Perry Rhodan - Die Chronik

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Ein Neuer steigt ein …

Das Konzept der Taschenbücher, der so genannten PLANETENROMANE, trug erste Früchte. Mit Band 5 und 8 schrieben zwei Autoren über Perry Rhodan und seine Mannen, die den SF-Lesern bisher nur von ihren Romanen in der Reihe TERRA bekannt gewesen waren: H. G. Ewers und Hans Kneifel. Ihre Debüt-Manuskripte kamen in den Redaktionsstuben sehr gut an – und beiden Autoren wurde eine Mitarbeit an der Romanserie angeboten …

Ewers war bereits seit längerer Zeit für PERRY RHODAN vorgesehen. »Ich sah in Köln an einem Kiosk Heft 1, kaufte es mir und war sofort begeistert. Allerdings dachte ich damals noch nicht daran, mitzuschreiben. Aber ich las die Serie Heft für Heft«, sagt er. »Bei PERRY RHODAN 40 schickte mir dann Kurt Bernhardt einige Ausgaben und fragte an, ob ich Lust hätte mitzuarbeiten. Ich überlegte nicht lange und sagte zu. Aber Günter M. Schelwokat meinte, ich sollte noch etwas warten; er würde von sich aus auf mich zukommen. Das tat er zwei Jahre später auch. Ich bekam den Auftrag, Band 198 zu schreiben.«

»Die letzte Bastion«, am 1. Juli 1965 nach einem zweiten PLANETENROMAN erschienen, war voll in die Handlung integriert, ein furioser Vorabschlussband des laufenden Zyklus. Und vom Start weg war Ewers berühmt und berüchtigt dafür, dass er zahllose frei erfundene Völker, galaktische Zusammenhänge und Fremdwesen in seinen Werken einbaute. So erschuf er schon in seinem nächsten Heft 205 das Zeitwesen Dull, das mit skurrilem Humor Gucky in die Vergangenheit schleudert, und in Heft 210 den Oxtorner Omar Hawk und seinen Okrill Sherlock, ein »froschähnliches« Riesentier einer Extremwelt, dessen acht Meter lange ausfahrbare Zunge hochenergetische Schläge austeilt – sie wurden auch die Helden mehrerer Taschenbücher, denen Ewers treu verbunden blieb.

Anfangs hatte er noch Julian Tifflor, Perry Rhodan und Reginald Bull als Hauptpersonen für die PLANETENROMANE gewählt, um dann »Raumkapitän Nelson« – so der Titel von Band 18 – zu erfinden, der mit seiner tugendhaften Schwester Mabel, dem aus Schrottteilen gefertigten Roboter George und dem Tramp-Frachter HER BRITANNIC MAJESTY bis 1988 immerhin in zwölf Taschenbüchern und mehreren Serienheften haarsträubende Abenteuer erlebte. Das hatte eine Vorgeschichte: »Schelwokat hielt mich nämlich für einen Autor, der alle Themen zwar mit Eifer, aber todernst angeht. Deshalb wettete er mit mir um ein Fass Bier, dass ich niemals einen humoristischen Roman schreiben könnte. Er verlor selbstverständlich.« Omar Hawk und sein Okrill Sherlock taten sich auch mit Tengri Lethos zusammen, dem Hüter des Lichts, der wiederum die Inspiration für den Taschenbuch-Zyklus über das Intergalactic Peace Corps (IPC) wurde. Ständig verschränkte Ewers die Handlungen zwischen Romanserie und Taschenbüchern – K. H. Scheer ließ ihn gewähren, solange er für die innere Logik der miteinander verschachtelten Handlungen selbst sorgte. »Und das tat ich, denn gerade das fachte mich zu Höchstleistungen an.«

