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Ein alternativer Methylspender

SAM ist nicht alleinig als Methylspender geeignet. 1973, 1974 und 1975 wurde vermehrt über die Möglichkeit einer N-Methylierung von Indolethylaminen mittels 5-Methyltetrahydrofolat (5-MTHF, Transport- und Speicherform der Folsäure, »Metafolin«) berichtet. (Banerjee und Snyder 1973; Hsu und Mandell 1973; Laduron et al. 1974; Guchhait 1975) 5-MTHF ist das aktive Stoffwechselprodukt der Folsäure und damit auch eine endogene Substanz im Menschen. 5-MTHF kann in Verbindung mit Transmethylierungsenzymen in Blutplättchen aus Tryptamin Harmane (Beta-Carboline) bilden. (Barchas et al. 1974) Im Laborversuch und bei enzymatischer Vorbehandlung baute 5-MHTF aus Tryptamin auch Tryptolin, also Tetrahydronorharman oder Tetrahydro-β-Carbolin. (Wyatt et al. 1975) 5-MTHF ist außerdem an der Bildung der Aminosäure Methionin beteiligt, die wiederum SAM als Metaboliten hervorbringt. (Miller 2008) Eine ausführliche Übersicht über 5-MTHF findet sich in Barker et al. 1981.

Und die Forscher entdeckten noch einen weiteren Faktor, der an der körpereigenen Produktion bzw. Regulation von DMT und Verwandten Anteil hat: Es gibt nämlich in Mensch und Tier auch Substanzen, die INMT hemmen und deshalb INMT-Inhibitoren48 genannt werden. (Lin et al. 1974; Wyatt et al. 1973) Der US-amerikanische Wissenschaftler Richard Jed Wyatt hatte mit seiner Forschungsgruppe die INMT-Aktivität in menschlichem Blut untersucht und dabei festgestellt, dass es einen Hemmer dieser Methyltransferase in der Körperflüssigkeit gibt. Die Forscher verglichen die INMT-Aktivität im Blut von normalen gesunden Menschen mit den Werten von psychotisch Erkrankten. Sie konnten in den roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und im Plasma keine Unterschiede feststellen, wohl aber ließ sich bei den Schizophrenen ein erhöhter Level aktiver Methyltransferase in den Blutplättchen messen. (Wyatt et al. 1973) »Der Unterschied in der Aktivität ging jedoch gegen Null, wenn die Blutplättchen der gesunden Probanden vorher dialysiert wurden.« (Barker et al. 1981) Wyatt und Kollegen gingen davon aus, dass der festgestellte Unterschied zwischen gesunden und erkrankten Menschen nichts mit einer quantitativen Differenz der Methyltransferase zu tun habe, sondern eher mit einem unterschiedlichen Level von INMT-Inhibitoren – oder mit einer anderen Substanz, die im normalen Menschen mit für die DMT-Biosynthese verantwortlich sein könnte und dem psychotischen Patienten fehlt. (Wyatt et al. 1973)

In einer folgenden Studie untersuchten Wyatt und seine Gruppe die INMT-Aktivität von eineiigen Zwillingen mit und ohne Schizophrenie. Das Ergebnis: Die schizophrenen Probanden wiesen einen erhöhten, die gesunden Zwillingsgeschwister einen normalen Level an INMT-Aktivität auf.49 Wyatt und seine Kollegen folgerten aber, dass diese Erhöhung nicht auf genetische Abnormalitäten, sondern auf äußere Einflüsse wie emotionalen Stress und Umweltbelastungen zurückzuführen ist. (Wyatt et al. 1973b) Das scheint auch gar nicht so weit hergeholt, immerhin belegten drei Studien von 1977 bis 1979, dass der Level an endogenem DMT in Gehirn und Nebenniere bei Ratten ansteigt, wenn sie unter Stress gesetzt werden. (Barker et al. 1981) Das weist darauf hin, dass es einen Mechanismus geben könnte, der bei Stress den Level an INMT-Aktivität anhebt. (Christian et al. 1977; Beaton und Christian 1978; Harrison und Christian 1979)

Die Transmethylierungshypothese

Die »Transmethylierungshypothese bei Schizophrenie« wurde von Abram Hoffer und Humphry Osmond aufgestellt und besagt, dass die Enzyme, die im Körper für den Umbau endogener Indolethylamine in psychedelische Moleküle verantwortlich sind, auch die Ursache für psychotische Symptome sein könnten. (Hoffer und Osmond 1968) »Diese Transmethylierungshypothese wurde in die Diskussion gebracht, nachdem bekannt geworden war, dass die Übertragung einer Methylgruppe auf jede der Hydroxylgruppen des Noradrenalins eine Meskalin-ähnliche Substanz zum Resultat hat.« (Rosengarten und Friedhoff 1976)

