Peregrinatio Compostellana anno 1654

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

CHRISTOPH GUNTZINGERS PILGERREISE NACH SANTIAGO DE COMPOSTELA IM JAHRE 1654/55

Gottliebender Leser!

Wer meine nach Santiago unternommene Pilgerfahrt auf die von mir begangenen Sünden zurückführt, mutmaßt nicht ganz falsch. Es gab aber noch weitere Gründe dafür, die ich kurz darlegen möchte: Meine liebe Mutter (deren Seele Gott in Gnaden aufnehmen möge) bekam irgendwann von einem Jakobspilger eine Muschel. Ich war damals ein etwa sechs Jahre alter Knabe und lag mit starkem Fieber krank darnieder. Da alle natürlichen Heilmittel nichts fruchteten, gab sie mir aus der Muschelschale reines Brunnenwasser zu trinken. Und ich sage die Wahrheit: In diesem Augenblick schwanden alles Fieber und Krankheit. Damals konnte ich dies nicht zur Gänze verstehen, doch heute bin ich 40 und das Ereignis ist so frisch in meiner Erinnerung, als hätte es sich erst vor einem Jahr zugetragen. Schon seit meinem 18. Lebensjahr trage ich den starken Wunsch in mir, mich wenigstens einmal in meinem Leben in Santiago einzustellen und dem heiligen Jakobus, dem von Gott gesandten Bewahrer meines Lebens, meine Aufwartung zu machen.

Nach meiner Rückkehr (an die kaum jemand glaubte) befinde ich mich, wie auch jeder, der mich kennt, bestätigt, in einer besseren körperlichen Verfassung als jemals zuvor. Gott sei Ehr und Dank.

Weiters kann ich berichten, dass jedes Jahr, an dem der 25. Juli auf einen Sonntag fällt, in Compostela als Jubeljahr gefeiert wird, wie es in Rom alle 25 Jahre der Fall ist. Dass ich mein kompostelanisches Reisebüchlein, ein gar gering zu achtendes Werk, dank seinen bischöflichen Hochwürden und Gnaden zu Neustadt in Österreich mich untertänigst zu schreiben anschicke, hat nicht zum Grund, dass ich mir einbilde, ihm damit nützlich zu sein. Ich will einfach dankbaren Herzens von dieser wirklich vollzogenen Reise gehorsame Rechenschaft leisten.

So wie ich mich manchmal der lateinischen Sprache bediene, so sind auch die Namen der Städte und aller Orte in Italien, Hispanien und Frankreich in lateinischen und nicht in deutschen Buchstaben verzeichnet. Sollte also manch einer nicht nur in Deutschland, sondern auch in Galicien zu pilgern gedenken, so hoffe ich, dass ihm dieser aus liebendem Herzen kommende Bericht von Nutzen sein möge. Diesem in brüderlicher Liebe ergeben, den Heiligen Gottes aber und zuallererst seiner höchsten Majestät höchste Ehre schuldend, habe ich es gewagt, ihn treuen Herzens in Druck zu geben. In der tröstenden Hoffnung, der gutherzige Leser werde es wohlmeinend aufnehmen und an den heiligen Pilgerstätten, die er aufsucht, meiner gedenken.

Ich hoffe auch, er möge sich mit dem im Bericht enthaltenen Verzeichnis zufriedengeben und sich keine förmliche Beschreibung der Länder, Städte, politischen Gubernamenten (Anm.: Regierungen) und dergleichen mehr erwarten. Und auch keine Kuriositäten (Anm.: Besonderheiten), die einem Wallfahrer nit auffallen, noch weniger, wenn er die Reise in einem Dreivierteljahr absolviert. Dir befehle ich mich, mein Leser, auf dass du mich Gott befehlen wollest.

VERZEICHNIS DER HINREISE VON WIENER NEUSTADT IN ÖSTERREICH NACH ST. JAKOB IM SPANISCHEN LAND GALICIEN

Legende der Zeichen und Bedeutung der Buchstaben:


Wallfahrt oder namhaftes Gotteshaus
N (Nota) Warnung
I lange Meile (7,5 km)
k kurze Meile
leg leg (legua = spanische Meile, ca. 4 km)
wM welsche Meile

Guntzingers Text kommt gleich nach den Ortsnamen und ist eingerückt, mein Text kommt nachher und hat ein anderes Schriftbild.

