Deadforce

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Aus der Reihe: Deadforce #1
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Kapitel II: Der Plan

Im Thronsaal angekommen, setzte sich Theron nicht wieder auf seinen Thron, sondern nahm auf einem der Tische am unteren Ende des Thronsaals Platz. Die anderen taten es ihm gleich. Für eine Weile sagte keiner ein Wort. Schließlich begann Julian als Erster, zu sprechen.

"Kaiser Theron, der Anführer der Trolle..."

"Ja, ich weiß. Das war einer der Trolle, die dein Dorf zerstört haben, nicht wahr?"

"Ja, das ist richtig. Ich habe vergessen, es Euch zu sagen. Er war der Anführer und derjenige, der mich laufen ließ. Ich weiß nicht, warum. Aber ich werde es herausfinden, bevor ich ihn aufschlitze."

"Nun mal ganz langsam, Junge. Du willst doch nicht ernsthaft gegen diese Armee aus Höllenkreaturen kämpfen?", fragte Theron ernst.

"Doch, das will ich. Ich muss diesen verdammten Fröthljif töten, um mein Dorf zu rächen. Ich muss einfach."

"Aber das bringt die Leute aus deinem Dorf doch auch nicht zurück."

"Wollt Ihr ihn etwa davonkommen lassen?"

"Nein, das habe ich nicht gemeint. Ich sage nur, dass man sich nicht von Rache leiten lassen sollte, denn daraus entsteht selten etwas Gutes. Am Ende ist man von seiner Rache sogar so verblendet und unachtsam, dass man noch demjenigen unterliegt, dem man Rache geschworen hat."

"Ich werde diesem Stück Scheiße nicht unterliegen.", antwortete Julian.

"Hüte deine Zunge vor dem Kaiser.", ermahnte Theodor Julian.

"Schon gut, Theodor.", gab Theron zurück. "Ich verstehe Julian. Ich an seiner Stelle würde wohl auch um alles in der Welt denjenigen bestrafen wollen, der mir das antat. Aber jetzt ist nicht die Zeit für voreiliges Handeln. Zunächst müssen wir uns überlegen, wie wir dieser Armee standhalten sollen."

"Wie viele Krieger besitzt denn Erudicor insgesamt?", fragte Julian.

"Etwa um die 25 000.", antwortete Kaiser Theron. Julian bekam große Augen, ebenso wie Enrique und Dave, die bisher auffällig still geblieben waren. Jetzt aber meldeten sie sich zu Wort.

"Aber das ist ja gerade einmal ein Drittel der Armee des düsteren Magiers.", sagte Dave.

"Das weiß ich selbst, verdammt!", schrie Theron, als ob er sich persönlich angegriffen fühlte.

"Wir werden wohl Unterstützung von anderen Königreichen benötigen.", gab Enrique von sich.

"Dem stimme ich zu.", sagte Julian. "Ohne Unterstützung können wir einen Sieg vergessen."

"Vergessen wir hier nicht, dass es sich zum Großteil um Machuv'Thal und andere gefährliche Wesen wie Dunkelelfen oder Untote handelt. Da wird viel Verstärkung nötig sein.", fügte Theodor hinzu.

"Ihr habt alle Recht.", antwortete Kaiser Theron. "Wir werden Unterstützung brauchen. Im restlichen Kaiserreich kann ich wohl noch um die 10 000 Krieger abziehen, ohne andere Teile von Anthem Gows ungeschützt zu lassen. Dennoch fürchte ich, dass wir nicht umhin kommen werden, andere Reiche der Menschen um Hilfe zu bitten. Es geht wohl nicht anders. Doch werde ich mich hüten, das Kaiserreich Ganredlah oder gar diese Barbaren aus Balbien um Hilfe zu bitten. Denen vertraue ich nicht. Doch ich vertraue den Menschen hier in Europa. Und auch jenen in den großen Reichen der Menschen, die weiter entfernt sind. Wir müssen Boten entsenden und das schleunigst."

"In Ordnung, in welche Reiche?", fragte Theodor, bereit für Befehle.

"Wir werden zunächst in Varbitien, Grelia und Falteritanien fragen. Das sind die nächsten Reiche der Menschen. Dann können wir auch noch versuchen, Hilfe aus Raspetanien, Hanveltien und Shanto Gyar zu erlangen. Vielleicht sind uns ja einige der Herrscher gewogen. Ich erwarte zumindest von Hanveltien und Raspetanien Unterstützung. Alle anderen müssen höchstwahrscheinlich überzeugt werden. Dafür werden wir einen guten Diplomaten benötigen."