Einen Überblick über Studien zur Transmethylierungshypothese bieten Ross J. Baldessarini, Giorgio Stramentinoli und Joseph F. Lipinski mit ihrem Artikel »Methylation Hypothesis« Ende der Siebzigerjahre. (Baldessarini et al. 1979)

Der Kollege Reng-Lang Lin und seine Forschungsgruppe hatten herausgefunden, dass die Aktivität der INMT sich bei neugeborenen Kaninchen zwischen dem 15. und 19. Tag maximal erhöht. Mit zunehmender Reife sinkt diese Aktivität dann wieder ab, um im Erwachsenenalter auf einem konstanten Level zu verbleiben. Der Rückgang der INMT-Aktivität wurde von den Forschern auf den entsprechenden körpereigenen Hemmer zurückgeführt. (Lin et al. 1974) Dies wurde drei Jahre später bestätigt. (Marzullo et al. 1977) Damit im Zusammenhang hatte eine andere Studie aus den Achtzigern mit neugeborenen Ratten außerdem gezeigt, dass DMT direkt nach der Geburt in geringer Menge im Organismus der Tiere vorhanden ist, am zwölften Tag jedoch deutlich ansteigt, bis Tag 31 auf diesem Level verbleibt und danach für den Rest des Lebens wieder absinkt. (Beaton und Morris 1984)

Eine Forschungsgruppe um den US-amerikanischen Pharmakologen Nedathur Narasimhachari beschrieb 1974 einen identifizierten INMT-Hemmer im Zirbeldrüsengewebe beim Rind (Narasimhachari et al. 1974), nachdem bekannt geworden war, dass Schizophrene mit einem Extrakt der Rinderzirbeldrüse erfolgreich behandelt werden können (Barker et al. 1981). Durch weitere Analysen kam man auf die Idee, dass die INMT-Aktivität von körpereigenen Peptiden reguliert werden könnte, deren Produktion bzw. Ausschüttung bei Schizophrenen beispielsweise bei Stress verringert sei (Wyatt et al. 1973c). Eine andere Studie kam zu dem Ergebnis, dass die INMT-Aktivität in menschlichem Blutplasma während der Tiefschlafphase (Non-REM-Schlaf) und während der Aufwachphase erhöht sein kann, was auf einen variablen Regulationsmechanismus hindeutet. (Strahilevitz et al. 1977)

Es gibt einen Regulationsmechanismus, der von den Substraten ausgeht, die für eine Transmethylierung erforderlich sind. So entsteht aus dem Methylspender S-Adenosylmethionin (SAM) nach dem Transfer von dessen Methylgruppe eine Substanz namens S-Adenosylhomocystein (SAH), die ein potenter Hemmer der INMT und anderer Methyltransferasen ist. (Barker et al. 1981; Borchardt 1975; Lin et al. 1973; Lin et al. 1974; Lin and Narasimhachari 1975) Auch über die INMT-Hemmung durch DMT und andere N,N-dimethylierte Indolalkaloide (Lin et al. 1974; Lin und Narasimhachari 1975) sowie durch N-Methyltryptamin (NMT) und Tryptamin wurde berichtet (Mandel et al. 1973; Wyatt et al. 1973). Weitere INMT-Inhibitoren finden sich unter den synthetischen Verbindungen und klinischen Pharmaka, z. B. Chlorpromazin und einige von dessen Stoffwechselprodukten. (Axelrod 1962; Wyatt et al. 1973; Narasimhachari und Lin 1974; Lin et al. 1974; Sangiah und Domino 1977) Als drei der wichtigsten und therapeutisch wertvollsten pharmazeutischen INMT-Hemmer stellten sich die Substanzen Diazobicyclononen (DBN), N,N‘-bis-(3-methyl-2-thiazolidinyliden)succinimid und 2-Imino-3-Methylthiazolidin heraus. (Mandel 1976; Mandel et al. 1978)

Michael S. Jacob und David E. Presti hatten 2005 das für die Decarboxylierung des Tryptophan in Tryptamin verantwortliche Enzym AADC nochmals unter die Lupe genommen: »Wir haben die Erforschung der Aktivität von INMT und AADC überprüft und verdeutlicht, dass deren Anteil an der DMT-Biosynthese biochemisch sehr einleuchtend ist. Wir können uns zudem vorstellen, dass DMT eine große Rolle im Spurenamin-System spielt. Eine unserer Hypothesen ist, dass ein erhöhter DMT- oder Tryptamin-Level im Körper die Ausprägung von Psychosen eher hemmt als verstärkt.« (Jacob und Presti 2005) Auf die Rolle der Spurenaminrezeptoren (und anderer Rezeptoren) und deren Assoziation mit den endogenen Psychedelika kommen wir im Kapitel »Pharmakologie: Was macht DMT im Körper?« zu sprechen.