ERSTER ABSCHNITT: ÖSTERREICH

AUFBRUCH AM 1. MÄRZ VON WIENER NEUSTADT

NEUKIRCHEN, 2 I

manche nennens Neunkirchen

GLOGGNITZ, 1 I

SCHOTTWIEN, 1 I

von da über den Semmering, wo die Grenze zwischen Österreich und der Steiermark verläuft.

Gleich am Beginn seines Berichts fällt mir auf, dass sich Guntzinger mit der Aufzählung der Orte begnügt, durch die er kommt. Das ist verständlich, da er ja wirklich nur auf der Durchreise war und wohl kaum die Zeit oder die Möglichkeit hatte, zu weiterführenden und interessanten Informationen zu gelangen. Andererseits stellt sich mir die Frage, ob dies überhaupt in seiner Absicht lag. Heute gehören derartige Informationen zu einem guten Reisebericht, aber vielleicht genügte es zumindest Guntzinger, den Schwerpunkt seines Berichts auf die Beschreibung seiner Reiseroute im engeren Sinne zu legen und, wenn überhaupt, nur Informationen vor allem praktischer oder religiöser Natur zu liefern.


Der Dom von Wiener Neustadt


Die Jakobskirche von Krieglach

Ich habe jedenfalls mehr Zeit als der Prälat. Erstens bin ich schneller unterwegs und zweitens möchte ich meine Spurensuche auf mehrere Jahre verteilen. So werde ich in der Lage sein, mir wichtig und interessant erscheinende Hintergrundinformationen zu recherchieren. Und dadurch gelingt es mir vielleicht sogar, andere dazu zu „verführen“, diese faszinierende Reise, oder Teile davon, auf den Spuren des oberösterreichischen Prälaten zu unternehmen ...


Spital am Semmering

SPITAL AM SEMMERING, 1 l

Schon der Name verrät es: Der Ort entwickelte sich um ein Hospiz, das der steirische Markgraf Ottokar III. 1160 für Reisende und Pilger (damals meist synonym), die den Semmering überquerten, gründete. Die zum Hospiz gehörende Kirche, ursprünglich ein romanischer Bau, wurde 1163 zur Pfarrkirche geweiht. Sie erfuhr im Laufe der Zeit mehrere bauliche Veränderungen (die letzte war die Umgestaltung der Fassade zu Beginn des 20. Jh.) und wurde 1331 dem Zisterzienserkloster Neuberg unterstellt, zu dem sie bis zu dessen Auflösung 1786 gehörte. Die Kirche mit dem Platz rundherum hat eine besonders gute Ausstrahlung, es ist ein Platz zum Verweilen ...

Warum Guntzinger, ein glühender Marienverehrer, die Frauenbrunnkirche nicht erwähnt, die zu seiner Zeit Ziel vieler Wallfahrten war und für einige Jahrzehnte sogar Mariazell an Bedeutung überragte, ist mir ein Rätsel. Vielleicht war sie ihm auf Grund der Nähe zu seiner Wirkungsstätte Wiener Neustadt zu vertraut, vielleicht – es ist der erste Tag seiner Reise – entwickelte sich die Schwerpunktsetzung seines Berichts erst im Laufe der Zeit. Wie auch immer, im Zuge der josephinischen Reformen (1780) wurden die Wallfahrten verboten und die Frauenbrunnkirche säkularisiert. Nach und nach wurde sie abgetragen, heute steht an ihrer Stelle das Schulhaus.

MÜRZZUSCHLAG, 1 l

Da der Ort im 17. Jahrhundert vermutlich ein kleines, unbedeutendes Nest war, hat Guntzinger nichts darüber berichtet. Dies hat sich im 19. Jahrhundert gewaltig geändert. Da ist einmal der Bau der Südbahn, die den Ort zum Eisenbahnknotenpunkt machte. Er wurde 1844 mit der Strecke Mürzzuschlag–Graz begonnen, erreichte mit der Semmeringbahn 1854 nicht nur den geographischen Höhepunkt und wurde 1857 mit der Inbetriebnahme der Strecke Wien–Triest abgeschlossen. Dieser Erfolgsgeschichte ist am Bahnhof der Stadt ein ganzes Museum gewidmet.

