KISHOU III

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Kampfloser Tod

Kilak streckte seine Arme hoch über seinen Kopf, und gab damit das Zeichen zum Halt.

Die Dämmerung war inzwischen soweit fortgeschritten, dass die Furche hinter ihnen, die nötig war um ihren Kurs zu bestimmen, kaum noch auszumachen war. Man wollte den Morgen abwarten, um den Marsch fortzusetzen.

Die Fläcks zogen die Wagen in einem großen Kreis um das Lager herum – bis auf dem des Tolsmois. Er wurde in der Mitte des Lagers postiert. Kilak saß dort mit einigen seiner Leute Rücken an Rücken, um rundum über die Köpfe ihrer Mitstreiter in die kommende tiefe Schwärze der Nacht blicken zu können.

Ein möglicher Angriff von Hyndriden war zwar nach aller Erfahrung während der Dunkelheit nicht zu erwarten, aber wer von ihnen wusste schon, was man hier in den unbekannten Weiten der Singala Erwarten durfte, und was nicht.

Nach und nach wurden Harzlampen und auch kleine Feuer entzündet, die zumindest ein diffuses Licht über das in Dunkelheit versinkende Lager ausbreiteten. Die kleinen Feuer waren wohl zunächst ein Ausdruck der Gewohnheit, den Nächten in ihren Häusern zu begegnen, denn eigentlich war es hier nicht notwendig. Das Meer des glitzernden Sternenhimmels, mit seinen unzähligen verschiedensten Mustern, die in allen Richtungen den Horizont begrenzten, ließen keine Gefahr aufkommen, ihren Geist zu verlieren.

Ein weiterer, und hier nun wahrscheinlich der entscheidendere Grund für das Bedürfnis nach Licht, waren aber wohl die seltsamen Kugeln. Man nutzte natürlich die Gelegenheit der Ruhe, sie schon ein erstes Mal näher zu betrachten, um über deren Sinn und Herkunft streiten zu können. Sie wurden also sogleich von den Wagen gezerrt, und lagen nun in Mitten von Zirkeln aufgeregt diskutierender Münder und schreibender Hände.

Zunächst einmal gab es wohl so viele Erklärungen für sie, wie es Köpfe im Lager gab, ihr Geheimnis zu entlocken. Nach und nach vereinigten sich dann immer mehr der verschiedensten Theorien und es bildeten sich kleine und größere Lager heraus, die in etwa ähnliches in ihnen vermuteten.

Die einen meinten, dass es sich am wahrscheinlichsten um ehemalige Seetiere handeln könnte, die einst in Kolonien lebten und nun über die Zeiten versteinert zurückgeblieben waren. Versteinerungen ehemaliger Lebewesen und Knochen waren keine ungewöhnlichen Erscheinungen in der langen Trockenheit des Droms der Asimielenen.

Andere fühlten sich sogleich an ihre kugelförmigen ,Visen’ erinnert – ihren Besonderen Apparaten, die mit Schleudern zwischen die Korks katapultiert wurden. Nur waren diese Kugeln hier ungleich größer und schwerer.

Hyndriden hätten durchaus das entsprechende Format, diese schweren Kugeln vielleicht als Geschosse zu nutzen – war eine weitere Idee. Sie hatten sie vielleicht an der Fundstelle verloren – oder als Depot dort angelegt. Eine nicht gerade erbauliche, aber immerhin doch faszinierende Theorie.