Studien zusammengefasst

Eine Übersicht über die Studien, die sich mit der Biosynthese von endogenen psychedelischen Tryptaminen per Methylierung befasst haben, liefern Helen Rosengarten und Arnold J. Friedhoff in »A Review of Recent Studies of the Biosynthesis and Excretion of Hallucinogens formed by Methylation of Neurotransmitters and related Substances« (Rosengarten und Friedhoff 1976).

Eine Zusammenfassung der Untersuchungen zu einer erhöhten Aktivität der INMT bei Schizophrenen gaben J. Christian Gillin vom US-amerikanischen NIMH und Kollegen. (Gillin et al. 1978)

Die Laborsynthese

Die Laborsynthese von DMT, 5-MeO-DMT, Bufotenin, DET, DPT usw. ist nur mit entsprechender Genehmigung legal und dem Chemiker vorbehalten. »In einem Labor DMT herzustellen, ist nicht weiter kompliziert. Ein halbwegs geschickter Chemiker mit etwas Erfahrung kann die Substanz ohne großen Aufwand innerhalb von einigen Tagen produzieren. Nicht die Abläufe dieses Herstellungsprozesses sind es, die Schwierigkeiten bereiten, sondern der Bezug der notwendigen Grundbestandteile oder Ausgangssubstanzen. Die Rauschgiftbehörden überwachen jede Beschaffung und alle Lieferungen dieser Ausgangsstoffe sehr genau, und für den Erwerb irgendwelcher Substanzen, die sich in eine bekannte psychedelische Droge umwandeln lassen, ist eine spezielle Genehmigung erforderlich.« (Strassman 2004: 82)

Peter Stafford beschreibt den groben Vorgang: »Oft beginnt man bei der Produktion von DMT mit Klarflüssigkeiten – Oxalylchlorid und Äthyläther und einem Indol. Ersteres ist eine instabile Substanz, die angemessenerweise in einen daraufhin versiegelten Glasbehälter kommt. Dieser wird dann in bestimmten Intervallen geschüttelt. Anschließend wird dem Inhalt eine Mixtur aus Äther und dem Indol beigemischt und schon ist der Raum (…) mit rötlichgoldenen Rauchschwaden erfüllt. Der Rauch ist beißend und möglicherweise giftig.

 

Haben sich die Wolken verzogen und ist die Flüssigkeit regelrecht verdunstet, hat man dann die schönen goldenen Kristalle vor Augen. Werden nun weitere Agentien hinzugefügt, sodass sich eine milchige Flüssigkeit bildet, stehen wir kurz vor einer weiteren Kristallisierung. Die gewonnenen Kristalle werden in der Folge durch Erhitzen und weitere Manipulationen wieder in einen Brei verwandelt, der nach zusätzlichen Reaktionen im Erlmeyerkolben bei transmittierendem Licht in orangefarbenes, bei Reflektorenlicht in blau fluoreszierendes Öl umschlägt.« (Stafford 1980: 310f.) Die detaillierten Synthesewege sind in der Fachliteratur verfügbar, z. B. auf Englisch in Alexander und Ann Shulgins »TiHKAL« (1997) und auf Deutsch in Daniel Trachsels »Psychedelische Chemie« (2011).


Die DMT-Synthese nach dem Witten-Imhausen-Verfahren.

38 Ein für die DMT-Biosynthese wichtiges Enzym, das später noch ausführlich besprochen wird.

39 Persönliche Mitteilung 17.10.2016

40 Steven Barker im Film »DMT – The Spirit Molecule« von Mitch Schultz, siehe Seite 367.

41 Eine Methylgruppe besteht aus einem Kohlenstoff- und drei Wasserstoffatomen.

42 Interessanterweise ist dieses Enzym auch in der Lage, Phenethylamine wie Meskalin, Dopamin usw. zu methylieren. (Axelrod 1961)

43 S-Adenosyl-L-methionin; S-(5’-Desoxyadenosin-5’)-methionin

44 Es gibt viele weitere Methyltransferasen, die auch in Mensch und Tier vorkommen, z. B. die 1964 von Wurtman et al. in der Zirbeldrüse von Ratten entdeckte Histamin-N-methyltransferase (HNMT), die Nikotinamid-N-Methyltransferase (NNMT) und die Phenylethanolamin-N-methyltransferase (PNMT). Die Hydroxyindol-O-Methyltransferase (HIOMT), die an der Biosynthese von Melatonin beteiligt ist, wurde von Axelrod und Weissbach 1961 auch in der Zirbeldrüse von Ratten nachgewiesen.