"Ich mache es.", sagte Julian plötzlich. Alle starrten ihn an.

"Du willst zu den Herrschern reisen und sie bitten, uns Unterstützung zu entsenden?", fragte Theron verwundert.

"Ja, das ist richtig. Je mehr Verbündete wir bekommen, umso höher ist die Chance, dass Fröthljif elendig verreckt. Auch wenn die Chance kleiner wird, dass ich ihn selbst töte, so wird er zumindest sterben und nur das ist wichtig."

"Nun ja, der Schutz des Reiches ist wichtiger, aber du wirst wohl durch das falsche Motiv auf den richtigen Weg geführt."

"Das soll mir genügen.", gab Julian von sich. "Was sagt Ihr, Kaiser? Werdet Ihr mich als Diplomaten entsenden?"

"Eine große Hilfe wäre es schon, dann müsste ich nicht etliche Boten entsenden. Natürlich brauchst du dann auch länger, weil du allein immer nur ein Reich nach dem anderen aufsuchen kannst. Weißt du denn eigentlich etwas über die verschiedenen Reiche der Menschen, abgesehen von deinem Heimatreich Anthem Gows?"

"Genau genommen ist Anthem Gows nicht mein Heimatreich."

"So, wirklich? Von wo stammst du denn dann?", fragte Kaiser Theron.

"Als ich zur Welt kam, lebten meine Eltern gerade in Raspetanien. Doch als ich drei Jahre alt war, zogen wir von dort fort und gelangten schließlich nach Anthem Gows, ins Dorf Herbstweih."

"Interessant. Weißt du etwas über das Reich, aus dem du stammst?"

"Nur, dass es riesengroß ist und fast nur aus Wüste besteht.", gab Julian als Antwort.

"Nun, immerhin ist dieser Fakt korrekt. Aber du hast mich auf eine gute Idee gebracht. Obwohl es viel schneller gehen würde, einfach je einen Boten in jedes Reich zu entsenden, glaube ich, dass es sinnvoller ist, dich allein zu schicken."

"Aber mein Kaiser, wie denn das?", erkundigte sich Theodor.

"Ganz einfach. Julian wurde seine Heimat genommen. Er hatte Glück, dass er überlebte, doch so etwas wie ihm passierte, kann auch anderen passieren."

"Ich verstehe.", gab Theodor von sich.

"Ich nicht. Was genau bedeutet das, mein Kaiser?", fragte Julian.

"Es bedeutet, dass du den Herrschern der anderen Reiche deine Leidensgeschichte erzählst, damit sie mit dir mitfühlen und sich so eher dazu verpflichtet fühlen, uns Hilfe zu entsenden. Einem stumpfen Boten, der den ewig gleichen Text aufsagt, erteilen sie ohne mit der Wimper zu zucken eine Abfuhr. Aber dir, einem gebrandmarkten Opfer des Krieges, werden sie wohl kaum so einfach ins Gesicht sagen, dass sie uns nicht unterstützen."

"Aber ich bin doch gar kein Opfer des Krieges."

"Das brauchen die Herrscher ja nicht zu wissen. Ist nicht dieser Fröthljif, der dein Dorf niedergebrannt hat, als einer der Generäle in der Armee des düsteren Magiers dabei? Ich denke, dieser Zusammenhang reicht völlig aus, um das alles plausibel wirken zu lassen. Darüber hinaus gibt es da bestimmt einen Zusammenhang, denn sonst wäre das ein sehr seltsamer Zufall. Ich mache dir einen Vorschlag, Julian: Ich schicke dich zu den Herrschern der einzelnen Reiche und du sorgst dafür, dass sie uns unterstützen. Sag ihnen, sie sollen so viele Krieger schicken, wie sie entbehren können, um selbst noch einem Angriff standhalten zu können. Zunächst werde ich dir aber noch einiges über die einzelnen Reiche erzählen, damit du dich dort besser auskennst und weißt, wie es dort zugeht und wie du mit den Herrschern umgehen musst. Wenn das alles erledigt ist und wir schließlich der Armee des düsteren Magiers gegenüberstehen, darfst du mitkämpfen und Fröthljif töten, wenn du die Möglichkeit bekommst. Was sagst du?"

"Großartig, ich bin dabei.", sagte Julian freudig. Dann aber äußerte er noch etwas Unbehagliches:"Ich wollte Euch noch mitteilen, dass ich ein sehr schlechtes Gefühl bei diesem düsteren Magier habe. Offenbar ist mit dem nicht zu spaßen."

