis not­wen­dig im­mer die glei­che.“

„In der Tat, ja. Das ist genau der ge­gen­wär­tige Stand der Hirn­for­schung“, be­stä­tig­te Hol­lan­do. „Un­ser Pro­blem liegt im nai­ven All­tags­glau­ben, es ge­be so etwas wie echte Hand­lungs­frei­heit. Auch die Über­zeu­gung, jetzt freie Wahl zu ha­ben, Kaf­fee oder Tee zu trin­ken, ist ohne ver­steckte Kau­sal­fak­to­ren als Be­din­gung der je­weili­gen Moti­va­tion kaum zu ver­ste­hen.

Des­halb er­klär­te schon Im­manu­el Kant – wohl ei­ner der scharf­sin­nigs­ten Köp­fe der Welt­ge­schich­te –, ech­te Wil­lens­freiheit sei eigentlich nur denk­bar durch den Be­ginn einer Kau­sal­reihe aus dem Nichts. Und was ge­nau, Caro­lin Mey­ers, sollte die In­stanz hin­ter der Ent­schei­dung sein, Kaf­fee oder Tee zu wäh­len, falls Kant sich hier irrt?“

„Alternativ bleiben nur unbe­kannte Kau­sal­fak­toren, die ih­rer­seits durch im­mer wei­ter zu­rück­ge­hen­de Kau­sal­ket­ten be­dingt sind.“

„Ausgezeichnet, Carolin … kön­nen das alle hier im Saal nach­voll­zie­hen?“, er­kun­digte sich Hol­lando und blick­te ver­hal­ten grin­send in die Run­de.

„Aber die Quantenphysik – so eine im­mer noch gel­ten­de These von Hei­sen­berg und Bohr – geht doch auf der Ebene der ele­men­tars­ten Vor­gänge vom In­deter­mi­nis­mus aus, von ursa­che­lo­sem Ge­sche­hen“, mel­dete sich ein be­brill­ter Stu­dent in der zwei­ten Reihe.

„Danke für den Hin­weis, Karls­bach – Ihre Ant­wort, Caro­lin?“

„Gern. Ich versuche das Pro­blem mit we­ni­gen Wor­ten auf den Punkt zu brin­gen. In der Kopenhagener Inter­pre­ta­tion der Quan­ten­me­cha­nik, be­son­ders der so­ge­nann­ten Un­schär­fe­re­lation, die für inde­ter­mi­nisti­sches Ge­sche­hen her­an­gezo­gen wird, kann Hei­sen­berg gar kein wirk­lich ur­sache­loses Ge­schehen nach­wei­sen, son­dern ledig­lich eine Gren­ze des Er­kenn­baren.

Es geht dabei um das Beo­bacht­bare, nicht um das An-und-für-sich der Ma­te­rie und Ener­gie, wie sie wirk­lich ist.“

„Das bedeutet für unser Thema der Wil­lens­frei­heit, Fräu­lein Mey­ers?“

„Wir tappen weiter im Dun­keln.“

„Und dabei wird es auch blei­ben?“

„Selbst manche Wissenschaftstheoreti­ker, wie Karl Pop­per, plä­die­ren für den In­de­ter­minis­mus, also ur­sa­cheloses Ge­sche­hen. Oder ar­gu­men­tie­ren, dass Deter­minis­mus eben­so we­nig be­weis­bar ist wie In­de­ter­mi­nis­mus.“

„Und sehen Sie da eine Lösung, Carolin?“

„Mir ist noch nicht ganz klar, ob Popper und Kant über­haupt bemerkt haben, dass zwi­schen dem Satz des Wi­der­spruchs, wie ihn die Logik voraussetzt, und dem Wech­sel eines Zu­stands, der angeblich nicht de­ter­mi­niert sein soll, nur eine leere Zeit­span­ne der Auf­einan­der­folge steht.“

„Heißt das, dann verstößt die These vom In­deter­minis­mus ge­gen den Satz des Wi­der­spruchs?“

„Nein, gemäß der klassischen Logik nicht, weil der Satz des Wi­der­spruchs, es sei unmöglich, dass dasselbe dem­selben in der­sel­ben Beziehung zugleich zukommt und nicht zu­kommt, ja keine Auf­einan­derfolge einschließt.