45 RNA = engl. ribonucleic acid, dt. Ribonukleinsäure (RNS); wissenschaftlich wird oft der englische Begriff verwendet, analog zu DNA/DNS (Desoxyribonukleinsäure).

46 J. Axelrod: Science 134, 343 (1961); J. Pharmacol. Exp. Ther. 138, 28 (1962).

47 Methionin ist eine Aminosäure, die am DMT-Stoffwechsel beteiligt ist; siehe weiter unten.

48 Inhibitor = Hemmer; lat. inhibeo = zurückhalten, anhalten

49 Bei Schizophrenen ist übrigens auch die Aktivität des Enzyms AADC erhöht, wohingegen die Aktivität des Monoaminooxidase-Enzymsystems (MAO) verringert ist. (Reith et al. 1994; Davis et al. 1982)

Endogene Dimethyltryptamine und Verwandte im Menschen

»1965 stellte sich heraus, dass DMT, Tryptamin und 5-Hydroxy-N,N-Dimethyltryptamin (Bufotenin) gewöhnliche Bestandteile des menschlichen Urins und Blutes sind.«

Jacob und Presti (2005)

Der menschliche Körper ist ein wahrhaftiger Psychedelika- und Tryptaminproduzent. Wir tragen nicht nur Tryptamin, Serotonin und Melatonin in uns, sondern auch DMT, 5-MeO-DMT und Bufotenin sowie eine Reihe anderer Tryptamine.

Als Erstes wurde 5-HO-DMT, also Bufotenin, im menschlichen Harn nachgewiesen. F. Merlin Bumpus und Irivine H. Page aus der Forschungsabteilung der Cleveland Clinic Foundation und dem Frank E. Bunts Educational Institute, Cleveland, Ohio, publizierten 1955 zum ersten Mal den Nachweis von Bufotenin zusammen mit Serotonin und N-Methylserotonin (5-Hydroxy-N-Methyltryptamin, HNMT, Norbufotenin) im menschlichen Urin. (Bumpus und Page 1955) Die Forscher hatten Urinproben auf Serotonin-ähnliche Verbindungen hin untersucht. Danach arbeiteten weitere Forscher über Bufotenin im Harn des Menschen, z. B. der britische Biochemiker und Neurowissenschaftler Richard Burnard Rodnight (1956), der ungarische Neurologe und Psychiater Edmundo Fischer und Kollegen (1961a, 1961b sowie 1967, 1970 zusammen mit H. Spatz, und 1971), der US-amerikanische Biochemiker und Neuropsychopharmakologe Aaron Feldstein vom American College of Neuropsychopharmacology und Kollegen (1961), der Mediziner und Pharmakologe Thomas L. Perry von der University of British Columbia und Kollegen (1962) und viele andere.

Die US-amerikanischen Mediziner, Biochemiker und Pharmakologen Guenter G. Brune, Herbert H. Hohl und Harold E. Himwich wiesen 1963 als Erste N,N-DMT zusammen mit Bufotenin in menschlichem Urin nach (Brune et al. 1963), gefolgt von Thomas L. Perry, der 1963 ebenfalls DMT und Bufotenin in menschlichem Urin entdeckte. Zwei weitere Studien bestätigten die Anwesenheit dieser beiden Dimethyltryptamine in Harn (Sprince et al. 1963; Perry und Schroeder 1963), bevor die Substanzen erstmals auch in menschlichem Blut gefunden wurden. 1965 publizierten die deutschen Wissenschaftler Franz Franzen und H. Gross im renommierten Nature-Magazin ihre Erkenntnisse über körpereigenes DMT, Bufotenin, 5-Methoxy-Tryptamin und Tryptamin, das sie in menschlichem Urin und Blut nachgewiesen hatten. (Franzen und Gross 1965) Aufgrund ihrer angewendeten Messmethode, der Fluoreszenzmethode (auch Lumineszenzmethode), die nicht das Maximum des Substanzvorkommens nachzuweisen imstande ist, wurde die Aussagekraft der Studie von Malcom Siegel 1965 aber in Zweifel gezogen. Die Anwesenheit der Verbindungen in menschlichen Körperflüssigkeiten war aber belegt.