Kurzbiografie: H. G. Ewers

Der am 1. Januar 1930 in Weißenfels/Saale geborene H. G. Ewers heißt mit bürgerlichem Namen Horst Gehrmann. Er absolvierte eine kaufmännische Lehre, verfasste nebenbei als Journalist kritisch-satirische Beiträge, wurde Referent für das Kommunalstraßenwesen und Personalleiter im Schulamt seiner Heimatstadt und schließlich, nach einem nachgeholten Abitur und einem Studium, Lehrer an einer Polytechnischen Oberschule für Deutsch, Biologie, Physik und Astronomie. Zur SF kam er durch ein Buch über Relativitätstheorie, Konrad Ziolkowskis Abhandlung »Die Rakete in den Raum« und den Roman »Gast im Weltraum« von Stanislaw Lem. 1960 entstanden die ersten beiden Folgen von »Vermächtnis der toten Augen«, die er vor seiner Flucht nach Westdeutschland verbrannte und in Köln, wo seine Ehefrau und er sich 1961 niederließen, aus dem Gedächtnis neu schrieb. Als sein »Erstling« erschien 1962 jedoch »Intrige auf Chibbu« (bearb. 1984) über den Weltraumscout Lester Velie, dem er noch sechs weitere Romane und eine Erzählung widmete, gefolgt von »Tod eines Botschafters« und »Ruf aus dem Jenseits«. 1964/65 veröffentlichte er ebenfalls in TERRA seine nun siebenteilige frühe Space Opera, in der Menschen die Rätsel der Vergangenheit lösen und mit einer Gefahr für die Zukunft der Galaxis konfrontiert werden, sowie in der Reihe TERRA SONDERBAND zwei Erzählungssammlungen, denen nur noch fünf weitere serienunabhängige SF-Romane folgten. Ab 1965 legte er fast sein gesamtes schriftstellerisches Engagement in den PERRY RHODAN-Kosmos und die Arbeit an der SF-Heftserie ORION. 1994 ließ er sich aus dem Autorenteam beurlauben, um an der Universität Basel Humanmedizin zu studieren und sich danach als Heilpraktiker ausbilden zu lassen. Seitdem verfasste er als Gastroman seinen 250. PERRY RHODAN und ein Marsabenteuer, dessen einzelne Kapitel auf der Website der European Space Agency (ESA) präsentiert werden.

Interview: Ganz privat mit H. G. Ewers – Ein Interview von Wolfgang J. Fuchs

Sie sind von Beruf eigentlich Lehrer. Wie kamen Sie zur Science Fiction?

Ich habe mir schon als Jugendlicher Gedanken über kosmische Zusammenhänge und über die Rolle der Menschheit im Kosmos gemacht. Da ich damals noch auf dem Gebiet der heutigen DDR lebte, war es nicht leicht, sich entsprechende Literatur zu besorgen. Immerhin entdeckte ich ziemlich früh ein Buch von Lincoln Barnett, das sich mit Einsteins Relativitätstheorie auseinandersetzt. Ich fand es in einer städtischen Leihbücherei.

Und Einstein führte Sie zur Science Fiction?

Nicht direkt. Einstein weckte meinen Hunger nach mehr Wissen. Als Nächstes geriet mir eine Übersetzung des Artikels »Die Rakete in den kosmischen Raum« von Konstantin Ziolkowski in die Finger. Aber noch mehr begeisterte ich mich an Ziolkowskis Ausspruch: »Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber wer will schon ewig in einer Wiege leben.« Dann las ich den SF-Roman »Gast im Weltraum« von Stanislaw Lem – und war davon so fasziniert, dass ich mir fest vornahm, selber Science Fiction zu schreiben.

Sie haben Ihren Lehrerberuf dann aufgegeben. Warum?

Als ich so viele Aufträge für Romane erhielt, dass ich diese Arbeit nebenberuflich nicht mehr bewältigen konnte, entschied ich mich für das Schreiben. Es steckte und steckt mir einfach im Blut. Außerdem sagte ich mir damals, dass ich auch als SF-Schriftsteller eine Art Lehrer sein könnte – und neben der Faszination, SF schreiben zu können, bewegte mich auch die Absicht, damit über das Denken der Menschen die Welt zu verbessern.

Sie schreiben also nicht ausschließlich für die Unterhaltung?

Selbstverständlich sollen alle SF-Romane spannende Unterhaltung bieten, nur habe ich mich darum von Anfang an bemüht. Es hat sich also in dieser Hinsicht nichts geändert. Aber ich finde außerdem, dass beispielsweise das Autorenteam von PERRY RHODAN in unzähligen Diskussionen mit den redaktionellen Mitarbeitern und auch den Lesern durch die Serie gewachsen ist und die Serie durch sie. Es ist ein unaufhörlicher Lernprozess, dem wir uns selbst unterwerfen – und was dieser Lernprozess bewirkt hat, das macht der Vergleich zwischen den ersten hundert Bänden der Serie und den heute geschriebenen Bänden deutlich. Die allmähliche Umorientierung von Raumschlachten auf die großen friedlichen Missionen der Menschheit und die Einbettung der Menschheit in das tausendfältige kosmische Geschehen beweisen zweifelsfrei, dass die Leser ebenso mitgewachsen sind – und dass die Autoren und die Serie nicht zuletzt auch durch die Einwirkung vieler Leser gewachsen sind.

