Einführung in die Einkommensteuer

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Aus der Reihe: MCC Steuerrecht eBooks #24
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Vorwort

Dieses Buch bietet eine allgemeine Orientierung im Einkommensteuerrecht und kann somit als eine Zusammenfassung der Grundlagen im Einkommensteuerrecht betrachtet werden. Fachbücher, die vom Lehrpersonal empfohlen werden, sind zwar durchaus verständlich verfasst, gehen aber oft zu schnell und zu detailliert in die Tiefe, sodass sie als Erstwerk für Berufseinsteiger oder Studienanfänger mit Detailinformationen zeitweise überfrachtet sind.

An dieser Stelle setzt dieses Buch an und stellt Kernaussagen mit Rechtstand 2015 und 2016 anschaulich und verständlich dar und verdeutlicht sie mit zahlreichen Beispielen.

Es bietet damit eine sehr gute und verständliche Grundlage, sich darauf aufbauend in einzelne Teilgebiete intensiver und umfassender einarbeiten zu können.

Als Zielgruppe für dieses Buch werden insbesondere

  Studenten,

  Bilanzbuchhalter in der in Aus- und Weiterbildung und

 Steuerfachangestellte in der Ausbildung angesprochen sowie

  Berufsgruppen, die Grundkenntnisse im Einkommensteuerrecht benötigen (z. B. Lohnbuch- und Finanzbuchhalter, Betriebswirte, Wirtschaftsfachwirte).

Sofern Paragrafen angesprochen werden, folgt die Angabe der Darstellung und Normierung:

§ 1 Abs. 2 S. 2 EStG

§ 1 Paragraf 1

Abs. 2 Absatz 2

S. 2 Satz 2

Michael Eifler

Februar 2016

1. Einführung
1.1. Geschichtliche Entwicklung

Die Einkommensteuer an sich gibt es schon seit dem Bestehen der Menschheit. Antike Völker hatten erkannt, dass der Staat mehr monetäre Mittel zur Verfügung hat, wenn sich die Bürger an der Finanzierung der Staatsfinanzen beteiligten. So mussten die Bürger, in Abhängigkeit von ihrem sozialen Stand, Abgaben an den Staat leisten, die sowohl finanzieller (in Form von Geld) als auch naturaler Art sein konnten. Zölle wurden auf Einfuhren von Waren erhoben und es entstanden erste Berufe, die sich mit dem Erheben von Abgaben und Steuern beschäftigten, z. B. die Benefizianer im antiken Rom[1] .

Aus dem Mittelalter ist die Abgabe des Zehnt bekannt, nach dem jeder den zehnten Teil seines Einkommens an seinen Herrscher abzugeben hatte. Der Begriff Einkommensteuer entsteht dagegen erst Anfang des 19. Jahrhunderts und wurde erstmals 1811 in Preußen als Kopfsteuer erhoben, um unter anderem die benötigten finanziellen Mittel für den Kampf gegen Napoleon zur Verfügung zu haben. Dieser Zeitpunkt steht beispielhaft für Veränderungen und Reformen von Steuersystemen.

Veränderungen von politischen und wirtschaftlichen Situationen und Grundlagen verlangen regelmäßig neue Wege der Staatsfinanzierung. In der Geschichte und der Entwicklung der Systematik der Einkommensteuer ist durchaus die gesellschaftliche und politische Entwicklung eines Staates abzulesen[2] .

1891 wurde unter Finanzminister Miquel eine Einheits-Einkommensteuer eingeführt. Im Mittelpunkt steht die natürliche Person mit ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit.

In dem System von 1891 sind Ansätze unseres heutigen Steuersystems zu erkennen. So werden die Einkommensquellen heute als Einkunftsarten bezeichnet, von denen es insgesamt sieben gibt.


Abbildung 1, Kernpunkte des Einkommensteuersystems 1891

1920 wurde das Einkommensteuergesetz EStG eingeführt. Dieses enthält im Vergleich zur Einheits-Einkommensteuer folgende wichtige Entwicklungen:

 Trennung von Einkommensteuer und Körperschaftssteuer,

 Besteuerung des Vorjahres statt des laufenden Jahres,

 Einführung eines Existenzminimums und von Kinderprivilegien,

 Einführung des Lohnsteuer-Abzugsverfahrens.

