Kostenlos

FLXX 6 | Schlussleuchten von und mit Peter Felixberger

Text
0
Kritiken
Als gelesen kennzeichnen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Tipp: Wenn die Brühe zu stark aufkocht, besteht die Gefahr, dass zu viele Emotionen freigesetzt werden, die bisher im Nudelteig eingeschlossen waren. Am Ende nur noch die souveränen Garnelen dazugeben, kurz miterwärmen und alles heiß servieren.

Dessert:

Schicksalssoufflé mit Granatapfelkernen

Zutaten für sechs Personen:

200 Gramm Quark (Topfen) mit 20 Prozent Fett

1 Esslöffel Wohlfahrtsstärke (Mais)

3 Eigelb von freilaufenden Hühnern

5 Eiweiß von selbigen

Mark von einer verarmten Vanilleschote

Schale von einer wohlgeformten Biozitrone

5 Esslöffel lebensbejahender Zucker

Pazifistische Granatapfelkerne, so viel man will

Das Rezept stammt von Michael Walzer, einem der bekanntesten amerikanischen Armenköche des 20. Jahrhunderts. Sein Restaurantansatz war beispielhaft. Denn die Gerichte waren alle kostenlos. Und wie finanziert? Nun, die Reichen ermöglichten den Armen den Genuss besonderer Essgerichte. Gerechtigkeit, so Walzer, beruhe nämlich auf dem Ansatz, dass zum Zwecke der gegenseitigen Versorgung die Güter an andere Menschen verteilt werden. So schuf Walzer eine Restaurantkette quer über die USA, in denen Haute Cuisine für Arme serviert wurde. Güterverteilung nach sozialen Gesichtspunkten rekurriert auf die unterschiedlichen Chancen, die Menschen in einer lebendigen Demokratie haben. Jede politische Gemeinschaft müsse im Prinzip als Wohlfahrtsstaat agieren. Deshalb: Soufflé für alle! Ohne kann der moderne Mensch nicht existieren. Denn allein sind wir den Gefahren und Schwierigkeiten des Sich-versorgen-Müssens nicht gewachsen. Die Menschen tun sich zusammen, weil sie je einzeln nicht leben können. Mit diesem Soufflé wird der Mensch endlich frei von Not sein. Friede den Kochtöpfen, Friede auf Erden.

Zunächst ganz friedlich Quark, Maisstärke, Eigelb, Zitronensplitter und die arme Vanille zu einem glatten Teig verrühren. Eiweiß mit einer Prise Salz und Zucker cremig schlagen. Tipp: Nicht zu fest, ganz achtsam, es soll noch glänzen. Einen kleinen Teil Eiweiß zur Soufflémasse geben, mit Schneebesen verrühren, dann restliches Eiweiß unterheben. Weiterhin sanft und friedlich bleiben. Die Form buttern und mit Mehl bestreuen, dann die pazifistischen Granatapfelkerne drauflegen. Die Soufflémasse einfüllen und im Backofen in einem weichen Wasserbad (»weiches Wasser bricht den Stein!«) rund 20 Minuten backen.

Tipp: »Keine Macht für Niemand« von Ton Steine Scherben in Endlosschleife hören, während das Soufflé gebacken wird und später auf der Zunge schmilzt! Dazu ein Süßwein vom Neusiedler See, der so flach ist, dass kein Mensch untergehen kann. Demokratie von unten!