Deadforce

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Aus der Reihe: Deadforce #1
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Am nächsten Morgen wurde Julian unsanft geweckt und sah vor sich zumindest zwei vertraute Gesichter. Jene von Enrique und Dave.

"Los, steh auf. Der Kaiser empfängt uns jetzt.", sagte Enrique.

"Er hat die Nachricht sofort bekommen, als er aufwachte und bestand darauf, sofort mit dir zu sprechen. Dabei ist es erst 7 Uhr. Normalerweise empfängt er niemanden vor 9 Uhr. Also komm schon, wir wollen ihn doch nicht warten lassen.", sagte Dave.

Julian wollte noch etwas sagen, aber dann hielt er es vorerst zurück und folgte den beiden in Richtung Palast. Die Militärkaserne lag im Süden des Stadtzentrums. In der genauen Mitte von Erudicor lag der große Hauptplatz, in dessen Mitte eine riesige Säule aus Gold in den Himmel stieg. Sie musste um die 120 Meter hoch sein. An der Spitze befand sich eine Art Sockel, auf dem man problemlos stehen konnte. Sofern man keine Höhenangst hatte und irgendwie hinaufgelangte. Westlich des großen Hauptplatzes führte eine große, breite Stiege bis zum Kaiserpalast. Diese Stiege wanderten die drei nun entlang. Alle fünf Meter standen links und rechts am Rand Wächter aus der Elitegarde, deren golden wirkende Rüstungen noch durch schwungvolle, violette Streifen ergänzt wurden. Sie alle hielten mächtige Speere und Hellebarden in ihren linken Händen. Die rechten Hände lagen stramm am Körper an. Vor dem monumentalen Tor des Palasts wartete der Hauptmann der Elitegarde, Theodor, auf die drei.

"Halt, wer begehrt Einlass in den kaiserlichen Palast?", fragte er förmlich.

"Dave und Enrique von der Stadtwache.", antwortete Enrique,"Wir bringen den unbekannten Jungen, den der Kaiser zu sprechen wünscht."

"Ausgezeichnet. Bitte tretet ein." Theodor trat beiseite und rief laut nach innen:"Tor öffnen!" Die gigantischen Flügel des Tores wurden langsam nach innen geöffnet und schließlich betraten die Wachen und Julian den Palast. Er wirkte im Inneren, zumindest hier in der Eingangshalle sehr geräumig und weitläufig, aber auch düster. Es gab kaum Lichtquellen und scheinbar befanden sich alle Fenster nur in den Gängen, die weiter hinten an den Raum anschlossen. Theodor eskortierte sie entlang eines Ganges, der frontal an den Raum anschloss und weit in den Palast hineinführte. Ganz am Ende des Ganges durchschritten sie die Tür und betraten einen wunderschönen, riesigen Thronsaal. Sie befanden sich hier am rechten unteren Ende. Am anderen Ende des Raumes, über einzelne, riesige Steinstufen leicht erhöht, befand sich der Thron, auf dem Kaiser Theron saß. Von dort aus verlief auch ein breiter, roter Teppich bis hinab dorthin, wo sich die drei Besucher nun befanden. Hier unten waren auch etliche große Holztische aufgebaut, an denen wohl die Gäste des Kaisers saßen, wenn er Feste veranstaltete. Überall hingen goldene Kronleuchter von der Decke und endlos lang wirkende Vorhänge fielen neben den riesigen Glasfenstern am Ende des Thronsaals hinab. Durch die Fenster konnte Julian einen prunkvollen Innenhof mit vielen in sattem Grün leuchtenden und perfekt in Form geschnittenen Hecken erspähen. Der Thronsaal selbst bestand wohl aus einer Art hellgrauem Stein. An den Wänden prangten wallende Banner, auf denen abwechselnd die Wappen von Anthem Gows und Erudicor abgebildet waren. Für Anthem Gows, das Kaiserreich der Musik und der Hymnen war das Wappen ein gelber Schild mit einem diagonalen, hellblauen Band, an dessen oberem Ende sich drei Rosen befanden. Das Band wurde von Noten und blutigen Schwertern flankiert. Für Erudicor gab es ein schlichteres Wappen, welches einfach eine goldene Mauer mit gezinnter Oberseite darstellte, darüber hellblau für den Himmel und darunter dunkelrot, was symbolisch für den Erdboden stand. Theodor und die drei Besucher stellten sich am Ende des Thronsaals direkt gegenüber vom Kaiser und seinem Thron auf. Dort saß Theron und bei ihm war ein kleines, schwarzhaariges Mädchen. Sie flüsterte ihm zu und er lauschte gespannt.

