Lektorat, Programmplanung und Projektmanagement im Buchverlag

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Aus der Reihe: BRAMANNBasics #7
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1.1
Programmentwicklung

Stärker als ein einzelnes Buch prägt das Gesamtprogramm das Erscheinungsbild eines Verlags. So gehört das kritische Sachbuch zum Westend Verlag wie modische Kochbücher zu Gräfe und Unzer. Während bei Westend der aufklärerische Anspruch im Vordergrund steht, beruht die Programmplanung bei GU auf intensiver Marktforschung. Beiden ist jedoch ein Ziel gemeinsam: Trends rechtzeitig erkennen, teure Flops vermeiden und aus einzelnen Büchern ein erfolgreiches, gewinnbringendes Programm mit unverwechselbarem Profil machen.

Bei Verlagen mit einem hohen Titelausstoß geht die Zahl der lieferbaren Bücher leicht in die Hunderte oder gar Tausende, und auch #Self-Publisher tragen ihren Teil zur Titelflut bei. Doch damit stellt sich die Frage: Wie kann die langfristige Programmstrategie eines Verlags aussehen, welche Veränderungen sind notwendig? Alle Verlage wünschen sich, dass sich ein neu erschienenes Buch möglichst lange und erfolgreich am Markt behaupten kann. Doch kaum ein Titel verkauft sich auf unbegrenzte Zeit. Wichtig ist also, in einem überschaubaren Zeitraum einen ausreichenden Umsatz zu erzielen, der die Entwicklungskosten ausgleicht und einen Gewinn abwirft.

Produktlebenszyklus

Jedes Buch hat einen charakteristischen Lebenszyklus. Dieser zeigt, wie Absatz und Gewinn über die gesamte Lebensdauer verlaufen. Der Produktlebenszyklus, für den es unterschiedliche Modelle gibt, teilt sich üblicherweise in fünf Phasen, deren Dauer je Titel unterschiedlich ausfallen kann. Dieses Konzept aus der Marketingpraxis bietet eine nützliche Orientierungshilfe, nicht mehr und nicht weniger. Entscheidend ist, rechtzeitig zu erkennen, an welcher Stelle sich einzelne Reihen oder Titel befinden – um die programm- und absatzpolitisch passenden Entscheidungen zu treffen.

PRODUKTLEBENSZYKLUSKONZEPTEin ›Urheber‹ lässt sich nicht benennen. Erste Ansätze hierzu finden sich schon Anfang des 20. Jahrhunderts, ausführliche Darstellungen seit den 1950er und 1960er Jahren. Somit gibt es kein verbindliches ›Urmodell‹, sondern diverse Ausprägungen, die sich hinsichtlich der Zahl und Benennung der Phasen unterscheiden. Oft werden fünf Hauptphasen genannt: Einführung, Wachstum, Reife, Sättigung und Degeneration, wobei die beiden letzten manchmal zusammengefasst werden. Hinzu können vorgelagerte Phasen (Beobachtung, Entwicklung) ebenso kommen wie nachgelagerte Phasen (Entsorgung, Desinvestition).

Produktlebenszyklus12

ProduktentwicklungEin neues Buchprojekt entsteht und verursacht Kosten, zum Beispiel für Honorarvorschüsse, Übersetzung, Lektorat oder Herstellung, aber es gibt noch keine Verkaufserlöse.

MarkteinführungDie Neuerscheinung wird dem Handel angeboten, und das Buch erscheint. Noch decken die Einnahmen nicht die Kosten für Projektentwicklung und Marketing.

WachstumDie Markteinführung ist erfolgreich verlaufen, das Buch wird von den Lesern angenommen, die Medien berichten positiv. Der Absatz steigt, die Gewinne wachsen.

ReifeDer Absatz ist möglichst lange hoch, schwächt sich aber zunehmend ab; eventuell erscheinen erste Konkurrenzprodukte. Um die Verkäufe auf diesem Niveau zu halten, muss wieder stärker in Marketing und Vertrieb investiert werden. Denkbar ist auch, #Lizenzen für günstigere Taschenbuch- oder Sonderausgaben zu vergeben oder diese selbst zu produzieren.

