Einführung in die Einkommensteuer

Text
Aus der Reihe: MCC Steuerrecht eBooks #24
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

3.3. Horizontaler und vertikaler Verlustausgleich

Der horizontale Verlustausgleich und der vertikale Verlustausgleich ergeben sich durch die Systematik des § 2 Abs. 1 und 2 EStG[21] .

Der horizontale Verlustausgleich wird innerhalb einer Einkunftsart durchgeführt, in dem die Gewinne bzw. die Überschüsse und Verluste mehrerer Einkunftsquellen gegeneinander verrechnet werden. Der vertikale Verlustausgleich wird bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte durchgeführt. Negative Einkünfte und positive Einkünfte der verschiedenen Einkunftsarten werden miteinander verrechnet.

Beispiele Ermittlung Summe der Einkünfte:

1 Der Steuerpflichtige Stein hat einen kleinen Computerladen. Seine Betriebseinnahmen betragen 25.000 €, seine Betriebsausgaben 6.000 €. Weiterhin vermietet er eine Wohnung, seine Mieteinnahmen betragen 10.000 € und seine Werbungskosten 3.000 €. Die Summe der Einkünfte ermittelt sich folgendermaßen: Einkünfte aus Gewerbebetrieb § 15 EStG

Silke ist als freiberufliche Dozentin für Steuerrecht tätig und erzielt damit einen Gewinn von 16.000 €. Parallel betreut sie die Homepage einer Steuerberatungsgesellschaft und schreibt tagesaktuelle steuerrechtliche Analysen. Dafür erhält sie Einnahmen i. H. v. 24.000 €. Diesen stehen Ausgaben von 4.000 € gegenüber. Aus der Vermietung einer Wohnung erzielt sie einen Verlust von 5.000 €.

Der Verlustausgleich ist bei den Einkünften aus Kapitalvermögen beschränkt und unterliegt den Regeln des § 20 Abs. 6 EStG. Nach dieser Norm ist nur der horizontale Verlustausgleich möglich. Verbleibende negative Einkünfte können nur in die folgenden Veranlagungszeiträume vorgetragen und dort mit positiven Einkünften aus § 20 EStG ausgeglichen werden.

Die Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen also grundsätzlich nicht dem vertikalen Verlustausgleich.

§ 32d Abs. 2 und 6 EStG sehen von diesem Grundsatz Ausnahmen vor. § 32d Abs. 6 EStG bezeichnet die große Veranlagungsoption für Einkünfte aus Kapitalvermögen. Nimmt ein Steuerpflichtiger diese Option in Anspruch und erweist sich nach einer Prüfung durch das Finanzamt, diese große Veranlagungsoption für den Steuerpflichtigen vorteilhaft ist, werden positive Kapitaleinkünfte in den vertikalen Verlustausgleich einbezogen, nicht aber negative Kapitaleinkünfte (nach horizontalem Verlustausgleich).

[21] Dazu auch Kußmaul, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, S. 312 bis 315.

3.4. Gesamtbetrag der Einkünfte § 2 Abs. 3 EStG

Der Gesamtbetrag der Einkünfte ist für viele nachfolgende Paragrafen eine besondere Bemessungsgrundlage, z. B. §§ 10b, 10d und 33 EStG. So wird z. B. ein Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Vorjahres abgezogen, der Gesamtbetrag der Einkünfte stellt beim Verlustvortrag § 10d Abs. 2 EStG eine Grenze dar und trennt in einen unbeschränkt vortragsfähigen Verlust und einen beschränkt vortragsfähigen Verlust[22].

Der Gesamtbetrag wird ermittelt, indem von der Summe der Einkünfte

 der Altersentlastungsbetrag § 24a EStG,

 der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende § 24b EStG und

 der Freibetrag für Land- und Forstwirte § 13 Abs. 3 EStG

abgezogen werden.

[22] Dazu siehe Kapitel 3.5.