(aus: SF-PERRY RHODAN-MAGAZIN Nr. 5, September 1979)

… ein Neuer lehnt ab

Hans Kneifel bereicherte den PERRY RHODAN-Kosmos von Anfang an durch Aspekte wie Musik, Literatur und Kunst und zeichnete ein stimmiges Bild des 24. und 25. Jahrhunderts, etwa durch die Erwähnung zukünftiger Komponisten wie Singh Boncard, Peter Gray und George Nancar – doch das Angebot einer ständigen Mitarbeit an der Serie lehnte er anfangs ab. »Als RHODAN gestartet wurde«, sagte er später, »war ich mitten in den Vorbereitungen zu meinem Studium, und ich konnte daher keine Verpflichtung eingehen. Es hätte bedeutet, dass ich pünktlich die Manuskripte hätte abliefern müssen – beides vertrug sich damals nicht. Heute weiß ich allerdings, dass es wohl funktioniert hätte.«

Zwei Jahre später überredete H. G. Ewers ihn, zu einer PERRY RHODAN-Konferenz zu kommen und doch noch bei der Serie einzusteigen. Bis dahin widmete er sich mit großer Begeisterung den PLANETENROMANEN. In den ersten vier Jahren entstanden fünfzehn Bände, zunächst zwei über die »Goldenen Menschen«, die nach der Havarie in einer fremden Galaxis verwandelt zurückkehren – sie wurden später von Horst Hoffmann und Rainer Castor in eigenen Taschenbüchern aufgegriffen –, sowie ein Zweiteiler über Kapitän Sherpa Carmichael, den ehemaligen Kommandanten eines Forschungsraumers, drei Bände über den Raumhafenleiter »Panther« Seymour Alcolaya, aber auch Einzelwerke über einen Städtebauer, eine Filmcrew und den aus der Heftserie bekannten Nome Tschato …

Ewers und Kneifel waren die rührigsten Autoren der PLANETENROMANE. Bis 1976 schrieben sie zusammen mehr als die Hälfte aller bis dahin erschienenen Ausgaben: 78 von 150! Und Kneifel verfasste allein sogar 84 der insgesamt 415 Titel – damit schrieb er bis zur Einstellung der Reihe fast ein Fünftel aller erschienenen Taschenbücher!

Kurzbiografie: Hans Kneifel

Der am 11. Juli 1936 im oberschlesischen Gleiwitz geborene Hanns Kneifel flüchtete als Neunjähriger ins oberbayerische Alpenvorland und übersiedelte 1948 nach München. Nach einer Konditorlehre und der Meisterprüfung machte er 1960 das Begabtenabitur. Unter dem Eindruck einschlägiger Autoren wie Hans Dominik und Kurd Laßwitz verfasste er mit achtzehn Jahren seinen ersten SF-Roman, »Uns riefen die Sterne«, gefolgt von »Oasis – Tor zu den Sternen« und »Ferner als du ahnst«, die als Hardcover im AWA Verlag erschienen. Parallel zum Studium der Pädagogik folgten bis 1965 zwei Romane für die UTOPIA-Reihen unter dem Pseudonym Alexander Carr sowie siebzehn weitere für die TERRA-Reihen. Anschließend wurde er zu einem der fleißigsten Autoren des Perryversums, und im TERRA-Taschenbuch erschienen noch zweimal vier Soloromane: »Der Traum der Maschine«, »Lichter des Grauens«, »Die Männer der Raumstation«, »Die metallenen Herrscher« (1965–68) und »Sohn der Unendlichkeit«, »Krieger des Imperiums«, »Planet am Scheideweg«, »Apokalypse auf Cythera« (1972–75), begleitet von abermals neunzehn Romanheften und seinem Heyne-Klassiker »Das brennende Labyrinth« (1967), der 1989 mit einem Nachwort von Gisbert Haefs – der später als Gastautor auch einen Roman zu PERRY RHODAN beisteuern sollte – noch einmal bei Haffmans herauskam.

