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Beim Melken von Kröten muss man sehr vorsichtig sein und sollte es nur wagen, wenn man die Technik auch wirklich beherrscht. Ein Tier zu verletzen, um sich selbst eine psychedelische Erfahrung zu ermöglichen, sollte ein bedingungsloses Tabu sein. Das findet auch Ralph Metzner: »Um eine ehrenhafte, ethische Haltung gegenüber einem anderen Mitglied des Tierreichs zu wahren, möchte ich an dieser Stelle betonen, dass es absolut möglich, ja sogar obligatorisch ist, das Extrahieren des Exsudates einer Kröte effizient und sicher auszuführen, ohne das einzelne Tier dabei irgendwie zu verletzen.« (Metzner 2015b: 17)

Nun verhält sich eine Erfahrung mit Krötengift zur einer Erfahrung mit reinem 5-MeO-DMT wie die Erfahrung mit Zubereitungen aus DMT-haltigen Pflanzen zur Erfahrung mit reinem DMT oder wie Psilocybinpilze zu Psilocybin und Meskalinkakteen zu Meskalin usw.: Die Qualität der Wirkung ist eine andersartige. Das liegt daran, dass im Sekret der Colorado-Kröte wie auch in den Zubereitungen aus psychoaktiven Pflanzen eben nicht nur die gewünschten Psychedelika enthalten sind, sondern darüber hinaus eine Vielzahl an weiteren chemischen Verbindungen. Christian Rätsch berichtet von einer Erfahrung mit getrocknetem Krötensekret: »Wir saßen mit einigen Freunden im Kreis und rauchten einen Krötenschleim-Joint. Ich nahm einen tiefen Zug und reichte den Joint weiter. Sofort entblätterte sich vor mir ein Mandala. In jeder Ecke saß ein Drache. Im Kreis in der Mitte des Mandalas tobte ein Strudel. Kaum erkannte ich den Strudel, wurde ich auch schon in ihn hineingerissen. Der Strudel drehte sich im Uhrzeigersinn – und doch ging die Zeit rückwärts. In dem Strudel tauchten Drachen, Amphibien und Dinosaurier auf. Auch sie wurden in die Unendlichkeit gerissen. Ich wunderte mich zuerst, dass tibetische Drachen und Saurier zusammen in den Wellen auftauchten, aber mir wurde klar, dass es sich nur um zwei Metaphern desselben Prinzips handelte. Ich wurde immer weiter von der Bilderflut fortgerissen, bis ich endlich am Ziel der Reise angelangt war. Ich saß wie eine Kröte oder wie ein Molch in einem Sumpf des Perms. Um mich herum war schwarzes Wasser. In einem trüben Nebel sah ich gewaltige Farne und Schachtelhalme. Irgendwann kommunizierte ich mit den sonderbaren Amphibien und realisierte, dass ich nicht nur mit den Wesen einer anderen Art, sondern sogar über die Schranken der Zeit, über Jahrmillionen mit ihnen kommunizieren konnte.« (Rätsch 1998: 835)

Weitere MeO-DMTs

4- MeO-DMT (4-Methoxy-N,N-DMT) zeigte im Tierversuch ähnliche Effekte wie 5-MeO-DMT, soll jedoch in seiner Psychoaktivität deutlich weniger potent sein. Weitere bekannte MeO-DMTs sind 5,6-MeO-DMT, 6-MeO-DMT und 7-MeO-DMT. (Shulgin und Shulgin 1997: 538, 546)

Explosive Maya-Zwillinge: Mayan Twins

Mayan Twins ist die von Ralph Metzner geprägte Bezeichnung für eine explosive Mischung aus 5-MeO-DMT und DMT, die im Verhältnis 1:5 kombiniert und mit einem Verdampfer vaporisiert werden. »Wir hatten die kombinierten Mittel die Mayan Twins getauft, weil das plötzliche Einsetzen der Wirkung der Medizin, wenn sie inhaliert wurde, uns an die gestaltwandelnden, schamanischen Trickster in den Geschichten von den Heldenzwillingen im uralten mexikanischen Popol Vuh erinnerte. In diesen Geschichten sind die Heldenzwillinge in der Lage, die furchterregenden Fürsten der Unterwelt zu besiegen, indem sie sich wiederholt zerstückeln und töten lassen und sich dann in ihre lebende menschliche Form zurückverwandeln.« (Metzner 2015b: 35f.)