"Euer Hoheit, ich bringe Euch den unbekannten Jungen.", sagte Theodor.

"Ich heiße Julian.", schnauzte er Theodor an.

Theron war keineswegs erfreut, dass Theodor seiner Tochter das Wort abgeschnitten hatte.

"Könnt ihr vielleicht einen Moment warten, verdammt? Mein kleines Mädchen wollte mir gerade etwas Wichtiges erzählen. Also geduldet euch noch eine Weile, bis sie fertig ist."

"Sehr wohl, Kaiser, bitte vergebt mir.", sagte Theodor unter möglichst tiefer Verbeugung.

"Ist das ein Witz?", fragte Julian Enrique leise. Dieser schwieg allerdings und Theodor ermahnte Julian, es ihm gleich zu tun.

Theron hörte seiner Tochter zu und flüsterte eine Zeit lang mit ihr. Dann sagte er laut:"Gut, Nicole. Wir sehen uns dann später. Geh und such deine Schwestern. Spiel mit ihnen."

"In Ordnung, Papa. Ich hab dich lieb."

"Ich hab dich auch lieb, meine Prinzessin."

Dann lief die kleine Nicole die großen Stufen hinab und an den vier Eindringlingen vorbei aus der Tür hinaus. Julian wusste nicht, was es war, doch er hatte in ihrer Nähe etwas gefühlt. Es schien ihm als hätte sich die Luft als sie vorbeilief, elektrisiert und irgendwie glaubte er, hauchdünne, rote Fäden, die sich wie Adern durch die Luft zogen, zu erblicken. Als sie jedoch den Raum verlassen hatte und er sich kurz die Augen rieb, waren die Phänomene verschwunden. Was hatte das zu bedeuten?

Wie Julian gehört hatte, hatte Kaiser Theron elf Töchter und es war durchaus möglich, dass eine von ihnen zu Großem bestimmt war. Theron richtete nun das Wort an seine Besucher:"Nun denn, tretet vor, alle drei. Theodor, entferne dich."

"Sehr wohl, mein Kaiser.", antwortete Theodor und verschwand sofort. Julian, Enrique und Dave traten derweil vor und näherten sich dem König ein wenig. Sie befanden sich dennoch immer noch am unteren Ende des Thronsaals.

"Kommt noch näher, ich will nicht durch den ganzen Thronsaal schreien müssen.", sagte Theron ein wenig genervt. Die drei taten, wie ihnen geheißen und schließlich standen sie dem Kaiser von Anthem Gows im Abstand von zwei Metern gegenüber. Er musterte die drei genau. Vor allem Julian. Dieser besaß kurzes, blondes Haar und dunkelblaue Augen. Um seinen Hals hatte er einen dünnen, gelben Schal gewickelt. Dazu trug er ein braunes Hemd mit langen Ärmeln und eine dunkelblaue Hose, sowie feste, lederne Stiefel. Julian begutachtete Kaiser Theron auch genau. Der Kaiser besaß wallendes, brünettes Haar, das für einen Mann schon ein wenig zu lange gewachsen war. Es fiel ihm bis auf die Schultern und noch ein Stück weiter. Er starrte Julian aus leuchtend grünen Augen entgegen. Obgleich er der Kaiser war, wirkte er doch noch ziemlich jung. Natürlich konnte es auch junge Kaiser geben, aber Julian hatte ihn sich immer als Greis vorgestellt. Ihn nun als einen Mann in der Blütezeit seines Lebens zu sehen, erfrischte Julian und er dachte für einen Moment, dass es wohl doch gut war, diesen Mann an der Spitze von Anthem Gows zu haben. Schließlich sprach der Kaiser direkt zu Julian:"Nun, Junge. Sag mir doch, wie du heißt."

