Deadforce

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Aus der Reihe: Deadforce #1
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"Schön, dann verschwindet doch! Ich brauche Euresgleichen nicht! Sagt Hirion ruhig, dass ich auf seine verfluchte Armee scheiße! Ich erobere die goldene Stadt auch ohne euch Machuv'Thal. Also los, verpiss dich, Knecht!"

Kiostos würdigte den düsteren Magier nicht einmal mehr eines Blickes und verließ einfach den Raum. Anschließend zogen die 10 000 Wolframkrieger ab, die er bisher mitgebracht hatte. Innerhalb kürzester Zeit hatte sich die maximale Größe der Armee des düsteren Magiers von 75 000 auf 50 000 verringert. Als er sich schließlich beruhigt hatte, erkannte er, was er eigentlich getan hatte.

"Verdammt, das ist nicht gut. Jetzt ist meine Armee um ein Drittel geschrumpft. So eine Scheiße!" Der düstere Magier sprang wütend in der Luft herum und trat gegen seinen Thron, während die verbliebenen Generäle ihm dabei zusahen. Schließlich sprach Katokuin:"Wir können trotzdem noch gewinnen. Wer braucht denn schon diese metallenen Spinner? Die sind doch überflüssig. Wir Dunkelelfen werden Euch zum Sieg verhelfen."

"Ist das Euer Ernst?", fragte der düstere Magier hoffnungsvoll.

"Ja, das ist es. Auch wenn wir beide uns nicht gut verstehen, so bin ich dennoch Teil Eurer Armee und einer Eurer Generäle. Und ich kenne meinen Auftrag. Er lautet, meine Dunkelelfen als Teil Eurer Armee zum Sieg zu führen. Wenn ich dabei versagen würde, wäre mein Meister sicher nicht erfreut. Deshalb werde ich alles geben und ich bin überzeugt, alle anderen hier werden ähnlich verfahren. Richtig?"

Alle anderen stimmten mit einem lauten "Aye!" ein. Das heiterte den düsteren Magier auf. Er begann nun, zu glauben, dass er auch mit lediglich 50 000 Kriegern und fünf Generälen siegreich sein konnte. Dann machte er sich eben ein wenig selbst die Finger schmutzig. Besser, als zu verlieren. Seine Stimmung hellte sich wieder auf und er wurde zuversichtlich, dass ihm der Sieg schon bevorstand.

"Wer braucht schon die Machuv'Thal. Ich werde Hirion eigenhändig töten, sobald Anthem Gows mir gehört."

Kapitel III: Der Herzanfall

Marlene hetzte Julian durch die verschiedensten Gassen Erudicors. Es war teilweise wirklich schwer für ihn, ihr zu folgen. Erst gestern hatte er um sein Leben rennen müssen, nun musste er das schon wieder tun, denn wenn er Marlene aus den Augen verlor und ihr etwas zustieß, würde sein Leben ebenso enden. Doch egal, wohin sie gingen oder eher liefen, überall hielt die goldene Stadt ihrem Motto stand. Denn jedes einzelne Dach, und war es noch so klein, bestand aus purem Gold. Das war selbst in den herunter gekommensten Gassen der Stadt noch ein schöner Anblick. So sah Julian einiges aus der Altstadt Erudicors. Diese war selbst so groß, dass man kaum alles an einem Tag erkunden konnte. In die äußeren Bereiche der goldenen Stadt, die sich immer weiter hin zur Mauer erstreckten, hätten sie es nie geschafft. Dafür war die Stadt einfach zu groß. Daher begnügte sich Marlene damit, Julian die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Altstadt zu zeigen. Er wurde von ihr durch den riesigen Marktplatz manövriert, folgte ihr, vorbei am großen, goldenen Theater und durch die wunderschönen Stadtgärten. Dort bestanden die Mauern, die einzelne Teile der Gärten abtrennten, ebenfalls aus Gold. Irgendwann fanden sich die beiden im kulinarischen Viertel der Altstadt wieder, in dem sich besonders viele Tavernen, Restaurants und andere Örtlichkeiten zum Konsum von Speis und Trank befanden. Auch dort lief Marlene zielsicher in eine Richtung. Schließlich betrat sie ein sehr großes Gasthaus mit riesigem Schild. Darauf stand geschrieben "Zum Goldhaus". Julian fragte Marlene, was sie hier wollte.