"Dasselbe Gefühl habe ich auch, Julian. Aber wir werden ihn besiegen."

"Ja, nur irgendwie...Es ist, als ob ich ihn kenne. Irgendetwas an seiner Art kommt mir sehr vertraut vor. Doch ich kann es nicht einordnen."

"Nun ja, das muss nichts heißen. Viele Menschen können dieselben Wesenszüge oder dieselbe Art haben und doch völlig unterschiedliche Individuen sein. Wahrscheinlich kanntest du nur jemanden, der sich ebenso selbstgefällig verhalten hat, wie dieser verdammte Magier. Ich bin mir sicher, das war Schattenmagie, was er da angewandt hat. Das ist nicht gut. Aber genug davon. Julian, ich schlage vor, du brichst sofort morgen früh auf und begibst dich zum ersten Reich, um dort Unterstützung anzufordern."

"In Ordnung. Heißt das, dass ich dann heute noch die Einführung über die Reiche von Euch bekomme?"

"Wir können sofort loslegen, wenn du willst. Das ist schließlich eine Sache von höchster Dringlichkeit. Wir haben schließlich keine Ahnung, wann dieser düstere Magier uns angreifen wird. Vielleicht schon morgen. Oder erst in einem Monat. Jedoch müssen wir für jeden Fall vorbereitet sein. Möchtest du jetzt gleich die Einführung haben?"

"Wenn das in Ordnung ist, mein Kaiser, würde ich lieber zunächst frühstücken und mir dann ein wenig die Stadt ansehen. Können wir die Einführung vielleicht am Nachmittag machen?"

"Ich denke, das wird schon gehen. Am besten kommst du dann gleich wieder hierher. Theodor kennt dich ja schon und wird dich dann unverzüglich zu mir führen. Er soll dir etwas Geld geben, damit du in der Stadt essen gehen kannst. Genug für Frühstück und Mittagessen, Theodor."

"Jawohl, mein Kaiser.", sagte Theodor und führte Julian dann hinaus.

"Also dann, wir sehen uns zu späterer Stunde.", sagte Theron als Abschied. Das also war der Kaiser von Anthem Gows. Julian freute sich, in einem Reich mit einem so freundlichen Herrscher zu leben. Ein anderer hätte Julian womöglich gleich hinrichten lassen oder eigenhändig erschlagen, wenn er ihn über seine Töchter ausgefragt hätte. Doch Theron war ruhig geblieben und hatte sich Julians Anmerkung angehört. Das machte ihn fest entschlossen, dem Kaiser, der goldenen Stadt und Anthem Gows zu helfen, indem er so viele Verbündete für sie gewann, wie ihm möglich war. Als er von Theodor durch den großen Eingangsraum geführt wurde, lief plötzlich ein Mädchen vor die beiden und stellte sich ihnen gegenüber.

 

"Hallo Theodor. Wer ist denn dein Begleiter?", fragte sie neugierig.

"Ich grüße Euch, Prinzessin Marlene.", antwortete Theodor und verbeugte sich tief.

"Mein Name ist Julian.", gab Julian sofort von sich. "Du musst wohl eine weitere Tochter des Kaisers sein."

"Eine weitere Tochter? Ich bin die Erstgeborene, verdammt noch mal. Ich werde eines Tages Kaiserin von Anthem Gows sein und jeder Bürger dieses Reiches wird zu mir aufsehen! Also behandle mich gefälligst so, wie es sich für jemanden deines Standes gehört! Hast du das verstanden?"

Julian starrte Marlene mit weiten Augen an. Was ihrem Vater an Arroganz und Selbstherrlichkeit fehlte, glich sie problemlos aus. Dabei war sie erst ein kleines Mädchen von 11 Jahren. Ihre hellbraunen Haare und grünen Augen konnten nicht über den Umstand hinwegtäuschen, dass sie in ihrem Inneren schon eine so hohe Meinung von sich selbst besaß, dass niemand auf der Welt diese jemals hätte trüben können. Auch Julian sollte das noch erkennen, doch vorerst blieb ihm nichts Anderes übrig, als sich ihrem Willen zu beugen.

"Natürlich, bitte verzeiht, Prinzessin Marlene. Ich habe Euch nur als "eine weitere Tochter des Kaisers" bezeichnet, weil ich zuvor Eurer Schwester Nicole begegnet bin. Ich hoffe, dass Ihr meine Entschuldigung annehmen könnt."