"Aber natürlich, Eure Majestät. Mein Name ist Julian und ich stamme aus dem kleinen Dorf Herbstweih östlich von hier."

"Soso, Julian also. Die Nachricht deines unerwarteten Auftauchens hat mich durchaus nachdenken lassen. Ich dachte mir, warum wohl ein erschöpfter, junger Mann am Abend dahergelaufen kommt. Als ich so darüber nachdachte, entwickelte ich viele verschiedene Möglichkeiten, was genau geschehen war. Doch bitte ich dich nun, mir die Wahrheit zu sagen. Was ist passiert?"

"Trolle haben mein Dorf überfallen und zerstört. Sie haben alle getötet, die ich je kannte. Aber ich muss wissen, ob meine beiden besten Freunde, Otto und Lisa, noch leben. Denn wenn es nur den kleinsten Funken Hoffnung gibt, dass sie unversehrt sind, dann muss ich sie finden."

"Nur deine besten Freunde willst du finden? Was ist mit deiner Familie, deinen Eltern oder Geschwistern?", fragte der Kaiser sofort. Julian fand das beinahe schon unverschämt, doch da es der Kaiser war, der fragte, verriet er ihm alles.

"Meine Mutter ist schon seit drei Jahren tot und mein Vater ist vor Ewigkeiten verschwunden. Er wollte uns wohl nicht länger ertragen müssen. Außer meinen besten Freunden habe ich also niemanden mehr."

"Das tut mir leid, Julian. Auch das mit deinem Dorf tut mir zutiefst leid. Ich wünschte, ich hätte es verhindern können. Jedoch bin ich davon ausgegangen, dass wir in Zeiten des Friedens leben. Nun hören zu müssen, dass Trolle in meinem Reich unschuldige Dörfer angreifen, deren Bürger sich nicht einmal richtig wehren können, erzürnt mich. Dagegen müssen wir sofort etwas unternehmen."

"Ja, mein Kaiser. Ich möchte auch etwas tun. Ich will der Stadtwache beitreten und dann die Trolle aufspüren und töten."

"Nun, das könntest du wohl tun. Die Stadtwache braucht immer neue Rekruten. Immerhin kann die größte Stadt der Welt niemals gut genug beschützt sein, richtig?"

Gerade als Julian antworten wollte, stürmte Theodor wieder in den Thronsaal. Ohne zu zögern oder irgendwie eine Reaktion des Kaisers abzuwarten, lief er bis ganz hinauf und sagte dann unter heftigem Schnaufen:"Kaiser...Kaiser Theron! Da ist etwas...etwas am Hauptplatz...Ihr müsst sofort...mitkommen!"

"Ruhig, Theodor. Komm erstmal zu Atem."

Theodor gehorchte, atmete langsam ein und aus und beruhigte sich wieder. Dann berichtete er erneut:"Irgendjemand scheint am Hauptplatz auf die Triumphsäule geklettert zu sein. Jedenfalls stehen da oben zwei Menschen und der eine hat gesagt, dass er etwas zu verkünden hat..."