3.4.1. Altersentlastungsbetrag § 24a EStG

Der Altersentlastungsbetrag (AEB) soll einen Ausgleich für Einkünfte bilden, die nicht wie z. B. Versorgungsbezüge und Leibrenten begünstigt sind. Er ist jedem unbeschränkt Steuerpflichtigen zu gewähren, der vor Beginn eines zu betrachtenden Veranlagungszeitraumes das 64. LJ vollendet hat. Nach § 108 AO i. V. m. §§ 188 bis 193 BGB wird ein Lebensjahr vollendet mit Ablauf des Tages, der dem Tag des Geburtstags vorausgeht.

Beispiel: A wurde am 23.05.1954 geboren. Mit Ablauf des 22.05.2018 vollendet er sein 64. Lebensjahr.

Für die Anwendung des Altersentlastungsbetrages bedeutet dies, dass Steuerpflichtige, die am 01.01. eines Jahres ihren 64. Geburtstag begehen, bereits für dieses Jahr schon einen Anspruch auf den Altersentlastungsbetrag haben.

Beispiel: B wurde am 01.01.1954 geboren. Mit Ablauf des 31.12.2017 vollendet er sein 64. Lebensjahr. Er hat also vor Beginn des Veranlagungszeitraumes 2018 sein 64. Lebensjahr vollendet, sodass ihm schon für 2018 ein Altersentlastungsbetrag zu gewähren ist.

Das Jahr, in dem der Altersentlastungsbetrag erstmalig bestimmt wird, legt einen zugrundeliegenden Prozentsatz bzw. einen maximal zu gewährenden Höchstbetrag fest. Der Altersentlastungsbetrag folgt dem sogenannten Kohortenprinzip, nach dem diese beiden ermittelten Größen lebenslang konstant bleiben. Dies ergibt sich alleine aus der Tabelle in der Norm selbst, § 24a S. 4 EStG, da die erste Spalte der Tabelle beschriftet ist mit „das auf die Vollendung des 64. Lebensjahres folgende Kalenderjahr“.

Beispiele: Für Steuerpflichtige, die erstmals 2018 einen Anspruch auf einen AEB haben, also 2017 ihr 64. Lebensjahr vollendet haben, gilt ein konstanter Satz von 19,2% sowie ein Maximalbetrag 912 €. Für Steuerpflichtige, die erstmals 2019 einen Anspruch auf einen AEB haben, also 2018 ihr 64. Lebensjahr vollendet haben, gilt ein konstanter Satz von 17,6% sowie ein Maximalbetrag 836 €. Eine Veränderung des tatsächlichen Abzugsbetrages kann demzufolge alleine dadurch erfolgen, dass sich die Bemessungsgrundlage verändert. Nach § 24a S. 1 EStG ist der maßgebende Prozentsatz auf die Summe aus

 dem Bruttoarbeitslohn und

 der positiven Summe der Einkünfte, die nicht solche aus nichtselbständiger Arbeit sind, anzuwenden.

Der Bruttoarbeitslohn ist demzufolge die mindestens zu gewährende Berechnungsgrundlage für den Altersentlastungsbetrag. Steuerfreie Zuwendungen gehören dabei nicht zum Arbeitslohn; pauschal versteuerter Arbeitslohn bleibt auch unberücksichtigt. Diese Mindest-Bemessungsgrundlage darf also nicht durch die Summe der anderen Einkünfte unterschritten werden. Zu dieser zweiten Komponente der Bemessungsgrundlage gehören z. B. nicht

 steuerfreie Veräußerungsgewinne,

 der Sparer-Freibetrag, soweit sich dieser bei der Veranlagung von Kapitaleinkünften auswirkt,

 Versorgungsbezüge sowie

 Leibrenten.

Der Altersentlastungsbetrag ist darüber hinaus auf den nächsten vollen Euro-Betrag aufzurunden.