Der große steirische Volksdichter Peter Rosegger (1843–1918) hatte sein Stammlokal in der „Alten Ratsburg“ (1382 als herzogliches Gutsamt errichtet), dem wahrscheinlich ältesten Haus der Stadt. Heute befindet sich dort das „Roseggerstüberl“, das als kleines Museum zu Ehren des Dichters eingerichtet wurde.

Schließlich erinnert das Brahms-Museum an den Komponisten, der in Mürzzuschlag die Sommer 1884 und 1885 verbrachte. Hier entstanden über dreißig Lieder und Chorwerke, vor allem aber seine vierte Sinfonie. Den in Krieglach schaffenden Rosegger besuchte Brahms von hier aus zu Fuß.

KRIEGLACH, 2 l

Die erste Jakobskirche (frühgotisch) auf Guntzingers langer Reise. Nicht jede Jakobskirche ist ein Hinweis auf eine Pilgerroute, aber die Lage dieser am Fuß des seit der Frühzeit begangenen Semmering und auch ihr Baujahr (1230), das mit dem Beginn der Blütezeit der Jakobswegtradition im Alpenraum zusammenfällt, lassen diesen Schluss zu. In der Sakristei können wir das berühmte „Weltgerichtsfresko“ (1420) bewundern. In Krieglach hielt sich Rosegger am liebsten auf, hier ist er auch begraben. Sein Geburtsort Alpl, die „Waldheimat“, liegt nur neun Kilometer entfernt.

 

WARTBERG

Die barocke Pfarrkirche des kleinen Dorfes hat einen äußerst seltenen Patron. Der hl. Erhart war um 700 Bischof von Regensburg, gründete in den Vogesen (Elsass) sieben Klöster, taufte die hl. Ottilie und genoss schon früh große Verehrung im Volk.

KINDBERG, 1 l

Der Marktflecken an der Mürztalstraße war seit dem Mittelalter ein bedeutendes Zentrum der steirischen Sensenerzeugung, das letzte Sensenwerk wurde erst 1925 geschlossen. Der Hauptplatz mit den reich geschmückten und bemalten Häusern aus dem 17. und 18. Jahrhundert zeugt vom Reichtum des Ortes. Die frühgotische Pfarrkirche St. Peter und Paul (1223) wurde nach einem Brand im 18. Jahrhundert im barocken Stil neu gebaut.

BRUCK AN DER MUR, 3 l

Die Bedeutung des Verkehrsknotenpunktes am Zusammenfluss von Mur und Mürz geht bis ins 9. Jahrhundert zurück. Doch „erst“ im 12. Jahrhundert entstand aus einem salzburgischen Gutshof und einer Ruprechtskirche die Siedlung, die sich rasch zu einer wichtigen Handelsstadt entwickelte. Im 16. Jahrhundert war Bruck Zentrum des steirischen Protestantismus, was zur Folge hatte, dass die strengen Maßnahmen der Gegenreformation die Stadt besonders hart trafen. Erst die Eröffnung der Südbahnstrecke führte zu einem neuen wirtschaftlichen Aufschwung. Unter den kirchlichen Bauten sind die Stadtpfarrkirche (romanisch-gotisch), die spätgotische St.-Georgs-Kirche (16. Jh.), die frühgotische Kirche Maria im Walde (12. Jh., Wandmalereien 13. Jh.) und die Ruprechtskirche (11. Jh., auch mit einem „Weltgerichtsfresko“ von 1420) besonders hervorzuheben. Unter den zahlreichen schönen Bürgerhäusern der Stadt ragt das von vielen als schönstes spätgotisches Bürgerhaus Österreichs bezeichnete „Kornmesserhaus“ (1499–1505) am Hauptplatz heraus.