"Siehst du, das gefällt mir schon viel besser, Julian. Ich kann durchaus auch entspannt sein, das kommt immer auf mein Gegenüber an. Kann es sein, dass dich Theodor gerade hinausbegleitet?"

"Ja, das ist richtig. Ich werde für Euren Vater, Kaiser Theron, eine wichtige Aufgabe erfüllen und als Diplomat durch die Welt reisen. Doch zuvor will ich mir die goldene Stadt noch ein wenig näher ansehen."

"Du reist durch die Welt? Das klingt großartig. Ich wünschte, ich könnte mitkommen, aber mein Vater würde mich niemals gehen lassen. Dann begleite ich dich eben hier in Erudicor. Ich kenne schöne Gegenden in der Stadt, die den meisten Leuten entgehen. Los, gehen wir."

Sofort musste sich Theodor einmischen.

"Prinzessin Marlene, ich glaube nicht, dass das im Sinne Eures Vaters wäre..."

"Ach, schon gut, Theodor. Er wird das verstehen. Außerdem ist ja Julian bei mir und beschützt mich. Richtig, Julian?"

"Natürlich, Prinzessin. Das wird meine oberste Pflicht sein. Es wäre mir eine Freude, wenn Ihr mich begleitet."

"Sehr gut, dann folge mir. Ich weiß, wo wir hingehen können."

Sowie sie das gesagt hatte, lief sie schon voraus, die große Stiege hinab. Theodor sagte noch zu Julian:"Dass du mir ja auf sie aufpasst, sonst werden wir beide einen Kopf kürzer gemacht."

"Keine Sorge, ich gebe auf sie Acht. Natürlich wäre das mit einer Waffe in meinem Besitz einfacher."

"Na schön, nimm derweil mein Schwert, aber bring es mir unversehrt zurück. Und falls möglich, sollte kein Blut daran kleben. Ach, und hier hast du den Geldbeutel, den ich dir geben sollte."

"Vielen Dank, Theodor. Bis nachher dann, ich kehre schon bald gestärkt und mit Prinzessin Marlene zurück."

"Ja, bis dann.", gab Theodor unzufrieden von sich. Er hatte kein gutes Gefühl bei dieser Sache. Auch wenn dies grundsätzlich friedliche Zeiten waren, so gab es dennoch kleinere Verbrechen, die in allen Städten auf der Welt passierten und erst recht in der größten Stadt der Welt, Erudicor. Daher war es alles andere als ungefährlich für eine Kaiserstochter, erst recht für die Erstgeborene, durch die Stadt zu laufen, als wäre sie ein großer Spielplatz. Doch genau das tat Marlene mit Julian im Schlepptau, der ihr hinterherlaufen musste, weil sie so schnell unterwegs war.

Zur selben Zeit, östlich von Anthem Gows, jenseits von Bangria, dem Reich der Zwerge, in einer der westlicheren Regionen von Ganredlah, versammelte der düstere Magier sein Heer. Die Region war zum größten Teil unbevölkert und die wenigen Einwohner hatte der Magier einfach getötet, sodass die Zusammenkunft seiner Streitkraft unbemerkt vonstatten gehen konnte. Zum jetzigen Zeitpunkt wollte er sich mit seinen Generälen treffen und besprechen, wie viele Krieger sie jeweils zur Verfügung stellen konnten. Die Streitkräfte versammelten sich auf einer weiten Ebene, die großteils von Bergen umringt war. Sie mussten alle unter freiem Himmel kampieren und sich Zelte aufbauen. Einigen der Heerscharen machten jedoch Störfaktoren wie Regen oder heftige Windstürme ohnehin nichts aus. Speziell die Untoten oder die metallenen Krieger der Machuv'Thal ignorierten das Wetter, wenn es etwas ungemütlicher wurde. Bei Menschen und Trollen sah das schon etwas anders aus. Die Dunkelelfen brauchten sich keine Sorgen um das Wetter zu machen, denn sie hatten innerhalb kürzester Zeit steinerne Bauten errichtet, in denen sie geschützt waren. Jedoch ließen sie keines der anderen Völker in ihre Bauten, sondern nutzten sie ausschließlich für sich selbst. Der düstere Magier hatte sich selbst eine Art kleinen Tempel errichtet, von dem aus er seine Heerschar in alle Richtungen überblicken konnte. Den Rest seiner Zeit verbrachte er im Inneren, in seiner provisorischen Bibliothek und versuchte, neue Zauber der Schattenmagie zu lernen. Der Tempel bestand selbst nur aus massiven Schatten, die wahrscheinlicher sogar stabiler als die Steinbauten der Dunkelelfen waren. Im Inneren des Gebäudes herrschte tiefe Finsternis, denn der düstere Magier liebte die Dunkelheit. Wäre es anders gewesen, so hätte er wohl stattdessen Lichtmagie studiert. Er besaß auch einen kleinen Thronsaal, in dem sich ein tiefschwarzer Thron mit dunkelroten Samtpolstern befand. Auf diesem saß der düstere Magier besonders gerne. Auch jetzt, da er die Ankunft seiner Generäle erwartete, befand er sich auf seinem Thron. Doch saß er nicht gerade wie ein anmutiger Herrscher da. Ein Bein ließ er über die Seitenlehne des Throns hängen, während er mit seinem Ellenbogen an der anderen Lehne lehnte und sich mit der Wange auf seine Faust stützte. Währenddessen wartete er. Schließlich traf sein maskierter Begleiter ein und fragte:"Was ist los, wo sind denn alle?"