Aber diese Zeit ist leer, ein Nichts außer Auf­einan­der­folge. Was macht es eigent­lich plau­sibel, den Satz des Wider­spruchs nicht auch auf sol­che blo­ße Auf­einan­der­folge zu er­wei­tern?“

„Brillante Analyse, Carolin. Ihr Ar­gu­ment wer­den wir heu­te Nach­mit­tag im inter­nen Ar­beits­kreis an­hand der neu­ro­lo­gi­schen und hirn­ana­to­mi­schen As­pekte noch ein­mal ge­nau­er un­ter­su­chen.“

„Ist der Kerl nicht eigentlich ein arro­gan­tes Arsch­loch?“, fragte einer der Stu­den­ten, als sie den Saal ver­lie­ßen. „Ganz gleich, ob nun be­rühm­ter No­bel­preis­trä­ger oder bloß ein­fa­cher Latz­ho­sen­trä­ger.“

Er be­müh­te sich gar nicht erst, zu flüs­tern.

Eini­ge Kom­mi­li­to­nen lach­ten. Ca­ro­lin sah ihn in die­ser Grup­pe zum ers­ten Mal.

„Na ja“, sagte sie. „Kommt dar­auf an, ob man die Bri­sanz des The­mas ver­stan­den hat.“

Sie wusste, dass sie einen glän­zen­den Sieg ver­bu­cht hatte. Niemand im Se­mi­nar wäre in der La­ge ge­we­sen, auf ähn­lich ho­hem Ni­veau über Wil­lens­frei­heit zu dis­ku­tie­ren. Da­mit hatte sie alle po­ten­tiellen Ver­folger – vor allem Ver­fol­ge­rin­nen – weit hin­ter sich ge­las­sen.

Der Arbeitskreis tagte in Hol­landos Insti­tut, dem Re­search De­part­ment of Neu­ro­science (RDN), das sich nach der Ver­lei­hung des No­bel­prei­ses zu einer Art Pil­ger­stät­te der Hirn­for­schung ent­wickelte. Es be­stand aus drei durch­ge­hen­den Räu­men, man konn­te sie schon als klei­ne Säle be­zeich­nen.

Im hin­tersten be­fand sich der neue 7-Tesla-Mag­net­re­so­nanz-To­mo­graph. Er wog über fünf Ton­nen, man hatte ihn per Kran durch eine pro­viso­ri­sche Öff­nung in der Au­ßen­wand hie­ven müs­sen.

Im hin­tersten be­fand sich der neue 7-Tesla-Mag­net­re­so­nanz-To­mo­graph. Er wog über fünf Ton­nen und sah so bedrohlich aus, als sei es ein aus fremden Galaxien stammendes Raum­schiff, ferngesteuert und ohne Insassen.

Am runden Tisch im Ar­beits­kreis glaubte Ca­rolin plötz­lich ihre eigent­li­che Kon­kur­ren­tin aus­zu­machen. Ein jun­ges Ding mit hell­blon­den Haa­ren und dem Blick einer Schlange …

Pro­fes­sor Hol­lan­do legte zwei­mal be­tont in­tim den Arm um ihre Hüf­te und lachte auf­ge­dreht, als sie das In­sti­tut betra­ten. Nach Caro­lins Ge­fühl strahl­te sie ihn da­bei an wie eine Vier­jäh­ri­ge den Weih­nachts­mann.

Auf dem Tisch vor ihr stand ein Na­mens­schild: An­na Schwartz.

Hol­lando stellte Anna als seine As­sis­ten­tin vor.

„Schön, Sie alle in unserem Ar­beits­kreis be­grü­ßen zu dür­fen. In den kommenden Ta­gen wer­den wir uns dem The­ma wid­men, wie sich un­ser Wis­sen­s­stand über den neu ent­deck­ten ge­ne­ti­schen Schal­ter A-GTS – als Ab­kür­zung für Aver­sio-Gene­tic-Toggle-Switch –, der für das gan­ze Spek­trum un­se­rer Schmer­zen und ne­ga­ti­ven Be­find­lichkei­ten zu­stän­dig ist, auf eine wis­sen­schaft­liche Ba­sis stel­len lässt.