»Wenn DMT in der Gehirnchemie eine Rolle als Neurotransmitter oder Ligand spielt, kann das mit künftigen Forschungen einfach herausgefunden werden?« Alexander Shulgin (1997: 278)

»DMT kommt im Menschen in Spurenmengen natürlich vor, über seine Funktion sind sich die Neurobiologen allerdings noch nicht ganz im Klaren.« Daniel Trachsel (2011: 204)

In den darauffolgenden Jahren, von 1965 bis 1967, bestätigten weitere acht Studien, dass Bufotenin und DMT in Urinproben nachweisbar sind, bis 1967 Hitoshi Tanimukai vom Department of Neurochemistry, New York, zum ersten Mal auch 5-MeO-DMT im Urin des Menschen entdeckte. Und zwar zusammen mit N-Methylserotonin, Bufotenin, N-Methyltryptamin und DMT (Tanimukai 1967). Bis 1970 folgten weitere acht Studien mit analogen Ergebnissen.

1970 fanden die Forscher B. Heller und Nedathur Narasimhachari, Professor für Pharmakologie am Medical College of Virginia, und Kollegen erstmals 5-MeO-DMT in menschlichem Blut – zusammen mit DMT und Bufotenin (Heller et al. 1970), ein Jahr später publizierten Narasimhachari, Heller und Kollegen zwei andere Studien über DMT, 5-MeO-DMT und Bufotenin im Urin (Narasimhachari 1971a) und über NMT, DMT und 5-MeO-DMT im Blut von Schizophrenen (Narasimhachari 1971b). Zehn weitere Studien, die bis 1975 durchgeführt wurden, bestätigten die Ergebnisse. (Barker et al. 2012)

Samuel T. Christian und Kollegen wiesen Mitte der Siebzigerjahre 5-MeO-DMT und DMT in der menschlichen Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) nach (Christian et al. 1975), was sich ebenfalls in den Folgejahren bei weiteren Untersuchungen bestätigte. (Corbett et al. 1978; Smythies et al. 1979; Uebelhack et al. 1983)

DMT wird außerdem in der Lunge von Mensch und Tier produziert, womöglich sogar primär und in der höchsten Konzentration. 2005 veröffentlichten Jorma Kärkkäinen vom Helsinki University Central Hospital, Vantaa, Finnland, und seine Kollegen ihren Nachweis von Bufotenin und DMT in menschlichem Nieren- und Lungengewebe. (Kärkkäinen et al. 2005) »Im Lungengewebe findet sich eine hohe Konzentration des Enzyms, das in der Lage ist, Tryptamin und Serotonin zu methylieren. Diese Substanzen sind die Grundstoffe für die Biosynthese von DMT und 5-MeO-DMT im Lungengewebe. Die Frage ist nur, wieso wir dieses Enzym dort haben. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass das Blut DMT aus den peripheren Geweben aktiv ins Gehirn transportiert.« (Steven Barker in: »DMT – The Spirit Molecule«50), denn in der Lunge synthetisiertes DMT wird unter Umgehung des Leberstoffwechsels (der das DMT abbauen würde) direkt ins Gehirn gebracht. Jace Callaway publizierte zudem 1996 einen Artikel über eine Erhöhung des endogenen DMT-Levels in der Lunge bei Hyperventilation. (Callaway 1996a) Damit könnte es sein, dass bei Veränderungen der Lungenphysiologie und Lungenerkrankungen auch die Konzentration des entsprechenden Proteins erhöht und damit die Produktion von DMT beeinflusst wird. Auch der uns alle innenwohnende Flucht-oder-Kampf-Reflex im Fall einer lebensbedrohlichen Situation kann Einfluss auf den körpereigenen DMT-Level nehmen. In Augenblicken großen Stresses kann sich nämlich unsere Atmung drastisch verändern, was wiederum zu erhöhten DMT-Konzentrationen im Hirngewebe führt. »Es gibt einige Hinweise darauf, dass DMT neuroprotektive (nervenschützende) Eigenschaften hat und in körperlich extremen Situationen, die auch die Lungenfunktionen betreffen, unsere Nerven vor Schädigungen bewahrt.« (J. C. 2015) Darüber hinaus könne es aber auch sein, dass DMT in der Lunge noch andere Rollen spielt.51

DIMETHYLTRYPTAMINE IM GEHIRN?