"Ihr seid der erste, der eingetroffen ist. Diese Arschgesichter lassen ewig auf sich warten. Ich überlege, ob ich den letzten von ihnen, der eintrifft, als Lektion für die anderen töten sollte. Was meint Ihr?"

"Ihr könnt tun, was Ihr willst. Bald wird Euch die ganze Welt gehören. Aber lasst Euch bloß nicht einfallen, Euren Teil unserer Abmachung zu vergessen und nicht zu erfüllen. Das würde Euch nicht gut bekommen."

"War das gerade eine Drohung?"

"Mithriel sharrotteia bardagashaja seo Alleyoria.", antwortete der maskierte Mann in der alten Sprache. Der düstere Magier verstand, was das zu bedeuten hatte und ließ seinen Begleiter zufrieden. Kurze Zeit später stürmte auch schon der erste General herein. Es war der Anführer der Dunkelelfen, Narbengesicht Katokuin. Er musste um die zwei Meter groß sein. Am Körper trug er eine dunkelgraue Rüstung, allerdings nur am Oberkörper und an den Beinen. Hände und Füße wurden von ledernen, braunen Stiefeln und Handschuhen geschützt. Am Rücken trug er einen langen, wallenden, gelben Umhang. In seiner rechten Hand hielt Katokuin einen großen, braunen Hirtenstab, dessen oberes Ende die Form eines umgedrehten "U" einnahm. Sein Gesicht war ungeschützt und man konnte erkennen, dass er zu den wenigen Dunkelelfen gehörte, die dunkelblaue Hautfarbe besaßen. Seine Augen funkelten gelb und er besaß kurze, schwarze Haare. Über sein Gesicht verlief, diagonal, von seinem rechten Auge bis hinunter zur linken Seite seines Kinns, eine große Narbe, die rot inmitten des blauen Teints prangte. Er stellte sich vor dem düsteren Magier und dem maskierten Mann auf und starrte beide an, ohne ein Wort zu sagen. Schließlich sprach ihn der düstere Magier an.

"Was hat da so lange gedauert, verdammt?"

"Wenn es Euch nicht passt, wie schnell ich erscheine, schlage ich vor, dass Ihr einen Blick in den Raum werft. Davon abgesehen, dass man hier mangels Lichtquelle ohnehin nicht viel erkennen wird."

"Wie war das? Habt Ihr mich gerade beleidigt?", fragte der düstere Magier außer sich.

"Wenn Ihr die Wahrheit als Beleidigung auffasst. Darüber hinaus habe ich nichts über Eure Person geäußert, lediglich über die äußeren Umstände."

"Mir gefällt Eure Arroganz nicht, Katokuin. Seht zu, dass Ihr Platz nehmt und den Mund haltet."

"Wie Ihr meint. Auf welchen der sechs freien Stühle soll ich mich setzen?" Katokuin grinste unverschämt. Er genoss es, den düsteren Magier mit der Verspätung seiner Generäle aufzuziehen. Katokuin war keine Person, die sich einen ungerechtfertigten Tadel gefallen ließ. Der Umstand, dass er dem von sich selbst überzeugten Volk der Dunkelelfen angehörte, verstärkte das Ganze noch. Somit reagierte er auf die Kommentare des Mannes, der eigentlich sein Anführer war, mit entsprechenden Erwiderungen.