"Du wolltest doch etwas essen, oder nicht?"

"Ja, das ist schon richtig. Aber seid Ihr sicher, dass das hier der richtige Ort für ein ausgiebiges Frühstück ist?"

"Das Goldhaus ist der richtige Ort für so ziemlich alles. Es ist das älteste Restaurant der Stadt und existiert schon seit Anbeginn Erudicors. Ach, und noch etwas: Wenn wir unter uns sind und keine Wachen zuhören, können wir die Förmlichkeiten weglassen. Alles klar, Julian?"

"Na schön, wenn du das so willst. Aber warum spielst du den Wachen denn etwas vor?"

"Weil ich eines Tages ihre Kaiserin sein werde. Und sie sollen gefälligst machen, was ich sage. Da kann ich nicht allzu offen mit Fremden kommunizieren."

"Du wirst bestimmt mal eine sehr zielstrebige Kaiserin. Hoffentlich dauert es aber noch lange, bis du an der Reihe bist."

"Was soll das heißen?", fauchte ihn Marlene an. "Willst du sagen, dass ich doch keine gute Kaiserin wäre?"

"Nein, aber ich hoffe, dass dein Vater noch lange Kaiser bleibt. Ich mag ihn und er scheint mir ein sehr gerechter und freundlicher Herrscher zu sein."

"Ach, so meinst du das. Ja, da hast du Recht. Vater weiß, wie man ein Kaiserreich regiert. Das kann auch nicht jeder von sich behaupten. Kommst du jetzt rein oder nicht? Hier im Goldhaus gibt es das beste Essen der Stadt, ungelogen."

"Wenn das wirklich wahr ist und sogar die Kaiserstochter das Essen empfiehlt, muss ich es wohl probieren."

"Ja, aber sag das nicht so laut. Sonst kommt noch so ein heller Kopf auf die Idee, dass ich Unmengen an Gold mit mir herumschleppe. Verstanden?"

"Ja, natürlich, entschuldige. Ich habe kurz vergessen, dass ich ja auf dich aufpassen soll."

"Schon gut, komm jetzt."

Dann betraten sie das älteste Restaurant von Erudicor. Im Inneren war es düster, wie in einer Taverne und es gab auch eine Bar wie in einer Taverne. Die meisten Tische und Stühle bestanden aus Holz, welches uralt wirkte. Obgleich es erst früh am Morgen war, saßen schon viele Leute im "Zum Goldhaus" und beinahe das gesamte Etablissement war bereits voll. Doch Julian und Marlene fanden noch einen Tisch an der Wand rechts vom Eingang. Die meisten Tische waren entlang der Wände aufgestellt und in der Mitte befand sich ein riesiger Bereich, der Bar und Küche in einem darstellte. An der Bar war alles offen, doch an der hinteren Seite, wo sich die Küche befand, versperrten Mauern einem die Sicht. Julian und Marlene nahmen am zweiten Tisch rechts vom Eingang Platz. Dahinter war noch ein Tisch frei und ganz in der Ecke saß ein großer Mann mit grünem Umhang für sich. Schließlich erschien der Kellner, händigte beiden hölzerne Speisekarten aus und sprach:"Willkommen im "Zum Goldhaus". Was wünscht Ihr zu trinken? Das heutige Tagesgericht ist ein Wildschweinbraten. Dafür wurden extra Wildschweine aus den hiesigen Wäldern östlich der Stadt gefangen. Ihr Fleisch ist besonders zart. Serviert wird der Braten in einer herzhaften Sauce mit Kartoffelkroketten und Preiselbeeren. Allerdings muss ich Euch sagen, dass es das Tagesgericht erst ab 11:00 Uhr gibt. Ihr könnt es aber gerne vorbestellen."