In einer ähnlichen Richtung bewegte sich jene These, die sich mit der ungewöhnlich Präzision ihrer runden Gestalt beschäftigten. Sie meinten, es müsse sich unbedingt um irgendwelche Besonderen Apparate handeln, deren Gebrauch auf ihre perfekten Rolleigenschaften beruhen sollte. Die ebenförmige Beschaffenheit der Singala wäre ein gutes Indiz für diese Möglichkeit. Man könnte sie dem Gegner in großen Mengen mit entsprechender Kraft über große Distanz entgegen rollen ... Die Fundstelle war also möglicherweise ein ehemaliges Schlachtfeld zwischen den Hyndriden und ... ja – aber gegen wen? Handriden? Die würden sich wohl kaum von diesen Dingern beeindrucken lassen ... Diese Theorie fand dennoch viele Anhänger, allein weil sie die Möglichkeit zuließ, dass die Singala von noch weiteren Wesen bewohnt war – was die Anzahl möglicher weiterer Theorien sogleich vervielfachte ...

Viel Zuspruch fand auch der Ansatz, die Ursache der Kugeln in ihrer seltsamen, gleichmäßigen Perforation finden zu können. Offenbar dienten die Kugeln dazu, etwas Dünnes – möglicherweise irgendwelche dünnen Stäbchen – in sie hinein zu platzieren. Man müsste sich also darauf konzentrieren, herauszufinden, was man in sie hineinsteckte – beziehungsweise was vielleicht ursprünglich einmal hineingesteckt war, und über die Zeiten verloren gegangen ist.

Bei aller vorläufigen Annäherung der verschiedenen Ansätze war doch unabsehbar, dass man noch lange brauchen würde, um dass Geheimnis der Kugeln zu lüften. Es hatte aber zumindest schon einmal den Effekt, das die Zeit im Fluge verging, und sich der Morgen bereits ankündigte, bevor noch der Einigungsprozess entscheidende Fortschritte gemacht hatte.

Die kleinen Feuer waren längst ausgegangen und nur die vielen Harzlampen brannten noch, und produzierten nach wie vor ihre charakteristischen Rauchfähnchen. Es war kaum zu bemerken, wie langsam – nach und nach – die aufgeregten Stimmen auf seltsame Weise träger wurden – mit der Zeit immer mehr verstummten. Die bereits verstummt waren, saßen einfach nur da, mit seltsam anmutenden glasigen Augen, die aus ihren Augenhöhlen geradeaus ins nirgendwo blickten.

Irgendwann war dann Stille. Vollkommene Stille. Vereinzelt vielleicht ein kleines Rascheln, wenn mal eines der Krypte aus den Händen rutschte und in den Sand fiel.

Die dünnen Rauchfähnchen der Lampen waren zu vielfältig, als dass jene aufgefallen wären, die aus den kleinen Löchern der Kugeln heraus strömten – zumal ihre blass-blaue Färbung in der Dämmerung kaum zu sehen war. Der süßlich, leicht beißende Geruch verbrannten Harzes lag über dem Lager, und überdeckte jenen, der ohnehin kaum wahrzunehmen wäre.

Einer der Asimielen – es war ausgerechnet einer von denen jener Gruppe, die meinten, in der Perforation der Kugeln deren Geheimnis finden zu müssen – fiel plötzlich um. Einfach so. Es nahm niemand Notiz davon. Er fiel aus seiner Sitzhaltung nach vorn auf sein Gesicht, und blieb so einfach liegen. Vollkommen regungslos. Seine Hände unternahmen nicht einmal den Versuch, den Fall abzufangen.

Irgendwann tat es ihm ein zweiter gleich – nur das der zur Seite kippte. Ein kurzes dumpfes Geräusch kündete davon.

Der Dritte dumpfe Aufprall folgte sehr schnell, und nach diesem konnte man das Aufschlagen der einzelnen Körper nicht mehr voneinander trennen. Sie kippten einfach um – alle. Wortlos, mit teilnahmslosen Blicken fielen sie in den Sand. Lediglich einer dieser Aufschläge auf den Boden hob sich noch einmal von den anderen ab – als der Tolsmoi Kilak rücklings über die Seitenwand des Wagens kippte, und sein schlaffer Körper aus der Höhe auf den Boden aufschlug. Sein viel zu großer mantelartiger Umhang verfing sich im Sturz noch einmal kurz an einem Nagel. Der scharfe Ton reißenden Stoffes passte nicht zu den anderen Geräuschen ...

