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Der Eroberer

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Tragisches Singspiel

Die Scene ist ein Grabmaal. Die Königin Sophie15 ihr kleiner Sohn, zwey Töchter, und weibliches Gefolge

(Sie schmücken den Sarg der königlichen Leiche mit Blumenkränzen. Die Königinn sitzt in tiefer Schwermuth auf den untersten Stuffen mit ihrem Sohne.)

Chor
 
Theurer Schatten nimm die Thränen,
Die der Schmerz vom Auge preßt;
Hör der Kinder banges Stehnen,
Sieh das schwarze Trauerfest!
 
Die beyden Töchter
 
Ach! Wir suchen unsern Vater!
Schwester wein, wir sind verwaist!
 
Die Mädchen des Gefolges
 
Ach! Wir suchen den Berather;
Blick herab gekrönter Geist!
 
Alle
 
Theurer Schatten, nimm die Thränen,
Die der Schmerz vom Auge preßt;
Hör der Kinder banges Stehnen,
Sieh das schwarze Trauerfest!
 

(Die Königinn Sophie fährt auf, blickt wild um sich, und drückt ihren Sohn an den Busen.)

Soph.

 
Noch lebst du mein geliebter Sohn!
Der Tod entriß mir einen Gatten,
Und dir den Vater und den Thron!
Er ist des stolzen Siegers Lohn,
Der theure Preiß für seine Thaten.
Bald wird sein Aug uns neidisch sehn.
Bald wird die Staatskunst dich aus meinen Armen reissen.
Nein! Eh muß ich zu Grabe gehn!
Dann mag sich unser Feind auch deinen Mörder heissen.
Zuerst durchbohrt man mich,
Und dann erwürgt er dich.
 
Arie
 
O Gatte, dessen Geist mich hört!
Belohn mein zärtliches Vertrauen!
Da meine Zähren dich bethauen,
Bin ich des sanften Blickes werth.
Entreiß den Sohn den Tygerklauen!
Wirst du als Vater auf uns schauen,
So sinkt vielleicht das Mörderschwert.
 
Chor
 
Wie sich izt rings um uns der Himmel trübt?
Da liegen wir bethränt auf diesen Marmorstufen,
Und wagen es, die Gottheit anzurufen,
Daß sie uns gütig Beystand giebt.
 

(Man hört ein Geräusche. Die Gegenwärtigen zittern, und harren ängstlich den Kommenden entgegen. Das Gefolge Eduards erscheint gewafnet, die Königinn umarmet mit ängstlicher Innbrunst ihren Sohn, und die Mädchen umgeben sie)

Soph.

 
Zurück! entweicht von dieser frommen Stätte,
Wo mein gekrönter Gatte ruht!
Vielleicht verhönt ihr mich mit blutigem Gespötte?
Entflammet Euch die rächerische Wuth;
Ihr Mörder dürstet Ihr nach Menschenblut?
So kommt, und trinket erst das Meine!
Verschont den Sohn; entehret nicht Gebeine,
Dieß ist der edle Rest, der uns noch heilig ist,
Schenkt dieser Thräne Huld, die izt von neuem fließt!
 

(Eduard mit seinem Gefolge erscheint, die Königinn eilt zu seinen Füssen.)

Soph.

 
Fürst Gnade, Gnade!
 

Edu.

 
Wie göttlich schön ist sie!
So viele Reize sah ich nie!
 

Soph.

 
O sieh, wie ich mich hier in Thränen bade –
Beraub mich meiner Kinder nicht!
 

Edu. (indem er sein Antlitz von ihr wegwendet.)

 
O schönste Königinn, bedecke dein Gesicht!
Du könntest meine Tugend schwächen.
Dann will ich weiter mit dir sprechen.
 

(Sophie verschleyert sich.)

Edu.

 
Dein Schmerz ist edel und gerecht.
Ich bin ein Mensch, und ehre dein Geschlecht,
Ich schätze dich, und zähle deine Thränen.
Ich komme nicht hieher den Todten zu verhöhnen,
Weil ich sein Sieger bin; Nein, Ehrfurcht führt mich her.
Die Zähre, die ihn nezt, soll seine Thaten krönen!
Ich fällte manchen Feind, der Würdigste war er!
Ruh sanft du edle Leiche! –
Wie rühmlich floß dein Heldenlauf!
Wenn ich dir einst am Ruhme gleiche,
Und dir auch nicht an Tugend weiche;
So bin ich stolz darauf.
 