Dabei wird es auch um die bio­che­mi­sche Funk­tion von Re­zep­to­ren ge­hen, die über Sig­nal­mole­küle Pro­zes­se im Zell­in­ne­ren aus­zu­lösen ver­mö­gen. Ein wesent­licher Grund für mei­ne Ent­deckung. Dazu er­war­te ich Ihre ak­tive Teil­nah­me, be­son­ders von Stu­den­ten im Fach Bio­che­mie.

Aber zunächst noch ein­mal zum The­ma un­seres heutigen Semi­nars. Wel­che Al­ter­nati­ven bie­ten sich in der frei­en Wil­lens­bil­dung, falls wir voll­stän­dig de­ter­mi­niert sind, wie es die Hirn­for­schung na­helegt?“

 

Hollando blickte fragend in die Runde.

Anscheinend schien niemand etwas dazu sagen zu wollen.

Wenn das hier im engeren Ar­beits­kreis schon die ver­sam­melte In­tel­li­genz ist, dachte Ca­ro­lin, dann hatte sie wo­mög­lich leich­tes Spiel …

„Keine Antwort ist auch eine Ant­wort“, sagte Pro­fessor Hol­lando. „Be­den­ken Sie da­bei – die Hirn­for­schung behauptet ja nichts Ge­ringe­res, als dass un­ser ge­sam­tes Rechts­sys­tem auf einer grund­legen­den Illu­sion be­ruht.

Der Mö­r­der ist dann nämlich nicht wirk­lich ver­ant­wort­lich für seine Tat. Sa­dis­ten, Be­trü­ger, Ver­gewal­tiger sind nur Op­fer ih­rer eingebildeten Wahl­mög­lich­keit, alternativ auch geset­zes­kon­form handeln zu kön­nen.“

Noch immer keine Mel­dung …

„Carolin?“, fragte Hol­lando. „Ha­ben Sie dar­auf an­ge­sichts Ihres ja nim­mer­mü­den Wis­sens­vor­sprungs wo­möglich eine plau­sible Ant­wort?“

Carolin zuckte die Achseln und starrte Anna Schwartz her­aus­for­dern an.

„Ich glaube, Kommilitonin Schwartz hat sich ge­mel­det und möch­te et­was da­zu sa­gen …“

„Anna?“, fragte Professor Hol­lando.

„Oh, ich … nein …“, stam­melte Anna er­rö­tend.

„In dem Fall – wenn es keine weite­ren Wort­mel­dun­gen gibt – würde ich hier wie­der unse­ren gro­ßen deut­schen Philo­so­phen Im­ma­nuel Kant be­mü­hen wol­len“, sagte Ca­ro­lin.

Hollando nickte ihr aufmunternd zu.

„Wir wis­sen nicht, wie die Welt an und für sich be­schaf­fen ist – das so­ge­nann­te ‚Ding an sich’“, fuhr sie fort. „Wir be­fin­den uns laut Karl Jas­pers – dem be­rühm­ten Exis­tenz­philo­so­phen und Psy­chi­a­ter –, so­gar in einer un­auf­heb­ba­ren Sub­jekt-Ob­jekt-Spal­tung.“

„Das ist ein Fachterminus des Philoso­phen, oder?“

„Da­mit ist ge­meint, Ge­gen­s­tand und Be­ob­ach­tung kön­nen hin­sicht­lich ih­rer tat­säch­li­chen Über­ein­stim­mung nie­mals wirk­lich ve­ri­fi­ziert wer­den. Es ist prin­zi­piell un­mög­lich, aus der Be­ob­ach­ter­po­si­tion he­r­aus­zu­tre­ten und hin­ter den Vor­hang zu schau­en, denn wahr­neh­men kön­nen im­mer nur Be­ob­achter.“

„Ausgezeichnet, Carolin. Und weiter?“

„So bleibt nur noch die Möglichkeit, dass wir uns aus prak­tischen Grün­den so ver­hal­ten, als be­säßen wir Will­ens­frei­heit.

Die Idee der Frei­heit, die in Kants Haupt­werk Kri­tik der rei­nen Ver­nunft für die theo­re­ti­sche Ver­nunft nicht be­weis­bar war, wird nun als fun­da­men­tales und not­wendi­ges Pos­tulat der prak­ti­schen Ver­nunft angesehen.

Kant drückt das in sei­ner Kri­tik der prak­ti­schen Ver­nunft so aus: Der Wil­le ist ein Ver­mö­gen, nur das­je­ni­ge zu wäh­len, was die Ver­nunft un­ab­hän­gig von der Nei­gung als prak­tisch not­wen­dig, das heißt, als gut, er­kennt.“

„Oder etwas einfacher ausgedrückt? Für den All­tags­ver­stand?“, frag­te Hol­lando.