Die Kugeln schienen nun lebendig zu werden. Unzählige Sprossen von fadenförmigen Würmern lugten aus unzähligen kleinen Löchern der kugeligen Gebilde, bis sie nun begannen, sich aus ihnen hinaus zu schieben. Nein, es waren keine Würmer ... Würmer haben einen Anfang und ein Ende! Diese hier schienen nur einen Anfang zu haben. Es waren endlos lange, dünne Fäden. Lebendige Fäden. Sie quollen ohne Unterlass aus den Kugeln heraus, und ergossen sich zuckend und schlängelnd über den sandigen Boden.

Sofort begannen sie den Sand aufzuwühlen – tauchten mühelos in ihn ein. Da wo sie verschwunden waren, wurde der Boden wie lebendig – sackte hier und da ein, oder es entstanden wellenartige Aufschüttungen. Ein Krypt rutschte in eine der Kuhlen hinein – und versank auf seinem Boden wie in Wasser ... bevor es seinem Besitzer ebenso erging.

Der Untergrund des Lagers schien sich immer mehr in einen See zu verwandeln. Einen See aus flüssigem Sand. Still rutschten nach und nach die Körper, die Fläcks, ihre Wagen, und alles was sich auf ihnen befand nach unten – und versanken in einem körnigen See ...

Als die Sonne ihren ersten Strahl über den fernen Horizont warf, gab es nichts mehr, was auf ein Lager von Asimielenen verwies. Es gab überhaupt nichts mehr, was auf irgend etwas verwies. Alles was es hier gab, war eine unendlich öde, gleichförmige Fläche sandigen Bodens. Die Singala. Was hätte es hier jemals anderes gegeben haben können ...?

~*~

Die Vorsicht des Tolmoi Rhodes

Rhodes stand hoch aufgerichtet auf seinem Leitwagen und hob beide Arme über seinen Kopf. Ein langgezogenes „Halt!“ aus seinem Munde brachte den Haufen zum stehen. „Lenkt die Wagen aus – wir rasten!“

Selbst die hellsten der Sterne begannen bereits zu verblassen. Rhodes entzündete einen Pfeil, und schoss ihn in nicht zu steilem Winkel über die Köpfe seiner Männer hinter sich in den Himmel. Er wollte nicht unnötig irgend jemand auf sich aufmerksam machen.

Im Abstand von jeweils zwanzig Schritten liefen hundert seiner Männer mit Fackeln in den Händen genau an der Schneise entlang, die der Pflug hinter dem Wagen des Tolsmoi in den Boden Schnitt. Die Lichterkette reichte Rhodes aus, um den Kurs halten zu können. Der brennende Pfeil verriet den Folgenden nun das Ende der Aktion, und sogleich erloschen zwei von drei Lichtern. Die übrigen sollten zur Orientierung der jeweils Nachfolgenden genügen – Brennstoff war ein knappes Gut auf dieser Reise ...

Die Formation der Wagen riss auseinander und begann sich kreisförmig um das Lager neu zu formieren.

„Vanleu!“, rief Rhodes einen der Umstehenden bei seinem Namen. „Kümmere dich darum, dass die Schilde aufgepflanzt werden, und Katapulte, Drindeln und Bögen sich ebenso wehrbereit verhalten!“

Diese Art von Vorsicht war ungewöhnlich für einen Asimielen und fand auch nicht bei jedem seiner Landsleute seine Zustimmung. Zu vieles konnte einem entgehen, wenn man zu wenig wagte. Das er dennoch zum Tolsmoi der Oase Tisma gewählt wurde, lag wohl nur an seiner großen Erfahrung, die schon viele Bände gebundener Krypte im Heiligen Dom füllten. Man bewunderte ihn darum – zumal sie den für einen Asimielen eklatanten Widerspruch zwischen Erfahrung und Vorsicht noch nicht lösen konnten. Genau das aber machte ihn nun wiederum besonders Interessant, denn diese Fragen suchten nach einer Antwort ...