(Zur Königinn.)

Arie
 
Besteig den Thron als Königinn!
Ich schenke deinem theuren Sohne
Sein weites Reich, und seine Krone!
Wiß, daß ich Feind der Stolzen bin;
Doch die Demüthigen verschone.
Nimm diesen goldnen Zepter hin!
 
Chor
 
Preiset, und ehret ihr rühmlichen Krieger,
Den mächtigsten Helden, den tapfersten Sieger!
 

Soph.

 
Der gröste Fürst bist Du!
Der Himmel schicket uns durch Dich den Segen zu!
 

Edu.

 
Izt hab ich noch den schwersten aller Siege!
 

(Er blickt sie an, wankt, und sagt entschlossen.)

 
Lebwohl – Wir haben uns das letztemal gesehn!
Indem ich rasch aus diesem Grabmaal fliege,
Wird erst die gute Handlung schön.
 

(Er geht.)

Chor
 
Preiset, und ehret ihr rühmlichen Krieger,
Den mächtigsten Helden, den tapfersten Sieger.
 

Sendschreiben
Alsin an Eduard

 
Wie, mit Lorbern belastet, in Mitte der glänzendsten Siege
Eduard, liebst du mich noch, und schreibst mir freundschaftliche Briefe?
Wie kannst du bey soviel Geschäften die goldnen Minuten
Gütig verschenken, den Lehrer zu grüssen, der ewig dich liebet,
Dich in blutige Schlachten mit Zittern begleitet, und seufzet,
Dich mein erhabner Zögling, von Feinden umringet zu sehn?
Wie oft wünsch ich dich in die Arme der Musen zurücke;
Wie oft träum ich mich wieder in jene glückseligen Stunden,
Da ich mit dir die Lichter der Erde mit Musse besuchte;
Bald mit dem Honig der Dichtkunst, und bald mit dem Nectar der Weisheit
Deine hungrige Seele durch grosse Gedanken erquickte.
O schon damals reiften die Keime der edelsten Tugend!
Welche Wonne durchströmte mich oft, wenn zärtliche Bilder,
Sanfte Gemälde des Lebens die Thränen vom Auge dir lokten!
Freudiger schlug mir das Herz, und Hofnungen labten den Busen.
Dieser wird König! So sagt ich, wie wird Er die Erde beglücken!
O weissagend ist dieses Gefühl, und heilig die Regung!
Menschlichkeit ist die Zierde der Fürsten, die Stütze der Throne!
Dank dir allmächtiger Himmel, du hast die Lehren gesegnet!
Sieh, schon reifet mein Zögling, mein Liebling zum Fürsten der Fürsten!
Nicht durch blutige Siege, – Durch ewige Thaten des Herzens!
Thaten, die noch unsterblicher werden, wenn Er schon verweset.
Indeß die fressende Zeit die goldnen Trophäen verschlinget,
Die nur ein Denkmaal der harten Zerstörung der Menschen bereiten.
König, du weintest, so schreibst du, nach jenem berufenen Treffen;
Schick mir die Thränen, damit ich sie trinke, die göttlichen Thränen!
Eine von ihnen verdient Obelisken; die Lorbeern verwelken!
Du hast die Wunden der Feinde gesalbet. O könnt ich dich küssen!
Wie ein Vater den Sohn mit brünstigen Armen umfassen,
Dich mit Zähren des Dankes bethauen! Ich danke dir Zögling,
Du hast den Saamen der Weisheit gesammelt, gepflegt, und genähret.
Aber was soll ich vom Siege, vom herrlichsten Siege dir sagen?
Selbst der herzenzerschmelzenden Schönheit der Weiber entfliehst du!
Nimm die Krone! Sey König! Die reizende Tugend bekrönt dich!
Eduard, liebe die rühmlichen Gleise, sey immer dir ähnlich;
Sey stets ein Bruder der Menschen, ein zärtlicher Vater der Völker;
Liebe dein Vaterland mehr als die verwelkenden Palmen!
Schenk, sobald es die Staatskunst erlaubt, der Erde den Frieden;
Sey mehr gütig als groß, mehr menschlich, als unüberwindlich!
Nicht nur im Schlachtfeld ist Arbeit, der Friede hat edle Geschäfte.
Einst beglükst du die blühenden Staaten mit weisen Gesetzen;
Du verherrlichst die Städte mit Wissenschaft, steigenden Künsten,
Schönen Pallästen, die deine ruhmwürdige Kenntniß bezeichnen.
Da lebst du von Freunden gepriesen, von Bürgern verehret,
Von den Bundesgenossen geliebt, von Nachbarn bewundert.
O dieß reizende Bild verjünget mein silbernes Alter!
Dann kriech ich mit segnender Lippe zur Stufe des Thrones,
Bringe Dir lallend den Abschiedgruß, preise die selige Stunde,
Die dich der Erde zum Trost, zum süssesten Labsal geschenkt hat.
Aber zu weit verliert sich mein Geist in reizenden Träumen!
Träumen? Nein! Lebende Bilder sind dieses, du wirst sie beseelen!
Sey nur so thätig wie jener, der jede Minute beweinte,
Die nicht sein göttliches Herz durch rühmliche Handlungen schmückte.
Aber dein Anfang beweiset, daß du nicht Sekunden verlierest.
Schenk dich uns bald, mit Sehnsucht erwarten dich schmachtende Freunde:
Nicht mehr mit Briefen, mit jauchzendem Munde will ich dich begrüssen.
 

