Vengeful King

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Aus der Reihe: Sinners High #2
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„Und wann war das, Mister Porter?“

„19... uuuh 19... hundert – 1941?“

„Fast. 1940. Genauer gesagt im Mai 1940“, berichtigte Mrs Klein. „Und was war das Ergebnis des Blitzkrieges?“

„Ummmm.“

„Schlaf weiter, Mister Porter“, sagte Mrs Klein, und die Klasse lachte. „Jemand, der nicht während meines Unterrichtes geschlafen hat, und uns sagen kann, was das Ergebnis des Blitzkrieges war? Ja? Miss Valedian?“

Emma Valedian war gerade dabei, die Frage zu beantworten, als es an der Tür klopfte. Hätte das Klopfen nicht ein paar Minuten früher kommen können, als ich über eine Antwort geschwitzt hatte?

„JA!“, rief Mrs Klein, und die Tür öffnete sich. Miss Wayne steckte den Kopf zur Klasse hinein und ihr Blick blieb an mir hängen.

Na toll! Was will die schon wieder?

„Mister Porter. Komm mit mir bitte“, sagte Miss Wayne.

Mit einem Seufzer packte ich wieder einmal meine Sachen. Nicht, dass ich traurig darüber war, den Rest von Geschichte zu verpassen, aber ich hatte es langsam leid, dass dieser Wilson dachte, er könnte mich terrorisieren. Vielleicht sollten wir IHM das verdammte Video zeigen und IHN damit erpressen, anstelle von der kleinen grauen Maus. Doch ich wollte meine Rachepläne an der Kleinen noch nicht aufgeben. Wir konnten zu einem späteren Zeitpunkt immer noch darüber nachdenken, was wir mit diesem lästigen Schulleiter anstellen konnten.

Ich folgte Miss Wayne zum Büro. Diesmal war niemand außer mir mit Wilson im Raum. Er saß hinter seinem Schreibtisch und machte sich nicht einmal die Mühe aufzublicken, als ich hereinmarschierte und die Tür hinter mir schloss. Ich blieb vor seinem Schreibtisch stehen und wartete. Und wartete. Der Fucker dachte, dass er damit irgendeine Wirkung erzielen könnte, wenn er mich schmoren ließ. Anstatt etwas zu sagen, holte ich mein Handy heraus und begann demonstrativ damit, ein Spiel zu spielen, während ich wartete. Wilson blickte auf, doch ich tat so, als wäre ich noch immer in mein Spiel vertieft.

„Her mit dem verdammten Handy“, schnauzte Wilson.

„Wie bitte?“, fragte ich gefährlich ruhig, seinem Blick begegnend.

„Ich sagte: Gib das verdammte Handy her. Du bist nicht hier, um Spiele zu spielen.“

„Und warum bin ich dann hier?“, fragte ich unschuldig, das Handy in meine Tasche steckend.

Wilson wurde rot im Gesicht, als ich seine Aufforderung so unverfroren missachtete und dann noch die Frechheit besaß, den Unschuldigen zu spielen. Natürlich wusste ich, warum ich hier war. Ihm musste zu Ohren gekommen sein, was wir mit seiner Tochter gemacht hatten.

„Das weißt du ganz genau, du kleiner Scheißer“, knurrte Wilson, sich von seinem Sitz erhebend und auf dem Schreibtisch abstützend. „Du wirst ab sofort deine dreckigen Finger von meiner Tochter lassen. Und sag den anderen von deinem lächerlichen Gefolge, dass auch sie Sam in Ruhe lassen!“

„Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen“, erwiderte ich ungerührt. „Ich hab nichts getan. „Was genau werfen Sie mir denn nun wieder vor?“

„Spiel nicht den Unschuldigen, Porter! Du weißt ganz genau, wovon ich spreche. Denkst du, ich weiß nicht, was an meiner Schule vor sich geht?“

„An IHRER Schule?“, fragte ich, eine Augenbraue hebend. „Wissen die Vorsitzenden, dass Sie die Schule als IHRE betrachten?“

„Hör auf, mir die Worte im Mund herum zu drehen“, schnauzte Wilson. „Und hör auf, so zu tun, als wüsstest du nicht, was du und deine Lakaien meiner Tochter angetan haben.“