LEOBEN, 2 l

Die heute zweitgrößte Stadt der Steiermark liegt wie eine große Wasserburg auf einer von der Mur umflossenen Landzunge. Aus der Siedlung des 12. Jahrhunderts entwickelte sich, stark gefördert durch Mauteinnahmen und Stapelgebühren für alle Eisenwaren aus Vordernberg sowie bedeutende Eisenverarbeitungsbetriebe (Hammerwerke, Waffenschmiede) vor Ort, eine reiche Stadt. Wie Bruck war Leoben im 16. Jahrhundert vorwiegend protestantisch und bekam die Gewalt der Gegenreformation bitter zu spüren. Deren wichtigster Träger war der Jesuitenorden mit einem eigenen Kolleg, der auch die neue Stadtpfarrkirche erbaute (1660–1665). Guntzinger kam also gerade zum Höhepunkt der Gegenreformation durch ein von Protestanten (für ihn, den katholischen Priester, waren sie Ketzer) stark geprägtes Gebiet. Dass ihn die Jesuiten gerade 20 Jahre vorher besonders beeinflusst hatten, steht wohl außer Frage. Vielleicht ist dies der Grund, warum er darüber kein Wort verliert, denn die Dinge waren ja wieder so, wie sie sein sollten.

Leoben, Sitz der montanistischen Hochschule, ist mit seinem historischen Stadtkern, der alten Pfarrkirche (12. Jh.), der Stiftskirche (13. Jh.) mit ihrer frühromanischen Krypta sowie der Bischofskapelle (13. Jh.) mit ihren sehenswerten Fresken auf jeden Fall einen Besuch wert – dessen Abschluss wir im Stadtteil Göss gebührend feiern können. Im ehemaligen Benediktinerinnenstift von Göss (ältestes Stift der Steiermark, gegr. 1020, aufgelöst 1782), wird heute ein köstliches Bier gebraut.

KNITTELFELD, 4 l

Von Leoben bis hierher fast ausschließlich ein grober Weg im engen Tal, bis zu dem herrlichen Schloss Kaisersberg, wo sich das Tal etwas weitet.

Der Industrieort (Zentrum der Sensenerzeugung) wurde 1224 planmäßig angelegt und erhielt schon 1302 das Stadtrecht. Die stark befestigte Stadt wehrte erfolgreich die Angriffe der Türken ab, litt aber, wie Bruck und Leoben, sehr unter der Gegenreformation. Die drei Orte waren Zentren des Protestantismus. Die Rekatholisierung wurde oft mit militärischer Gewalt erzwungen, besonders Widerspenstige wurden vertrieben. An diese Zeit erinnert die „Lutherstiege“, eine Holzstiege in der Stadtmauer. 1480 ursprünglich für die Herren von Ainbach gebaut, damit diese direkt in die Stadt gelangen konnten, half sie später den Protestanten, die Stadt heimlich zu betreten. Die spätgotische Pfarrkirche Johannes der Täufer (15. Jh.) wurde 1945 durch einen Bombenangriff fast zur Gänze zerstört, der Neuaufbau erfolgte 1956, nur der Torbogen der alten Kirche blieb erhalten.


Leoben


Frauenburg mit der Jakobskirche

PÖLS, 3 l

ziemlich feiner Weg. Auf dem Feld stand ein doppeltes, neu errichtetes Kreuz. Wer nach Judenburg will, muss sich nach Pöls links halten.

Auf den ersten Blick klein und unscheinbar, entpuppt sich Pöls als Juwel, besonders wegen seiner Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt. Der Ort liegt an der uralten Salzstraße von Hallstatt nach Osten bzw. Südosten und wird schon 860 als Gut des Bistums Salzburg urkundlich erwähnt. Vermutlich stand hier bereits zu dieser Zeit eine kleine Kirche. Die 1147 gebaute romanische Pfeilerbasilika (mit gotischem Chor) wurde nach dem Türkeneinfall von 1480 zur Wehrkirche umgebaut und auch in den folgenden Jahrhunderten mehrfach verändert. So stammen z. B. alle Altäre sowie die Kanzel aus dem 18. Jahrhundert, während der zweigeschoßige Karner (Friedhofskapelle) unverändert romanisch blieb. Kirche, Friedhof und gotischer Pfarrhof ergeben zusammen ein beeindruckendes, harmonisches und stimmungsvolles Ensemble.