Brief
Eduard an Alsin

Zu Pferde lese ich deinen Brief, und zu Pferde schreibe ich auf meine Schreibtafel zur Antwort: Meine Feinde sind gedemüthiget, und ich komme dich kindlich zu umarmen, und dir mündlich zu sagen, wie sehr ich dir für dein warmes Sendschreiben danke, und dich liebe u. s. w.

 

Scene

Ein Saal mit den Schlachtgemälden Eduards. Eduard, einige Höflinge hernach Beliam

Edu. Der Maler versteht seine Kunst! – Lasset ihm die Originalplane geben! – (Er liest) Die unglaubliche Uebersetzung des Flusses – Die wunderbare Schlacht bey – Lasset diese schwülstigen Aufschriften weg! Sagt die Sache kurz: die Uebersetzung des Flusses, die Schlacht bey – Grosse Aufschriften machen kleine Thaten! – Albin, dir übergebe ich die Besorgung dieses Geschäftes; zieh meinen Freund Alsin in allem zu Rath. Ich kenne deinen guten Geschmack. – Beliam, was bringst du so freudig?

Beliam. Alle gute Dinge sind drey! – Das Erste ist mein Gruß! Das Zweyte ist ein wunderbares Ding, und das Dritte diese Rolle Papier.

Edu. Den Gruß nehme ich mit Dank. Das Zweyte mußt Du mir deutlicher erklären, und das Dritte will ich lesen.

Beliam. Salinia, das schönste Mädchen am ganzen Hofe, schickt mich zu dir mit diesem Briefe, und sie gab mir noch Etwas für dich. Weiser König, rathe selbsten was es ist. Ich will dirs sonnenklar beschreiben. –

Räthsel

 
Bist du mein Held wie einst Oedip bescheiden;
So löse mir das Räthsel mit Verstand!
Ein Alexander mag den Knotten schneiden,
Das zeigt nur Stolz, und eine kühne Hand.
Sprich meinen Namen aus, der allen lieblich klingt,
Von dem ein jeder Dichter singt.
Nur Gleißner nennen mich mit Stocken und Erröthen.
Bald darf ich frey in die Gesellschaft treten.
Man sieht mich gern in grossen Häusern blühn.
Bald muß ich scheu die Sonnenstralen fliehn.
Einst lebt ich brüderlich mit Freunden und Verwandten,
Bis mich die Schwesterchen verbannten.
Seitdem bin ich den Liebenden getreu,
Ich werde seltsam, aber neu.
Sehr oft misbrauchen mich Verräther.
Die Näscher machen mich gemein.
Mich hassen gar zu strenge Väter.
Den Brünstigen bin ich verächtlich, klein.
In jenen edlen Heldenzeiten,
War ich ein unschätzbarer Preis.
Ich suche den, der mich oft nicht zu schätzen weiß.
Ein andrer muß um meine Freundschaft streiten.
Ich lohne den, der mich erringen muß.
Ich lasse mir von Fürsten nicht befehlen.
Oft schenkt man mich nur mit Verdruß.
Die sind nicht thöricht, die mich stehlen.
Doch der erkennt von mir den ganzen Werth,
Der seine Liebe froh durch mich beschwört.
 