 

1992/1993, während die ersten drei TERRA-Taschenbücher bei Haffmans in Ausgaben letzter Hand erschienen, entstand außerdem eine sechsteilige SF-Reihe über den Jäger Cade Chandra für Bastei-Lübbe. Im Perryversum ist Kneifel im Rahmen von PERRY RHODAN durch genau einhundert Hefte und 84 PLANETENROMANE und zwei Paperbacks bei Heyne vertreten sowie durch 140 Hefte und etwa zehn neue Bücher und Paperbacks für die Schwesterserie ATLAN. Hinzu kommen rund sechzig Hefte für die TERRA-Heftreihen, darunter mehrere lange Zyklen. Im Bereich der Fantasy verfasste er fünfzehn Hefte für DRAGON und vierzig für MYTHOR. Er adaptierte die siebenteilige TV-Serie »Raumpatrouille Orion« fürs Taschenbuch und setzte sie im Taschenbuch und Heft mit an die sechzig Folgen aus seiner alleinigen Feder fort. Überdies schrieb er als Hivar Kelasker und Sean Beaufort an VAMPIR, DÄMONENKILLER und SEEWÖLFE mit, bevor er in den Neunzigerjahren vor allem durch historische Romane bekannt wurde, etwa über Hatschepsut, Katharina die Große, Darius den Großen, Sir Francis Drake und Doktor Eisenbarth. Von allen bundesdeutschen Autoren der Nachkriegszeit veröffentlichte er die größte Anzahl von SF-Titeln, insgesamt mehr als sechshundert Romanhefte und Taschenbücher.

Interview: Ganz privat mit Hans Kneifel – Ein Interview von Hans Gamber und Wolfgang J. Fuchs

Wann und wie stießen Sie zur Science Fiction?

Eigentlich stieß die Science Fiction zu mir. Ich las schon sehr früh alle einschlägigen Autoren wie Dominik, Laßwitz und andere. Sehr beeindruckt haben mich auch die ersten Übersetzungen aus dem Amerikanischen und die damals noch junge deutsche utopische Literatur. Nach dem Erlebnis des Films »Destination Moon« nach Heinlein beschloss ich, es ihnen allen zu zeigen, und schrieb, mit der Hand sogar, meinen Erstling »Uns riefen die Sterne«. Nach der ersten Ablehnung erschien das Opus, glücklicherweise durch eine Bearbeitung lesbar gemacht, am 30. August 1956. Von da an – das Gefühl angesichts des ersten tatsächlich anfassbaren eigenen Buches ist ziemlich zwingend – versuchte ich, ein akzeptabler SF-Autor zu werden. Wie einige Lektoren, darunter auch Freund Schelwokat, bestätigen werden, ist dieser Versuch noch immer nicht und auch auf absehbare Zeit nicht abgeschlossen.

Wie kamen Sie zu PERRY RHODAN, beziehungsweise warum stießen Sie erst so spät zu dieser Serie?

Als RHODAN gestartet wurde, war ich mitten in den Vorbereitungen zu meinem Studium, und ich konnte daher keine Verpflichtung eingehen. Es hätte bedeutet, dass ich pünktlich die Manuskripte hätte abliefern müssen. Nach Beendigung des Studiums, also bei Band 352, kam ich dann auf Wunsch meiner Kollegen und unseres Lektors ins Team, in dem ich mich außerordentlich geborgen fühlte und noch immer fühle. RHODAN stellte auch für mich eine Herausforderung dar, denn schließlich konnten wir uns damals – also nach rund sechs Jahren – ausrechnen, dass der Erfolg anhalten wird.

Was denken Sie darüber, dass das Interesse an SF-Themen im Fernsehen, Film und natürlich auf dem Buchsektor so stark zunimmt?

Eine logische Entwicklung, denke ich, denn SF befasst sich in nicht geringem Maß mit der Stellung des Menschen oder der Menschheit in Bezug auf die Umwelt, den Lebensraum und die Bedeutung im Gefüge des Kosmos. Das Bedürfnis an Information über diese Beziehung ist zweifellos gewachsen. Darüber hinaus erzählen die meisten SF-Publikationen gute und spannende Geschichten über Menschen, mit deren Problemen sich viele Leser identifizieren können. Jene Figuren bewegen sich in einer faszinierenden Welt – was früher die Reiseberichte über weiße Flecken auf den Landkarten waren, sind heute die fiktiven Reiseberichte von Planeten, Monden und Sonnen und die Schilderungen von fremden, exotischen Völkern, denen der Mensch auf dieser ungleich weiteren und gefährlicheren Reise begegnet.

(aus: S.F.-PERRY RHODAN-Magazin Nr. 4, Juli 1979)

Peterle und die Blues

Der Zyklus »Das Zweite Imperium« verdankt seinen Titel der Einführung eines raumfahrenden Volkes in die Serie, das noch heute zu Scheers faszinierendsten Schöpfungen gehört: die Blues. Von den Terranern werden sie so genannt, weil sie einen bläulichen Körperflaum haben. Die Blues haben in der galaktischen Eastside ein riesiges Sternenreich errichtet, von dem die Terraner durch den Schreckwurm Peterle erfahren.