Friesach

UNZMARKT/FRAUENBERG 2 l

Die Gemeinde besteht heute aus zwei Ortschaften, von denen Frauenburg, abseits der Hauptstraße gelegen, die wichtigere ist. In der Frauenburg, die hoch auf einem Hügel über dem Murtal thront, stoßen wir auf die nächste Jakobskirche. Der Burgherr und Minnesänger Ulrich von Liechtenstein ließ sie 1252 auf einer älteren, romanischen (Wehr-?)Kirche errichten. Nicht zum ersten Mal stoße ich auf Jakobus als Patron einer Burgkirche. Dies ist damit zu erklären, dass er, bevor er zum populären Pilgerheiligen wurde (etwa ab dem 14. Jh.), zuerst Patron der Ritter war. Für diese war es nämlich eine Frage der Ehre, ihre christliche Gesinnung mit der Teilnahme an einem Kreuzzug oder einer Pilgerreise nach Rom, Jerusalem oder eben Santiago unter Beweis zu stellen. Viele dieser Burgkapellen oder -kirchen sind auch als Ersatz für eine gelobte, aber nicht vollzogene Pilgerreise oder als Dank für die gesunde Rückkehr von einer solchen gestiftet worden.

SCHEIFLING, 1 l

NEUMARKT, 2 l

Ein feiner Ort, bald danach endet bei einem Gebirgstal, durch das ein Bächlein fließt, die Steiermark.

Der Ort entstand an einer wichtigen Verkehrsverbindung vom Donauraum ans Mittelmeer aus einem schon seit 860 zu Salzburg gehörenden Gut. Dem Bau der Burg Forchtenstein im 12. Jahrhundert folgte um 1200 die Gründung des „Neuen Marktes“, die Pfarrkirche St. Katharina wurde um 1250 errichtet. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde sie zum Teil neu gebaut, sodass wir heute eine spätgotische, im Kern romanische Kirche vor uns haben. Der Einfall der Türken (1480) und Ungarn (1486) sowie die Bauernkriege (1525) gingen auch an Neumarkt nicht vorüber, und gerade die Niederschlagung der letzteren hatte zur Folge, dass in der Mitte des 16. Jahrhunderts viele Neumarkter Bürger zum protestantischen Glauben übertraten. Das Ende der Glaubensfreiheit um 1600 bedeutete jedoch, dass alle protestantischen Bürger des Marktes ausgewiesen wurden,

Zweimal brannte der Ort ab (1668 und 1813), seine Bewohner können sich also wahrlich nicht über eine ereignislose Geschichte beklagen.

FRIESACH, 2 l

Liegt schon in Kärnten. Der Wein hier kommt aus Italien. Wegen Zoll und Aufschlag teuer – aber gut.

Die älteste Stadt und zugleich eine der schönsten Städte Österreichs wurde 1124 vom Erzbischof von Salzburg gegründet und gehörte bis 1803 zu diesem, war also über Jahrhunderte Grenzstadt. Das Schloss Petersberg (11./12. Jh.) war Residenz der Salzburger Bischöfe. Hier ließen sie eine eigene Währung, den „Friesacher Pfennig“, schlagen, hier trafen sie sich mit Fürsten und Königen. Der Reichtum der bedeutenden Handels- (Zolleinnahmen!) und Handwerksstadt zeigt sich heute noch an den zahlreichen Kirchen und Klöstern, wie z. B. der Bartholomäuskirche (12. Jh.), der Dominikanerkirche (13. Jh.), der Deutschordenskirche (13. Jh.) und der Peterskirche (10. Jh.).

MÖLBLING, 2 l

ST. VEIT AN DER GLAN, 2 l

Eine schöne, aber nicht große Stadt. Die älteste und auch Hauptstadt von Kärnten, obwohl Klagenfurt wegen der dort residierenden Landstände bekannter ist.

Schon 1190 wird die Residenz der Kärntner Herzöge zur Stadt erhoben und bleibt bis 1518 Hauptstadt von Kärnten. Das Münzrecht sowie die Privilegien des Stapelrechts und des Straßenzwangs für alle Eisenerzeugnisse (solche mussten durch die Stadt transportiert werden = Wegzoll) machen St. Veit zu einer der reichsten Städte Kärntens. Die lange Blütezeit endet mit der Aufhebung dieser Privilegien 1781, erst der Anschluss an die Südbahn (1868/69) bringt einen neuerlichen Aufschwung. Der ausnehmend schöne mittelalterliche Stadtplatz mit dem gotischen Rathaus (15. Jh.) und den Bürgerhäusern sowie die Pfarrkirche (frühes 13. Jh., spätgotisch umgebaut) mit dem romanischen Karner (um 900) legen nahe, der Stadt mehr Zeit zu widmen als Guntzinger.