*          *          **          *

Eduard.

 
Weil ich dir doch das Räthsel lösen muß;
So sag ich dir geheim, es ist ein – Kuß!
 

Cantate
der Salinia an Eduard

Arie
 
Liebe, süß sind deine Freuden;
Mich berauschet dein Genuß.
Reiche mir den Abschiedskuß,
Denn wir müssen ewig scheiden.
Du bist flüchtig wie das Glück.
Ich befürchte deine Ränke.
Wenn ich deine List bedenke,
Beb ich scheu vor dir zurück.
 
Recitativ
 
Laß mich dem Donner rasch enteilen,
Die du dem Vater Zevs oft hämisch stihlst.
Ich weis, daß Du mit Herzen spielst,
Oft Wunden schlägst, um sie nicht mehr zu heilen;
Und dich am Menschenblute kühlst.
Ich will dein frohes Lächeln nützen,
Und fliehe scheu vor deinen Blitzen.
 
Arie
 
So lebe wohl, du süsses Götterkind!
Wir trennen uns nicht ohne sanfte Zähren,
Die nur zu sehr mein armes Herz belehren,
Wie angenehm selbst deine Fässel sind.
Izt, da ich dich aus meinem Busen reisse,
Bleibt meine Seele noch von deinen Reizen voll.
Indem ich Dir den wärmsten Dank verheisse,
Wein ich Dir noch mein letztes Lebewohl.
 
Recitativ
 
O wenn du holder Gott, auch so beständig wärest,
Als du bezaubernd bist!
Wie blühte dein Altar, den du zerstörest,
Und der der schönste Preis von deinen Siegen ist!
O Liebe, willst du mich mit fester Freundschaft küssen,
So komm mein Leben zu versüssen!
Ich schwöre dir die treusten Dienste zu.
Mein angenehmster Gott bist du.
 
Arie
 
Jauchze Geist, frohlocke Herz!
Mich begeistern edle Triebe;
Mich vergöttert izt die Liebe,
Mir lacht jugendlicher Scherz.
Amor, du bist meine Sonne,
Die mein Mund am Morgen grüßt;
Mich beseelet deine Wonne
Wenn der Mond die Tage schließt.
 

Scene bey Hofe

Der König, und sein Vertrauter Albin

Edu. Und was wäre denn der sehnlichste Wunsch deines Herzens, und meines Volkes?

Alb. Daß der beste König seinem Vaterland eine Mutter und einen Erben –

Edu. Ich verstehe dich! – Ich hasse politische Verbindungen.

Alb. Eure Majestät sind frey, und können wählen.

Edu. Die Wahl ist schwer. Die Sitten, die Charaktere des schönen Geschlechtes sind abgewürdiget –

Alb. Tugenden sind allezeit selten; aber doch zu finden.

Edu. Kennst du ein vollkommenes Weib?

Alb. Ich bin so glücklich –

Edu. Du?

Alb. Ich kann mir schmeicheln, einen solchen Schatz zu besitzen.

Edu. Du entlockst mir ein Lächeln. Mein Freund, ich wünsche dir Glück! Nähre deinen Wahn!

Alb. Auf die Treue meiner Geliebten setze ich mein Leben!

Edu. Viel gewagt! – Mann, du sprichst so dreist, daß ich Lust hätte, dich ein bischen zu demüthigen. Wir wetten –

Alb. Meine Sidia ist die Krone der Mädchen! Sie liebt mich —

Edu. Bis einer kommt, der sie bezaubert. Ich will sie dir treulos machen.

Alb. Ohne königliche Gewalt gewiß nicht!

Edu. Wir wetten also! – Dieser goldene Orden sey der Preis unserer Wette! – Ich will dir dein getreues Mädchen mit süssen Schmeicheleyen entführen. Verlierst du; so soll mein gerechtes Hohngelächter deine Strafe seyn, und du sollst dich hüten, mir ferner von Weibern zu sprechen. Komm, ich will mit dir im Garten die kleine List verabreden.