AbsatzrückgangDer Markt ist gesättigt, der Absatz geht endgültig zurück, die Gewinne sinken. Eventuell läuft das Buch aus, um durch einen Nachfolgetitel ersetzt zu werden. Mit einer überarbeiteten Neuauflage lässt sich der Titel vielleicht mit frischem Schub wieder in die Wachstumsphase zurückführen.

Neuerscheinungen, die diese kritische Einführungsphase überstehen, haben gute Chancen, sich als Backlisttitel über einen langen Zeitraum zu verkaufen. Dabei helfen regelmäßige Erwähnungen in den Medien, den Titel am Laufen zu halten. Die Werbung setzt den Schwerpunkt nicht mehr auf den Inhalt, sondern nutzt hohe Auflagenzahlen oder positive Statements bekannter Medien und Persönlichkeiten, sogenannter Testimonials, als Verkaufsargumente. Über zusätzliche Absatzkanäle werden neue Käufer gefunden. Neuauflagen in veränderter Ausstattung, eventuell in Verbindung mit Preisanpassungen, können den Absatz ebenfalls ankurbeln.

Aber selbst der beste Longseller hat irgendwann alle seine Käufer gefunden. Der Rückgang der Verkaufszahlen mag dabei langsam verlaufen, aber allzu oft wurde die Größe der Zielgruppe falsch eingeschätzt oder die Zielgruppe nicht erreicht. Auf keinen Fall darf der Verlag nun den Fehler begehen, einem veralteten oder schwachen Titel zu viel Aufmerksamkeit zu widmen. Denn diese Kapazitäten können produktiver für die Entwicklung neuer – hoffentlich erfolgreicherer – Projekte eingesetzt werden.

Programmportfolio

Der Produktlebenszyklus zeigt zwar, wie sich ein einzelner Titel entwickelt, er gibt jedoch wenig Aufschluss über die Positionierung des Gesamtprogramms. Mithilfe einer einfachen Matrix, die von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group entwickelt wurde, lassen sich Marktanteile und Wachstumschancen anschaulich darstellen:13

BCG-MATRIXDieses Modell beruht auf der Portfoliotheorie der Finanzwirtschaft aus den 1950er Jahren, bei der es um eine Zusammenstellung unterschiedlicher Anlagemöglichkeiten zur Risikominimierung geht. 1968 wurde sie vom Gründer der Boston Consulting Group Bruce Henderson vorgestellt und ist noch immer ein wichtiges Werkzeug der Strategieentwicklung. Das Modell berücksichtigt nicht das Potenzial schrumpfender Märkte, wie sie für Teile des Verlagsgeschäfts typisch sind.

Fragezeichen(›Question Marks‹) befinden sich oft in der Einführungsphase und besitzen einen geringen Marktanteil in wachsenden Märkten. Wie sie sich entwickeln werden, lässt sich schwer abschätzen. Um den Marktanteil auszubauen, sind Investitionen in Marketing und Vertrieb notwendig.

Stars(›Stars‹) weisen hohe Wachstumsraten und einen hohen Marktanteil auf. Um Marktanteil und hohes Wachstum zu halten, sind weitere Investitionen in Marketing und Vertrieb nötig. Bei kontinuierlicher Programmpflege entwickeln sie sich oft zu Melkkühen.

Melkkühe(›Cash Cows‹) sind eingeführte und erfolgreiche Titel. Sie habe geringe Wachstumsraten, verursachen kaum Kosten, bringen aber hohe Umsätze und Gewinne – ein Glücksfall für jeden Verlag.

Boston-Matrix

Lahme Hunde(›Poor Dogs‹) sind Problemtitel ohne Zukunftsperspektive: Der Markt ist gesättigt, der Verkauf rückläufig, im besten Fall spielen sie ihre Kosten ein. Der Verlag sollte sie aufgeben – es sei denn, sie dienen der Autorenbindung oder leisten einen unverzichtbaren Beitrag zu Image und Profil des Verlags.