"Habt Ihr eine Ahnung, wann die anderen hier auftauchen?", fragte der düstere Magier, während er sich die Hand auf die Stirn legte und den Kopf schüttelte. Er war leicht genervt.

"Keine Ahnung. Ich kümmere mich nur um mich selbst und die Dunkelelfen, die mir unterstellt sind."

"Na ganz toll. Verratet mir wenigstens, warum ich keinen verdammten Drakon bekommen habe. Stattdessen muss ich mich mit einem Möchtegern-Schafhirten herumschlagen."

"Passt lieber auf, was Ihr da sagt, Euer Kopf kann Euch schnell abfallen."

"Jetzt ist aber Schluss!", rief der maskierte Mann plötzlich. Er schien außer sich von diesem Gespräch, an dem er nicht einmal Teil genommen hatte. Doch sein Zorn war so groß, dass die beiden Streithähne auf ihn hörten und verstummten. Kurze Zeit nach diesem Vorfall platzte der zweite General in den Thronsaal. Bei ihm handelte es sich um den General der Tantan'Buskili. Seine Haut sah aus wie die eines abgemagerten Menschen, mit ungesundem, orangem Farbton. Sein gesamter Körper war so beschaffen, bis auf den Kopf. Überall konnte man durch die dünne Haut die Umrisse seiner Knochen erkennen. Aber der Kopf war das Schlimmste, denn dabei handelte es sich um den Schädel eines Widders. Zweifellos war dieses Wesen, welches noch viel größer als Katokuin, wahrscheinlich um die 2,7 Meter groß sein musste, kein Widder. Das hinderte es aber nicht daran, trotz allem einen Widderschädel als Kopf zu besitzen. Dieser war so, als ob es völlig natürlich war, mit dem Rest des Körpers verwachsen. Der Schädel sowie die Hörner besaßen jedoch keine gewöhnliche Knochenfarbe, sondern einen Grauton. Dabei waren die Hörner aber in Dunkelgrau gehalten und der Schädel in Hellgrau. Diese Gestalt war nicht der Anführer der Tantan'Buskili, aber seine rechte Hand, sowie ihr stärkster Krieger. Er nannte sich Tasto'Maior. Wenige Menschen kannten die Tantan'Buskili und es gab auch nur ausgesprochen wenige von ihnen. Aber diejenigen, die mit ihnen vertraut waren, wussten, dass diese Wesen jenen, die sie töteten, die Seelen aussaugten. Dann gelangte die Seele nicht mehr ins Jenseits, sondern war verloren und ihre Kraft wurde von dem Tantan'Buskili aufgenommen, um ihn weiter zu stärken.

"Ich bin jetzt hier.", sprach Tasto'Maior mit einer tiefen, dämonischen Stimme. Diese Wesen muteten zwar dämonisch an, waren aber keineswegs mit Luzifers Höllenbrut verwandt.

"Wird aber auch Zeit.", gab der düstere Magier von sich, während er noch immer auf seinem Thron herumlungerte. "Setzt Euch einfach irgendwohin. Und zerstört einen der Stühle. Dann hat der letzte Vollidiot, der eintrifft, keinen Sitzplatz mehr."

"In Ordnung.", sagte Tasto'Maior und zerstörte sogleich den Stuhl zu seiner Rechten, bevor er auf jenem zu seiner Linken Platz nahm. Die Stühle waren um einen kleinen Tisch einige Meter vom Thron entfernt aufgestellt. Katokuin saß dort gelangweilt und als sich nun Tasto'Maior dazugesellte, gab er ein einfaches "Alles klar?" von sich. Doch auch der Tantan'Buskili war sehr gesprächig. "Ja, bei Euch auch?"

"In der Tat.", erwiderte Katokuin. Dann kramte er in einem Stoffbeutel herum, den er an seinem braunen Gürtel trug. Schließlich zog er eine Walnuss heraus und legte sie auf den Tisch. Tasto'Maior blickte interessiert darauf, doch dann wurde sie vor seinen Augen von Katokuins Stab entzweigeschlagen. Dann schnappte sich das Narbengesicht das Innere und aß es auf. Anschließend lehnte er sich zurück und entspannte sich.

 

"Könnt Ihr das wohl unterlassen?", fragte der düstere Magier zornig. Der Tisch war ihm eigentlich egal, doch der Lärm machte ihn nervös.