Poetische Erzählung

 
Bleibt fern von mir ihr tragischen Erzähler,
Weil euer Trauerton das Ohr erschreckt!
Ihr Schönen, die man gern mit feinem Spotte neckt,
Ich streife nur mit Lächeln eure Fehler.
Befürchtet nicht, daß Euch die Muse häßlich macht,
Wenn auch ihr kleiner Satyr lacht.
Laßt nur den Witz sich an den Mängeln üben,
Die Männer müssen Euch doch ewig lieben,
Dafür hat selbst die Frau Natur gesorgt,
Die ihren Kindern selten borgt.
Sie fodert von den Herzen strenge Steuern,
Und läßt den Pfeil der Liebe niemals feyern.
Jedoch beginnen wir; mit Gunst!
O Muse, steh mir bey, und male die Geschichte,
Denn ich verstehe keine Kunst.
Du giebst mir Stoff und Worte zum Gedichte.
Albin verschwand bey Hof, und wählte sich das Haus
Der schönen Sidia zur Zuflucht aus.
Er kömmt verstöhrt. Sein scheues Wesen
Läßt schon auf seiner Stirn ein grosses Unglück lesen.
Sie dringt in ihn; er seufzt, und schweigt.
Sie fleht so lang, bis sie ihn beugt.
Zu siegreich sind die sanften Thränen,
Besonders bey geliebten Schönen.
Vergesset nicht, daß meine Sidia
Erst achtzehn Sommer zählet!
Denn wenn ein Weib schon sechzig Winter sah,
Wird ein Versuch mit Zähren ganz verfehlet.
Albin eröfnet ihr, daß er beym König fiel,
Daß seine stolzen Feinde siegen.
Du kennst schon, sagt er ihr, der Schranzen Gaukelspiel!
Du weißt, wie leicht sie allzeit Fürsten trügen.
Mein Leben steht izt in Gefahr.
Die Flucht allein kann mich erretten.
Hier dräun mir Theureste, nur Schand und Ketten.
Warum die Flucht, rief sie, die ganz versteinert war.
Wer soll dich aus dem Arm der Liebe reissen?
Hab ich dir nicht mein Herz verheissen?
Zuerst erwürgt man mich!
Warum willst du dich von mir trennen?
Wer weiß den Aufenthalt, den nur wir beyde kennen?
Hier wohne Freund, die Wächterinn bin ich!
O dies Geheimniß soll mir nicht der Tod entlocken!
Ich werde nicht bey Martern stocken.
Du sollst durch mich gerettet seyn!
Albin umarmet sie, und willigt ein.
Er singt das Weiberlob aus froher Kehle,
Indeß ertheilt der Fürst die dräuenden Befehle,
Und will den flüchtigen Albin bestrafet sehn.
Dem Finder werden selbst Belohnungen versprochen.
Izt sollten wir nach Hofe gehn,
Da sind für Höflinge die wichtigsten Epochen,
Wenn gäh ein grosser Günstling fällt.
Wie prächtig wird sein Lebenslauf erzählt!
Schreyt nur ein Feind, so schreyen alle,
Und jeder Höfling füllt den Mund mit Galle.
Wer kann dem Geifer widerstehn?
Doch weder Haß, noch glänzende Versprechen
Entdecken unsern Schuldigen.
Die Neider konnten sich nicht rächen,
Die Scene blieb stäts ohne Blut.
So stand die Sache, das war gut. –
Von ungefähr ergötzt sich Eduard mit Jagen.
Ein Ungewitter kömmt, und überraschet ihn.
Da steht mein Fürst getauft, mit leerem Magen;
In welches Zufluchtort soll er in Eile fliehn?
Er reutet durch Gebüsch und schwere Gleise;
Doch gäh zeigt sich ein Waldpallast.
Er nähert sich dem Thor, und pocht ganz leise.
Der Pförtner fragt: Wer da? Die Antwort war: Ein Gast!
Man läßt ihn ein. Der Ruf mit schnellen Flügeln
Verbreitet sich. Der König wird begrüßt.
Und Sidia, die Frau von dieser Wohnung ist,
Eilt sich geschwind zu schmücken, und zu spiegeln,
Und läßt das Schlafgemach Albins verriegeln.
Der Leser denkt hier kritisch nach.
Sie will, denkt er, ihr theures Pfand versiegeln;
Ganz billig schließt sie das Gemach.
Jedoch die Eitelkeit will ihm nicht recht behagen;