"Das klingt doch gut, ich möchte den Braten vorbestellen.", sagte Julian.

"Sehr wohl. Für die Dame ebenfalls?"

"Ich bin ein kleines Mädchen, du Speichellecker. Und nein, ich will keinen Wildschweinbraten. Eher würde ich kotzen. Ich möchte den süßesten Kuchen, den Ihr im Moment habt und dazu noch ein Glas voll Kirschmarmelade. Und zu trinken kalte Milch. Verstanden?"

"Du bist ein ganz schön freches, kleines Ding. Aber ja, ich habe verstanden. Was wünscht der Herr?"

"Keine Ahnung, was ist denn hier die Spezialität, wenn's um Frühstück geht?"

"Nun, besonders beliebt ist unsere Frühstückspfanne. Sie beinhaltet vier Spiegeleier, drei Streifen feinsten Bauchspeck und vier Stück Magerschinken. Dazu gibt es noch ein Stück Roggenbrot und als besondere Empfehlung von mir einen Krug frisch gepressten Orangensaft als Getränk."

"Das klingt großartig, genau das möchte ich bitte."

"Sehr wohl, ausgezeichnete Wahl."

Der Kellner entfernte sich. Marlene fing sogleich an, sich über ihn zu beschweren.

"Der hat vielleicht Nerven. Jeder im Goldhaus kennt mich mittlerweile, er muss wohl neu sein."

"Hättest du ihm dann nicht vielleicht sagen sollen, dass du die erstgeborene Tochter des Kaisers bist?"

"Nein, das kann noch lustig werden. Sobald er mich beschimpft, kann ich ihn fertig machen, wenn ich ihm meine wahre Identität enthülle." Marlene grinste schadenfroh.

"Aber das ist doch nicht gerecht. Wenn er wüsste, wer du bist, würde er den Boden küssen, auf dem du wanderst. Und nachdem wir heute schon an so vielen Orten waren, hätte er da einiges zu tun."

"Ja, du hast ja Recht. Dennoch will ich sehen, ob er irgendwann von selbst erkennt, wer da vor ihm sitzt. Vielleicht beschwere ich mich über das Frühstück."

"Es ist immer besonders taktvoll, Leute zu bestrafen, die sich bemühen.", hallte eine Stimme zu den beiden hinüber. Das musste der seltsame Mann in grünem Umhang gewesen sein.

"Was war das?", fragte Marlene sofort laut nach und erwartete sogleich eine Antwort. Doch sie bekam keine. Also hakte sie nach. "Wenn Ihr ein Problem mit mir habt, dann kommt doch her und sagt es mir ins Gesicht."

"Bist du wahnsinnig?!", fragte Julian sie aufgebracht, doch mit mäßiger Stimme. "Ich soll auf dich aufpassen, aber du kannst nicht einfach Fremde anpöbeln. Du bist nicht unbesiegbar, du bist nur ein kleines Mädchen."

"Ach was, dem Lackaffen könnte ich trotzdem in den Arsch treten."

"Davon gehe ich aus.", gab der Fremde im grünen Umhang nun von sich.

"Dann kommt doch her, ich warte.", antwortete Marlene. Julian versuchte indessen, sie zurückzuhalten.

Klack. Klack. Klack. Klack. Die Stadtwache des Osttores wurde indessen wieder einmal Zeuge einer seltsamen Begegnung. Denn ein Mann in weinroter Plattenrüstung stapfte mit laut hallenden Schritten immer näher auf das Osttor zu. Klack. Klack. Er trug am ganzen Körper diese sehr stabile Rüstung, außer an seinen Füßen. Dort trug er spitze, rote Lederschuhe. Sie besaßen niedrige Absätze, welche aus Metall waren. Daher kam auch der Lärm beim Auftreten. Klack. Klack. An der Hüfte hatte der Mann ein dunkelgraues Schwert befestigt, welches stark glänzte und Licht spiegelte. Es besaß keinen Parierschutz, aber einen Griff in der Form eines Herzens. Auch der rote Umhang, den er trug, besaß eine Herzform. An den beiden Halbkreisen des Herzens war der Umhang an seinen Schultern befestigt und auf Höhe seiner Unterschenkel endete er in der Spitze des Herzens. Der Mann besaß rötliches Haar und sehr dunkle, braune Augen. Klack. Klack. Die beiden Wachen, die Dave und Enrique von ihrer Schicht abgelöst hatten, blickten verdutzt drein und wussten nicht, was sie von dieser Gestalt halten sollten. Schließlich hatte der Fremde die Wachen und das Tor erreicht.