Eine optimale Programmstruktur weist möglichst keine lahmen Hunde auf, dafür sollten Stars und Melkkühe etwa 80 Prozent des Umsatzes ausmachen. Für jeden Programmbereich eines Verlags stellt sich also regelmäßig die Frage nach der eigenen Position: Wie hoch ist der Marktanteil? Gibt es ein Wachstum? Welche Investitionen in Marketing und Vertrieb oder in Aktualisierungen und Neuauflagen sind notwendig?

Neuerscheinungen sind teuer, denn neben der Produktion verschlingen vor allem die Werbemaßnahmen zur Markteinführung viel Geld. Eine erfolgreiche Verlagspolitik richtet deshalb das Augenmerk nicht allein auf die Novitäten, also die Frontlist, sondern auch auf die Pflege der Backlist. Gerade Wissenschaftsund Fachverlage, die selten schnell verkäufliche Bestseller im Programm haben, sind auf die Langlebigkeit ihrer meist hochpreisigen Bücher angewiesen. Als problematisch erweist sich die sogenannte Midlist: inhaltlich solide, aber mit geringem Aufwand produzierte Werke, vor allem Reihentitel, von (noch) wenig bekannten Autoren mit mittelmäßigem Absatzpotenzial und geringem Marketingbudget. Der Handel listet solche Titel nur zögerlich, und so rechnen sie sich oft erst, wenn sie sich doch besser als erwartet verkaufen oder wenn sie durch Sponsorings, Druckkostenzuschüsse, Sonderverkäufe oder Eigenvermarktung seitens der Autoren gestützt werden.

BESTSELLERBücher, die sich überdurchschnittlich verkaufen, was sich in einem hohen Ranking in den einschlägigen Bestsellerlisten niederschlägt. Im Handel werden sie prominent platziert und oft durch intensive Marketingmaßnahme unterstützt.

Programmpflege bedeutet nicht bloß, ein Buch lieferbar zu halten, sondern ihm regelmäßig neuen Schub zu geben: mit einem neuen Cover, einer aktualisierten Neuauflage, einer besonders günstigen oder einer besonders hochwertig ausgestatteten Sonderausgabe oder einer Werbeaktion. Das hält die Melkkühe lange bei Laune. Programmpflege heißt aber auch, schlecht verkäufliche Titel aus dem Programm zu nehmen oder Reihen einzustellen.

Programmanalyse

Die regelmäßige Analyse des eigenen Verlagsprogramms hilft, rechtzeitig zu erkennen, welche Themen, Reihen oder Programmsegmente im Trend liegen und welche keine Zukunft besitzen. Sie zielt auf eine bewusste Planung und Gestaltung des Verlagsprogramms und führt weg von den Zufälligkeiten eines bunt zusammengewürfelten Programms, in dem publiziert wird, was gerade anfällt. Und sie vermeidet, aus Tradition irgendwelche Titel zu verlegen oder Programmbereiche weiterzuführen, die sich nicht (mehr) rechnen.

 

Achten Sie bei der Programmanalyse besonders auf auffällige Veränderungen und Abweichungen. Fragen Sie sich: Warum verändert sich die Altersstruktur Ihrer Zielgruppe? Warum sinkt der Absatz seit ein paar Jahren? Warum sind die Bücher der Konkurrenz durchschnittlich 5,00 Euro günstiger? Warum verkaufen andere Verlage mehr E-Books? Gerade solche Trends können Ihnen wichtige Erkenntnisse vermitteln und Ihnen beim nächsten Schritt helfen: der Auswertung.