"Ja und? Was hat er denn verkündet?", fragte der Kaiser aufgebracht. Er hatte keine Ahnung, wie jemand auf die Triumphsäule gelangen konnte. Zwar befand sich auf der Spitze ein kleiner Sockel, auf dem man stehen konnte, doch dieser war grundsätzlich nicht dafür gemacht worden. Umso verwirrender war also der Umstand, dass tatsächlich jemand da oben herumstand. Die einzig plausible Erklärung, die Kaiser Theron dafür einfiel, war Teleportation. Theodor antwortete ihm:"Er hat noch gar nichts verkündet. Er sagte, dass er ausschließlich etwas von sich gibt, wenn der Kaiser zusieht."

 

"Dann nichts wie hin. Wenn dieser Spaßvogel Ärger machen will, dann soll er es versuchen. Mobilisiert die Elitegarde, so schnell wie möglich!"

"Jawohl, mein Kaiser!", antwortete Theodor unter Verbeugung und lief dann schnell aus dem Thronsaal hinaus.

"Und wir sehen uns jetzt an, was es damit auf sich hat. Folgt mir.", sagte Theron zu Julian, Enrique und Dave.

"Natürlich, Kaiser.", antworteten die beiden Wachen sofort. Doch Julian wollte vorerst noch etwas wissen.

"Kaiser, wenn Ihr mir eine Bemerkung gestattet..."

"Was ist denn, Julian? Wir haben im Moment Wichtigeres zu tun."

"Das mag schon sein, aber Eure Tochter geht mir nicht mehr aus dem Kopf."

"Wie bitte!?", schrie der Kaiser fassungslos. Sollte er sich bei Julian etwa geirrt haben? War er vielleicht jemand, der seiner kleinen Tochter etwas antun wollte? Das musste er noch schneller herausfinden, als was auf dem Hauptplatz vor sich ging.

"Erkläre dich sogleich!"

"Natürlich, Kaiser. Ich meine das keineswegs in böser Absicht. Aber als Eure Tochter an mir vorbeigelaufen ist, habe ich seltsame Veränderungen in der Luft wahrgenommen. Sofern ich es mir nicht eingebildet habe. Eure wievielte Tochter ist sie, wenn Ihr mir die Frage gestattet?"

"Nun, ich weiß nicht, was in dir vorgeht, Julian. Nicole ist meine siebte Tochter, wenn dir diese Information irgendetwas hilft. Und natürlich ist sie etwas ganz Besonderes, sie ist meine Tochter. Aber ich denke, ich verstehe, was du meinst. Ich selbst habe schon des Öfteren bestimmte Phänomene beobachtet oder seltsame Energien gespürt, als ich allein mit ihr war. Bislang verstehe ich noch nicht ganz, was an ihr anders ist, doch weiß ich, dass es nichts Schlechtes ist. Bist du nun zufrieden?"

"Natürlich, habt vielen Dank, Kaiser. Zweifellos stand mir ein solches Eindringen in Euer Privatleben nicht zu. Vergebt mir."

"Ich fühle, dass du es nur gut meintest. Daher will ich es nicht weiter beachten. Jetzt aber nichts wie los zum Hauptplatz."

