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Die Gattin des Gefallenen

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Weiterhin floß ein Bächlein über den Gang.

Dies war damals auch nicht da; – man hatte es gewiß früher oben durch einen Kanal geleitet, der mag nun verdorben sein, und der Bach brach sich hier eine Bahn.

Die Dame konnte nicht durchs Wasser gehen, der Feldherr hob sie auf seine Arme, sie neigte sich auf seine Schulter.

Das Antlitz Beider war so düster, so bleich.

Einst, – vor langer Zeit, – wären ihre Wangen bei solcher Gelegenheit nicht so bleich gewesen, aber das schwarze Kleid und die schwarze Stunde! . . . .

Jenseits des Baches setzte der Feldherr die Dame wieder nieder. Bald darauf erreichten sie das andere Ende des Tunnels, das ganz verfallen war. Der Feldherr mußte mehrere große Steine aus dem Wege wälzen, damit sie hinaus konnten, und da sahen sie sich in der Mitte eines wilden, finsteren Fichtenwaldes.

Aus der Ferne hörte man das Geschrei der die Runde machenden Wachtposten des feindlichen Heeres.

Der Wald war so dunkel, daß man nicht durchblicken konnte.

Jetzt Gott mit Ihnen, ich gehe weiter, sprach die Dame, dem Feldherrn ihre Hand entgegenstreckend.

Wo denkst du hin. Hermine? In diesem Walde, in solcher Nacht. . . . .

Es ist dies nicht mein erster Gang in solcher Zeit, auf solchem Wege. Nicht weit von hier wohnt ein Müller, der mich gut kennt, den werde ich aufsuchen, bei ihm werde ich Bauernkleider anziehen und weiter gehen.

Warum so eilig?

Sie haben’s schon vergessen, ich aber nicht, daß ich im Hause meines Gatten einen Mann zurückließ, der meinen Gatten getödtet; zu dem eile ich. Gott mit Ihnen!

Ich lasse dich nicht allein gehen, Hermine, ich werde dich bis hin begleiten oder wenigstens bis zum Ende des Waldes.

Vergessen Sie nicht, daß Sie Führer von zwanzigtausend Menschen sind, die Sie befreien müssen und zwar eilends. Gott mit Ihnen! Wir werden uns noch öfters treffen.

Das geheimnißvolle Weib entfernte sich nach diesen Worten rasch und allein in den Wald, selbst die Fackel löschte sie aus, die sie mit sich genommen, und verschwand dann zwischen den dichten Bäumen, deren Laubwerk in der winterlichen, weißen Welt allein ein düsteres, melancholisches Grün behalten hatte.

Der Feldherr blickte der sich Entfernenden lange nach, dann wendete er sich um, durcheilte den unterirdischen Gang, und noch dauerte die lange Winternacht, als er in seiner Wohnung ankam.

Augenblicklich ließ er alle seine Pionniere ausrücken, das Heer aufstellen, und nachdem der unterirdische Gang mit bewunderungswürdiger Schnelligkeit wegbar gemacht worden war, schickte er die Besten seines Heeres durch denselben voraus.

Der verlassene Schacht hallte wider von ungewöhnlichem Getöse, die seit Jahrhunderten hier wohnende Finsterniß wurde durch eine ungewöhnliche Helle aus ihrem Neste gejagt. Die von den Fackeln rechts und links geworfenen Schatten erschienen allenthalben wie gestaltlose Gnomen, die mit drohendem Fluge in den Rissen der harten Felswand verschwanden.

Der Feldherr und alle Offiziere leuchteten den Arbeitern mit Fackeln, und so wie die Pionniere voran die Felsen und Erdwürfe ebneten, folgten ihnen auch schon die schwer rollenden Kanonen, welche fünf bis sechs Pferde auf dem sumpfigen Boden kaum im Stande waren fortzuziehen; die Soldaten selber schoben sie an den Radspeichen weiter, wenn eine hie und da stecken blieb.

Noch währte die endlose Winternacht, und schon hatten die Besten des Heeres mit einigen Kanonen den Tunnelweg zurückgelegt. Der dichte Fichtenwald verbarg sie vor dem Blicke des feindlichen Heeres.

Und als der Tag zu grauen anfing, setzte sich das wackere Heer von der Seite der Stadt her auf der Landstraße nach Szélakna in Marsch.

Der Feind erwartete ihren Angriff ruhig in seiner festen Position.

Aber nach dem ersten Kanonendonner erschien in seinem Rücken das durch den Tunnel gezogene Corps, und das cernirende Heer, damit es nicht zwischen zwei Feuer gerathe, war genöthigt, eine Bewegung aus der Flanke zu machen, weg von der Landstraße, und so dem wackern Heere freien Weg zu gönnen.

So befreite der Feldherr sein Heer, als Jeder dies schon verloren glaubte.

Sein Glücksstern begann damals am Himmel zu leuchten.

IV

Die Wittwe kam in ihrer fern gelegenen Wohnung an.

Aber Den, um dessentwillen sie kam, den jungen Stabsoffizier fand sie nicht mehr da.