„Ich muss protestieren, Mister Wilson“, sagte ich gespielt aufgebracht. „Ich fühle mich ungerecht behandelt, dass ich hier beschuldigt werde, etwas getan zu haben, wenn Sie nicht mal den Anstand besitzen, mir genau zu erklären, WAS ich denn getan haben sollte. Ich kenne meine Rechte, Wilson. Wenn Sie mich etwas beschuldigen wollen, dann sagen Sie mir, was es ist. Und dann beweisen Sie ihre Anschuldigung. Denn ohne Beweise können Sie hier gar nichts tun.“

„Du denkst, du kommst mit allem davon, nur weil Mommy und Daddy reich sind und Daddy im Vorsitz sitzt“, knurrte Wilson erregt. „Ich werde dich und die anderen Hampelmänner deiner kleinen Möchte-gern-Gang schon noch dran kriegen. Verlass dich drauf!“

„Heißt das, dass wir hier fertig sind?“, fragte ich kalt.

Ich konnte es Wilson ansehen, dass er mir an Liebsten die Fresse poliert hätte, doch er wusste so gut wie ich, dass er mir nicht ans Bein pissen konnte, wenn er keine Beweise für mein Vergehen hatte.

„Verschwinde aus meinem Büro, ehe ich mich vergesse“, knurrte er.

Ich schenkte ihm ein herausforderndes Grinsen, dann salutierte ich übertrieben und wandte mich ab.

„Ich warne dich, Porter. Wenn ich dich erwische, wie du meine Tochter anfasst, dann werde ich einen Scheiß darauf geben, was der Vorsitz denkt. Dann schneide ich dir deinen kümmerlichen Pimmel ab und stopf ihn dir in den Arsch!“

„Kinky“, sagte ich, ohne mich umzudrehen. Bei der Tür angekommen, wandte ich mich dann doch noch mal zu Wilson um. „Und Wilson – da ist absolut nichts kümmerlich an meinem Pimmel.“

Mit diesen Worten öffnete ich die Tür und verließ das Büro. Ich schaute auf die Uhr. Ich hatte noch zwölf Minuten bis zum Ende des Unterrichts, doch für die paar Minuten lohnte es sich nicht mehr, zurück zur Klasse zu gehen. Stattdessen begab ich mich nach draußen und überquerte den Parkplatz. Bei meinem Porsche angekommen, öffnete ich die Tür und setzte mich hinters Steuer. Ich brauchte eine Kippe und der Schneeregen hatte zwar nachgelassen, doch es war noch immer viel zu eklig draußen, um im Freien eine zu rauchen. Mit einem Seufzen holte ich meine Packung Zigaretten und mein Feuerzeug aus der Jacke und zündete mir eine Kippe an. Meine Gedanken wanderten zu dem Gespräch mit Wilson, als ich einen tiefen Zug nahm. Mann, der Kerl war vielleicht sauer gewesen. Und nicht nur wegen dem, was wir seinem Töchterchen angetan hatten. Nein. Am meisten war er sauer darüber, dass er uns nichts konnte. Er hatte nichts in der Hand und das machte ihn wütend. Er wusste, dass wir dahinter steckten, doch er konnte absolut nichts beweisen. Ich machte mir keine Sorgen, dass einer der Schüler auspacken würde. Selbst Samantha würde ihren Mund halten. Und falls nicht, dann war Wilson am Arsch und würde seinen Job verlieren. So oder so würden die KINGS die Gewinner sein.

Kapitel 6


Sam

Für den Rest des Schultages sah ich nichts mehr von den KINGS. Ich hatte es aufgegeben, in der Cafeteria zu essen, und nahm mein Lunch lieber zuhause ein. Das war einer der wenigen Vorteile, wenn man auf dem Schulgelände wohnte. Als ich nach der Schule die Tür zu unserem kleinen Haus aufschloss, war mein Dad schon zu Hause. Er saß im Wohnzimmer auf der Couch und hatte ein Glas mit Alkohol, wahrscheinlich Whisky, in der Hand. Das war ungewöhnlich. Dad trank zwar gerne ein oder zwei Gläser am Abend, doch mitten am Tag hatte ich ihn noch nie trinken gesehen.