 

"Halt. Keinen Schritt weiter. Wer seid Ihr?", fragte die eine Wache.

"Wer ich bin, ist unwichtig. Wichtig ist nur Folgendes: Ich bin auf der Durchreise, habe Hunger und werde jetzt hier, in Erudicor, etwas essen. Wenn Ihr mich aufhalten wollt, muss ich Euch töten. Aber das wäre nur eine Verschwendung meiner Zeit und Eures Lebens. Also, lasst Ihr mich durch?"

"Wieso wollt Ihr gerade in der goldenen Stadt essen?", fragte die andere Wache.

"Weil ich aus Erfahrung weiß, dass das "Zum Goldhaus" die besten Gerichte in ganz Anthem Gows serviert. Auf diese köstliche Erfahrung möchte ich beim besten Willen nicht verzichten, wenn ich schon in der Nähe bin. Kann ich nun durch?"

Die beiden Wachen sahen einander an und kommunizierten kurz mit Blicken. Schließlich sprach der eine:"Na schön, Ihr könnt hinein. Aber macht ja keinen Ärger."

"Sicher nicht, ich bin ein vernünftiger Mann.", antwortete der Fremde und schritt schon bald hallenden Schrittes durch das geöffnete Tor. Klack. Klack. Klack.

Indessen war Julians und Marlenes Frühstück serviert worden. Während Julian diese Köstlichkeit erst einmal begreifen musste, schmierte sich Marlene so viel Kirschmarmelade, wie sie konnte, auf ein Stück des süßen Kuchens nach dem anderen. Es handelte sich um einen Kuchen aus einer rechteckigen Form, durchsetzt mit kleinen Schokoladenstückchen. Jedem normalen Menschen hätte der Kuchen genügt, doch nicht Marlene. Sie wollte unbedingt noch Unmengen an Marmelade darauf haben. Das Glas Milch, das ihr der Kellner gebracht hatte, hatte sie auch mit einem Schluck geleert. Julian brauchte da schon etwas länger, um den ganzen Krug an Orangensaft auszutrinken. Schließlich nahm sich Marlene einfach auch was vom Orangensaft.

"Was machst du da?", fragte Julian, während er gerade die Hälfte eines Spiegeleis mit einem Blatt Magerschinken verschlang.

"Ich nehme mir den Orangensaft, was sonst?"

"Das ist aber meiner.", gab Julian schmatzend von sich.

"Lern erst einmal, wie man vor einer Prinzessin isst."

"Du kannst dir doch auch noch etwas bestellen."

"Damit dieser stümperhafte Kellner länger als notwendig in meiner Gegenwart ist?"

"Was hast du gegen ihn, er hat doch alles richtig gemacht?"

"Jetzt habe ich aber genug.", sagte plötzlich der Kellner, der gerade vorbei gegangen war, als Marlene ihn beleidigt hatte."Was gibt dir kleinen Göre das Recht, so über mich zu reden?"

"Wisst Ihr eigentlich, wer ich bin?", fragte Marlene herausfordernd. Sie wollte den Kellner in ihre Falle tappen lassen. Dann würde sie ihn zur Sau machen.

"Wer auch immer du bist, dein Benehmen gefällt mir gar nicht. Wollt Ihr nicht etwas dagegen unternehmen?", fragte der Kellner Julian mit erwartungsvollem Blick.

"Das ist nicht mein Problem.", antwortete er schlicht.