Mir auch nicht, das will ich ganz im Vertrauen sagen.
Jedoch das reizende Geschlecht liebt Ziererey,
Vielleicht wars blosse Tändeley,
Jedoch ich eile rasch zur Sache.
Die schöne Wirthinn grüßt den Gast in seiner Sprache.
Man speist, der edle Rebensaft
Entflammt allmählich ihre Busen. –
Verlaßt mich nicht beredten Musen,
Gebt meiner Feder neue Kraft!
Zwey Herzen fühlten sanfte Triebe,
Und Eduard gestand ihr seine Liebe.
Das Herz der Könige wird nie verschmäht.
Wenn im Roman ein Held durch vierzehn Bücher geht,
Eilt ein Monarch mit Riesenschritten.
Genug die Sidia ließ sich erbitten.
Jedoch als Sieger seufzt noch Eduard.
Was nüzt ein Gut, ruft er, das man so schwer bewahrt?
Kömmt dein Albin einst wieder;
So wird mein Glück zerstört.
Der kleine Zweifel schlägt den grösten König nieder?
Ruft Sidia, die ihn mit sanftem Lächeln hört.
Wie soll ich dir den Zweifel denn entreissen?
Durch eine Probe, sprach der Gast.
Ich gebe sie, lallt sie, jedoch es reut mich fast;
Du must mir für Albin erst deine Huld verheissen.
Sein Leben – Nein! Brach hier der König ein,
So wahr ich izt den goldnen Orden fasse;
So wahr bleibt es, daß ich ihn hängen lasse!
Ein König darf kein Lügner seyn.
Die Sidia befiel ein banges Zittern.
Das Mitleid wirkt bey weiblichen Gemüthern.
O König, nimm dein Herz, und deine Grösse hin,
Rief sie als Heldin auf, es lebe mein Albin!
Ich würde Dich als seinen Mörder hassen.
So müssen wir uns denn verlassen?
Nahm ganz betrübt der Fürst das Wort
O Sidia leb wohl, ich eile fort!
Es ist, ich fühl es schon, um meine Ruh geschehen.
Ach! Hätt ich Dich doch nicht gesehen!
Ich kenne Dich zu sehr, Du liebst;
Das Herz ist schon verschenkt, das Herz, das Du mir giebst!
Ich habe Dir ein freyes Herz gegeben.
Ich dachte nur allein für Dich zu leben.
Es war ein süsser Traum. Lebwohl! Er seufzt, und geht.
Die Schöne hat bisher sehr hart gefochten.
Sie ward in einem Streit verflochten,
Bey dem kein Engel lang besteht.
Oft fielen Mädchen, die am meisten pochten.
Bleib doch zurück! Rief sie, nimm hin
Mein schwaches Herz, und den Albin!
Izt führt sie ihn mit Zittern zum Gemache.
Hier wohnt der Gegenstand von Deiner Rache!
Doch wenn Du mich mit wahrer Treue liebst,
So wirst Du mir die Zärtlichkeit beweisen,
Wenn Du sein Blut mir zum Geschenke giebst,
Laß ihn von hier in Frieden reisen!
Albin, so rief der Fürst, Du hast verspielt!
Du bist verkauft durch Deinen schönen Wächter.
Sieh Freund, so sind die hübschen Erdetöchter.
Gestehe mir, daß jede schielt!
Doch ich will meinen Schwur nicht brechen,
Und ich erfülle mein Versprechen.
Empfange zum Geschenk dieß goldne Ordensband
Aus deines Königs Hand!
Er soll, so wie ich schwur, an Deinen Nacken hängen!
Doch sey auch klug, und spiele nicht den Strengen.
Reicht Euch die Hand, versöhnet Euch,
Es war ein kleiner Liebesstreich!
Ich will mich heut bey Euch recht lustig machen,
Ihr müßt mit mir von Herzen lachen.
Was thut Albin? – Er nimmt sein Mädchen an,
Denn er war stäts ein guter Mann,
Das sag ich ihm zu seinem Lobe.
Doch setzt er sie nicht weiter auf die Probe,
Und das ist gut gethan.
Gesetzt er härmte sich, und würde mager,
Es hälf ihm nicht.
Ihn tröstet doch ein königlicher Schwager.
O Leser, wenn vielleicht auch dein Gehirnchen sticht,
Sey ohne Sorgen, küß, und laß dich küssen,
So lang es dir beliebt!
Doch hüte dich die Kleinigkeit zu wissen,
Die dein geliebter Schatz dem Nebenbuhler giebt.
 