„Hi Dad“, grüßte ich vorsichtig, meine Schultasche auf einem Sessel abstellend.

„Hi, Babygirl“, grüßte er, sein Glas mit einem Seufzen auf den Tisch vor sich stellend. „Komm und setz dich.“

Okay, das klang nicht gut. Dad wollte anscheinend reden und ich hatte so eine dunkle Vorahnung davon, worum es ging. Die Frage war, wie sollte ich reagieren? Was sollte ich sagen. Sollte ich ihm einfach davon erzählen, dass die KINGS ein Video von ihm hatten, das ihn ins Gefängnis bringen könnte? Ich war mir sicher, dass er nicht zulassen würde, dass die KINGS mich tyrannisierten, nur um seinen eigenen Arsch zu retten. Er würde also gegen die KINGS vorgehen, auch wenn es ihm im besten Fall den Job und im schlimmsten Fall die Freiheit kosten würde.

„Ich weiß, dass diese Möchte-gern-Könige der Schule dich auf dem Kieker haben“, sagte Dad, als ich mich gesetzt hatte. „Erzähl mir, was vorgefallen ist. Ich hab keine Beweise, doch wenn du mir sagen kannst, was diese Hur... – diese Mistkerle mit dir gemacht haben, dann kann ich vielleicht gegen sie vorgehen.“

„Was meinst du, Daddy? Die Sache mit den Windeln?“

„Ja, die Sache mit den Windeln.“

„Warum denkst du, dass es die KINGS waren?“

„Ich bin nicht dämlich, Sam. Du hast sie verpetzt und auch wenn sie wissen, dass ich sie ohne Beweise nicht wegen Drogen dealen drankriegen kann, so haben sie allen Grund, dich zu hassen und dich büßen zu lassen. Es macht keinen Sinn, dass es jemand anderer war.“

„Nun. Du hast recht. Es würde Sinn machen, dass die KINGS dahinter stecken“, stimmte ich zu. „Doch vermuten ist nicht dasselbe wie wissen. Du weißt, dass du Beweise brauchst. Und so gerne, wie ich dir helfen würde, diese Idioten zur Strecke zu bringen, so hab ich nichts, was dir weiterhelfen könnte.“

Dads Miene verfinsterte sich.

„Verdammt“, knurrte er. „Ich muss diese kleinen Bastarde irgendwie dran kriegen. Ich kann nicht einfach dasitzen und Däumchen drehen, wenn sie dich tyrannisieren. Ich bin dein Vater. Es ist mein Job, dich zu beschützen.“

„Mach dir keine Sorgen, Daddy“, versuchte ich, ihn zu beruhigen. „Ich bin stärker als du denkst. Diese lächerlichen Streiche gehen mir am Ar... – am Hinterteil vorbei.“

„Ich weiß, dass du stark bist, doch ich will nicht, dass du dich hier unwohl an der Schule fühlst. Vielleicht sollte ich dich in eine andere Schule stecken. Hier bist du eine Zielscheibe, nur weil du meine Tochter bist. In einer anderen...“

„Nein“, warf ich ein. „Ich will nicht schon wieder die Schule wechseln. Das Schuljahr ist ja nicht mehr so lange und dann sind die KINGS weg.“

 

„Bist du sicher?“

„Ja. Ich bin sicher. Ich lasse mich nicht von ein paar Neandertalern davon jagen.“

„Mom wäre so stolz auf dich, wenn sie sehen könnte, was aus ihrem kleinen Mädchen geworden ist“, sagte Daddy warm.

Ein paar Tränen glitzerten in seinen Augen, wie immer, wenn die Sprache auf meine Mutter kam. Ich wusste, dass sie die Liebe seines Lebens gewesen war. Deswegen hatte er auch nicht wieder geheiratet. Mom und Dad waren High School Sweethearts gewesen. Sie hatten nur ein Jahr nach dem High School Abschluss geheiratet. Ich musste meine eigenen Tränen unterdrücken.