Es beginnt mit Heft 152, »Größer als die Sonne«, in dem Kurt Brand die Entdeckung des Planeten Herkules und seines Mondes Impos schildert, auf dem sich das riesige Planetarium eines uralten Volkes befindet. Angelockt durch die Impulse eines Zellaktivators, findet der Wissenschaftler Tyll Leyden heraus, dass vor mehr als 1,2 Millionen Jahren ein riesiges mehrdimensionales Wesen in der Milchstraße auftauchte und zahlreiche Sonnensysteme vernichtete. Die Bewohner von Impos, die Oldtimer, schufen eine Überladungszone, an der sich das Wesen, das sie Suprahet nannten, derart vollsog, dass es explodierte. Aus seiner stabilen Masse entstanden die Planeten Herkules und Tombstone, der um die Sonne Leydens Stern kreist – die Heimatwelt der Schreckwürmer.

Die Schreckwürmer sind das Endprodukt einer Metamorphose. Sie beginnt mit dem Ausschlüpfen von Hornschrecken, die als zweite Entwicklungsphase einen »Molekular-Katalytischen-Extrakt« ausscheiden, in dem sich die Larve des Schreckwurms entwickelt. Nun leben die einzelnen Blues-Völker in ständigem Streit miteinander und führen erbitterte Kriege. Als das Hauptvolk der Blues, die Gataser, Tombstone entdeckte, war der Heimatplanet der Schreckwürmer schon fast kahlgefressen. Sie brachten die Schreckwürmer auf eine andere Welt – verlangten als Ausgleich jedoch den größten Teil des produzierten Molkex. Das halb organisch, halb mineralische Material verwendeten sie, um ihre Raumschiffe mit einem Molkex-Überzug praktisch unzerstörbar zu machen.

Zwischen dem Vereinten Imperium der Terraner und den Gatasern brechen heftige Kämpfe aus, die erst durch die Entwicklung von Anti-Molkex-Bomben zu Gunsten der Menschen entschieden werden. In einem Friedensvertrag werden die Interessensgebiete so festgeschrieben, wie sie vor Ausbruch des Krieges bestanden. Doch im Jahr 2328 vernichten die Akonen die neue Heimatwelt der Schreckwürmer mitsamt allen Bewohnern, und ein Jahr später greifen die Blues, die mit den Akonen zusammenarbeiten, überraschend Arkon III an – auch für diesen Planeten kommt jede Hilfe zu spät …

Fünf Romane lang begleitete der exzentrische Wissenschaftler Tyll Leyden, stets von Kurt Brand geschildert, bis zum Ende des Zyklus die Geschicke der Schreckwürmer und erforschte das Planetarium der Oldtimer, dann verschwand er aus der Serie. Der SF-Autor W. K. Giesa, dessen eingestandenes Vorbild Brand ist, erweckte die Figur 1983 in dem PLANETENROMAN 241, »Eine Sonne entartet«, wieder zum Leben, ließ Tyll Leyden eine kosmische Zivilisation vor dem Untergang retten und schickte ihn zwei Jahre später mit Band 262, »Weltraumfalle Sternenland«, und Band 270, »Hyperzone Weißer Zwerg«, noch in zwei weitere Abenteuer – in eine fremde Dimension und ins galaktische Zentrum. Eine bislang letzte Reminiszenz an Tyll Leyden gab es in der 2008/2009 bei Heyne erschienenen PERRY RHODAN-Trilogie »Das Rote Imperium«, in der die Hauptstadt des besagten, im Druuf-Universum beheimateten Staatengebildes nach ihm benannt ist: Leyden City.

Hochzeitsglocken für Rhodan

Es war sicher kein Zufall, dass auch der erste Auftritt von Perry Rhodans zweiter Frau Mory Abro in die bewährten Hände von Kurt Brand gelegt wurde. Er hatte schon mit großer Begeisterung über Thora und ihren Sohn Thomas Cardif geschrieben – nun präsentierte er den Lesern eine große, schlanke, rotblonde Plophoserin, die tatkräftig und fanatisch ihre Ziele fast immer gegen jeden Widerstand durchzusetzen vermag.

In Heft 185, »Flammen über Badun«, begegnen Perry Rhodan und sie sich erstmals während Rhodans Odyssee nach seiner Entführung durch Iratio Hondro, den Diktator von Plophos, einer terranischen Kolonialwelt, auf der es zu Aufständen gekommen ist. Wie bei Thora wird aus der anfänglichen Kühle und Ablehnung sehr bald gegenseitige Anerkennung und Liebe. Als Mory Abro ein Jahr später demokratisch auf Lebenszeit zum neuen Obmann von Plophos gewählt wird, erhält sie von Rhodan den Zellaktivator, den Iratio Hondro ihm sterbend aushändigte – mit dem Auftrag, ihn Mory Abro zu übergeben, die ihn benötigte, um für längere Zeit an der Seite des Unsterblichen leben zu können.