Die Ergebnisse dieser Analyse bilden die Grundlage für die künftige Programm- und Titelplanung, denn Sie wissen jetzt: Welche strategische Richtung soll das Programm in Zukunft nehmen? Mit welchen Produkten wollen Sie welche Zielgruppen ansprechen? Welche Themen und Reihen wollen Sie ausbauen, welche bisherigen Randbereiche stärken? Welche Autoren können das Programmprofil schärfen? Stimmen Ausstattung und Ladenpreis? Wo können Sie Ihre Zielgruppe besser als bisher erreichen? Wo gibt es Lücken im Programm? Aber auch:

Checkliste: Programmanalyse

SegmentierungWelches Programmsegment rückt in den Fokus? Gehört es zum imagerelevanten Kernprogramm des Verlags? Welche Themen und Titel sind hier in letzter Zeit erschienen? Wie viele Titel erscheinen pro Programm? Welche Medienformate werden angeboten?

ZielgruppenWer sind die Leser Ihrer Bücher? Was wissen Sie über deren Alter, Geschlecht, Bildung, Beruf, Einkommen, Konsumgewohnheiten, Freizeitverhalten und Werte (siehe Kapitel 1.3)? Hat sich die Zusammensetzung Ihrer Zielgruppe in den letzten Jahren verändert?

ErfolgsanalyseWelche Titel waren in den letzten Jahren erfolgreich (Gesamtabsatz mindestens … Exemplare)? Welche Titel waren Misserfolge (Gesamtabsatz weniger als … Exemplare)? Welche Titel haben besonders zur Profilbildung des Programmsegments beigetragen?

FinanzanalyseWie erfolgreich ist das Programmsegment unter Berücksichtigung von Umsatz und Kosten? Welche Titel waren besonders erfolgreich?

ErscheinungsbildStimmen Format und Ausstattung? Gibt es eine wiedererkennbare Gestaltung des #Umschlags? Entspricht das Innenlayout dem Thema und den Lesererwartungen, oder ist es unübersichtlich und veraltet?

VertriebskanäleWo wird das Verlagsprogramm angeboten? Überall, wo Sie Ihre Zielgruppe erreichen können (#Multi-Channel-Vertrieb)? Welche Absatzwege sind besonders stark, welche ausbaufähig?

Präsenz im BuchhandelIn welchen Buchhandlungen ist das Verlagsprogramm vertreten? In welchen Buchhandelsregalen stehen die eigenen Titel, welchen #Warengruppen sind sie zugeordnet? Sind die aktuellen Neuerscheinungen vollständig vertreten? Wird die Backlist gepflegt?

StandingWas ist das Profil des Programmsegments? Hat es ein unverwechselbares Alleinstellungsmerkmal? Wie ist das Standing des Verlags im Hinblick auf Titelzahl, Verkaufserfolge und Image? Auf welchen Online-Foren wird über Ihr Programm und Ihren Verlag gesprochen?

KonkurrenzWelche Verlage sind die wichtigsten Konkurrenten? Wo liegen ihre Stärken und Schwächen? Mit wie vielen Titeln und welchen Medienformaten sind sie zurzeit am Markt präsent? Was sind deren Angebots- und Preisstrukturen?

Welche Themen sollten Sie nicht weiterverfolgen? Welche Reihen oder Programmbereiche sollten Sie einstellen? Sofern Sie Ihre Titel über den Buchhandel vertreiben, hilft Ihnen bei diesen Fragen der regelmäßige Besuch von großen wie kleinen Buchhandlungen: Der genaue Blick in die Buchhandelsregale, auch online, wirkt oft ernüchternd.

Programmplanung

Nur wer klare Ziele hat, diese kennt und auch zu beziffern vermag, kann später den Erfolg der eigenen Arbeit messen. Doch wie planen Sie ein ganzes Verlagsprogramm oder einen einzelnen Programmbereich – lange bevor alle Titel und Autoren feststehen? Ein systematisches Vorgehen hilft Ihnen, einen detaillierten Plan für die kommenden Monate zu entwickeln. Dabei geht es (noch) nicht um konkrete Projekte, sondern um die generelle Programmstruktur.