 

„Wir haben ein gutes Stück geschafft in dieser Nacht, Tolsmoi!“, meinte einer, der gerade eine Kiste über den Boden an ihm vorbei zog. „Wie lange werden wir uns zu diesem Ort verhalten?“

Rhodes antwortete nicht. Mit zusammengekniffenen Augen musterte er aufmerksam die Weite der Singala und das erstrahlen des Himmels. Er war eigentlich sehr zufrieden. Sie hatten tatsächlich eine erstaunliche Strecke zurückgelegt, weil sie wegen des Sternenhimmels auf die zeitraubende Marschformation verzichten konnten. Es mochte in dieser Nacht gut das Doppelte der Strecke gewesen sein, die sie Tags zuvor geschafft hatten.

Aber die Offenheit der Singala bereitete ihm mehr und mehr Sorgen. Solange sie noch die Grenze dieses unheilen Ortes hinter sich ausmachen konnten, schien sie noch nicht so bedrohlich wie jetzt, wo der Blick in jede Richtung dasselbe Panorama bot. Einzig die Schneise des Pfluges hinter ihnen gab Auskunft darüber, in welcher Richtung ihr Ausgangspunkt lag – und die Sonne natürlich im Ungefähren. Ihr Verhalten erschien hier aber eher trügerisch. Ihr Lauf am Himmel war alles, worauf man sich bei ihr noch beziehen konnte. Hier unten in der Landschaft, die keine mehr war, gab es nichts mehr, woran man sich orientieren konnte. Woran sollte man den Lauf der Sonne prüfen? Was, wenn sie sich gerade jetzt entschied, einen anderen Weg am Himmel zu nehmen? Rhodes kniff die Lippen zusammen, und sein Blick wechselte einen Moment zu dem neben ihm stehenden Wagen. Er durfte nicht zu lange in diese Grenzenlosigkeit hinein starren ...

Zögerlich wagte er einen erneuten Blick in die Singala. Ein Gegner würde in ihr keine Deckung finden – aber sie selbst ebenso wenig ... .und was noch schwerer wog: Sie kannten ihren Gegner nicht! „Den ganzen Tag!“, sagte er endlich – mehr laut denkend, als tatsächlich antwortend. Aber der gefragt hatte, war eh mit seiner Kiste weitergezogen, nachdem die Antwort zu lange ausblieb.

Entschieden wendete Rhodes sich von der Singala ab und der geschäftigen Menge zu. „Holt die Wagen zurück und baut sie so auf, dass sie sich in einem engen Kreis zueinander Verhalten – die Tiere in die Mitte!“

Unmutsäußerungen wurden laut. Niemand konnte mit der Anweisung etwas anfangen, zumal sie ohne den Anblick der Wagen vor ihren Augen, die ihren Blick in die Singala immer wieder unterbrachen, gezwungen waren, ihr vollends den Rücken zuzukehren.

„Grabt euch ein Stück weit vor den Wagen ein – tief genug, dass ihr geduckt darin verschwinden könnt. Eure Schilde sollen sich zu den Gräben verhalten wie schützende Dächer, wenn es nötig wird!“

„Das ist viel Arbeit im Verhältnis zu einer kurzen Rast!“, ereiferte sich einer.

„Sie wird bis zum Untergang der Sonne andauern!“, erwiderte Rhodes ruhig, während seine Augen prüfend über das Lager glitt, ob er auch alles bedacht hatte. „Und nehmt genug Wasser und Proviant von den Wagen und schafft sie in die Gräben. Es wird das Verhalten der Zeit zu unseren Gunsten verändern, wenn es nötig wird!

„Wir sollen uns hier den ganzen Tag aufhalten?“, drang eine ungläubige Stimme zu ihm.