„Ich werde das Ganze schon überleben, Daddy. Die KINGS werden sich an mir die Zähne ausbeißen.“

Später am Abend lag ich im Bett und versuchte, mich auf die Geschichte auf meinem Kindle zu konzentrieren, doch meine Gedanken wanderten immer wieder zu Nate. Ich hasste den Mistkerl, doch ich konnte nicht abstreiten, dass da eine gewisse Anziehung war, gegen die ich alles andere als immun war. Ich musste masochistisch veranlagt sein, dass ich so empfand, wenn der Kerl nur darauf aus war, mich zu demütigen und mir wehzutun. Mein Handy klingelte, und ich legte meinen Kindle beiseite, um nach meinem Handy zu greifen, welches auf dem Nachttisch lag. Doch als ich den Namen auf dem Display las, zögerte ich. Paul. Was zum Teufel wollte dieser untreue Bastard von mir? Wenn er dachte, dass ich ihn zurücknehmen würde, dann hatte er sich aber geschnitten. Rose konnte ihn gerne haben. Ich würde niemals in der Lage sein, ihm zu verzeihen, was er getan hatte. Und nach diesem Vertrauensbruch würde ich ihm erst recht nicht meine V-Karte geben. Nein, er verdiente so eine Ehre nicht. Irgendwann, vielleicht auf dem College, würde ich einen netten, verständnisvollen Typ kennenlernen, der zu schätzen wusste, dass ich nicht sofort meine Beine breit machte. Ich wollte nicht glauben, dass es heutzutage keine anständigen Kerle mehr gab. Es musste sie geben. Ich musste nur die Augen offen halten. In der Zwischenzeit hatte ich keine Probleme damit, weiter auf Mr. Right zu warten. Ich hatte keine Ahnung, warum andere Teenager es so eilig hatten. Mit Jungen konnte ich es ja noch verstehen. Wenn sie Druck auf den Eiern hatte, dann war das vielleicht genug, um sie dazu zu treiben, sich ein Mädchen zu suchen, die ihnen half, den Druck abzubauen. Doch bei Mädchen? Wo war da der Druck? Ich verspürte ihn jedenfalls nicht. Ja, wenn ich Paul geküsst hatte, dann hatte sich das angenehm angefühlt und ein paar Schmetterlinge waren auch involviert gewesen, doch wirkliche Erregung hatte ich nie verspürt.

Hast du wohl, warf meine innere Stimme ein. Du warst erregt, als Nate dich gegen die Wand gepresst hat.

Uargh, ja das stimmte. Ich musste das leider zugeben. Es wäre verlogen, das abzustreiten. Die Frage war, warum ich auf die Nähe eines drogendealenden gemeinen Kerls wie Nate reagierte und Paul, der immer sanft und zärtlich gewesen war, hatte nie solch eine Reaktion bei mir ausgelöst. Vielleicht hatte ich unbewusst gespürt, was für ein betrügerischer Arsch er war. Doch warum ich auf Nate reagierte, blieb noch immer ein Rätsel. Und würde es wahrscheinlich auch immer bleiben. Und ich würde diesen unerwünschten Gefühlen niemals nachgeben. Nicht, dass ich damit rechnete, dass ich die Gelegenheit haben würde. Nate konnte jedes Mädchen haben und er hasste mich. Es gab absolut keinen Grund, warum er an mir interessiert sein würde. Die Erkenntnis beruhigte mich ein wenig. Wenn er mich nicht wollte, dann würde meine Selbstbeherrschung nie auf die Probe gestellt werden.

Als ich am nächsten Morgen meinen Spind öffnete, stieg mir ein fürchterlicher Gestank entgegen. Ein paar Kids, die zu nahe standen, fingen an zu würgen und flohen. Auch mir drehte sich der Magen um bei dem Gestank, doch ich musste erst einmal herausfinden, woher der Gestank kam, und was ich tun konnte, um ihn zu beseitigen. Nicht, dass ich dieser Aufgabe mit Vergnügen entgegensah.