Gesagt, getan, machten sie sich auf zum Hauptplatz. Dafür mussten sie ja nur den Palast durchqueren und die große Treppe hinab schreiten. Schon waren sie näher am Ort des Geschehens, als in einer solchen Situation für einen Kaiser ratsam gewesen wäre. Doch deshalb war Theron ein Kaiser. Er hatte keine Angst vor irgendetwas. Das brauchte er auch nicht, denn außer einem Kaiser war er auch noch ein starker Kämpfer. So jemandem konnte nur wenig wirkliche Angst einjagen. Die Elitegarde hatte sich um die Triumphsäule versammelt und alle blickten mit gezogenen Waffen hinauf. Doch mehr konnten sie nicht tun. Theron begutachtete nun, wie auch Julian, Enrique und Dave, die Gestalten, welche auf der Triumphsäule thronten. Beide standen nebeneinander da und blickten hinab. Jedoch konnte man ihre Gesichter nicht erkennen. Davon abgesehen, dass die Säule auch so schon hoch genug war, um irgendwelche Einzelheiten von darauf befindlichen Menschen wahrzunehmen, verbargen die beiden Fremden auch noch ihre Gesichter. Der eine trug eine seltsame Kapuzenrobe, welche bis zu seinem Gürtel verlief und dort endete. Am Rücken hing sie als Umhang weiter hinab, bis zum Boden. Ansonsten trug er noch eine schwarze Hose und dazu passende, schwarze Stiefel. Die Robe hingegen besaß eine graue Grundfarbe und darauf waren viele, schön verzierte Linien entlang des Verlaufs der Robe eingestickt. Diese Linien besaßen entweder schwarze oder dunkelrote Farbe. Die Kapuze hatte der Fremde sich tief ins Gesicht gezogen, sodass niemand mehr als sein Kinn erkennen konnte. Neben ihm befand sich noch ein zweiter Mann, der am ganzen Körper schwarze, lederne Kleidung trug. Seine Oberkörperbekleidung besaß Ärmel, die hinab bis zu seinen Händen verliefen und schwarze Handschuhe trug er auch. Ebenso wie der andere Fremde, besaß auch dieser Mann einen Umhang, wobei dieser jedoch kein Teil einer Robe war. Die schwarze Kleidung, die seinen gesamten Körper, bis auf den Kopf, einhüllte, glänzte stark und spiegelte das darauf treffende Licht wider. Am Kopf befand sich das einzige, was ein wenig Abwechslung bot. Vielleicht etwas zu viel Abwechslung. Denn dort trug der Fremde eine weiße Maske aus Elfenbein. Deren Oberseite verlief wie ein Halbkreis, die Seiten waren gerade und auf Höhe des Kinns lief die Maske ebenfalls wie ein Kinn zusammen, jedoch schloss sie in der exakten Mitte in einem spitzen V ab. Aber das Verstörendste an dieser Maske war zweifellos der wütende Gesichtsausdruck, mit dem sie einen anstarrte. Dieser wurde allein durch primitive, schwarz untermalte Einbuchtungen für Augen und Mund dargestellt. Was hatte es mit diesen beiden Fremden auf sich? Das musste Kaiser Theron nun herausfinden. Als der Fremde in der Kapuzenrobe bemerkte, dass der Kaiser eingetroffen war, begann er schließlich, zu sprechen.

"Sieh an, der Kaiser von Erudicor ist endlich da. Ihr habt lange auf Euch warten lassen, Euer Majestät.", nach dem letzten Satz lachte er kurz sarkastisch.

"Nun denn, wenn Ihr nun endlich hier seid, kann ich ja die frohe Botschaft verkünden. Dann hört gut zu..."

Seltsamerweise konnte man den Fremden sehr gut verstehen, obwohl er sich so weit oben befand. Kaiser Theron erriet zurecht, dass es sich dabei um Magie handelte. Er befürchtete, dass der Fremde nichts Gutes zu vermelden hatte.

"Ich bin der düstere Magier. Mein richtiger Name spielt keine Rolle. Ebenso wie die Identität meines maskierten Begleiters. Lasst euch nur eines gesagt sein: Wir werden euer aller Untergang sein! Denn hiermit erkläre ich der goldenen Stadt sowie dem Reich Anthem Gows den Krieg! Jeder von euch wird schon bald tot im Staub dieser prunkvollen Stadt liegen. Meine Armee besteht aus 75 000 Kriegern und wird schon bald hier angreifen. Wir sehen uns. Das war's dann eigentlich schon. Bis bald, ihr Todgeweihten!"