Ja, Salkar!“, bekam der Zweifelnde zur Antwort – laut genug, dass auch die Umstehenden es hören konnten „Das Feuer reicht noch für die nächste – und vielleicht auch noch die übernächste Nacht. Wir werden das günstige Verhalten der Dunkelheit nutzen, solange es uns möglich ist. Die Strecke, die wir darin zurücklegen können, verhält sich zum Tagesmarsch mehr als günstig. Ob wir eine offene Schlacht überstehen können, wissen wir nicht – und wenn wir schon das Verhalten des Gegners nicht kennen, soll der Gegner wenigstens nicht erkennen können, wie wir uns zu ihm verhalten. Leuchtet das ein?“

Es leuchtete ein. Das war es eben, was Rhodes zum Tolsmoi prädestinierte. Seine Gedankengänge waren ungewöhnlich, aber schlüssig. Sie hatten immer etwas, was Wert war, in das Krypt aufgenommen zu werden ...

Unter der hier nur dünnen Schicht feinkörnigen Sandes war der Boden trocken und hart. Es verlangte einiges an Anstrengung, ihm ein Erdloch abzuringen. Der Tag hatte längst begonnen, als endlich nur noch Köpfe und Schultern zu sehen waren – vor sich griffbereit die Schilde, und nah genug um den Graben verteilt, immer wieder aufgebaute Katapulte für die Speere.

Rhodes saß noch eine Zeit mit ein paar seiner Leute auf einem der Wagen, und beobachtete über die Erdlöcher seiner Mannen hinweg die Weiten der Singala – dann kauerten sie sich liegend an die Seitenwände, und schlugen Planen über ihre Körper ...

~*~

Tolsmoi Bork zieht weiter

Die Öde widerte ihn an. Bork spie den kläglichen Rest seines Kaustabes aus, und kramte in seinem Gurtbeutel bereits nach Ersatz.

Aber noch mehr überwog die Faszination dieser Unwirklichkeit. ,Das Allsein selbst mochte so beschaffen sein’, dachte er bei sich, und schob sich den neuen Stab zwischen die Zähne. Der frische Geschmack des Holzes war angenehm, und ließ ihn für einen Moment den trostlosen Anblick vergessen. Er wendete sich ab. „Der verdammte Sand verhält sich nun warm genug unter euren Ärschen – wir brechen auf!“, schnauzte er über die Menge. „Wallan, Mark!“ rief er zu Zweien von ihnen hinüber. „Werft ein Auge auf den verdammten Pflug, ob er sich angemessen verhält!“ Fluchend stelzte er, durch Haufen von Utensilien, die vorher in Säcken verstaut, nun aber mehr oder weniger geordnet den Boden seines Leitwagens bedeckten, über die Pritsche zu dessen Ende.

Die vergangene Nacht war arbeitsreich gewesen. Alles was in Säcke verstaut und nicht Kohlenstaub war, wurde ausgeschüttet, um den so gewonnenen Leinen zur Anfertigung von Staubbomben zu nutzen. Ein Stück der Seitenplanke seines Wagens wurde in einer Weise an den hinteren Teil der Pritsche gezimmert, das sie notdürftig als Pflug dienen konnte. Zu wertvoll war nun der schwarze Staub, um ihn als Wegmarkierung zu verschütten.

Es gab für den Tolsmoi Bork viele Möglichkeiten, was demnächst geschehen konnte – eine von ihnen stand allerdings außer Frage: „Die verdammten ,Geisterreiter’ werden nicht lange auf sich warten lassen!“, rief er in die geschäftige Menge. „Lasst also eure verdammten Krypte sich verhalten, wo sie sind. Ich will das jedes verdammte Auge, das sich im Innern eures Haufens verhält, nach ihnen sucht!“