Der Altersentlastungsbetrag beträgt maximal 40% vom Arbeitslohn bzw. maximal 1.900 €, wenn er 2005 oder früher erstmalig gewährt worden ist. Ab 2040 ist kein AEB mehr erstmalig zu gewähren, schon gewährte Beträge bleiben bestehen und werden weiterhin angerechnet[23].

Beispiel: A hat 2018 als Angestellter einen Bruttoarbeitslohn BAL i. H. v. 10.000 € bezogen. Des Weiteren ist er an einer Kommanditgesellschaft beteiligt und erzielt damit insgesamt einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von 12.000 €. Aus einer selbstständigen Tätigkeit als Journalist hat er einen Verlust von 14.000 € erzielt. A hat sein 64. Lebensjahr 2011 vollendet. Die Summe der anderen Einkünfte ist negativ:


Die Summe der anderen Einkünfte, die nicht solche aus nichtselbständiger Arbeit sind, ist negativ. Sie bleibt deshalb bei der Berücksichtigung des AEB’s außer Betracht.

Berücksichtigung findet nur der BAL i. H. v. 10.000 €. Gemäß der Tabelle § 24a Satz 5 EStG ist der maßgebliche Prozentsatz 28,8, da 2012 das Jahr ist, das auf das Jahr folgt, in dem A das 64. LJ vollendet hat.

Der Altersentlastungsbetrag für A beträgt 2.880 €, höchstens aber 1.368 €, sodass ihm nur der Maximalbetrag von 1.368 € 2018 als AEB zu gewähren ist.

[23] Kußmaul , Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, S. 315.

3.4.2. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende § 24b EStG

Ziel des Entlastungsbetrags ist es, die höheren Aufwendungen für die eigene Lebens- bzw. Haushaltsführung der Alleinerziehenden abzugelten, die einen gemeinsamen Haushalt nur mit ihren Kindern und keiner anderen erwachsenen Person führen, die tatsächlich oder finanziell zum Haushalt beiträgt. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird außerhalb des Familienleistungsausgleichs bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte berücksichtigt.

Der Entlastungsbetrag von 1.908 € ist jeder allein erziehenden Person zu gewähren, wenn zu ihrem Haushalt ein Kind gehört, für das sie Kindergeld bezieht, § 24b Abs. 1 S. 1 EStG. Als alleinerziehend gelten alle Steuerpflichtigen, bei denen der Splittingtarif nicht anzuwenden ist und die nicht mit einer anderen volljährigen Person eine Haushaltsgemeinschaft bilden. Nach § 24b Abs. 4 EStG ist der Betrag zeitanteilig zu gewähren und für volle Kalendermonate zu kürzen, in denen die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben.

Alleinstehend sind daher nur Steuerpflichtige,

 

 die während des gesamten Veranlagungszeitraums nicht verheiratet/verpartnert sind oder

 die verheiratet/verpartnert sind, aber seit mindestens dem vorangegangenen Veranlagungszeitraum dauernd getrennt leben oder

 die verwitwet sind oder

 deren Ehegatte/Lebenspartner im Ausland lebt und nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig i. S. d. § 1 Absatz 1 oder Absatz 2 oder des § 1a EStG ist[24].

Beispiel: Janine ist alleinerziehende Mutter einer 12jährigen Tochter, die nur ihrem Haushalt zugeordnet ist. Für die Tochter hat Janine Anspruch auf Kindergeld bzw. die Abzugsbeträge nach § 32 Abs. 6 EStG. Sie erhält für 2018 den vollen Entlastungsbetrag i. H. v. 1.908 €. Brutos ist alleinerziehender Vater von Roman, der auch bei ihm im Haushalt lebt. Roman ist 23 Jahre alt und beendet sein Studium der Militärgeschichte im am 13. Mai 2018. Am 01. Juni 2018 beginnt er eine Vollzeitstelle im militärhistorischen Museum in Dresden. Bis Mai sind die Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erfüllt. Da der Jahresbetrag nur um volle Monate gekürzt wird, in denen die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, hat B Anspruch für 5 Monate. Ihm ist 2018 ein Entlastungsbetrag i. H. v. 795 € zu gewähren.