Seit 1969 ist die Einkommensteuer eine Gemeinschaftssteuer und steht damit Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam zu. Der Anteil der Einkommensteuer und der Lohnsteuer 2016 am Steueraufkommen Deutschlands betrug etwa 34% von insgesamt etwa 706 Mrd. Euro Gesamtsteueraufkommen[3]. Sie zählt damit für die öffentlichen Haushalte auf allen Ebenen zu den wichtigsten Einkommensquellen.


Abbildung 2, Steuerspirale 2016, www.bundesfinanzministerium.de

[1] Homburg, Stefan: Allgemeine Steuerlehre, Seite 23 ff., 7., erweiterte Auflage, Verlag Franz Vahlen München 2015.

[2] Birk, Dieter/Desens, Marc/Tappe, Henning: Steuerrecht, 18., neu bearbeitete Auflage, Seite 2 ff. C. F. Müller Heidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg 2015.

[3] Bornhofen , Steuerlehre 2 Rechtslage 2014, Seite 1, 35., überarbeitete Auflage, Springer Gabler Wiesbaden 2015.

1.2. Erhebungsformen und Rechtsgrundlagen

Grundsätzlich wird die Einkommensteuer durch Veranlagung durch das Finanzamt festgesetzt. Bestimmte, im Laufe eines Jahres gezahlte Steuern, können dabei als Vorauszahlung angerechnet werden, z. B. die Lohnsteuer, die ein Arbeitnehmer jeden Monat zu entrichten und die sofort vom Arbeitgeber an die Finanzbehörden abgeführt wird.

Die Überschusseinkunftsarten nichtselbständige Arbeit und Kapitalvermögen unterliegen einem Steuerabzug (Lohnsteuer bzw. Kapitalertragsteuer) an der Quelle und sind deshalb sogenannte Quellensteuern. Sie sind keine Steuern eigener Art, sondern nur reine Erhebungsformen zur Einkommensteuer.

Die Einkommensteuer ist eine parallel dazu eine Besitzsteuer sowie eine direkte Steuer (Steuerschuldner und Steuerzahler sind identisch).

Wichtigste Rechtsgrundlagen sind

 das Einkommensteuergesetz EStG,

 die Einkommensteuerdurchführungsverordnung EStDV sowie

 die Einkommensteuerrichtlinien EStR,

wobei die EStR nur bindend für die Finanzbehörden sind.

Darüber hinaus nehmen auch die Finanzgerichte sowie der Bundesfinanzhof Einfluss auf das Einkommensteuerrecht.

Des Weiteren ist Art. 105 Abs. 2 GG zu beachten, nach dem die Einkommensteuer der konkurrierenden Gesetzgebung unterliegt, d. h., der Bundesrat muss dem EStG und seinen Änderungen zustimmen.

2. Steuerpflicht und steuerbare Einnahmen

Bevor man sich näher mit der Ermittlung der zu zahlenden Einkommensteuer beschäftigt, sind viele Bearbeitungsschritte erforderlich. Die systematische Reihenfolge der Bearbeitung ergibt sich aus § 2 EStG.

Die zuerst zu klärenden Fragen sind,

 wer in Deutschland einkommensteuerpflichtig ist und

 womit diese Personen jeweils steuerpflichtig sind.

Es erfolgt eine Unterteilung in die subjektive (persönliche) Steuerpflicht – wer ist steuerpflichtig - und die objektive (sachliche) Steuerpflicht – welche Einnahmen sind steuerpflichtig.

Die Prüfung, ob steuerpflichtige bzw. steuerfreie Einnahmen vorliegen, erfolgt im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte.

2.1. Subjektive Steuerpflicht

Die persönliche Steuerpflicht und damit die Frage, wer einkommensteuerpflichtig ist und damit Einkommensteuersubjekt wird, regelt § 1 EStG. Das Einkommensteuergesetz unterscheidet zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht für natürliche Personen.

Alle Personen, die weder unbeschränkt noch beschränkt steuerpflichtig sind, sind nicht einkommensteuerpflichtig.