Lustspiel
Scene bey Hofe

Isidor, Dornwald, Edmund, Rasian, andere Höflinge, hernach Albin

Isid. Albin hat des Königs Gunst verloren, das ist schon Verbrechen genug.

 

Edm. Er ist dem Sturm glüklich ausgewichen.

Ras. Seine Flucht ist ein Meisterstreich.

Dornw. Unter uns, ich wünsche euch allen Glück, daß ihr von diesem feinen Schurken befreyt seyd.

Ras. Du hast in meinem Herzen gelesen. Ich kann Euch schwören, daß ich ihn aus ganzer Seele hasse.

Isid. Ich liebe ihn wie den Tod! Der Schleicher war stäts ein Eckstein, woran ich meinen Kopf stieß.

Dornw. Er war der erste Taugenichts, den ich kenne.

Isid. Ein Meister in allen Lastern.

Ras. Ein Erzschwelger.

Dornw. Ein Betrüger! Wie viel Gläubiger werden durch ihn zu Bettlern!

Edm. Ich will mein Leben verwetten, er war auch ein falscher Spieler –

Isid. O das war er allezeit! Ich kenne auch keinen grössern Verschwender.

Ras. Er ist ein Wollüstling. Wie viel Schlachtopfer verkauften ihm die Mädchenhändler!

Dornw. Er verdient Verachtung! Laßt ihn vergessen!

Isid. Der König sollte ihn zum Exempel bestrafen –

Dornw. Wer weis, was noch geschieht? Ich will alles beytragen.

Isid. Ich goß überall Oel in die Flammen.

Edm. Man sollte nur sein Zufluchtort ausspüren.

Ras. Er wagt sich sobald nicht an das Licht. – Aber sehe ich recht? – Da kömmt er! – Ich irre nicht –

Isid. O Bravo! Das wird ein feines Spiel bey Hofe werden.

Dornw. Das ist unverschämt, dreist, bis zur Tollheit dumm!

Isid. Der Stier eilt selbst zur Schlachtbank. Hahaha!

Alle. Hahaha!

Alb. Willkommen meine Freunde!

(Die Höflinge, als wenn sie ihn nicht sähen, theilen sich in kleine Haufen, sprechen leise mit einander.)

Alb. Isidor, ist der König schon zu sprechen?

Isid. Das weis ich nicht. Ich trete eben ein. Was giebt es Neues? – Eben recht, Dornwald, auf ein Wort!

(Er verläßt den Albin, und eilt zu Dornwald.)

Alb. Mein lieber Rasian, wie geht es Dir?

Ras. So so! – Edmund, sind deine neuen Gestütpferde noch käuflich?

Alb. Die Herren sind zu sehr beschäftiget, ich will eintreten.

(Er geht ab.)

Alle. Hahaha!

Isid. Der Geck! Er wird beym König kriechen, und betteln.

Ras. Laßt uns horchen! – Ein Seufzerkoncert!

Dornw. Er wird eine zürnende Gottheit finden. Der Fürst ist heut in wilder Laune.

15Entweder ist hier im Manuskript eine Lücke, oder aber entdecken wir hier eine gelehrte Zerstreuung unsers Autors. Ich als ein scharfsichtiger Kommentar staune meine Leser an, und frage, wer ist diese Königinn? Ihr Gatte starb im Kampf, und in vorgehender Geschichte lesen wir von keinem Könige, der auf dem Schlachtfelde fiel. Vermuthlich wird hier einer von den Bundesgenossen Willhelms verstanden, die unter den Hauptpersonen aus beliebter Kürze in der Geschichte nicht genannt sind. Genug, es scheint mir eine dichterische Kaprizze zu seyn.