„Wir tun gut daran, im wohl­ver­stan­de­nen Eigen­in­ter­esse alle Vor­be­halte der neu­e­ren Hirn­for­schung ge­gen mensch­li­che Wil­l­ens­frei­heit aus prak­ti­schen Grün­den ad acta zu le­gen“, sag­te Carolin. „Weil sonst unser ganzes ge­gen­wär­tiges Rechts­sys­tem zu­sam­men­bricht.

Dem Mör­der kann man dann nicht mehr vor­wer­fen, er sei ver­ant­wort­lich für seine Tat. Er ist le­dig­lich ein Opfer der Um­stän­de, die er nicht selbst zu ver­ant­wor­ten hat.“

„Inwiefern, Carolin?“

„Wegen unbekannter neuro­naler Pro­zes­se. Es scheint ihm nur so, als ha­be er Wahl­frei­heit, weil er ja bei­de Mög­lich­keiten sieht – zu mor­den oder nicht zu mor­den. Der Ursprung der Motivation, die je­wei­lige Nei­gung, bleibt im­mer in ge­wis­sem Sinne mys­te­riös und lässt sich nicht wei­ter hin­ter­fragen.“

„Ich bin Ihnen sehr dank­bar für die­se Klar­stel­lung, Ca­ro­lin. Sie zeigt al­len un­ser gan­zes theo­re­ti­sches Di­lem­ma und den ein­zig denk­ba­ren Aus­weg da­raus …“

Carolin lehnte sich zufrieden zu­rück. Sieg nach Punk­ten!, dach­te sie. Da­mit ist Anna aus dem Spiel und als klei­nes Dum­mer­chen ausge­knockt …

Nach diesem Kraftakt gönnte sie sich erst ein­mal eine Aus­zeit.

Sie atmete tief durch und ging den Weg zwi­schen den Hoch­haus­tür­men der Uni­ver­sität, dem Zis­ter­zien­ser­klos­ter und dem Haus ih­rer El­tern hi­nun­ter zum Fluss.

Das Wet­ter war win­terlich, aber ein selt­sam flir­ren­des Licht wie sonst nur im späten Früh­jahr schob sich von den Hü­gel­käm­men über den Stau­see zum Fluss­ufer. Dar­über die un­wirk­li­che Bläue des Him­mels.

Carolin war froh, wieder drau­ßen in der Na­tur zu sein und ih­ren geis­tigen Kraft­akt erst ein­mal hin­ter sich ge­bracht zu ha­ben. Das al­les war zwar wich­tig, aber auch an­stren­gend, und es erfor­derte viel Ener­gie, die sie jetzt eigent­lich eher da­für brauchte, C. H. da­zu zu brin­gen, ge­nau das zu tun, was sie wollte …

Unten an der Brücke fiel ihr ein, dass sie ver­ges­sen hatte, ihn da­nach zu fra­gen, ob er Ro­bert bei sei­nem rät­sel­haf­ten Fall mit den Frau­en ohne Ge­dächt­nis als Pro­fi­ler hel­fen könn­te.

Sie wählte Hollandos Num­mer und er nahm so­fort ab.

5

Stelldichein

„Wenn Sie mit mir heute Abend essen ge­hen?“, fragte Hol­lan­do. ­„Zum Bei­spiel ins Pa­rea? Liegt ganz in der Nä­he oben auf dem Hü­gel … viel­leicht ein Surf ’n’ Turf, das ist eine Spe­zia­li­tät mit Scam­pi und Ka­pern?“

„Hört sich verlockend an“, sagte Caro­lin. „Und wie komme ich zu der un­ver­hoff­ten Ehre?“

„Sie wissen, dass ich schon lange kein ope­ra­tiver Fall­ana­ly­tiker mehr bin. Keine Ah­nung, ob ich Ih­nen hel­fen kann. Aber Sie ha­ben mich wäh­rend un­serer Dis­kus­sion im Se­mi­nar neu­gie­rig ge­macht …“