„Tolsmoi!“

„Was ist?“

Einer seiner Leute drängte sich an seinen Wagen. „ich hatte den Gedanken, dass wir die alte Formation aufgeben sollten. Dieses Verhalten macht uns zu langsam. Wir sollten unser Verhalten den Wagen gegenüber umkehren, und sie nach außen verlegen! Mit einem solchen Verhalten könnten wir eine normale Marschformation einnehmen und die verlorene Zeit wieder aufholen!“

„Ein guter Gedanke!“, nickte Bork anerkennend. „Ich werde ihn in mein verdammtes Krypt aufnehmen – und dann vergessen wir ihn wieder! Die verdammten Fläcks und die Wagen würden uns in ihrem Verhalten die verdammte Sicht nach außen nehmen. Außerdem sind die verdammten Fläcks zu wertvoll, um sie möglicherweise zu verlieren, wenn wir überrascht werden!“

Immerhin, der Gedanke war gut genug, um in das Krypt des Tolsmoi zu gelangen. So trottete denn der Diskutant einigermaßen zufrieden und kopfnickend wieder davon.

Bork trat mit dem Fuß gegen den provisorischen Pflug und grummelte etwas Unverständliches vor sich hin. „Also gut! Ihr wisst, wie es sich zu verhalten gilt. Setzt euch in Bewegung!“, brüllte er endlich, als er sah, dass inzwischen alles auf seinen Plätzen war.

In diesem Moment wurden die ersten Sonnenstrahlen, die über den Horizont blitzten, von seiner spiegelblanken Glatze reflektiert. Seine kompakte, eher etwas untersetzte Erscheinung inmitten der wogenden Menge, wie er da so hoch aufgerichtet mit leuchtendem Kahlkopf auf seinem Leitwagen stand, erweckte die Assoziation eines zu niedrig geratenen Leuchtturms. Er war nicht sonderlich zufrieden – eher Nervös, gespannt, mit einer ordentlichen Portion Missmut. Seine Schulter machte ihm mehr zu schaffen, als er gehofft hatte. Sie schmerzte unter dem engen Verband, und er würde wohl kaum eine Chance haben, an den bevorstehenden Kämpfen teil zu nehmen.

Der Pflug machte seine Sache gut – zumindest vorerst. Die bei den anderen waren eisenbeschlagene, scharfkantige, und speziell gefertigte Hölzer. Wie ein Kiel zogen sie ohne großen Widerstand ihre Schneise in den Boden. Wie lange dieses einfache Brett hier dem bissigen Sand widerstehen konnte, war bestenfalls eine gute Gelegenheit für streitbare Spekulationen in der Truppe – und entbehrliches Holz von den Pritschen war Mangelware ...

~*~

Störung

Kishou saß mit gekreuzten Beinen auf dem großen Tisch ihres Zimmers. Die Hände lagen auf den Knien, und ihre Augen waren geschlossen …

Ihre Sinne waren an jenem Ort, der keiner mehr war, und den der Dompteur regelmäßig aufzusuchen pflegt. Alles Sein schien verschmolzen in einem einzigen und unendlich kleinen Punkt, dessen inneres unermesslich war. Kein Stern störte hier die ewige Nacht, und auch jeder Laut fand hier sein Ende … so zumindest sollte es sein und so war es immer gewesen.

Mit der Langsamkeit unendlich gedehnter Zeit wendete sich ihr Gesicht zur Seite. Ein Ton war zu hören an diesem Ort, der keiner war, und wo es ihn nicht geben konnte … Es war ein sehr dunkler Ton – fast mehr eine Ahnung – doch nicht dunkel genug, um mit der Stille der ewigen Nacht zu verschmelzen.

In wiederum unendlicher Zeit wand sich ihr Gesicht der anderen Seite zu … Doch auch hier war keine Ursache für diesen Ton zu erahnen. Er war überall.

Doch niemand konnte sein an diesem Ort, außer sie selbst – denn dieser Ort war sie selbst ...

Sie entschied, zurückzukehren.

~