"Ich mache es aber zu Eurem Problem. Ihr seid mit ihr hergekommen. Es ist mir egal, ob sie Eure Schwester, Tochter oder ein entführtes Kind aus der Gosse ist, aber schafft sie hier heraus, sofort!"

"Sehe ich etwa aus, wie jemand, der Kinder entführt?", fragte Julian aufgebracht. "Der Kellner ist wirklich ein Arsch", dachte er sich.

"Siehst du, der kann sich nicht beherrschen.", sagte Marlene zu Julian. "Hau ihm eins in die Fresse!"

Obwohl er Marlenes Rat nicht befolgen wollte, erhob er sich vom Tisch und stellte sich dem Kellner gegenüber. Dieser besaß dieselbe Statur wie Julian. Es war schwer zu sagen, wer bei einem Kampf wohl gewinnen würde. Marlene fand das alles mehr als belustigend und feuerte Julian schon an. Plötzlich hallte wieder die Stimme des Fremden im grünen Umhang herüber:"Muss ich jetzt wirklich aufstehen?"

"Ihr müsst gar nichts. Bleibt einfach sitzen.", rief Marlene ihm zu.

"Geht jetzt sofort oder ich rufe die Stadtwache.", sagte der Kellner. "Ich werde an meinem ersten Tag keine Schlägerei mit einem Gast beginnen."

"Sein erster Tag? Hahaha." Marlene konnte sich nicht mehr halten und fiel von ihrem Stuhl. Die ganze Zeit war sie schon darauf herumgesprungen, während sie auf den Beginn der Prügelei gewartet hatte. Doch nun hatte sie sich nicht mehr im Griff, verlor das Gleichgewicht und schlug am Boden auf. Als sie sich aufrichtete, schrie sie schmerzvoll auf und sagte:"Aua, mein Rücken ist verrissen." Dann begann sie, zu weinen. Sie war schließlich nur ein elfjähriges Mädchen.

"Ganz ruhig, Marlene, das wird schon wieder.", sagte Julian. Er ging zu ihr und half ihr auf. Dann ließ er sie sich wieder auf den Stuhl setzen. Der Kellner war nun sehr hilfsbereit und half mit. Anschließend fragte er Julian:"Sagtet Ihr gerade Marlene? Etwa Marlene, die erstgeborene Tochter von Kaiser Theron? Bitte sagt mir, dass das nicht dieses Mädchen ist."

"Nun ja, leider doch."

"Oh Gott, dafür werde ich so was von gehängt. Ich bin schuld daran, dass sich Kaiser Therons Erstgeborene verletzt hat. Bitte, Prinzesin Marlene, vergebt mir. Es tut mir furchtbar leid. Hättet Ihr mir doch nur gesagt, dass Ihr es seid."

Marlene hatte sich wieder ein bisschen beruhigt. Sie sah den Kellner an und sagte:"Ist schon gut. Das war meine Schuld. Euch trifft auch keine Schuld für meinen Sturz. Julian, zahl bei ihm und lass uns dann gehen. Der Hofarzt meines Vaters wird sich meinen Rücken ansehen müssen."

"In Ordnung. Wie viel kostet das alles?", fragte Julian den Kellner.

"Oh bitte, das geht aufs Haus. Wenn Ihr denn wollt, so würde ich mich geehrt fühlen, wenn Ihr uns wieder beehrt."

"Nein, wir bezahlen.", sagte Marlene bestimmt. "Wie viel?"

"Wenn Ihr es wünscht, Prinzessin. Das sind dann insgesamt 200 Silberlinge oder 2 Goldstücke."

"Was für ein Wucher.", sagte Julian. Dann kramte er in dem Beutel, den ihm Theodor zuvor ausgehändigt hatte. Darin befanden sich gerade einmal 30 Silberlinge. Wo auch immer Theodor angenommen hatte, dass Julian essen würde, es war definitiv nicht im "Zum Goldhaus". Marlene zog plötzlich drei Goldstücke hervor und überreichte sie dem Kellner. "Hier bitte. Behaltet das dritte, für Eure Mühen."