Offenbar wollte der düstere Magier schon aufbrechen, doch sein Begleiter flüsterte ihm etwas zu. Dann hielt er kurz inne und sprach schließlich weiter:"Eines hätte ich fast vergessen. Damit Ihr diese Drohung auch ernst nehmt und nicht glaubt, ich scherze nur, lasst mich euch meine Armee ein wenig näher beleuchten. Sie besteht aus sechs verschiedenen Delegationen, jede von ihnen stammt von einem anderen Volk und jede wird von einem General angeführt. Mal sehen, mit wem beginne ich nur? Oh, ich weiß. Die Untoten. Ja ganz recht, Untote gehören auch zu meiner Armee. Angeführt werden sie alle vom Kastill, einem sehr speziellen Wesen, welches einer der engsten Vertrauten des untoten Prinzen ist. Falls irgendwer von Euch auch nur einen winzigen Schimmer davon hat, was ich da rede, wird er die Gefährlichkeit dieser Botschaft verstehen."

Kaiser Theron wusste durchaus, wovon der düstere Magier sprach. Denn der untote Prinz war der mächtigste Untote, der auf der Welt existierte und wahrscheinlich jemals existiert hatte. Kein Wunder, dass man diesem Scheusal noch kein Ende hatte bereiten können. Die Nachricht, dass nun einer seiner engsten Vertrauten in einer Armee kämpfen würde, die Erudicor angreifen soll, gefiel dem Kaiser gar nicht. Doch das hinderte den düsteren Magier nicht daran, weiter zu erzählen.

"Als nächstes haben wir die guten, alten Menschen. Was wäre eine Armee ohne Menschen? Richtig, nur die Hälfte wert. Deshalb möchte auch ich nicht auf sie verzichten. Jede Menge Räuberpack und brutale Gesellen habe ich angeheuert und sie alle werden angeführt vom ruchlosesten und gefährlichsten von allen: General Spitzhacke. Dieser freundliche Zeitgenosse verbringt seine Zeit gerne damit, andere zum Spaß mit seiner Spitzhacke zu töten. Also ein ganz großer Gewinn für mich, ihn dabei zu haben. Dann gibt es natürlich noch die Dunkelelfen und einen ihrer höchsten Krieger. Soweit ich weiß heißt er Katokuin, doch sie nennen ihn Narbengesicht Katokuin. Der Bursche ist riesig, das könnt ihr mir glauben. Aber genug von den Dunkelelfen. Ich habe auch noch die Tantan'Buskili, die so genannten Seelenläufer."

"Das darf doch nicht wahr sein.", dachte sich Kaiser Theron. Auch diese Kreaturen waren ihm durchaus bekannt. Sie hielten sich eher im Hintergrund, doch besaß einer von ihnen die...

"Einer von ihnen besitzt die Kampfkraft von tausend normalen Kriegern, sagt man.", prahlte der düstere Magier. "Wenn ich das mitzähle, dann besitzt meine Armee die Kampfstärke von 80 000 Kriegern, denn fünf von ihnen konnte ich mir als Verbündete sichern. Die größte Delegation besteht aber aus den Machuv'Thal, wobei ich noch nicht genau weiß, welche ihrer Krieger sie mir zur Verfügung stellen."

Auch die Machuv'Thal kannte Kaiser Theron nur zu gut. Denn diese Wesen waren sehr widerstandsfähig und mit normalen Waffen nahezu unmöglich zu töten. Schließlich bestanden sie selbst aus so gut wie allen Metallen, die existierten. Jedoch bestand einer von ihnen immer nur aus einem einzigen Metall. Doch das allein reichte schon aus. Noch dazu war ihr Kaiser Hirion eines der boshaftesten und gefährlichsten Wesen, die auf der Erde existierten.

"Wenn das alles wahr ist, haben wir ein sehr großes Problem.", dachte sich Theron und hoffte, dass es sich dabei nur um einen besonders derben Scherz handelte. Aber je mehr er von der Armee erfuhr, umso unausweichlicher drängte sich ihm die Wahrheit auf, die er nicht wahrhaben wollte.