Meist gibt es bereits einige Vorgaben, etwa Umsatzziele, die Sie bei Ihren Überlegungen berücksichtigen müssen. Stimmen diese mit Ihren Planungen überein? Falls nicht, sollten Sie Ihre Planung nochmals Schritt für Schritt durchgehen und entsprechend anpassen.

Grundsätzlich gilt: Planen Sie sorgfältig und realistisch, und vermeiden Sie übertriebenen Optimismus. Denn am Ende ist die Enttäuschung groß, wenn Sie Ihre Ziele nicht erreichen können. Wenn alle Parameter stimmen, verfügen Sie über eine gute Orientierungshilfe für Ihre Arbeit: Sie wissen, nach welchen Themen Sie Ausschau halten und wo Sie Ihre Schwerpunkte setzen müssen.

Checkliste: Programmplanung

TitelzahlWie viele Titel wollen und können Sie im Planungszeitraum veröffentlichen? Soll das bestehende Programm ausgeweitet werden oder schrumpfen? Berücksichtigen Sie dabei die Kapazitäten in Lektorat, Herstellung, Vertrieb und Marketing.

ProgrammstrukturWelche Themengebiete oder Reihen muss Ihr Programm abdecken? Wie viele Bücher sollen in jedem Segment erscheinen? Orientieren Sie sich an der bestehenden Programmstruktur, und entwickeln Sie diese behutsam weiter.

ProgrammplatzdetailsWelchen Ladenpreis, welchen Umfang und welche Ausstattung soll jeder Titel haben? Als gedrucktes Buch und/oder digitales Angebot? Welche Startauflage ist realistisch? Konkretisieren Sie die Programmstruktur so, dass jedem Projekt sein Programmplatz zugewiesen wird – und nur noch mit Autor und #Titel gefüllt werden muss. Vergleichbare Projekte aus dem bestehenden Verlagsprogramm bieten Ihnen dabei eine gute Orientierung.

TermineWann sollen die geplanten Titel erscheinen? Welche wichtigen Termine wie Buchmessen oder andere Veranstaltungen müssen Sie berücksichtigen? Achten Sie dabei auf eine gleichmäßige Auslastung aller Verlagsabteilungen, vermeiden Sie eine zu starke Ballung arbeitsintensiver Projekte und das Erscheinen in verkaufsschwachen Phasen.

EinzelprojekteSind einzelne Titel bereits fest vereinbart? Welche Neuauflagen stehen in nächster Zeit an? Tragen Sie diese Projekte auf den entsprechenden Programmplätzen ein.

Absatz und UmsatzWie entwickeln sich Absatz und Umsatz für jeden Programmplatz? Planen Sie ausgehend vom Erscheinungstermin für jeden Monat die voraussichtlichen Absatzzahlen und Umsätze einschließlich möglicher Sonderverkäufe und Remissionen. Berücksichtigen Sie dabei Verkaufsspitzen ebenso wie Flauten.

Programmplanung

Trotz aller gewissenhaften Planungen und Analysen – manche großen Erfolge beruhen auf Titeln, die quer zum Programm stehen und in keine Schablone passen. So sind neben allen marktorientierten Überlegungen immer auch Kreativität und verlegerischer Mut gefragt.

1.2
Projektakquise

Zu den wichtigsten Aufgaben von Lektoren und Redakteuren gehört die #Akquise neuer Titel. Diese läuft meist nach dem gleichen Muster ab: Ein #Exposé oder ein Manuskript geht im Verlag ein und wird daraufhin geprüft, ob es sich zur Veröffentlichung eignet. Wenn nicht bereits das Sekretariat alles aussiebt, was offensichtlich nicht ins Verlagsprogramm passt, genügt oft eine kurze Prüfung für eine direkte Ablehnung. Finden Sie – und auch Ihre Kollegen – an einem Projektangebot jedoch Gefallen, nehmen Sie nun Kontakt mit Autor, Literaturagent oder Originalverlag auf.