„Iiieeehh, Wilson, was hast du denn in deinem Spind, das so stinkt?“, fragte ein Mädchen. „Hast du deine Sportsocken da drin, oder was?“

Ein paar Schüler lachten, doch alle hielten Abstand genug, um von dem Gestank nicht belästigt zu werden. Ich versuchte, so flach wie möglich zu atmen, als ich mich in den Schrank beugte, um ihn zu untersuchen. Wie sich herausstellte, musste jemand eine Stinkbombe hinein getan haben. Die stinkende Flüssigkeit war in zwei meiner Bücher gesunken und in den Schal, der meiner Mutter gehört hatte. Die Bücher waren mir egal. Ich würde sie wegschmeißen und neue besorgen. Doch der Schal meiner Mutter war eine Erinnerung, an der ich sehr hing. Tränen stiegen mir in die Augen. Ich konnte nur hoffen, dass ich den Gestank irgendwie heraus waschen konnte. Ich nahm die Bücher, die nicht mehr zu retten waren und schmiss sie in den Müll. Mein Blick fiel auf Nate, der wieder einmal in der Nähe stand, um zu sehen, wie ich auf seinen Streich reagieren würde. Er grinste, als wir uns gegenseitig in die Augen sahen. Gott! Ich hatte noch nie jemanden so gehasst. Selbst Paul hasste ich nicht so wie diesen miesen Bastard, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, mich zu brechen. Entschlossen, ihm nicht die Genugtuung zu geben, verhärtete ich meine Miene und wischte die Tränen fort. Dann wandte ich mich ab und fuhr damit fort, meinen Spind von dem Gestank zu reinigen.

Nate

Ich mochte die Tränen in ihren Augen. Es schien, als wenn ich sie diesmal mehr getroffen hatte als mit den Windeln. Ich hatte sie genau beobachtet und ich vermutete, dass der ruinierte Schal sie viel mehr getroffen hatte als die ruinierten Bücher. Der Schal schien ihr etwas zu bedeuten. Gut zu wissen. Falls sie es schaffen sollte, den Schal irgendwie zu retten, würde ich ihn verbrennen. Oder in Stücke schneiden. Sie hatte uns verraten und ich würde dafür sorgen, dass sie für ihr Vergehen leiden musste. Keine Gnade für die graue Maus.

Den Rest des Schultages sah ich meine Mouse nicht mehr. Ich hatte keine Ahnung, ob sie nach Hause geflohen war, um sich unter ihrer Bettdecke zu verkriechen und zu heulen, oder ob sie es geschickt geschafft hatte, mir auszuweichen. Wilson hatte uns einen weiteren Tag Nachsitzen aufgebrummt, doch Ian war nicht anwesend. Wenn das so weiter ging mit ihm, dann würde ich ein ernstes Wort mit ihm wechseln müssen. Ich hatte keine Ahnung, was mit ihm los war. Wenn er Probleme hatte, dann konnte er zu uns kommen. Er wusste das. Wozu waren Freunde da, wenn sie einem nicht in der Not halfen? Doch er hatte sich weder mir, noch einem der anderen KINGS anvertraut. Ich wusste, dass er zu Hause Probleme hatte, wie wir alle, doch das war nichts Neues. Was konnte den plötzlichen Wandel bei ihm ausgelöst haben?

„Hast du irgendwas Neues über das Mädchen herausgefunden?“, fragte ich, mich zu Gregory beugend.

„Nicht viel. Ich hab ihr Foto ein paar Mal im Netz gefunden, doch nichts, was auf ihre Identität schließen lässt“, antwortete Gregory.

„Kannst du ins Polizeinetz hacken. Vielleicht hat sie eine Akte bei denen.“

„Ist nen Versuch wert“, stimmte Gregory zu. „Ich mach das gleich, wenn ich zu Hause bin.“

„Okay. Halt mich auf dem Laufenden. Dass Ian nicht zum Nachsitzen erschienen ist, gefällt mir nicht. Es scheint, als wenn er einen Scheiß darauf gibt, ob er den Abschluss schafft oder nicht.“

„Ja, du hast recht. Ich werde sehen, was ich herausfinden kann. – Denkst du, wir sollten ihn einfach drauf ansprechen?“

„Seth hat schon mal vorsichtig versucht“, erwiderte ich. „Er hat Ian gestern gefragt, ob alles in Ordnung ist.“

„Und was hat Ian geantwortet?“

„Dass Seth sich aus seinen Angelegenheiten raus halten soll.“

Gregory stieß einen leisen Pfiff aus.