1971 wurde ein In-vitro52-Versuch mit menschlichem Hirngewebe veranstaltet, um herauszufinden, wie und ob dies unter Zugabe von Tryptamin DMT synthetisiert. Das Ergebnis: Hirngewebe produziert tatsächlich DMT aus Tryptamin (Mandell und Morgan 1971) – zumindest im Labor. Die Forscher Juan M. Saavedra und Julius Axelrod berichteten 1972 ebenfalls über die Invivo53-Biosynthese von DMT im Hirngewebe von Ratten aus vorher verabreichtem Tryptamin (Saavedra und Axelrod 1972). Im selben Jahr erschien ein Artikel, der belegte, dass Tryptamin als natürliche Substanz im menschlichen Gehirn vorkommt (Martin et al. 1972), und auch das notwendige Methyltransferase-Enyzm (siehe dazu oben) konnte im Gehirn von Säugetieren und Menschen nachgewiesen werden (Cozzi et al. 2011; Saavedra und Axelrod 1972; Saavedra et al. 1973; Mandell und Morgan 1971). Anfang der Siebzigerjahre hatten der US-amerikanische Psychiater und Neurowissenschaftler Arnold J. Mandell und Marrily Morgan vom Department of Psychiatry, University of California, San Diego, nachgewiesen, dass menschliches Hirngewebe im Labor DMT aus Tryptamin synthetisieren kann (Mandell und Morgan 1971). Auch im Gehirn von Ratten wurde DMT nachgewiesen (Saavedra und Axelrod 1972), sogar in deren Zirbeldrüsen (Barker et al. 2013). Ob DMT aber auch im lebenden menschlichen Gehirn hergestellt wird, weiß man noch nicht sicher, wenngleich es doch sehr wahrscheinlich scheint. »Die Präsenz von DMT im Gehirn ist eine kontroverse Angelegenheit. Manche Forscher sind der Ansicht, dass die Synthese von DMT für das Hirn physiologisch nicht relevant sei (…). Andere können sich vorstellen, dass der DMT-Level in Säugetieren bei Stress ansteigt, wobei das DMT dann als körpereigenes Anxiolytikum54 wirken könnte.« (Burchett 2006)

Wissenschaftliche Arbeiten zum Thema

Eine Zusammenfassung der 69 Studien zu endogenen Dimethyltryptaminen, die von 1955 bis 2010 durchgeführt wurden, ist von Steven Barker, Ethan Hamilton McIlhenny und Rick Strassman 2012 veröffentlicht worden. (Barker et al. 2012) Den Status quo der Erforschung von endogenem DMT bis Anfang der Achtzigerjahre bilden Steven A. Barker, John A. Monti und Samuel T. Christian in ihrem 28 Seiten langen Artikel »N,N-Dimethyltryptamine: An Endogenous Hallucinogen« ab, der im Magazin »International Review of Neurobiology« publiziert worden ist (Barker et al. 1981).

Eine umfangreiche Arbeit zum Metabolismus des DMT- und Beta-Carbolin-haltigen amazonischen Schamanentranks Ayahuasca und dessen Beziehung zu den endogenen Dimethyltryptaminen hat Ethan H. McIlhenny als Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades in Philosophie vorgelegt (McIlhenny 2012).

Verstoffwechselung der Dimethyltryptamine

Der US-amerikanische Chemiker und Neurochemiker Steven A. Barker beschäftigte sich federführend mit DMT als endogener Substanz und fasst im Film »DMT: The Spirit Molecule« den Status quo zusammen: »Wir wissen nicht, wie und wo DMT im Gehirn ausgeschüttet wird, und auch nicht, wie genau die Synthese und der Abbau dieser Moleküle im Organismus reguliert sind. Aber es bietet uns jede Menge Möglichkeiten zur Spekulation, was wiederum zu neuen Studiendesigns führt, mit deren Hilfe wir nach und nach die speziellen Aspekte dieser Moleküle verstehen lernen. Es ist wichtig, die Verstoffwechselung dieser Substanzen zu verstehen. Sie werden im Organismus zu einem Teil in ihre N-oxid-Formen umgebaut (…), die allerdings noch nie in menschlichem Urin oder Blut nachgewiesen wurden – obwohl bekannt ist, dass sie zu den Hauptmetaboliten von DMT, 5-MeO-DMT und Bufotenin gehören. In keiner der Studien wurde nach diesen Stoffwechselprodukten geforscht, aber es wäre wichtig, da Klarheit zu haben. Wird z. B. DMT verabreicht, dann wird ein nur verschwindend geringer Teil von weniger als zwei Prozent davon wieder unverändert ausgeschieden. Die Frage ist: Wo sind die restlichen 98 Prozent? Antwort: Die sind zu Metaboliten geworden, und die sollten wir nachweisen. Andere Metaboliten sind z. B. Tryptamin, N-Methyltryptamin und die Beta-Carbolin-Alkaloide. Der am häufigsten vorkommende Metabolit ist Indol-3-Essigsäure (IES)55.« (Steven Barker in: »DMT – The Spirit Molecule«56)

 