Vom Angebot zum Vertrag

In Fachbuch-, Ratgeber- und Schulbuchverlagen ist es eher die Regel als die Ausnahme, dass Sie zusammen mit den Autoren am Konzept feilen. Für Lizenzausgaben und Übersetzungsprojekte trifft das weniger zu, aber auch hier sollten Sie stets überlegen: Sind Anpassungen an die hiesigen Verhältnisse notwendig? Soll das Manuskript gekürzt oder umgekehrt mit neuen Texten ergänzt und neuem Bildmaterial versehen werden? Wenn das überarbeitete Konzept die Zustimmung des Verlags findet, steht einem Vertragsangebot nichts mehr im Weg (siehe Kapitel 1.3).

Es gibt einen Unterschied zwischen aktiver und passiver Projektakquise. Unter passive Akquise fällt alles, was ›unverlangt‹ eingesandt, per E-Mail oder Telefon angeboten wurde – also Angebote von Autoren, die auf eine baldige Veröffentlichung hoffen, ebenso wie manche Angebote von Literaturagenten oder in- und ausländischen Lizenzgebern. Gerade große Publikumsverlage können sich vor solchen Offerten kaum retten: Dort hat vielleicht ein Angebot aus Hunderten eine Chance auf Veröffentlichung. In Fachverlagen ist die Qualität eingehender Buchideen besser, denn die Autoren sind Experten, die sich nicht nur mit der Materie, sondern auch mit der Zielgruppe auskennen.

Ein Sonderfall sind Koproduktionen: Mehrere Verlage produzieren und vertreiben gemeinsam ein Werk. Dies ist zum Beispiel auf internationaler Ebene bei aufwendigen Bildbänden sinnvoll, aber auch bei multimedialen Werken. Koproduktionen bieten sich immer dann an, wenn die Herstellung eines Werks teuer ist, das eigene Know-how nicht ausreicht, die beteiligten Verlage unterschiedliche Zielgruppen oder Absatzmärkte ansprechen. Wichtig ist eine klare Verteilung der Aufgaben, Vertriebskanäle, Kosten und Erlöse.

Verwendete und weiterführende Literatur

Englert, Sylvia: Autorenhandbuch. So finden Sie einen Verlag für Ihr Manuskript. Schritt für Schritt zur eigenen Veröffentlichung. 8. Auflage. Berlin: Autorenhaus 2016.

Sylvia Englert beschreibt den Weg zur ersten eigenen Veröffentlichung, unter anderem die Zusammenarbeit mit Verlagen. Von ihr gibt es übrigens auch ein Handbuch für Kinder- und Jugendbuch-Autoren.

Uschtrin, Sandra; Hinrichs, Heribert (Hg.): Handbuch für Autorinnen und Autoren. Informationen und Adressen aus dem deutschen Literaturbetrieb und der Medienbranche. 8. Auflage. München: Uschtrin 2015.

Dieses umfassende und regelmäßig aktualisierte Nachschlagewerk lässt fast keine Frage, die sich Autoren stellen, unbeantwortet.

Exposé

Sie selbst können dazu beitragen, die Qualität der eingehenden Angebote zu steigern. Teilen Sie Ihren Autoren auf Ihrer Internetseite mit, welche Informationen Sie für die Entscheidung benötigen, und verlangen Sie ein strukturiertes Exposé. Dieses enthält eine kurze Skizze der Projektidee, eine Gliederung sowie Angaben zum geplanten Umfang, zum Verfasser, zur Zielgruppe, zu den Verkaufsargumenten und zur Konkurrenzliteratur. Eine Leseprobe rundet das Exposé ab; in der Belletristik ist es üblich und sinnvoll, gleich das gesamte Manuskript anzufordern und sich so ein umfassendes Bild zur Textqualität zu machen.

Mithilfe eines Exposés zwingen Sie Ihre Autoren, auch komplizierte und umfassende Ideen prägnant darzustellen. Wer die Verkaufsargumente für sein Werk in einem Exposé nicht auf den Punkt bringen kann, wird das auch auf mehreren hundert Seiten nicht schaffen. Künftigen Autoren können Sie eine Checkliste an die Hand geben.