Mit Veranlagungszeitraum 2015 wurde der Paragraf angepasst. Neben der Erhöhung des Entlastungsbetrages um 600 € auf 1.908 € im Jahr, wird nunmehr berücksichtigt, wenn zum Haushalt einer alleinerziehenden Person mehrere Kinder gehören, für die sie einen Anspruch auf Kindergeld hat. Ab dem zweiten Kind erhöht sich der Entlastungsbetrag um weitere 240 € je berücksichtigungsfähigem Kind, § 24b Abs.2 S. 2 EStG[25].

Erhält die alleinerziehende Person Hilfe und Unterstützung einer anderen volljährigen Person und bildet sie mit dieser Person eine Haushaltsgemeinschaft, liegen die Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag nicht mehr vor, vgl. § 24b Abs. 3 S. 1 und 2 EStG. Die erziehende Person gilt dann nicht mehr als alleinerziehend, sodass der Anspruch auf den Entlastungsbetrag entfällt. Eine Haushaltsgemeinschaft setzt voraus, dass sich alle Personen tatsächlich finanziell an der Haushaltsführung beteiligen. Die Meldung einer Person in der Wohnung des Steuerpflichtigen ist dabei nicht von Relevanz[26]. Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, in welchem Verhältnis diese weitere Person zur Alleinerziehenden steht und wie lange die Gemeinschaft besteht. Es wird als Hauptmerkmal allein darauf abgestellt, ob die Personen zusammen wirtschaften oder nicht. Der Gesetzgeber bietet aber die Möglichkeit, das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft zu widerlegen.

Volljährige eigene Kinder i. S. d. § 32 EStG im eigenen Haushalt, für die die alleinstehende Person noch einen Anspruch auf die Abzugsbeträge des § 32 Abs.6 EStG hat, führen nicht dazu, dass eine für die Gewährung des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende schädliche Haushaltsgemeinschaft vorliegt, § 24b Abs.3 S.1, 2. Halbsatz EStG. Ebenso wird regelmäßig eine Haushaltsgemeinschaft verneint, wenn die andere Person eine Pflegestufe hat.


Ist das Kind bei mehreren Steuerpflichtigen gemeldet, steht der Entlastungsbetrag demjenigen Alleinstehenden zu, der das Kind tatsächlich in seinen Haushalt aufgenommen hat. Ist ein Kind annähernd gleichwertig in die beiden Haushalte seiner alleinstehenden Eltern aufgenommen, können die Eltern grundsätzlich - unabhängig davon, an welchen Berechtigten das Kindergeld ausgezahlt wird - untereinander bestimmen, wem der Entlastungsbetrag zustehen soll. Dies gilt aber nicht, wenn einer der Berechtigten durch Berücksichtigung der Steuerklasse II beim Lohnsteuerabzug den Entlastungsbetrag bereits in Anspruch genommen, § 38b Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG. Der Entlastungsbetrag wird auf Monatsbeträge aufgeteilt und mindert die monatlich zu zahlende Lohnsteuer. Treffen die Eltern keine Bestimmung über die Zuordnung des Entlastungsbetrags, steht er demjenigen zu, an den das Kindergeld ausgezahlt wird[27].

[24] BMF v. 23.10.2017, Rz.6.

[25] Bis einschließlich 2014 betrug der Entlastungsbetrag 1.308 € und wurde einer alleinerziehenden Person gewährt, wenn mindestens ein Kind im Haushalt lebte, für das die Person Anspruch auf Kindergeld hatte. Die tatsächliche Anzahl anspruchsberechtigter Kinder war nicht von Relevanz.

[26] BMF v. 23.10.2017, Rz. 13, 14.

[27] BMF v. 23.10.2017, Rz. 18, 19.