Mitte der Fünfzigerjahre erschien die Publikation der ersten wissenschaftlichen In-vitro-Untersuchung des DMT-Stoffwechsels in der Mäuseleber. Dabei wurde herausgefunden, dass DMT-N-oxid neben Indol-3-Essigsäure der sogenannte Hauptmetabolit, also das hauptsächliche Stoffwechselprodukt des DMT ist. Fish und seine Kollegen wiesen nach, dass DMT in vitro von der Mäuseleber in seine Oxidform und in Indol-3-Essigsäure verstoffwechselt wird. (Fish et al. 1955) Stephen Szára und Julius Axelrod untersuchten eine mit dem MAO-Hemmer Iproniazid57 präparierte Kaninchenleber und wiesen DMT, NMT, 6-Hydroxy-DMT, 6-HO-DMT-N-oxid und DMT-N-oxid als Stoffwechselprodukte nach (Szára und Axelrod 19 5 9)58, im Urin von mit Iproniazid behandelten Ratten fanden sie DMT, NMT, 6-HO-DMT, Tryptamin, 6-Hydroxyindolylessigsäure und Indol-3-Essigsäure. (Ebd.) Steven Barker führte mit Kollegen – ebenfalls mit dem MAO-Hemmer Iproniazid – Forschungen über die Stoffwechselprodukte des DMT im Gehirn und in der Leber von Ratten durch. Sie identifizierten DMT-N-oxid, NMT und Formaldehyd, aber kein 6-HO-DMT. (Barker et al. 1978)

Indol-3-Essigsäure wird wahrscheinlich eher zu einem Großteil per oxidativer Desaminierung59 im Körper gebaut, als dass sie ein Produkt der auf das DMT einwirkenden körpereigenen MAO ist (Barker et al. 1981). Untersuchungen mit DMT am Rattengehirn ergaben folgende Stoffwechselprodukte (Metaboliten): Indol-3-Essigsäure als Hauptmetabolit, daneben N-Methyltryptamin, DMT-N-oxid und das Beta-Carbolin 2-Methyl-THBC. (Barker et al. 1980) Höhere DMT-Konzentrationen ergaben dieselben Stoffwechselprodukte, nur dass nun DMT-N-oxid der Hauptmetabolit war. (Ebd.) Die Verstoffwechselung von DMT-N-oxid ergab als Metaboliten 2-Methyl-THBC, NMT, Indol-3-Essigsäure und DMT. (Barker et al. 1981)

6- HO-DMT (6-Hydroxy-N,N-dimethyltryptamin;

3- [2-(Dimethylamino)ethyl]-1 H-indol-6-ol) ist ein Nebenmetabolit, also ein Stoffwechselprodukt, des DMT im Menschen und im Tier (Szára und Axelrod 1959; Szára 1968b; Barker et al. 1981). Früher hatten Forscher angenommen, 6-HO-DMT sei der Hauptmetabolit des DMT und eventuell sogar für die psychedelische Aktivität verantwortlich. (Szára 1956; Szára und Rockland 1961) »10 mg 6-Hydroxy-DMT bringen mentale Effekte hervor wie 60 mg DMT«, schrieb Ralph Metzner in einem frühen Artikel (Metzner 1963) und bezog sich auf Ergebnisse einer Arbeit von Stephen Szára und Eliot Hearst (Szára und Hearst 1962). Versuche mit Menschen ergaben dann aber, dass die Substanz keine dem DMT ähnlichen halluzinogenen Effekte erzeugt. Im Rahmen einer US-amerikanischen Doppelblindstudie, die mit DMT, 6-HO-DMT und einem Placebo an fünf opiumabhängigen und wegen Drogendelikten verurteilten Probanden durchgeführt wurde, konnte ebenfalls lediglich die Inaktivität des 6-HO-DMT dokumentiert werden. Es wurde festgestellt, dass 6-HO-DMT nicht aktiver ist als das Placebo – und deshalb geschlussfolgert, dass es kein aktiver DMT-Metabolit ist. (Rosenberg et al. 1963 und 1964) Einer der Probanden hatte 0,75 mg/kg KG und vier sogar 1 mg/kg KG der Substanz zugeführt bekommen – keiner der Fünf berichtete von psychoaktiven Effekten, und auch die physischen Reaktionen der Versuchspersonen entsprachen nicht denen, die in der Kontrollgruppe mit N,N-DMT zu verzeichnen waren. (Ebd.; Shulgin und Shulgin 1997: 402f.)