FELDKIRCHEN, 3 l

Warum Guntzinger in seinem Bericht das winzige Nest Mölbling (wirklich nur ein paar Häuser) nennt, aber den schon zu seiner Zeit wichtigen Markt Feldkirchen (bis 1759 Besitz des Bistums Bamberg) auch nur namentlich erwähnt, ist mir ein Rätsel. Eine mögliche Erklärung dafür ist – wieder einmal – seine tiefe Abneigung gegen die Protestanten. Die evangelische Pfarrkirche in der heutigen Bezirkshauptstadt ist ein deutlicher Hinweis auf deren Präsenz in der Stadt.

STEINDORF, 1 l

Bei diesem Ort kommt man an den Ossiacher See, der dick zugefroren ist. So dick, dass wir auch mit dem beladenen Wagen drüberfahren konnten. Wer noch nie auf diese Art gereist war, wurde vom Geräusch des krachenden Eises ganz schön in Schrecken versetzt. Die Eisbrücke erlaubte uns, binnen zwei Stunden am Kloster Ossiach linker Hand vorbeizufahren. Und auf fester Erde waren wir dann nach einer halben Meile in Villach.

Nachdem Steindorf am Ostufer des Sees liegt und der See an die elf Kilometer lang ist, war unser Prälat (in der Kutsche) eine Zeit lang wie der berühmte „Reiter auf dem Bodensee“ unterwegs – und das im März! Wie kalt muss da erst der Winter gewesen sein.


Steindorf am Ossiacher See


Die Jakobskirche von Villach

VILLACH, 2 l

Hier ließ ich im Rathaus die Fede (Anm.: Passierschein, eine Art Pass) unterschreiben, die im Stadtgericht angefertigt worden war. Sie kostete weniger als erwartet.

Aus der römischen Straßenstation am strategisch wichtigen Drauübergang entwickelte sich die im Mittelalter wichtigste Stadt Kärntens, seit 1007 ebenfalls im Besitz des Bistums Bamberg. 1759 kaufte Kaiserin Maria Theresia die Stadt wegen ihrer Lage am Handelsweg von Venedig nach Wien bzw. Innsbruck den Bamberger Bischöfen ab. Was mir als Jakobswegforscher auffällt, ist die Tatsache, dass mit Villach und seiner Jakobskirche (Vorgängerbau 12. Jh., jetziger Bau 14./15. Jh., 1526–1594 evangelische Pfarrkirche!) drei Städte auf ein und demselben wichtigen Nord-Süd-Handelsweg jeweils den Pilgerapostel zum Patron haben. Gleichzeitig liegt jene auch auf einem europäischen Jakobsweg, also einer Ost-West-Verbindung. Es sind dies Bamberg, Innsbruck und eben Villach. Für mich kein Zufall, im Gegenteil, ich werde in meiner Vermutung bestärkt, dass die Verbreitung des Jakobskultes in Mitteleuropa gezielt und planmäßig vonstattenging.

 

Arnoldstein, Klosterportal


Grenzstein in Pontebba

ARNOLDSTEIN, 2 l

ist ein Kloster. Auf einem großen Felsbrocken beim Eingang steht geschrieben: Abbas Arnoldensis und im gleichen Fels ist ein Kruzifix gehauen.

Von hieraus geht es weiter nach Thörl.

Zur Sicherung des Weges nach Italien wurden 1106 Burg und (Benediktiner-) Kloster Arnoldstein gegründet, der Ort mit der gotischen Pfarrkirche St. Lambert (1316) entstand am Fuß des Burghügels. Das Kloster wurde 1782 aufgelöst und fast genau 100 Jahre später (1883) durch einen Brand fast völlig zerstört. Erst in den letzten Jahren begann man, die Ruine zu einem Kultur- und Veranstaltungszentrum auszubauen.

THÖRL

Seit nunmehr fast 100 Jahren ist das kleine Dorf Grenzort. Seine Pfarrkirche St. Andreas (1503, ein spätgotischer Bau auf den Resten des romanischen Vorgängerbaus) steht etwas abseits auf einem Feld und birgt einige Schätze in sich: die Fresken (1480) des Thomas von Villach und den barocken Hochaltar aus dem 17. Jahrhundert.