Der Neue im Team, H. G. Ewers, hatte die Ehre, in seinem Erstling die Übergabe des Zellaktivators zu schildern – und Kurt Brand blieb es überlassen, in Heft 199, »Arkons Ende«, die Vermählung in der Hauptstadt von Plophos, New Taylor, zu schildern. Am 28. September 2329 wird Mory Abro während des Angriffs auf Arkon vor den Augen der gesamten Galaxis Perry Rhodans zweite Ehefrau. Sie bleibt es sechshundert Jahre lang bis zu ihrem gewaltsamen Tod während eines erneuten Aufstands auf Plophos.

Der so genannte Plophos-Zyklus, also die PERRY RHODAN-Hefte 179 bis 199, wurde bei der Zusammenstellung der SILBERBÄNDE übrigens ausgelassen. Er erschien erst 2000, bearbeitet von Horst Hoffmann, in vier Exklusiv-Ausgaben beim Bertelsmann Buchclub und wurde sechs Jahre später als Paperback-Ausgabe im Moewig Verlag herausgebracht.

Mit Risszeichnungen auf Erfolgskurs

Allmählich steigerten sich die Dimensionen der Handlung. Die Entfernungen nahmen zu, die Raumschiffe wurden größer und die beschriebene Technik einschließlich der Waffen leistungsfähiger. Beim Verlag keimten erste Hoffnungen, dass PERRY RHODAN vielleicht sogar fünfhundert Ausgaben erreichen könnte – was für eine Vorstellung, wo man ursprünglich doch nur mit dreißig bis fünfzig Ausgaben gerechnet hatte!

Der Verlag brachte erste Sammelmappen heraus, Abzeichen und Abziehbilder erschienen, und ein Leser namens Rudolf Zengerle begann, technische Zeichnungen für die Serie anzufertigen. Die Idee dazu hatte William Voltz, der den damals 25-jährigen technischen Angestellten kennen gelernt hatte, weil er ein PERRY RHODAN-Fan der ersten Stunde und Arbeitskollege seiner Stiefmutter war. Den Anfang machte in Heft 192 ein Beiboot Typ »Kaulquappe«, und in den nächsten anderthalb Jahren folgten in unregelmäßigen Abständen ein Beiboot Typ »Space Jet«, ein Leichter Kreuzer der Staaten-Klasse, ein Drei-Mann-Zerstörer, eine Schemazeichnung des Planeten Horror, ein Schwerer Kreuzer der Terra-Klasse, ein Flottentender zur Bergung von kleineren Raumschiffen …

Die Risszeichnungen waren geboren!

Bis heute erscheinen diese regelmäßigen Extras, nunmehr vierwöchentlich und von einem mehrköpfigen Team gestaltet – und sind inzwischen auch als Handwerkszeug für die Autoren längst nicht mehr wegzudenken.

Der erste Großzyklus

Wieder galt es ein Jubiläum zu feiern: »Die Straße nach Andromeda«. Das 200. Heft der Serie leitete einen Zyklus ein, mit dem zum ersten Mal die heimatliche Milchstraße verlassen wurde. Er startete im Juni 1965, sollte bis zum Sommer 1967 laufen – und schließlich ganze einhundert Bände umfassen. Anfangs war das gar nicht geplant, aber unter K. H. Scheers Händen wurde die Handlung immer komplexer, so dass Cheflektor Kurt Bernhardt bald angst und bang wurde. Er fürchtete, dass zu lange Erzählabschnitte den Leser ermüden könnten und er von der Serie abspringen könnte. Aber dieser fünfte Zyklus, in dem es um die »Meister der Insel« ging, die verbrecherischen Herrscher von Andromeda, ist bei langjährigen Lesern bis heute der beliebteste der ganzen Serie!