"Das ist sehr freundlich von Euch, Prinzessin. Ich danke Euch."

"Hoffentlich seid Ihr noch lange dabei, Ihr macht Eure Arbeit hier wirklich gut.", antwortete Marlene.

Dann wollten sie gerade gehen, als plötzlich der seltsame Fremde in weinroter Rüstung eintrat.

"Ich grüße Euch alle. Wo kann ich hier bestellen? Kellner, hierher!"

Der Kellner sah ihn an und fragte:"Was wollt Ihr?"

"Ich will etwas zu essen haben, aber sofort!"

"Was darf es sein? Wollt Ihr Euch nicht erst einmal setzen?"

"Setzen? Na schön, wenn Ihr darauf besteht."

"Wie es Euch beliebt, Herr. Ihr seid der Gast."

"Ich bin der Gast? Echt? Ich dachte, ich wäre der Eigentümer. Idiot. Bring mir schon zwei große Krüge voll Bier und schnell."

Der Fremde war allen im Restaurant sofort unsympathisch. Der Mann im grünen Umhang schien aufzuhorchen. Während sich der Fremde an einen freien Tisch an der linken Wand vom Eingang aus setzte, brachte der Kellner ihm die zwei Krüge voll Bier.

"Bitte, mein Herr. Was darf es noch sein?"

"Gibt es irgendetwas, das Ihr empfehlen könnt?"

"Heute haben wir Wildschweinbraten als Tagesgericht. Serviert in herzhafter..."

"Jaja, schon gut. Den nehm' ich. Aber auch den schnell, dass das klar ist."

"Verzeiht, Herr, aber das Tagesgericht gibt es erst ab 11:00 Uhr. Ihr könnt es aber gerne vorbestellen. Dann seid Ihr einer der ersten, die es bekommen. Neben den beiden Herrschaften hier drüben und dem jungen Mann dort." Bei den letzten Worten zeigte der Kellner auf Julian. Er hatte über seinen Streit mit dem Kellner ganz vergessen, dass er ja einen Wildschweinbraten vorbestellt hatte. Er und Marlene standen noch immer im Restaurant und beobachteten, was der Fremde sich noch alles erlaubte. Julian hatte ein ungutes Gefühl bei ihm. Ähnlich wie beim düsteren Magier.

"Soso, ich bekomme das Tagesgericht also erst ab 11:00 Uhr. Na dann..."

"Das habe ich gerade gesagt. Seid Ihr beschränkt oder so?", fragte der Kellner.

"Also ganz ehrlich, diskret ist er nicht gerade.", sagte Marlene zu Julian.

"Was war das gerade?", fragte der Fremde. "Wenn Ihr mich beleidigen wollt, dann habt wenigstens die Eier und seht mir in die Augen."

"Aber ich habe Euch in die Augen gesehen.", rechtfertigte sich der Kellner, der die Wahrheit sprach. Er mochte unhöflich sein, doch nur, wenn ein Gast sich zu sehr auf seinen Status als Gast bezog und das ausnutzte.

"Ach wirklich, Ihr habt mir in die Augen gesehen. Soso. Wirklich interessant."

Der Kellner konnte sich kaum noch halten. Schließlich tat Julian etwas, womit er selbst nicht gerechnet hatte. Er zog das Schwert, das ihm Theodor ausgeliehen hatte. Es besaß eine scharfe, violette Klinge und einen goldenen Griff. Der Fremde hatte das sogleich bemerkt. Julian rief:"Wenn Ihr hier Ärger machen wollt, müsst Ihr erst an mir vorbei."

"Ich will Ärger machen?", fragte der Fremde. "Denkt Ihr das?"

"Das ist doch offensichtlich. Ihr ärgert den Kellner nur so lange, bis er die Beherrschung verliert. Jeder hier hätte Euch an seiner Stelle schon lange einen Schlag in Euer dämliches Gesicht verpasst."