2.1.1. Unbeschränkte Steuerpflicht § 1 Abs. 1 EStG

§ 1 Abs. 1 EStG ist der Haupttatbestand der unbeschränkten Steuerpflicht. Alle natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Demnach beginnt die unbeschränkte Steuerpflicht mit der lebenden Geburt und endet mit dem Tod.

Als Inland zählt gemäß § 1 Abs.1 S. 2 EStG der Geltungsbereich des EStG und damit das Gebiet Deutschlands. Nur Einkünfte, die in diesem Gebiet erzielt wurden, sind inländische Einkünfte und unterliegen der Einkommensteuer. Liegt die unbeschränkte Steuerpflicht vor, gilt darüber hinaus das Welteinkommensprinzip. Nach diesem Prinzip unterliegen alle Einkünfte, auch diejenigen, die im Ausland erzielt werden, der deutschen Einkommensbesteuerung. Mögliche Doppelbesteuerungen werden über bi- oder multilaterale Abkommen vermieden [4] .

Ein Wohnsitz gemäß § 8 AO ist vorhanden, wenn der Steuerpflichtige eine Wohnung unter solchen Umständen hat, die darauf schließen lassen, dass die Räume beibehalten und genutzt werden können. Wohnungskriterien sind dabei rein objektiv auszulegen. Ein Anhaltspunkt für das Vorhandensein einer Wohnung ist z. B. die melderechtliche Adresse eines Steuerpflichtigen. Wichtig ist dennoch die tatsächliche, nicht die rechtliche Verfügungsmacht.

Der gewöhnliche Aufenthalt ist gemäß § 9 AO der Ort, der nicht nur vorübergehend genutzt wird. Die Beurteilung, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt vorliegt, ist vor allem davon abhängig, ob sich die Person im Inland aufhält oder nicht[5] . Eine nicht nur vorübergehende Nutzung ist ab einem Nutzungszeitraum von länger als 6 Monaten bzw. 183 Tagen gegeben. Kurzfristige Unterbrechungen sind nicht schädlich. Hält sich eine Person an mehreren Orten im Inland auf, und kommt insgesamt auf einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten, ist ein gewöhnlicher Aufenthalt zu bejahen.

 

[4] Kußmaul, Heinz: Betriebswirtschaftliche Steuerlehre – Lehr- und Handbücher der Betriebswirtschaftslehre, Seite 267 f., 7., vollständig aktualisierte und erweiterte Auflage, Oldenbourg Verlag München 2014. Weiterführend z. B. Fischer, Lutz/Kleineidam, Hans Jochen/Warneke, Perygin: Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Seite 41 ff., 5. neu bearbeitete und wesentlich erweiterte Auflage, Erich Schmidt Verlag Berlin 2005.

[5] Dazu auch AEAO, zu § 9 AO.

2.1.2. § 1 Abs. 2 EStG Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht

Unbeschränkt steuerpflichtig sind auch Personen,

 die deutsche Staatsangehörige sind,

 im Inland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben,

 zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen,

 dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen und

 im Wohnsitzstaat nur beschränkt steuerpflichtig sind.

Darunter fallen z. B. die Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes an den Botschaften, Soldaten und Polizisten im Auslandseinsatz und die zum Haushalt gehörenden Angehörigen.

2.1.3. § 1 Abs. 3 EStG fiktive unbeschränkte Steuerpflicht

Die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn ein beschränkt Steuerpflichtiger dies bei einer inländischen Finanzbehörde beantragt. Dieser Antrag ist dabei nur unter der Voraussetzung möglich, dass

 die Gesamteinkünfte des Antragstellers im Kalenderjahr zu mindestens 90% der deutschen Besteuerung unterliegen oder

 die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünften nicht größer als der Grundfreibetrag in Höhe von 9.000 € (2018) ist[6].

Der Hauptanwendungsfall dieser Regelung sind Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt haben, aber in Deutschland Einkünfte beziehen, die sogenannten Grenzpendler[7]. Die Höhe der ausländischen Einkünfte muss durch die ausländische Steuerbehörde bescheinigt werden, damit entsprechend ein Abzug der ausländischen Steuer von der festgesetzten deutschen Einkommensteuer möglich ist bzw. eine Doppelbesteuerung dieser Einkünfte vermieden werden kann[8].

[6] Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG für 2017 8.820 €.