6- HO-5-MeO-DMT soll übrigens deutlich weniger potent sein als 5-MeO-DMT. (Taborsky et al. 1966; Ott 1993: 197)

In-vivo-Studien zum Stoffwechsel des DMT erschienen ab Mitte der Fünfzigerjahre. Die erste Arbeit kam von Vittorio Erspamer, der Indol-3-Essigsäure als DMT-Abbauprodukt im Urin von Ratten identifizierte. Allerdings konnte er im Vergleich zum injizierten DMT-Volumen nur 2,7 % Indol-3-Essigsäure messen (Erspamer 1955). Stephen Szára machte ähnliche Versuche und konnte im Vergleich zum DMT-Volumen 8,3 % Indol-3-Essigsäure in menschlichem Urin messen (Szára 1956). Später fand Szára heraus, dass DMT und auch DET (Diethyltryptamin) auf zwei hauptsächlichen Wegen verstoffwechselt werden: über Dealkylierung und die erwähnte oxidative Desaminierung zu Indol-3-Essigsäure und über 6-Hydroxylierung zu 6-HO-DET (Szára 1961a). Der US-amerikanische Forscher Jonathan Kaplan fand schließlich heraus, dass nur eine verschwindend geringe Menge DMT innerhalb von 24 Stunden unverstoffwechselt über den Urin wieder ausgeschieden wird, bei ihm waren es weniger als 0,16 % einer intramuskulär injizierten Dosis (Kaplan et al. 1974). »Die Forscher fanden außerdem heraus, dass die DMT-Konzentration im Blut innerhalb von 10 bis 15 Minuten nach der Verabreichung ihren Höhepunkt findet und sich dann innerhalb einer Stunde abbaut. Während der gesamten Zeit sind gerade mal 1,8 % der injizierten Dosis im Blut nachweisbar.« (Barker et al. 1981) Eine Studie von J. Christian Gillin vom US-amerikanischen National Institute of Mental Health (NIMH) und seiner Forschergruppe bestätigte die Ergebnisse Kaplans und ergänzte, dass die DMT-Konzentration im Blut nach 45 bis 120 Minuten rapide abfällt, bis sie schließlich nicht mehr messbar ist. (Gillin et al. 1976)

In den Siebzigerjahren beschrieben Forscher auch die Verstoffwechselungswege, als Erstes bei Ratten. Demnach wird DMT bei den Nagern rasch von der Bauchhöhle absorbiert und über Plasma, Leber und Gehirn freigesetzt. Es wurde eine schnelle Verstoffwechselung festgestellt, die innerhalb von 30 Minuten abgeschlossen war. Der Höhepunkt der DMT-Verteilung war nach fünf Minuten erreicht, hielt sich weitere fünf Minuten auf dem Plateau, um dann rapide bis zur Unmessbarkeit abzufallen. (Cohen und Vogel 1972) Die Forscher wiesen bei der Ratte ein Gehirn-zu-Plasma-Verhältnis an DMT von 4 zu 5, woraus sie folgerten, dass das DMT in der Ratte aktiv zum Gehirn transportiert wird. (Ebd.) Eine andere Untersuchung, die ein Jahr später publiziert wurde, ergab ein Gehirn-zu-Plasma-Verhältnis an DMT von 4 zu 1. (Shah und Hedden 1978)

Melissa M. Gomes vom Department of Clinical Chemistry and Toxicology an der Universität São Paulo (Brasilien) untersuchte mit einer Forschergruppe die Biosynthese von DMT in der menschlichen Melanom-Zelllinie60 SK-Mel-147 und dessen Stoffwechsel vermittels Peroxidasen. Peroxidasen sind bestimmte Enzyme, die in allen Lebensformen vorkommen und z. B. für die Immunabwehr wichtig sind und auch bei der körpereigenen Herstellung des Schilddrüsenhormons Thyroxin eine Rolle spielen. Im Menschen wurden bisher 17 verschiedene Peroxidase-Typen nachgewiesen. In der Forschung wird u. a. eine pflanzliche Peroxidase als Markerenzym verwendet, nämlich die Meerrettichperoxidase CA 1 (Armoracia rusticana), um beispielsweise spezifische Stoffwechselreaktionen zu untersuchen. In diesem Fall galt die Aufmerksamkeit dem DMT. Die Forscher um Melissa Gomes entdeckten eine metabolische Wechselwirkung zwischen DMT und einer SK-Mel-147-Zellkultur, die darüber hinaus Peroxidase-Aktivität aufwies. Beimpften die Forscher die Zellkultur mit DMT, ergaben sich Hydroxy-DMT und Indol-Essigsäure. Ferner fanden Gomes und Kollegen heraus, dass die Oxidation von DMT in Zellen durch Peroxidasen gefördert wird. Die Studie hat gezeigt, dass es einen möglichen alternativen Weg der Verstoffwechselung von DMT mittels Peroxidasen im Menschen gibt. Außerdem fanden die Forscher DMT und dessen Stoffwechselprodukte in Hautkrebszellen. »Die Ausweitung dieser Entdeckungen auf andere Zelltypen und die Hinterfragung des biologischen Einflusses von DMT und seiner Metaboliten auf die Bildung und Funktion von Zellen sind Schlüsselfragen für künftige Untersuchungen.« (Gomes et al. 2014)