„Wow. Das klingt überhaupt nicht nach Ian.“

„Ganz meine Meinung. Etwas stimmt nicht mit ihm und ich werde nicht eher ruhen, bis ich herausgefunden habe, was los ist.“

Als ich nach Hause kam, stand Dads Limo in der Auffahrt. Das hatte mir noch gefehlt. Was zum Teufel mochte er hier wollen? Und das so kurz nach dem Familien-Dinner. Ich überlegte, ob ich den Wagen wenden und mich verpissen sollte, doch ehe ich etwas Derartiges tun konnte, öffnete sich die Haustür, und Mom erschien auf der Schwelle.

„Komm schon, Nate. Willst du im Auto übernachten? Dad ist hier, um mit dir zu reden. Na los! Zack, zack! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“

Leise vor mich hin fluchend stellte ich den Motor ab und stieg aus. Mit meinem Rucksack über die Schulter geschlungen, stapfte ich auf die Eingangsstufen zu. Ich hatte kein gutes Gefühl. Was immer mein Dad mit mir besprechen wollte, ich war mir ziemlich sicher, dass es mir nicht gefallen würde. Hatte Wilson etwa mit Dad gesprochen? Fuck! Fuck! Fuck! Wenn das der Fall war, dann konnte ich mich auf die Hölle gefasst machen. Ich versuchte, so viel Zeit wie möglich zu schinden, als ich meine Schuhe und Jacke auszog und meine Frisur vor dem Spiegel richtete, doch Mom wurde ungeduldig und schob mich in Richtung Wohnzimmer. Dad stand vor dem Kamin und starrte in die Flammen. Obwohl weder Mom noch ich irgendwelchen Laut von uns gaben, drehte er sich sofort um, als wir den Raum betraten. Ich versuchte, in Dads Gesicht zu lesen, was Sache war. Seine Miene war neutral. Es brauchte eine Menge, um meinen Dad dazu zu bringen, Gefühle auf seinem Gesicht zu zeigen. Doch für gewöhnlich konnte ich etwas in seinen Augen sehen. Diesmal sah ich nichts. Das konnte ein gutes Zeichen sein. Vielleicht war sein Anliegen nichts Ernstes. Es konnte aber auch das totale Gegenteil bedeuten. Wenn mein Dad wirklich außer sich war, dann schaltete er manchmal alle seine Emotionen ab, wie ein verdammter Roboter. Ich hoffte inständig, dass die erste Möglichkeit heute zutraf.

„Dad“, grüßte ich. „Ich muss sagen, ich bin überrascht, dich so schnell nach dem Dinner hier zu sehen.“

Ich gab ebenfalls keinerlei Gefühlsregung preis. Ich hatte von meinem Vater gelernt, wie man das tat. Wenngleich ich auch nicht so gut darin war wie mein Vater. Dad kam ein paar Schritte näher, dann ließ er sich in einen Sessel sinken und schlug ein Bein über das andere. Er lehnte sich lässig in seinem Sitz zurück, beide Arme auf den Armlehnen platziert.

„Setz dich, Sohn.“

Innerlich rebellierte ich gegen die Idee, eine Unterhaltung über weiß Gott was mit meinem Dad zu führen, wenn ich andere Probleme zu lösen hatte. Doch ich schluckte meinen Ärger und setzte mich, äußerlich so ruhig und gelassen wie Dad.

„Was gibt es, Dad?“

„Wie lange ist dieses Mädchen, mit dem du zusammen warst, jetzt tot?“

Ich runzelte die Stirn. Was für eine Frage war das denn, bitteschön? Wieso wollte er über Bethany und ihren Tod reden? Dads Blick wurde streng, als ich nicht antwortete.

„Drei Monate“, brachte ich gepresst hervor. „Was hat ihr Tod mit dem zu tun, weswegen du den ganzen Weg hierher gemacht hast?“

„Drei Monate“, wiederholte Dad wie zu sich selbst. „Nicht lange, doch du bist jung. Junge Leute kommen schneller über Verlust hinweg.“

Ich bedachte meinen Vater mit einem harten Blick. Worauf; zum Teufel noch mal; wollte er hinaus? Mir gefiel die Richtung nicht, die dieses Gespräch nahm. Dads Blick fand mich erneut und wir starrten uns gegenseitig nieder. Ich war dieses Kräftemessen mit meinem alten Herrn gewohnt. Dad war kein Mann, dem man widersprach oder herausforderte. Doch ich war meines Vaters Sohn. Und ich war kein kleiner Junge mehr.