[7] Kußmaul, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, S. 267. Für Grenzgänger finden diese Regeln keine Anwendung, das Besteuerungsrecht verbleibt im Wohnsitzstaat, dazu weiterführend BMF v. 12.11.2014 „Steuerliche Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen" m. w. N.

[8] Dazu auch BStBl 2012 I, 108 ff.

2.1.4. Beschränkte Steuerpflicht § 1 Abs. 4 EStG

Natürliche Personen, die keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, aber inländische Einkünfte nach § 49 EStG erzielen, sind nur mit diesen Einkünften in Deutschland steuerpflichtig. § 49 EStG regelt das sogenannte Ursprungslandprinzip. Folge der beschränkten Steuerpflicht ist, dass bestimmte, im Einkommensteuergesetz enthaltene Fördermaßnahmen und Unterstützungen nicht in Anspruch genommen werden können, z. B.

 die Zusammenveranlagung von Ehegatten § 26b EStG,

 der Sonderausgabenabzug für Unterhaltsleistungen an den geschiedenen bzw. dauernd getrenntlebenden Ehegatten § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG

bzw.

 die Berücksichtigung von Kindern,

da unterstellt wird, dass diese Tatbestände im Wohnsitzstaat berücksichtigt werden[9].

[9] Birk , Steuerrecht, S. 210.

2.2. Objektive Steuerpflicht

Ist eine natürliche Person subjektiv einkommensteuerpflichtig, ist im zweitem Schritt die objektive bzw. sachliche Einkommensteuerpflicht zu prüfen.

Eine sachliche Einkommensteuerpflicht liegt dann vor, wenn die natürliche Person steuerbare Einnahmen bezogen hat. Diese sind immer dann vorhanden, wenn Einnahmen einer der sieben Einkunftsart zugeordnet werden können:

 Land- und Forstwirtschaft,

 Gewerbebetrieb,

 selbständige Arbeit,

 nichtselbständige Arbeit,

 Kapitalvermögen,

 Vermietung und Verpachtung sowie

 sonstige Einkünfte.

2.2.1. Einnahmen

Der Ausgangspunkt jeder einkommensteuerrechtlichen Betrachtung ist die Analyse, ob tatsächlich steuerbare Einnahmen vorliegen. Einnahmen, die nicht einer Einkunftsart zugeordnet werden können, sind nicht steuerbar und können ohne Steuerzugriff vereinnahmt werden, da hierfür sowohl die subjektiven als auch die objektiven Voraussetzungen erfüllt sein müssen[10] .

Zu diesen Einnahmen zählen z. B.

 Lottogewinne,

 Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken, wenn diese mehr als 10 Jahre nach der Anschaffung veräußert werden,

 Gewinne aus der gelegentlichen privaten Veräußerung von Gegenständen des täglichen Bedarfs oder

 Gewinne aus Glücksspielen.


Abbildung 3, Prüfschema Zuordnung steuerpflichtige Einnahmen

Der Begriff der Betriebseinnahmen ist im EStG nicht ausdrücklich festgelegt. Aufgrund des Einnahmebegriffs des § 8 Abs. 1 EStG im Zusammenhang mit der Definition der Betriebsausgaben in § 4 Abs. 4 EStG, wird nach vorherrschender Meinung die Einnahmedefinition des § 8 EStG auf die Betriebseinnahmen analog angewendet[11].

Betriebseinnahmen sind also alle Einnahmen in Geld und Geldeswert, die im Rahmen einer Gewinneinkunftsart zufließen.

Einnahmen i. S. d. § 8 EStG sind alle Einnahmen in Geld und Geldeswert, die im Rahmen einer Überschusseinkunftsart zufließen.

Aus wirtschafts- und sozialpolitischen Gründen werden bestimmte steuerbare Einnahmen nach § 3 EStG von der Steuer befreit. § 3 EStG kann dabei auf alle Einkunftsarten angewendet werden; Einschränkungen sind aber zulässig[12]. So sind z. B.

 das Elterngeld und das Mutterschaftsgeld,

 Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche Übungsleiter oder gemeinnützige Organisationen,

 der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung, aber auch

 bestimmte Trinkgelder steuerfreie Einnahmen.