3.4.3. Freibetrag für Land- und Forstwirte § 13 Abs. 3 EStG

Erzielt eine steuerpflichtige Person Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, so kann ein Freibetrag von 900 € für diese Einkünfte gewährt werden, der von der Summe der Einkünfte abgezogen wird. Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrags ist, dass die Summe der Einkünfte 30.700 € nicht übersteigt.

Werden Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, verdoppelt sich dieser Grenzbetrag auf 61.400 € und der zu berücksichtigende Freibetrag auf 1.800 €. Es ist nicht relevant, welchem Ehepartner diese Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft steuerlich zuzurechnen sind. Nur die Einkünfteermittlung erfolgt getrennt, ab der Bildung der Summe der Einkünfte gelten die Eheleute als ein Steuerpflichtiger.

Haben beide Partner land- und forstwirtschaftliche Einkünfte und erzielt einer einen Verlust, der Andere aber einen Gewinn, sind diese Ergebnisse zunächst zu saldieren, bevor der Freibetrag des § 13 Abs. 3 EStG berücksichtigt werden kann[28].

Beispiel 1: A hat Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von 1.000 €, die Summe der Einkünfte beträgt 25.000 €. Die SdE werden um den Freibetrag von 900 € gekürzt, sodass A real nur Einkünfte § 13 EStG i. H. v. 100 € zu versteuern hat.

Beispiel 2: Wie Beispiel 1, nur beträgt die Summe der Einkünfte 31.000 €. Der Freibetrag wird insgesamt nicht gewährt, da die SdE den Grenzbetrag von 30.400 € übersteigt, § 13 Abs.3 S. 2 EStG.

Beispiel 3: Herr und Frau B werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, die SdE beträgt 60.000 €. Herr B hat Einkünfte aus § 13 EStG i. H. v. 3.000 €, seine Frau hat keine land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte. Da die SdE 61.400 € nicht übersteigt, ist der Freibetrag i. H. v. 1.800 € zu gewähren. Die real zu versteuernden Einkünfte aus § 13 EStG betragen also nur noch 1.200 €.

[28] Schmidt, Ludwig: EStG Kommentar, C.H.Beck, 33. Auflage 2014, zu § 13, Rz.175.

3.5. Einkommen § 2 Abs. 4 EStG und Verlustabzug § 10d EStG

Durch § 2 Abs. 4 EStG werden bestimmte private Aufwendungen unter engen gesetzlichen Grenzen bei der Einkommensermittlung berücksichtigt und mindern die steuerliche Bemessungsgrundlage. Es wird damit den persönlichen Umständen des Steuerpflichtigen Rechnung getragen. Die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen können

 privat veranlasst sein, z. B. das Schulgeld für eine Privatschule, sowie

 gesetzlich bestimmt sein, z. B. die Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung.

Die Aufwendungen dienen der Sicherung der Existenz (existenzsichernder Aufwand) und werden

 als Sonderausgabe oder

 außergewöhnliche Belastung

vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen.

§ 2 Abs. 4 EStG verwirklicht, wie auch § 2 Abs. 2 EStG, das subjektive Nettoprinzip und den Grundsatz der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit[29].

Zusätzlich kann ein Verlustabzug nach § 10d EStG den Gesamtbetrag der Einkünfte mindern.

Während der Verlustausgleich innerhalb einer Periode durchgeführt wird, wirkt sich der Verlustabzug auf die vorherige bzw. die nachfolgenden Perioden aus. Der Verlustabzug ist immer vor dem Sonderausgabenabzug und der Berücksichtigung der außergewöhnlichen Belastungen durchzuführen. Er kommt nur dann in Betracht, wenn sich während des vertikalen Verlustausgleichs negative Einkünfte nicht mit positiven Einkünften ausgleichen lassen und die Summe der Einkünfte damit negativ wird.

Ein Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 EStG kann nur in die direkte Vorgängerperiode erfolgen mit einem Betrag von maximal 1 Mio. € bzw. bis der Gesamtbetrag der Einkünfte der Vorgängerperiode auf 0 gemindert wurde. Der Verlustrücktrag ist die vorrangig zu nutzende Alternative des Verlustabzugs. Der Steuerpflichtige kann aber beantragen, auf den Verlustrücktrag zu verzichten und nur den Verlustvortrag in Anspruch zu nehmen.