Die Handlungszeit ist das Jahr 2400, und Perry Rhodan bricht mit dem neuen Flaggschiff der Solaren Flotte, der CREST II, ins Zentrum der Galaxis auf, um den Planeten Kahalo zu finden, auf den es ihn bei seiner Flucht vor Iratio Hondros Truppen verschlagen hatte. Ein gigantisches Sonnensechseck, in dessen Anziehungsbereich sie geraten, erweist sich als kosmischer Materiesender, der sie ins Twin-System abstrahlt – ein System im Leerraum zwischen der Milchstraße und Andromeda. Als es den Terranern gelingt, die Anlage für die Rückkehr wieder umzupolen, greift ein fremdes Raumschiff an, und die Menschen finden sich im Zentrum der Hohlwelt Horror wieder, die im Schwerpunkt dreier gelber Sonnen angesiedelt ist – einer weiteren Station auf der Straße nach Andromeda. Sie kämpfen sich an die Oberfläche vor und werden dort von dem terranischen Experimentalschiff ANDROTEST erwartet, dem es mit seinem vierstufigen Linearantrieb gelungen war, auf konventionellem Weg bis in den Leeraum vorzudringen. Kaum hat die ANDROTEST den Rückflug angetreten, wird die CREST II durch einen Potentialverdichter um den Faktor tausend auf anderthalb Meter Durchmesser verkleinert.

 

Inzwischen wurde der Planet Kahalo wiederentdeckt, und es stellt sich heraus, dass es dort ein Pyramidensechseck gibt, mit dem Raumschiffe zum Sonnensechseck transportiert werden können. Dann greifen Maahks den Planeten an – das gefürchtete Hauptvolk der Wasserstoffatmer, die vor zehntausend Jahren das Große Imperium der Arkoniden an den Rand des Untergangs gebracht haben. (K. H. Scheer hatte sie in Heft 60, »Festung Atlantis«, flüchtig erwähnt.) Sie wollen die Straße nach Andromeda zerstören, tauchen auch über Horror auf und nehmen die CREST II in Gewahrsam, die beim Transmittersprung zurück nach Twin ihre ursprüngliche Größe wiedererlangt.

Um die Maahks zurückzudrängen, die unter ihrem Anführer Grek-1 eine Invasion der Milchstraße planen, schickt die Solare Abwehr fünf Todgeweihte, die an der unheilbaren Zentrumspest leiden, gegen sie in den Einsatz. Durch »Multiduplikatoren« stellen die Invasoren Duplos von ihnen her, perfekte Kopien, die wie Maahks denken. Aber die Terraner schöpfen Verdacht, und Atlan, der Chef der USO, setzt eine Geheimwaffe ein: die Woolver-Zwillinge. Sie verhindern das Einsickern der Duplos, und Gucky nimmt Grek-1 gefangen und bringt ihn zu Perry Rhodan. Bei den folgenden Kämpfen im Twin-System zwischen Maahks und Akonen wird die Justierungsstation des Sonnentransmitters zerstört, so dass Twin künftig nur noch empfangen, aber nicht mehr senden kann …

Nach und nach stellt sich für Perry Rhodan heraus, dass Andromeda von einer geheimnisvollen Macht beherrscht wird: den Meistern der Insel.

Info zur Romanserie: Die Woolver-Zwillinge

Rakal und Tronar Woolver wurden im Jahr 2367 als eineiige Zwillinge auf dem Planeten Imart geboren, dessen Atmosphäre nur einen halb so hohen Sauerstoffgehalt hat wie die Erdatmosphäre. Durch Umweltanpassung besitzen sie eine tonnenförmige Brust, birkengrüne Haut und violettes Borstenhaar. Zwischen den Zwillingen findet ständig ein individueller Impulsaustausch statt, so dass jeder vom anderen immer weiß, was er fühlt oder denkt. Sie sind Parapsychische Nullpoler und werden von Atlan als Geheimwaffe der USO eingesetzt. Durch ihre Mutantenfähigkeit des »Parasprintens« können sie jede erdenkliche Energieform als Transportmedium benutzen, sich in einen Stromfluss, in ultrakurze Frequenzwellen oder hyperenergetische Impulsstrahlen einfädeln, ja selbst in den Energiestrahl einer Waffe, und sich davon bis zu dem Punkt tragen lassen, wo er auftrifft, um dort wiederzuverstofflichen. Im Jahr 2909 sterben sie bei dem Versuch, acht wahnsinnig gewordene Altmutanten an der Flucht zu hindern.