Obgleich er sich zwar etwas dämlich präsentierte, besaß der Fremde ein sehr attraktives Gesicht. Doch zweifellos hatte Julian das nur gesagt, um die volle Aufmerksamkeit des Fremden zu bekommen.

"Ihr wollt also Streit, ja?", fragte der Fremde. "Dann erlaubt mir, mich vorzustellen. Ich bin der Herzritter und meine Feinde können leider keine Geschichten über mich erzählen, da ich sie alle getötet habe. Scheinbar habe ich einen neuen Feind gefunden." Nun zog er sein Schwert mit dem Herzgriff.

"Der Herzritter? Sollte ich Euch kennen?", fragte Julian. Er ließ sich nicht einschüchtern. Dieser Mann wirkte zwar wesentlich muskulöser als der Kellner, aber immerhin besaß Julian ja ein Schwert.

"Es ist sicher hilfreich, seinen Mörder im Gedächtnis zu behalten."

"Noch bin ich nicht tot."

"Aber das seid Ihr bald schon!", rief der Herzritter und schoss plötzlich auf Julian zu. So schnell konnte er gar nicht reagieren, da hatte er sich schon seinen Weg durch den Raum gebahnt und auf Julian eingeschlagen. Doch die Klinge hatte Julian nicht erreicht. Denn der große Mann im grünen Umhang war aufgestanden und hatte den Angriff abgewehrt.

"Verschwindet von hier.", sagte er dem Herzritter bestimmt.

"Wer seid Ihr denn? Ihr seht total bescheuert aus."

Der Mann im grünen Umhang besaß wirklich eine eigene Erscheinung. Seine Handschuhe und Stiefel bestanden beide aus orangem Leder, sein grüner Umhang besaß an der Innenseite eine gelbe Farbe, durch die sich ein Feld von diagonalen, schwarzen Linien in zwei sich kreuzende Richtungen zog. Ansonsten trug er eine Kettenrüstung und hielt nun eine große Doppelaxt in Händen. Sein braunes Haar und seine braunen Augen besaßen dieselbe Farbe. Er musste um die zwei Meter groß sein. Der Herzritter ließ sich dennoch nicht beeindrucken. Er schoss wie ein Windstoß durch das Restaurant und kehrte immer wieder zum Unbekannten und zu Julian zurück. Doch ganz egal, wen von beiden er angriff, der Mann im grünen Umhang wehrte alle Schläge ab. Dann sprach er:"Hört sofort auf, oder ich muss Euch töten."

"Ihr wollt mich töten? Mich töten, soso. Dann versucht es doch."

Der Mann im grünen Umhang steckte seine Axt weg. Dann schien er sich zu konzentrieren. Anschließend sagte er:"Wenn Ihr mich mit Eurem Schwert treffen könnt, habt Ihr gewonnen."

 

"Das ist doch wohl ein Witz?" Dann schoss der Herzritter vor in Richtung des Unbekannten. Währenddessen rief er:"Verreckt an meiner..." Doch mitten im Satz brach er ab, blieb auf der Stelle stehen und griff sich an die Brust.

"Was zum...das kann nicht...mein Herz..."

Dann fiel der Herzritter auf die Knie und bald darauf küsste sein Gesicht den Fußboden. Der Herzritter war offenbar an einem Herzinfarkt gestorben. Alle im Restaurant, auch der Unbekannte, blickten erstaunt auf den toten Mann am Boden.

"Was zur Hölle war das denn?", fragte Julian, der als erster Worte fand.

"Er hatte eine Herzattacke?", fragte Marlene.

"Das geschieht ihm recht.", gab der Kellner von sich.

"Habt...habt Ihr das getan?", fragte Julian den Fremden.

"Nein, ich wollte ihn mit meiner Faust bewusstlos schlagen. Das war wohl wirklich er selbst. Erstaunlich, dass er gerade in einer solchen Situation einen Herzanfall bekam. Unpassender hätte es nun wirklich nicht sein können. Ich bin nur froh, dass niemand verletzt wurde. Es geht doch allen gut, oder?"