„Mein Bruder Robert sagt, dass der poli­zei­liche Mel­de­dienst al­ter Art so gut wie tot ist und durch neue Ana­lysever­fah­ren wie Tä­ter­pro­filing und Tä­ter­prog­no­sen er­gänzt wer­den muss. Und ge­nau auf dem Ge­biet sol­len Sie ja mal füh­rend ge­we­sen sein? In Ro­berts Fall geht es um vier Frau­en, die auf rät­sel­hafte Wei­se ihr Ge­dächt­nis ver­lo­ren ha­ben. Eine ist in­zwi­schen ver­stor­ben.“

„Und Sie glauben, das wäre das rich­tige The­ma für einen kurz­wei­li­gen Abend im Pa­rea?“

„Der Täter hat der Verstor­be­nen ein Auge her­aus­ope­riert und es an ei­ner dün­nen Kunst­stoff­schnur über den Al­tar von St. Ma­ria Mag­da­le­na ge­hängt. Ziem­lich ab­ge­dreht, oder? So et­was pas­siert doch nicht ohne be­son­de­ren Grund?“

„Oh, dieser Fall, ja … ich habe da­von in den Zei­tun­gen ge­le­sen.“

„Glauben Sie, dass durch Pro­fi­ling Schluss­fol­ge­run­gen mög­lich wä­ren, in ir­gend­einer Wei­se auf den Tä­ter zu schlie­ßen? Auf seine Schwä­chen und Mo­tive? Auf sei­ne Sicht des Le­bens? Viel­leicht so­gar auf sei­ne Iden­tität?“

„Sie meinen, auch für Progno­sen, wie er sich wei­ter ver­hal­ten wird?“

„Zum Beispiel, ja.“

„Seltsamer Zufall, das Pa­rea liegt von St. Ma­ria Mag­da­lena gar nicht weit ent­fernt …“

„Auch die Frauen wurden alle in der nä­he­ren Um­ge­bung auf­ge­grif­fen, un­ten am Fluss oder Stau­see. Als gä­be es da ir­gend­eine selt­same Af­fi­ni­tät zum Was­ser. Das macht es al­les nur noch mys­teri­öser …“

„Ich weiß wirklich nicht, ob ich Ih­rem Bru­der hel­fen kann. Ver­spre­chen Sie sich also nicht zu viel. Aber sei’s drum. Darf ich Sie mit dem Ta­xi ab­ho­len las­sen?“

Carolin war nervös wie ein Tee­nager beim ers­ten Da­te, als seine Taxe vor dem Re­s­tau­rant hielt …

C. H. musste sie durch die Schei­ben ge­se­hen ha­ben, denn er kam eilig aus dem Lo­kal und zahl­te beim Fah­rer, ehe sie wi­der­spre­chen konnte.

„Das war doch nicht nötig …“

„Einladung ist Einladung. Ich bin lei­der mo­men­tan nicht mo­to­ri­siert und für einen eige­nen Dienst­wa­gen nicht mo­bil ge­nug. Wahr­schein­lich wirkt da im­mer noch das kar­ge Le­ben in der Klos­ter­zel­le nach …“

Hollando lachte und legte vorsichtig sei­nen Arm um ihre Hüf­ten.

Dann steuerte er zielstre­big auf einen Tisch na­he der Ve­ran­da zu, dessen Blick in Rich­tung Tal ­ging.

„Ich liebe Palisanderholz“, sagte er und strich mit der Hand­fläche über die röt­li­che Tisch­plat­te. „Mög­lichst mas­siv.“

Während des Essens war er aus­ge­spro­chen char­mant. Ein rich­ti­ger Dampf­plau­de­rer, dach­te Ca­ro­lin. Was für ein Mann! Ge­bildet, zu­vor­kom­mend, auf­merk­sam, ein­fühl­sam. Falls die Frauen bei ihm Schlange stan­den, dann ließ er sich das nicht an­mer­ken.