"Mein Fehler. Ich werde die Nüsse ab jetzt mit meiner Faust knacken.", gab Katokuin von sich. Dann schnappte er sich noch eine Walnuss aus dem Beutel und drückte mit der Faust so heftig zu, dass man ein lautes Knacken im Raum hören konnte. Auch das hatte dem düsteren Magier nicht behagt. Er spielte schon mit dem Gedanken, den als Ersten erschienen General zu töten. Aber dann konnte er nicht den letzten bestrafen, denn dann wären es nur noch vier von ihnen gewesen. Plötzlich wurde die Tür aus Schatten, die in den Thronsaal führte, so heftig aufgestoßen, dass sie gegen die Wand krachte. Auch dieser Lärm war für den düsteren Magier nicht zumutbar. Aber er ignorierte das, denn der in seinen Augen wertvollste General war gerade eingetreten. Fröthljif, der blaue Troll, stand inmitten des Thronsaals. Er besaß ein Schweinsgesicht mit großen Stoßzähnen. Seine Augen leuchteten gelb, so wie die von Katokuin. An seinem muskulösen, braungrauen Körper trug er eine Rüstung aus Knochen, Stoff und Leder. Diese drei Komponenten waren scheinbar nach dem Zufallsprinzip zu einzelnen Rüstungsteilen kombiniert worden. Allerdings hatten sie alle etwas gemeinsam: Jedes Teil von Fröthljifs Kleidung besaß eine blaue Farbe. Diese Farbe konnte man sonst bei keinem Troll antreffen. Die meisten begnügten sich mit den braunen Lederklüften oder dunkelgrauen Rüstungen. Manche Trolle wollten aber eine etwas persönlichere Rüstung, damit sie unverwechselbar wurden. Fröthljif war so ein Troll. Auf seinem Rücken trug er einen großen Kriegshammer, gefertigt aus Knochen. Der Kopf des Hammers bestand allem Anschein nach aus dem Schädel eines Bären. Zweifellos konnte Fröthljif Bären mit bloßen Fäusten erlegen, denn Trolle waren unnatürlich stark. Dagegen konnte kein Tier gewinnen.

"Bin zu spät, Tschuldigung.", sagte Fröthljif knapp und setzte sich dann auf einen freien Stuhl.

"Endlich mal einer, der sich für seinen Fehler entschuldigen kann.", tönte der düstere Magier. Er war mit Fröthljif sehr zufrieden. "Nehmt Euch ein Beispiel an ihm!"

Sofort danach öffnete sich die Tür wie von Geisterhand und ein seltsames Wesen flog hindurch. Es schwebte und war praktisch ein gigantischer Kopf mit vier Gesichtern. Auf jeder Seite befand sich ein Gesicht und zwischen den einzelnen Gesichtern besaß der Kopf scharfe Spitzen und Stacheln. Die gesamte Hautfarbe des Wesens war ein sehr dunkles, schimmerndes Blau. Ohne Zweifel war dies der General der Untoten, den der düstere Magier den Leuten der goldenen Stadt als Kastill beschrieben hatte. Jedes Gesicht des Kastills zeigte eine andere Art von Untoten. Es gab das Skelettgesicht, das verfaulende Ghulgesicht, das ätherische Geistergesicht mit menschlichem Aussehen, aber ohne Materie und das mächtigste, das Lichgesicht. Die Lichs waren die mächtigsten Untoten, die existierten. Auch der Prinz der Untoten war in Gestalt eines Lichs zurückgekehrt. Für gewöhnlich musste man sehr mächtig sein und große Kräfte besitzen, um als Lich zurückzukehren. Der Körper eines Lichs wies grundsätzlich die geringsten Verfaulungsmerkmale auf, so auch das Lichgesicht des Kastills, das noch sehr gut erhalten war, dessen Augen jedoch in einem sehr ungesunden Giftgrün leuchteten. Der Kastill war eine ungefähre Kugel mit dem Durchmesser der Größe des düsteren Magiers. Da er auf Höhe von 1,5 Metern in der Luft schwebte, wirkte der Kastill noch viel größer. Er gab nur ein Zischen von sich und schwebte dann über einem freien Stuhl. Nun blieb nur noch ein Stuhl für die letzten beiden Generäle übrig. Wer würde zuerst erscheinen? Schließlich trat nach einer weiteren Viertelstunde Wartezeit, die für alle Anwesenden lästig war, General Spitzhacke ein. Er war ein groß gewachsener, muskulöser Mann mit kurzem, schwarzem Haar. Von Rüstungen schien er nichts zu halten, denn er trug nur ein braunes Hemd, eine violette Hose und schwarze Stiefel. Doch das Verstörendste an ihm war definitiv sein Arm. Man mochte sich fragen, warum er General Spitzhacke hieß, doch bei einem Blick auf ihn, wusste ein jeder Bescheid. Statt seines rechten Arms besaß er nämlich an seinen Oberarm anschließend eine Spitzhacke mit hölzernem Schaft und matter, schwarzer Hacke. Wie man es von einem menschlichen Räuber, Söldner oder Dieb gewohnt war, die er ja alle anführte, gab er einen extra dämlichen Spruch von sich, der allen Anwesenden nur höllisch auf die Nerven ging.