Alle im "Zum Goldhaus" gaben ein lautes "Ja" von sich.

"Sehr schön, dann habe ich meine Aufgabe hier wohl erfüllt."

"Wer seid Ihr eigentlich?", fragte Marlene den Unbekannten schließlich.

"Mein Name ist Beatron. Ich bin mit meinem Gefährten auf der Durchreise."

"Aber Ihr seid doch ganz alleine?", fragte Marlene sofort.

"Das stimmt, aber mein Gefährte sollte bald hierher nachkommen."

"Ihr seid der Beatron? Der Held des Westens, von dem ich schon so viel gehört habe?", fragte Julian fasziniert.

"Ja, so nennen mich die Leute für gewöhnlich. Ich versuche, diesem Titel gerecht zu werden."

"Es ist mir eine große Ehre, Euch persönlich zu begegnen. Mein Name ist Julian. Wer hätte gedacht, dass ich einmal dem größten Helden aller Zeiten persönlich gegenüberstehen würde."

"Bitte, das ist wirklich übertrieben. Ich habe nicht ansatzweise so viel Heldenhaftes getan, wie mir nachgesagt wird."

"Ich denke schon, sonst würde sich Euer Ruf nicht über die ganze Welt und darüber hinaus verbreiten. Da fällt mir gerade etwas ein. Habt Ihr in nächster Zeit etwas sehr Dringliches oder Wichtiges zu erledigen?"

"Nein, nicht wirklich. Warum fragt Ihr, Julian?"

"Weil hier vor gar nicht langer Zeit ein Mann, der sich düsterer Magier nennt, gedroht hat, dass er bald mit seiner 75 000 Mann starken Armee die goldene Stadt angreifen wird. Nun versuchen wir, möglichst viel Unterstützung für die bevorstehende Schlacht zu bekommen. Wir wissen leider nicht, wann er angreifen wird, aber es könnte jederzeit passieren. Wenn Ihr uns helfen könntet, Beatron, dann wären wir sicher allein mit Euch bereits im Vorteil. Was sagt Ihr?"

"Ich denke, für genau solche Dinge wurde ich geboren. Es ist gut, dass wir beide uns heute begegnet sind, Julian. Denn ich werde Euch und allen anderen dabei helfen, diesen Angriff aufzuhalten und Erudicor zu verteidigen. Darauf habt Ihr mein Wort. Ich bin sicher, Borthaux wird sich auch freuen, zu helfen."

"Wer ist Borthaux?", fragte Julian.

"Das ist mein Gefährte. Sobald er endlich zu mir stößt, werde ich ihm die Neuigkeiten mitteilen."

"Sehr gut. Ist er genauso stark wie Ihr?"

"Er ist sogar stärker als ich."

"Nicht möglich, Ihr seid doch..."

"Ich bin vielleicht ein großer Held, aber Borthaux ist der stärkere von uns beiden. Glaubt mir."

"Na schön, dann können wir gar nicht verlieren.", gab Julian von sich. Er hatte nun bereits zwei wertvolle Verbündete gewonnen und womöglich würde der Kaiser dafür die mindere Verletzung seiner Erstgeborenen in Kauf nehmen und Julian nicht sofort hinrichten lassen. Mit ein bisschen Glück sagte Marlene auch, dass es ganz allein ihre Schuld war und Julian nichts dagegen tun konnte. Fürs Erste verabschiedeten sie sich von Beatron und kehrten dann so schnell wie möglich zum Kaiserpalast zurück. Dort gab Julian Theodor dessen Schwert und den Geldbeutel zurück. Dann gingen sie zu dritt zum Hofarzt. Dieser hatte sein Behandlungszimmer im ersten Stock des Palastes. Dazu mussten sie in der Eingangshalle am Ende links einem Gang bis zur Treppe nach oben folgen. Der Gang verlief aber noch weiter nach hinten, doch das kümmerte sie nun nicht. Im Moment zählte nur, dass Marlene so schnell wie möglich wieder gesund wurde.