„Haben Sie eigentlich nie daran ge­dacht zu hei­raten, Pro­fessor?“

„Die Ehe ist wohl eher so etwas wie ein Trick, eine Irre­füh­rung der Natur, um Nach­kom­men zu zeu­gen, indem sie uns über net­te Bezie­hungsge­fühle moti­viert. Die nut­zen sich al­ler­dings schnell ab – an­ders als Angst vor Ein­sam­keit …

Aber je nach­dem, wie Sie als Mensch emo­tional ge­strickt sind, lenkt die Tan­dem- statt Single-Vari­ante uns leicht von wich­tigen Zie­len ab, erst recht, wenn man einen in­ter­es­san­ten Job hat. Statt­des­sen müs­sen wir stän­dig Aus­kunft ge­ben, ob Sauer­braten oder Nu­deln, Meer oder Berge, Mallorca oder Bayern. Das ver­braucht Ener­gie und kostet Kraft.“

„Es gibt bisher vier Opfer“, sagte Carolin, als ih­nen der Wirt Grappa zum Nach­tisch reichte, und brei­tete ein paar Fo­tos auf dem Tisch aus. „Eli­sa­beth Her­schel, Nonne, in­zwi­schen ver­stor­ben, Va­nes­sa Roth, Man­ne­quin, Eri­ka Haard, Frau­en­recht­lerin und Manu­ela Win­ters, eine Kom­mi­li­to­nin – alle oh­ne Gedächt­nis. Doch so weit ich mich auch in der ein­schlä­gi­gen Lite­ra­tur umse­he, finde ich kei­nen Hin­weis da­r­auf, wie man ge­zielt das Ge­dächt­nis aus­lö­schen kann, oh­ne da­bei auch die Sprach­fä­hig­keit und an­dere kog­ni­tive Funk­tio­nen zu be­ein­träch­ti­gen.“

Professor Hollando nahm jedes Bild ein­zeln zur Hand.

„Nicht besonders aussagekräf­tig“, sagte er. „Bes­ser wäre es, wenn ich die Op­fer mal per­sön­lich in Augen­schein neh­men könn­te.“

„Das würden Sie für Ro­bert tun?“, fragte Ca­ro­lin. „Seine Ermitt­lun­gen tre­ten näm­lich auf der Stelle.“

„Prinzipiell gibt es zwei Mög­lich­kei­ten, ent­we­der phy­sisch auf das Ge­dächt­nis ein­zu­wir­ken – das setzt spe­zielle Kennt­nis­se und Fä­hig­kei­ten vor­aus – oder men­tal.

Bei einer professionellen Ge­hirn­wä­sche wird die Iden­ti­tät des Op­fers ausge­löscht, es soll jede Er­in­ne­rung an sein frü­he­res Le­ben ver­ges­sen. Das ge­schieht durch Iso­la­tion, feh­lende Reize der Au­ßen­welt, Dun­kel­heit, stän­di­ge Fol­ter und De­mü­ti­gungen. Das Krank­heits­bild ent­spricht da­nach einer disso­zi­a­tiven Stö­rung.“

„Forscht man nicht inzwischen auch daran, durch Sti­mu­la­tion be­stimm­ter Hirn­be­reiche völ­lig neue Er­in­ne­run­gen zu schaf­fen?“

„Richtig, ja. Aber bisher ist das erst bei Mäu­sen ge­lun­gen. Die hat­ten da­nach Vor­lie­ben für einen be­stimm­ten Ort. Und sol­che künst­lich ge­schaffe­nen Er­inne­run­gen blie­ben ebenso sta­bil wie ech­te Er­fah­run­gen.“

„Glauben Sie, dass der Täter den Frauen nur des­halb ihr Gedächt­nis ge­nom­men ha­ben könn­te, um sie nicht tö­ten zu müs­sen?“, frag­te Ca­rolin.

„Damit es keine Zeugen für seine Tat gibt? Ja, das wä­re denk­bar, un­ge­wöhn­lich zwar, aber mög­lich.“

„Und warum sollte er Skrupel ha­ben, sie zu tö­ten?“

„Keine Ahnung, gute Frage …“

Carolin nahm Erika Haards Foto zur Hand. „Schau­en Sie mal, wenn man das Bild schräg ins Licht hält, sieht man an der Haut über ih­rem rech­ten Ohr einen schwa­chen bläuli­chen Strei­fen. Könn­te der von einer Schä­del­öff­nung her­rüh­ren?“

„Möglicherweise, ja. In der Vertie­fung hin­ter dem Ohr ist ein leich­te­rer Zu­gang zum Ge­hirn.“

Professor Hollando winkte dem Kell­ner und zahl­te. We­nig spä­ter kam der Chef des Re­stau­rants mit zwei in Ge­schenk­pa­pier ein­ge­schla­genen Fla­schen Grap­pa an ih­ren Tisch.