"Was ist denn hier los, sind wir hier bei einer Beerdigung oder was soll die Trauerstimmung?"

"Wenn Ihr Euch nicht hinsetzt und still seid, wird es noch Eure Beerdigung.", sagte der düstere Magier ruhig und leise, aber mit spürbarem Zorn hinter der Anmerkung. General Spitzhacke gehorchte. Nun blieb nur noch ein General übrig, der fehlte.

"Verdammt, wo ist dieser Haufen Schrott von den Machuv'Thal. Ich bringe ihn um." Der düstere Magier erhob sich vom Thron. "Ich bringe ihn um!", rief er nun laut. Alle blickten ihn an. Schließlich öffnete sich die Tür ein letztes Mal. Eine normalgroße Gestalt mit humanoiden Proportionen, aber vollkommen aus Kupfer bestehend, trat ein. Die Gestalt besaß große, runde Schulterplatten, die jeweils einen nach Innen gebogenen Stachel besaßen. Am Kopf trug das Wesen einen Helm, dessen Spitze sich wie ein kleiner Turm erhob und schließlich in einer V-förmigen Formation endete. Während die Hände der Gestalt aus spitzen, scharfen Stacheln als Fingern bestanden, befanden sich die Beine wie standhafte Säulen auf dem Boden. Zwischen Beinen und Füßen gab es hier keine Abtrennung, sie gingen einfach ineinander über und waren nur Teil der Säulen. Vom Beginn der Beine bis zum Boden dehnten sich diese säulenartigen Konstrukte ein wenig aus. Im Gesicht sah das Wesen so aus, wie ein Mensch, jedoch besaß es nur die Kupferfarbe und nichts Anderes. Lediglich die Augen leuchteten in einem satten Blau. Der Körper des Wesens war teilweise mit schönen Verzierungen überzogen. Da stand er nun, der letzte General. Der düstere Magier ging auf ihn zu und wollte schon damit beginnen, ihn anzugreifen. Dann begann der General der Machuv'Thal zu sprechen.

"Kiostos, seines Zeichens Kupfergeneral, meldet sich hiermit zum Dienst. Ich bin bereit, Euch zu dienen. Wie lauten Eure Befehle?"

"Meine Befehle?!", schrie der düstere Magier sofort. Er ignorierte, dass sich der Kupfergeneral formal und vollkommen angemessen gemeldet hatte.

"Was hat so lange gedauert, dass Ihr nicht früher auftauchen konntet?"

"Verzeiht, aber es ging nicht schneller. Die Wolfram-Armee ist nicht die schnellste Delegation der Machuv'Thal. Dafür sind sie aber sehr widerstandsfähig und umso mächtiger. Also, Eure Befehle?"

"Mein Befehl lautet: Tötet Euch selbst. Dann muss ich das nicht tun. Na los, worauf wartet Ihr?"

"So, das ist also der Dank dafür? Ich reise mit einem Großteil unserer Delegation den ganzen weiten Weg von Gentrav hierher und dann muss ich mir Wutausbrüche anhören, wie von einem kleinen Kind. Lernt erst einmal, zu akzeptieren, dass nicht alles nach Euren Vorstellungen laufen kann, Bürschchen. Dann könnt Ihr ja noch einmal versuchen, die Machuv'Thal um Hilfe zu bitten. Was mich angeht, ich werde Kaiser Hirion Bescheid sagen, wie lausig Ihr sein Volk behandelt und wie wenig Ihr seine Geste zu schätzen wisst. Die anderen Machuv'Thal, die später eingetroffen wären, werde ich ebenfalls informieren, dass sie sich den Weg sparen können. Euch ist hoffentlich bewusst, dass unser Kaiser Hirion das mächtigste Wesen auf der Erde ist. Wenn auch Ihr das endlich verstanden habt, wird Euch vielleicht klar, was für einen kolossalen Fehler Ihr gerade begangen habt. Möge Euch Eure Arroganz im Halse stecken bleiben."