"Zuletzt werden mir auch noch die Trolle zur Seite stehen. Damit meine ich natürlich die Wiesentrolle, denn die anderen würden sich zu so etwas sicher nicht überreden lassen."

Julian horchte auf. Ob die Trolle, die sein Dorf zerstört hatten, etwa auch in der Armee mitkämpfen würden?

"Die Trolle werden von Fröthljif, dem blauen Troll angeführt.", bei diesem Satz grinste der düstere Magier extra böse, obgleich man es dank der Kapuze und des Höhenunterschieds von unten nicht wirklich erkennen konnte. Julians Herz setzte aus. Fröthljif. Dieser Name war für immer in sein Gedächtnis gebrannt. Er würde nicht eher ruhen, bis er diesen Troll eigenhändig getötet hatte. Erst dann konnte er wieder ruhig schlafen. Er schuldete es dem ganzen Dorf Herbstweih, Fröthljif niederzustrecken. Plötzlich war Julian sonnenklar, was er tun musste. Egal, ob er der Stadtwache beitrat oder nicht, er musste sich dieser Armee entgegenstellen, sobald sie angreifen würde. Dann würde er am Schlachtfeld nach Fröthljif Ausschau halten und ihm schließlich seinen bescheuerten Kopf abschlagen. Auch Kaiser Theron schien die Nachricht mit den Trollen nicht gut aufgenommen zu haben. Der düstere Magier sprach noch ein paar letzte Worte.

"Nun denn, das ist meine Armee. Wenn ihr noch nicht alle Hoffnung verloren habt, so wird auch das noch mit der Zeit kommen. Spätestens, wenn meine Krieger die Mauern der goldenen Stadt niederreißen und alles, was dahinter liegt, dem Erdboden gleich machen." Dann lachte er bösartig und blickte dann direkt dem Kaiser in die Augen. Für einen kurzen Moment hob sich die Kapuze des düsteren Magiers und Kaiser Theron starrte mit seinen grünen Augen in ein teuflisch rot leuchtendes Paar.

"Kaiser, Ihr haltet Euch so bedeckt. Was ist los, hat es Euch die Sprache verschlagen?", spottete der düstere Magier.

"Nein, das hat es nicht!", rief Theron so laut, dass es problemlos zur Triumphsäule hinauf drang. "Wenn Ihr glaubt, dass Ihr mich mit so etwas einschüchtern könnt, kennt Ihr mich wohl nicht sonderlich gut. Eure Armee wird untergehen und zuletzt werdet auch Ihr sterben! Das versichere ich Euch, so wahr ich Kaiser von Anthem Gows bin. Ich werde mit aller Härte gegen Unruhestifter vorgehen, die den Frieden in meinem Reich brechen wollen. Lasst Euch das gesagt sein!"

"Meine Güte, da ist wohl jemand mit dem falschen Fuß aufgestanden. Schon gut, schon gut. Wir werden ja sehen, wer von uns beiden zuletzt lacht. Aber ich warne Euch. Gegen eine solche Armee wie die meine habt Ihr keine Chance. Also dann, bis bald, ihr Leichen!"

Auf diesen Satz hin wurde es kurz um den düsteren Magier und seinen Begleiter herum schwarz und als sich der dunkle Nebel lichtete, waren beide verschwunden. Die Leute auf dem Hauptplatz flüsterten unruhig und viele blickten Rat suchend zum Kaiser.

"Mein verehrtes Volk. Ich versichere euch, dass es keinen Grund zur Unruhe gibt. Wir werden diese Armee, so sie wirklich existiert, auf jeden Fall aufhalten. Niemand hier in Erudicor ist in Gefahr. Das verspreche ich euch. Bitte geht nun wieder euren Tätigkeiten nach." Dann sprach er leiser zu Julian und seinen drei Wachmännern:"Folgt mir in den Thronsaal. Wir müssen uns über diese Entwicklung unterhalten."