Jede Einnahme, die im § 3 EStG aufgeführt wird, muss eine steuerbare Einnahme sein und daher einer Einkunftsart zugerechnet werden, vgl. Abbildung 2.

So sind z. B. Trinkgelder einer angestellten Kellnerin eine steuerbare Einnahme, § 8 Abs. 1 EStG i. V. m. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, aber aufgrund § 3 Nr. 51 EStG nur dann steuerfrei, wenn sie ohne rechtlichen Grund und freiwillig gezahlt werden, z. B. von einem Gast.

[10] Kußmaul , Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, S. 271.

[11] Weiter führend z. B. auch BStBl II 1996, S. 273, 274.

[12] Kußmaul , Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, S. 272. § 3 EStG findet für alle Einkunftsarten Anwendung, kann aber durchaus eingeschränkt werden.

2.2.2. Ausgaben[13]

Ausgaben dürfen von steuerpflichtigen Einnahmen abgezogen werden, wenn sie mit diesen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Bei den Gewinneinkünften sind dies Betriebsausgaben, bei den Überschusseinkünften Werbungskosten nach § 9 EStG. Sie werden auch als erwerbsbedingte Aufwendungen bezeichnet, da ein Zusammenhang mit einer Erwerbsquelle vorhanden ist.

Werden Ausgaben steuerfreien Einnahmen zugerechnet, dürfen sie nicht bei der Ermittlung der Einkünfte als Betriebsausgaben oder Werbungskosten berücksichtigt werden, vgl. § 3c Abs. 1 EStG.

Aufwendungen für die private Lebensführung i. S. d. § 12 EStG dürfen weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten von den Einnahmen abgezogen werden.

Bei Aufwendungen i. S. d. § 12 Nr. 1 S. 2 EStG, die sowohl der privaten Lebensführung dienen bzw. als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig wären (gemischte Aufwendungen), darf eine Aufteilung nach objektiven Maßstäben in einen beruflich und einen privat veranlassten Teil erfolgen, sodass der beruflich veranlasste Anteil abzugsfähig ist[14]. Ergibt die Aufteilung, dass ein Teil von untergeordneter Bedeutung ist, werden die gesamten Aufwendungen dem überwiegenden Teil zugeordnet[15]. Kann keine objektive Trennung durchgeführt werden, gilt nach wie vor das ursprüngliche Abzugs- und Aufteilungsverbot.

Kosten der privaten Lebensführung, die unweigerlich anfallen, zählen niemals zu den gemischten Aufwendungen. Diese Aufgaben sind regelmäßig mit dem Grundfreibetrag des § 32a EStG ausreichend berücksichtigt[16].

§ 4 Abs. 5 EStG enthält eine Aufzählung von Ausgaben, die als Betriebsausgaben den Gewinn nicht mindern dürfen. Sie werden als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben bezeichnet und werden dem steuerlichen Gewinn außerbilanziell[17] wieder hinzugerechnet.

Über § 9 Abs. 5 EStG gelten einige dieser Regeln auch für die Überschussermittlung im Rahmen der Überschusseinkünfte.

[13] Zur Abgrenzung von abzugsfähigen und nicht abzugsfähigen Ausgaben siehe auch: Eifler, Michael: Die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen im Einkommensteuerrecht unter dem Einfluss des § 12 EStG, 1. Auflage, Mastering ConceptConsult Januar 2015.

[14] Kußmaul, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, S. 304 und 305.

[15] BFH vom 21.09.2009, BStBl 2010 II S. 672 und BMF vom 06.07.2010, BStBl I S. 614.

[16] Diese Berücksichtigung ist ein Ausdruck des subjektiven Nettoprinzips. Bestimmte private Ausgaben, denen sich der Steuerpflichtige nicht entziehen kann, werden bei der Ermittlung des zvE gesetzlich zum Abzug zugelassen. Über den Grundfreibetrag gelten insbesondere Kosten für Kleidung, Essen etc. als berücksichtigt. dazu auch Birk, Steuerrecht, 191 f., 304.

[17] Diese Anpassung nach § 60 Abs.2 EStDV kann auch schon innerhalb der Gewinnermittlung durchgeführt werden; gängige Buchführungsprogramme halten entsprechende Konten bereit.