Bestehen nach einem Verlustrücktrag weitere Verluste, werden diese gesondert festgestellt und können in den Folgejahren bei der Ermittlung der Einkommen berücksichtigt werden. Dies ist der Verlustvortrag i. S. d. § 10d Abs. 2 EStG.

Der Verlustvortrag erfolgt in einem ersten Schritt bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte einer Höhe von 1 Mio. € unbeschränkt. In einem zweiten Schritt erfolgt ein beschränkter Verlustabzug, wenn nach dem unbeschränkten Verlustabzug noch ein positiver Gesamtbetrag der Einkünfte vorhanden ist. Dieser verbleibende Betrag ist nur noch zu 60% als Verlustvortrag zu berücksichtigten.

Der Verlustvortrag wird solange durchgeführt, bis die vortragsfähigen Verluste 0 erreicht haben.

Beispiel: A hat 2018 einen Verlust von 3,8 Mio. €. 2017 hat er einen GdE von 1,1 Mio. €. Der GdE 2019 beträgt 1,4 Mio. €.

1 Verlustrücktrag § 10d Abs. 1 EStG von 2018 nach 2017 Vom Verlust 2018 kann 1 Mio. € nach 2017 zurückgetragen werden. Der Bescheid für 2017 wird entsprechend geändert. Der verbleibende Verlust von 2,8 Mio. € wird gesondert festgestellt und steht für zukünftige Perioden als Verlustvortrag zur Verfügung.

2 Verlustvortrag § 10d Abs. 2 EStG von 2018 nach 2019 Vom Verlust können im ersten Schritt 1 Mio. € unbeschränkt geltend machen. Der verbleibende Betrag des GdE 2019 wird im zweiten Schritt nur noch zu 60% als Verlustvortrag berücksichtigt.


[29] Haberstock , Einführung, S. 13, 52 f.

3.6. Zu versteuerndes Einkommen § 2 Abs. 5 EStG

Durch Abzug von Kinderfreibeträgen und des Härteausgleichs vom Einkommen wird das zu versteuernde Einkommen ermittelt[30].

Der Härteausgleich nach § 46 Abs. 2 und 3 EStG wird gewährt, wenn Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit § 19 EStG erzielt worden sind und darüber hinaus andere Einkünfte vorliegen,

 die nicht der Lohnsteuer unterlegen haben und

 die insgesamt nicht höher als 410 € sind.

Der Freibetrag kann maximal bis zu der Höhe gewährt werden, bis zu der die Nebeneinkünfte erzielt worden sind. Der abzugsfähige Betrag kann also zwischen 1 € und 410 € liegen.

Beispiel: A hat 2018 neben seinem Arbeitslohn aus seiner Tätigkeit als Angestellter noch andere Einkünfte i. H. v. 300 €. Diese 300 € sind als Härteausgleich abzuziehen und unterliegen somit nicht der Besteuerung. Der nicht genutzte Freibetrag, hier 110 €, ist nicht abzugsfähig.

Das so ermittelte zu versteuernde Einkommen bildet die Besteuerungsgrundlage. Die tarifliche ESt wird ermittelt durch die Anwendung der Grund- bzw. der Splittingtabelle auf das zu versteuernde Einkommen bzw. aufgrund der Berechnung nach § 32a Abs. 1 EStG.

Die Werte aus den Einkommensteuertabellen bilden dabei nur Näherungswerte. Der bis einschließlich 2003 angewandte Stufentarif wurde ab dem Veranlagungszeitraum 2004 durch den stufenlosen Steuertarif ersetzt. Damit wird für jeden Einzelwert der genaue Einkommensteuerwert berechnet.

[30] Zur Berücksichtigung von Kindern siehe Kapital 9.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?