„Sonderabfüllung als kleines Dan­ke­schön, dass wir heute einen so be­rühm­ten Gast bei uns be­grü­ßen durf­ten …“

Draußen am Wagen öffnete Hol­lando die Tür, ver­beug­te sich und küss­te ga­lant Caro­lins Hand – nur so leicht, dass seine Lip­pen ge­rade ih­ren Hand­rü­cken be­rühr­ten. Beim Ein­stei­gen beug­te er sich zum Fah­rer hin­über und flüs­terte ihm et­was zu, das sie nicht ver­stand.

 

Fahren wir zu dir oder zu mir, Ce­sare?, dachte sie. Mal se­hen, was er sich ein­fal­len lässt …

Während der Fahrt saß er ruhig ne­ben ihr und blick­te ge­dan­ken­ver­loren hi­naus in die Dun­kel­heit. Ob­wohl sie kei­nen Kör­per­kon­takt hat­ten, war es, als spü­re sie Cesa­res Herz­schlag …

Dann tauchte auch schon wie von Geis­ter­hand das Haus ihrer El­tern vor ih­nen auf. Sie konnte sich nicht erin­nern, die Ser­penti­nen zum Berg hoch­ge­fah­ren zu sein. Ein selt­sam un­wirk­li­ches Erleb­nis, als sei die Zeit plöt­zlich ste­hen ge­blie­ben.

„Sagen Sie Ihrem Bruder, er soll mich an­rufen, da­mit ich mir die Frau­en mal ge­nauer an­se­hen kann“, bat Hol­lando und stieg aus, um Caro­lin die Bei­fah­rer­tür zu öff­nen.

Was zum Teufel sollte das denn be­deu­ten? Sie klet­terte irritiert aus dem Wa­gen.

Hol­lando war wieder ein­ge­stie­gen und reichte ihr die Fla­sche aus dem herun­ter­ge­kur­bel­ten Fens­ter. Er hob grü­ßend die Hand – dann gab er dem Fah­rer ein Zei­chen. Wenig später bog sein Wa­gen auch schon in Rich­tung See­ufer ab.

Carolin starrte ratlos den Rück­lich­tern nach.

Dann at­mete sie zwei, dreimal tief durch, holte weit aus und schleu­der­te die Fla­sche den Hang hin­un­ter …

In der Dunkelheit hör­te sie Glas zer­sprin­gen.

Nach diesem desaströsen Abend hatte sie wieder ihr mor­gend­liches Lauf­trai­ning auf­ge­nom­men. Vor dem Früh­s­tück musste sie erst ein­mal Dampf ab­las­sen, Sport war dafür ein ausgezeichnetes Mittel.

Über dem Flusstal lag noch Ne­bel. Carolin mied den Rad­weg un­ter­halb der Stau­mauer und lief den Tram­pel­pfad am Was­ser ent­lang, manch­mal auch in den schma­len Gras­nar­ben seit­lich da­von – wie, um sich selbst zu be­wei­sen, dass sie sich un­ter Kon­trol­le hatte.

Schweißperlen liefen ihr übers Gesicht, das Blut pochte in den Adern und mit jedem Meter spürte sie, dass es ihr schon bes­ser ging.

Mach dich nicht lächerlich, dachte sie, wäh­rend sie am Ufer ent­langtrabte. Du bist wie ein ent­täusch­tes Ka­nin­chen, das die Mohr­rü­be nicht be­kom­men hat …

Einen Augenblick später entdeckte sie das Mädchen auf dem Stau­wehr …

Es moch­te etwa zwölf oder drei­zehn Jah­re alt sein. Trotz der mor­gend­li­chen Kälte trug es nicht viel mehr als ein dün­nes wei­ßes Un­ter­hemd, das knapp zum Knie reichte.

An der Art, wie das Kind sich bewegte, er­kannte Ca­ro­lin, dass ir­gendet­was nicht stimm­te. Es war die glei­che des­orien­tierte Hal­tung wie bei den drei Frau­en in Ro­berts Film.

Sie machte blitzschnell auf dem Ab­satz kehrt und lief zu­rück zum Wehr …

Das Mädchen stand an der Stein­kante und starr­te ins Was­ser.