„In sechs Wochen ist dein Geburtstag. Ich denke, das ist ein guter Zeitpunkt, um deine Verlobung bekannt zu geben.“

„MEINE WAS?“, schrie ich, aus meinem Sessel aufspringend. Ich starrte meinen Vater drohend an. „Ich muss mich wohl verhört haben. Für einen Moment hab ich gedacht, etwas von einer Verlobung gehört zu haben. Doch ich muss mich wohl irren, denn ich habe kein Mädchen, mit dem ich mich verloben könnte.“

„SETZ DICH!“, bellte Dad scharf.

„Dieses Gespräch ist beendet“, sagte ich, mich auf dem Absatz umdrehend.

Zwei Gestalten traten vom Foyer in den Raum und blockierten den Weg, als ich das Wohnzimmer verlassen wollte. Es waren Dads Bodyguards. Zwei Fleischberge, an denen absolut kein vorbei kommen war. Wütend wandte ich mich auf den Absatz um und starrte Dad an.

„Setz dich wieder hin“, sagte Dad ruhig, doch die leise Drohung in seiner Stimme war unmissverständlich. „Wir sind noch nicht fertig.“

„Dad, ich weiß nicht, was du glaubst hier zu erreichen, doch ich werde mich nicht verloben.“

 

„Wenn du dich nicht fügst, stehst du an deinem Geburtstag vor der Tür. Mittellos. Weder ich, noch deine Mutter, werden dich länger unterstützen.“

Die Wut, die ich verspürte, brodelte in meinen Adern und ich hatte gute Lust, meinen Vater zu Brei zu schlagen. Das Problem war nur, dass ich mir nicht sicher war, wer gewinnen würde. Dad war noch immer in guter Form. Und dann waren da die beiden Gorillas hinter mir.

„Und wie bitteschön soll ich mich in sechs Wochen verloben, wenn ich nicht einmal ein Mädchen habe?“, knurrte ich.

„Du wirst deine Zukünftige heute kennenlernen“, erwiderte Dad gelassen. „Du wirst sie zum Essen ausführen. Ich habe einen Tisch für zwei im Rendezvous für euch reserviert. Meine Limo wird dich um sieben Uhr abholen.“

Ich starrte Dad ungläubig an.

„Wie bitte?“

„Du hast mich gehört, Sohn, also beleidige meine Intelligenz nicht, indem du dich blöd stellst. Ich erwarte, dass du dich von deiner besten Seite zeigst. Valerie ist ein hübsches Mädchen aus gutem Hause und die perfekte Ehefrau für dich.“

„Und was für einen Vorteil hast DU von dieser Liaison?“, fragte ich spöttisch.

„Das sagte ich bereits. Sie ist aus gutem Hause.“

„Beleidige nicht MEINE Intelligenz. Was für eine Familie, Dad?“

„Sie ist eine Montclaire.“

„Natürlich“, erwiderte ich sarkastisch. „Eine Montclaire.“

„Sie ist perfekt, Nate. Ich erwarte, dass diese Verbindung zustande kommt. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“

„Kristallklar“, knurrte ich finster.

„Gut“, erwiderte Dad, sich aus seinem Sessel erhebend. „Dann wäre die Sache ja geklärt.“ Er glättete seinen Anzug, ehe er mich ansah. „Vergiss nicht. Sieben Uhr. Gib dir Mühe! Oder...“ Sein Blick wurde hart wie Stahl. „Ich muss dir nicht noch mal erklären, was geschieht, wenn du dies verbockst, nicht wahr?“

Anstelle einer Antwort gab ich meinem alten Herrn einen mörderischen Blick. Ich hatte keine Zweifel, dass mein Vater es tot ernst meinte. Er würde mich vor die Tür setzen und alle meine Geldmittel streichen, wenn ich mich weigerte, nach seiner Pfeife zu tanzen. Es gab keinen Ausweg. Zumindest konnte ich so schnell mit keinem daher kommen. Doch ich würde. Ich musste. Das Letzte, was ich wollte, war mich mit irgend so einer High Society Schlampe zu verloben.

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