Eine Heeresbewegung hatte ihn eine Station weiter geschoben, und die in ihr Haus eintretende Wittwe fand daselbst außer einer Handvoll gemeiner Soldaten auch einen Subalternoffizier in ihrem Zimmer, der die Eintretende barsch mit der Frage anfuhr: was sie da suche?

Ich bin die Frau dieses Hauses, antwortete sie trocken.

Sehr wohl, sagte der Lieutenant, ich habe eben Ordre erhalten, die Frau, sobald sie ankommt, auf die nächste Station zu senden.

Ordre? Von wem und weßhalb?

Von demselben Major, der vor mir hier war und der mein Vorgesetzter ist; weßhalb? darauf kann ich nicht antworten, das ist meine Sorge nicht.

Die Frau widersprach nicht, sondern befahl sogleich dem Fuhrmanne, der sie hieher gebracht, sie nach dem bezeichneten Orte zu fahren, dem Lieutenant aber übergab sie die Schlüssel von ihrem Zimmer, mit sarkastischer Kälte bemerkend: – Wenn Sie schon mein Haus in Beschlag genommen haben, tragen sie zugleich Sorge für mein Eigenthum.

Der Lieutenant rief drei Grenadiere und befahl ihnen, sich auch mit auf den Wagen zu setzen.

Wozu das? fragte die Frau mit verletztem Stolze.

Sie werden Sie begleiten, Madame.

Geschieht das im Sinne des Befehls? fragte die Frau mit scharfer Betonung.

Es ist so Brauch, Madame! erwiderte der Offizier und schlug die Thüre hinter sich zu.

Die Grenadiere setzten sich in den Wagen neben und gegenüber der Frau.

Sie war leichenblaß, selbst ihre Lippen waren weiß vor Wuth, aber sie schwieg und verrieth nicht, was in ihr vorging.

Auf dem Wege begann sie mit den Grenadieren zu sprechen, alle Drei waren Polen; sie sprach mit ihnen viel von sonderbaren Gegenständen, kühnen Ideen, von großen, wunderbaren Thaten. Die Grenadiere hörten ihr aufmerksam zu, schauten und staunten sie an und staunten sie immerfort an, – unbewußt saugten sie von Augenblick zu Augenblick das verführerische Gift ein, das die Worte der Frau enthielten, und als der Fuhrmann in einer Ortschaft vor dem Wirthshause hielt, um seine Pferde zu füttern, fragten ihn die drei Grenadiere, in welcher Richtung die ungarischen Heere stünden?

Und alle Drei wurden Ueberläufer!

Die Frau blieb allein. Auch sie hätte durchgehen können, wenn sie Lust gehabt hätte. Aber sie that es nicht; wenn sie jener Mann auch nicht gerufen hätte, sie hätte ihn aufgesucht. Sie ließ sich nach der bezeichneten Ortschaft fahren, dort bezahlte sie den Fuhrmann und sendete ihn zurück, der auch hinging, woher er gekommen, nach Hause, in seine Heimath im dritten Comitate, und nach seiner Abfahrt konnte der Dame Niemand beweisen, wie sie hierher gekommen.

Hermine suchte den Major auf, zu dem sie gesendet wurde. Mit einem Gesichte, in dem keine Spur des Zornes war, trat sie bei ihm ein, und als sie an seinem schönen, jugendlichen Gesichte die ungewöhnliche Kälte, die zurückweisende Strenge bemerkte, that sie, als wäre sie erschrocken darüber, und fragte ihn bebend: Herr Major. Sie zürnen mir?

Man hätte glauben sollen, dieses Weib habe jetzt Furcht, zittere, während sie doch den Anfang machte zur Ausführung jenes Planes, der den Gegenstand ihrer Rache verderben sollte.

Madame, – sprach der Major mit erzwungen kalter Stimme. Sie werden verzeihen, daß ich Sie hieher bringen ließ, aber die Pflicht . . . . . .

Erlauben Sie mir, Sie haben mich nicht hierher bringen lassen, ich bin freiwillig hieher gekommen.

Der Major ward betroffen.

Und hat Sie nicht mein Offizier hergesendet, den ich in ihrem Hause zurückließ?

Die Dame lächelte, erröthete, schlug die Augen nieder . . . . Alles Berechnung . . . .

Ihr Offizier hat mich allerdings gesendet, aber nicht hieher. Er that mir zu wissen, daß Sie mich fortbringen lassen wollten, und redete mir zu, mich irgendwo und zwar an einem solchen Orte zu verbergen, den nur er wissen würde. Da ich aber bemerkte, daß der Mann mich mit sehr sonderbaren Blicken anschaute, wollte ich mich lieber Ihnen, als ihm anvertrauen.

Der Major schlug wüthend mit der Faust auf den Tisch. – Augenblicklich holt mir den Lieutenant! rief er seiner Ordonnanz zu . . . Wäre Jener in diesem Augenblicke gegenwärtig gewesen, der Major hätte ihn vielleicht durchbohrt. Ungehorsam gegen seine Befehle, Bündniß, Einverständniß mit Derjenigen, die er gefangen nehmen sollte, das Alles ist Grund genug, um den Zorn des Vorgesetzten zur Vergeltung zu reizen, um wie viel mehr, wenn die Flamme dieses Zornes noch von der aufgestachelten Eifersucht angefacht wird!

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