3. Ermittlung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage
3.1. Überblick

Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage erfolgt nach dem Schema des § 2 EStG. In dieser Norm ist die grundsätzliche Struktur enthalten, in welchen Schritten von den steuerpflichtigen Einnahmen bis zur Berücksichtigung von Kindern das zu versteuernde Einkommen ermittelt wird. Erst das zu versteuernde Einkommen ist die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer gemäß § 32a EStG. Das verkürzte Schema ist nachfolgend dargestellt[18].


Abbildung 4, Grundschema Ermittlung zu versteuernde Einkommen

[18] Eine detaillierte und ausführliche Darstellung des Schemas ist in R 2 EStR 2012 enthalten.

3.2. Summe der Einkünfte § 2 Abs. 1 und 2 EStG

§ 2 Abs. 1 und 2 EStG normieren die sieben Einkunftsarten und die Summe der Einkünfte. Um die Summe der Einkünfte schemengerecht zu ermitteln, sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft § 13 EStG zuerst zu bestimmen und die sonstigen Einkünfte § 22 EStG zuletzt.


Die Einkünfte bilden die Grundlage für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und sind der Unterschiedsbetrag zwischen Einnahmen und Ausgaben. Es werden also nur die Nettoeinkünfte versteuert. Die Summe der Einkünfte wird in zwei Schritten berechnet: Zuerst werden für jede Einkunftsart der Gewinn bzw. der Überschuss ermittelt. Dies erfolgt durch Abzug der Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten von den Betriebseinnahmen bzw. Einnahmen i. S. d. § 8 EStG. Liegen innerhalb einer Einkunftsart mehrere Einkunftsquellen vor, ist für jede Einkunftsquelle das Ergebnis zu ermitteln und dann alle Teilergebnisse zusammenzurechnen (horizontaler Verlustausgleich). Im zweiten Schritt werden die Ergebnisse der einzelnen Einkunftsarten zusammengerechnet; das Ergebnis ist die Summe der Einkünfte (vertikaler Verlustausgleich). Die sieben Einkunftsarten werden in Gewinn- und Überschusseinkünfte unterschieden. Bei den Gewinneinkünften sind die Einkünfte der Gewinn nach §§ 4 und 5 EStG, bei den Überschusseinkünften der Überschuss zwischen den Einnahmen i. S. d. § 8 EStG und den Werbungskosten § 9 EStG. Betriebsausgaben und Werbungskosten werden auch als erwerbssichernder Aufwand bezeichnet. Damit normiert insbesondere § 2 Abs. 2 EStG das objektive Nettoprinzip und verwirklicht den Grundsatz der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit[19]. Bei den Gewinneinkünften bilden Vermögensveränderungen die Besteuerungsgrundlage, bei den Überschusseinkünften wird das zugrundeliegende Vermögen steuerlich nicht betrachtet. Das heißt, dass Privatvermögen, das zur Überschusserzielung eingesetzt wird, unter Umständen bei einer Veräußerung eine nicht steuerbare Einnahme generiert[20]. Zu den Gewinneinkünften zählen die Einkünfte aus

 

 Land- und Forstwirtschaft § 13 EStG,

 Gewerbebetrieb § 15 EStG und

 selbständiger Arbeit § 18 EStG.

Der Gewinn wird über den Betriebsvermögensvergleich § 4 Abs. 1 und § 5 EStG (Buchführung) oder Einnahmeüberschussrechnung § 4 Abs. 3 EStG (Kapitalflussrechnung) ermittelt. Bei den Einkünften nach § 13 EStG kann der Gewinn auch nach Durchschnittssätzen bestimmt werden, § 13a EStG.

Als Überschusseinkünften gelten die Einkünfte aus

 nichtselbständiger Arbeit § 19 EStG,

 Kapitalvermögen § 20 EStG,

 Vermietung und Verpachtung § 21 EStG und die

 sonstigen Einkünfte § 22 EStG. Zu den Einkünften nach § 22 EStG zählen auch die privaten Veräußerungsgeschäfte § 23 EStG.

[19] Birk , Steuerrecht, S. 186.

[20] Haberstock, Lothar/Breithecker, Volker: Einführung in die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Seite 54, 16., völlig neu bearbeitete Auflage, Erich Schmidt Verlag Berlin 2013.