Herr hilf …, dachte Carolin. Lass sie nicht sprin­gen

„Hallo“, murmelte sie, um sie von ihrem Plan ab­zu­len­ken. „Schö­ner Tag heute? Kannst du mir viel­leicht hel­fen? Ich glau­be, ich habe mich ver­irrt …“

Sie wandte sich nach ihr um und starr­te sie aus­drucks­los an. Es schien, als ver­su­che sie zu spre­chen.

Plötzlich kam sie auf Carolin zu, um­arm­te mit bei­den Hän­den ihre Hüf­te und leg­te den Kopf an ihre Brust.

Ein unmerkliches Zittern lief durch ihren Kör­per.

„Schon gut … alles in Ord­nung“, sag­te Ca­ro­lin.

Sie versuchte sich zu lösen, aber das Mäd­chen hielt sie mit bei­den Hän­den fest um­klam­mert.

„Sagst du mir deinen Namen?“

Keine Antwort …

Sie spürte ihren Atem, ihre Anspannung.

Carolin strich ihr über die Stirn – und dann mit einer müt­ter­lichen Geste über das hell­blon­de Haar. „Ver­stehst du mich? Kannst du spre­chen? Wo wohnst du?“

Dabei suchte sie das Ufer bis zur Staumauer ab, aber außer ihnen war niemand zu sehen.

„Du hast vergessen, wo du wohnst?“

Das Mädchen schüttelte den Kopf.

„Macht nichts … wird dir schon wie­der ein­fal­len.“

Sie blickte Carolin nur schwei­gend mit weit auf­ge­risse­nen Augen an.

Großer Gott …! War das womöglich ein weiteres Opfer?

„Ich bringe dich jetzt in meine Woh­nung. Da kannst du früh­stü­cken, dich du­schen und ein we­nig aus­ru­hen. Viel­leicht fin­de ich auch ein paar Sa­chen für dich, die dir pas­sen. Da­nach se­hen wir wei­ter, ein­ver­stan­den?“

Sie griff nach der Hand des Mäd­chens und zog sie vom Wasser weg in Rich­tung Ufer.

„Mein Haus ist oben auf dem Hü­gel, di­rekt an der Straße. Siehst du den Fels­stein­bau mit dem Schie­fer­dach, gleich ne­ben den ho­hen Bäu­men?“

„Ein schönes altes Haus“, sagte das Mäd­chen.

„Es gehörte meinen Eltern …“

„Leben deine Eltern noch?“

„Nein, sie sind bei einem schreckli­chen Ver­kehrs­unfall ums Le­ben ge­kom­men.“

„Oh, das tut mir leid. Und wo liegen sie be­graben?“

„Na, wie alle Menschen – auf dem Friedhof.“

Allerdings hätte Robert es vorgezogen, ihre El­tern nicht auf dem städ­ti­schen Fried­hof, sondern lieber in einem Ur­nen­grab ihres Gar­tens zu beerdigen. Aber das war leider zurzeit noch nicht erlaubt.

„Und gehst du deine Eltern oft besuchen?“

Carolin nickte nur und legte den Arm um ihre Schul­tern.

Fürch­ter­li­cher Ge­dan­ke, sie könnte das Glei­che durch­ge­macht haben wie die an­de­ren Op­fer. Und erst recht die Vor­stellung, dass Ro­bert ihr beim Ver­hör mit den­selben bra­chi­a­len Me­thoden zu­set­zte …

Aber Carolin hatte noch keine Ahnung, wie sie das Mäd­chen da­vor be­wah­ren sollte. Ver­ste­cken in ihrer Woh­nung? Wie lange wür­de das im selben Haus gut ge­hen? Und später?

Ro­bert ver­fügte über den Spür­sinn des gebo­re­nen De­tek­tivs. Er bemerkte an kleins­ten An­zei­chen, dass ir­gend­et­was nicht stimm­te. Und wenn sie das Mäd­chen in die Ob­hut eines Heims gab, wür­de es an­ge­sichts des Aufse­hens, das der Fall mo­men­tan in der Pres­se er­regte, schnell in Ver­dacht ge­raten, ein wei­te­res Op­fer zu sein.

Ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll, dachte sie rat­los.

Womöglich wuss­te Cesare Hollando ja Rat? Sie konnte auch ver­su­chen he­raus­zu­fin­den, ob je­mand in der Um­ge­bung ver­misst wurde. Viel­leicht fand sie so die Fa­mi­lie des Mäd­chens?