Ein schmerzlicher Abschied …

Mit Heft 208, »Die blauen Herrscher«, nahm Kurt Brand seinen Abschied von der Serie. Er hatte die Leser und seine Kollegen von Anfang an in zwei Lager gespalten. Einerseits war er vor Ideen schier übergesprudelt. So stammten von ihm die Grundkonzepte der Aras und Siganesen, und er hatte viele Charaktere geschaffen, die für immer unvergesslich bleiben sollten. Andererseits war er mit Raumschiffmengen, Kampfhandlungen und Personalzahlen stets sehr großzügig umgegangen, was viele der Serie immer stärker zur Last legten und einen unbekannten Spötter – wie W. K. Giesa einmal in einem Interview sagte – zu der Bemerkung verleitete: »Kurt Brand verschrottet in einem einzigen Roman mehr Raumschiffe, als die Wirtschaft des Solaren Imperiums in einem ganzen Jahr produzieren kann.«

Brand war stets fleißig und ungewöhnlich kreativ gewesen, doch seine unbekümmerte Art des Schreibens und sein eigenwilliger Stil, der eher auf Spannung als auf Eleganz abzielte, hatte Günter M. Schelwokat schon in Heft 46 »Geschäfte mit Arkon-Stahl«, dem dritten Serienbeitrag des Autors, zum Eingreifen veranlasst. In der Folge ließ er Brand seine Manuskripte immer wieder einmal umschreiben – trotzdem war in den ersten Monaten 1965 ein zweites PERRY RHODAN-Taschenbuch mit dem Autor vereinbart worden, das dieser im Manuskript auch noch fertig stellte.

Aber dann kam es zum Eklat …

 9. Juni: Kurt Bernhardt ruft an und erklärt Kurt Brand, dass er nicht mehr für PERRY RHODAN tätig sein kann. Als finanziellen Ausgleich bietet er ihm die Mitarbeit an einer Krimiserie des Moewig Verlags an.

 10. Juni: K. H. Scheer bestätigt Kurt Brand brieflich, dass er vorläufig keine Exposés mehr für ihn anfertigen werde, und fügt hinzu: »Mit dieser Lösung gehen wir allerlei Schwierigkeiten aus dem Wege. Du bist ab sofort Dein eigener Herr und kannst nach freiem Ermessen Deine Stoffe auswählen.«

 16. Juni: Kurt Brand schickt Scheer sämtliche Exposés, eine Datenliste und drei geliehene Bücher zurück. »Etwas, das für mich abgeschlossen ist, ist zu Ende. Es gibt dort keinen Platz für Ressentiments.«

Das bereits geschriebene Heft 213 wurde von H. G. Ewers, der erst drei Monate vorher zu der Serie gestoßen war, neu verfasst, und auch der PLANETENROMAN wurde nicht mehr angenommen. Ewers schrieb im Januar 2002 über sein Verhältnis zu Brand bei seinem eigenen Einstieg: »Kurt Brand verhielt sich damals absolut zurückhaltend. Erst später erfuhr ich den Grund. Er hatte sich mit Günter M. Schelwokat verkracht und musste schon bald seinen Abschied nehmen – leider. Später versuchte ich mehrmals, ihn wieder in die Serie zurückzuholen, aber Günter M. Schelwokat lehnte ab.«

… und eine neue Karriere

Kurt Brand ließ sich nicht unterkriegen. Sein Ausstieg bei PERRY RHODAN erfolgte im Juni 1965, und schon im Juli begann er im Kelter Verlag mit dem Aufbau einer eigenen SF-Serie, die heute Kultstatus besitzt: REN DHARK. 98 Ausgaben erschienen zwischen 1966 und 1968, und 1970 folgte ebenfalls für Kelter die von ihm konzipierte futuristische Krimiserie »Checkpart 2000«, die immerhin 54 Ausgaben erlebte. 1972 startete bei einem Kleinverlag im Rahmen der Überreihe ANDROMEDA-SF die Serie RAUMSCHIFF PROMET, die es in vier Jahren auf 50 Hefte brachte, und alle Serien wurden von einem Autorenteam geschrieben, wobei Brand meistens die Exposés und den Löwenanteil der einzelnen Folgen bestritt. Und 1974/75 testete Kelter mit sechs REN-DHARK-Taschenbüchern von Kurt Brand den Markt für eine Neuauflage der Heftserie. Das erste Taschenbuch war eine Umarbeitung des zweiten PERRY RHODAN PLANETENROMANs, der nicht mehr veröffentlicht worden war – wobei die Mutanten zu Cyborgs wurden.

REN DHARK wurde zweimal vollständig nachgedruckt – 1977 und 1987 –, bevor 1994 im HJB Verlag eine Hardcover-Bearbeitung nach dem Vorbild der SILBERBÄNDE startete, an die sich eine Fortschreibung der Serie durch neue Autoren anschloss. Auch RAUMSCHIFF PROMET wurde als Paperback im Blitz Verlag nachgedruckt und durch drei Sonderbände und eine Reihe mit neuen Abenteuern ergänzt. Doch diese Buchausgaben erlebte Kurt Brand nicht mehr. Er starb am 8. November 1991 im Alter von 74 Jahren.

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