Allerdings erkannten Ralph Metzner und seine Kollegen, dass diese Mischung zwar extrem potent ist, jedoch nicht besonders sinnbringend zu sein scheint: »Es führte nur zu einem intensiveren plötzlichen Beginn, mit lebhaften dreidimensionalen, sich kaleidoskopartig bewegenden Mustern, die das gesamte Gesichtsfeld ausfüllten oder sogar das gesamte Sein verschlangen. Diese kaleidoskopartigen Muster schienen keine besondere Bedeutung zu haben – es war lediglich eine Art abstraktes Gitter, manchmal begleitet von Bildern eigenartiger, liebloser, nicht-menschlicher Wesenheiten, die Timothy Leary in The Psychedelic Experience als ›den Netzhautzirkus‹ bezeichnete oder Terence McKenna in seinen Schriften als ›selbst-transformierende Maschinen-Elfen‹ schilderte.« (Ebd.: 37).

15 Zuweilen, jedoch selten, wird 5-MeO-DMT in der Literatur auch als 5-OMe-DMT bezeichnet (z. B. Sadzot et al. 1989 und Glennon et al. 1982).

16 Weggefährte von Timothy Leary und Richard Alpert (Ram Dass) an der Harvard Universität und in der Millbrook Villa.

17 Das Burning Man Festival ist ein internationales Psychonauten-Festival mit bis zu 50 000 Besuchern, das jährlich im Black Rock Desert Nevada (USA) veranstaltet wird. Das Festival hat denselben Kultcharakter wie das vergleichbare Boom!-Festival in Portugal.

18 Als Visionäre Umstrukturierung (VUS) wird eine Umstrukturierung des Wahrnehmungsfelds inklusive Wahrnehmungsveränderungen, Synästhesien, Halluzinationen und einer Umstrukturierung von Sinn und Bedeutung äußerer Objekte verstanden. Die VUS sind zusammen mit der Ozeanischen Selbstentgrenzung (OSE) und der Angstvollen Ichauflösung (AIA) vom Psychologen und Drogenforscher Adolf Dittrich (u. a. »Untersuchungen zur Ätiologie-unabhängigen Struktur veränderter Wachbewusstseinszustände«) als Kerndimensionen von veränderten Bewusstseinszuständen (VBZ) definiert worden.

19 Martin Ball meint James Oroc, der von seinen Freunden Roc genannt wird.

20 Otac = indigener Trivialname der mexikanischen Seri-Indianer für Bufo alvarius, den Rettig Hinojosa in seinem Buch durchgängig verwendet.

21 Octavio Rettig geht in seinem Buch (2016) sogar so weit zu behaupten, dass 5-MeO-DMT der einzige Schlüssel zur Wahrheit sei.

22 Die Forscher fanden neben 5-MeO-DMT auch DMT, N-Methyltryptamin (NMT), Bufotenin und 5-Methoxy-N-monomethyltryptamin. (Ott 1996; Rätsch 1998; Torres und Repke 2006: 109 usw.)

23 Diese Fehlinformation geistert bis heute auch durch die Fachliteratur, z. B. im sonst sehr guten Buch »High sein« von Böckem und Jungaberle 2015: 23.

24 Diese zuerst im Sekret der Erdkröte (Bufo bufo) nachgewiesenen Verbindungen finden sich auch im Pflanzenreich, z. B. in der Christrose (Helleborus niger).

25 Bufotoxine »sind Verbindungen mit Suberylarginin mit dem entsprechenden Bufagin [= Bufadienolid]. Dieser nahen chemischen Verwandtschaft gemäß ist die physiologische Wirkung der Bufotoxine ähnlich der der Bufagine [Bufadienolide]« (Jensen und Chen 1932). Die letale Dosis (LD50 = diejenige Dosis, bei der 50 % der Probanden sterben) der Bufotoxine liegt bei der Maus bei 400 µg/kg und bei der Katze bei 390 µg/kg.

5-HO-DMT (Bufotenin)

Chemische Bezeichnungen: 5-Hydroxy-N,N-Dimethyltryptamin, N,N-Dimethylserotonin, 3-(2-Dimethylaminoethyl)-indol-5-ol, 5-Hydroxy-3(b-dimethylaminoethyl)-indol, Bufotenin, Mappin, HDMT


Chemische Strukturformel des Bufotenins.

Dosierung: geraucht: 5 bis 10 mg, nasal: 20 bis 60 mg, oral: 80 bis 150 mg, injiziert (i. v. / i. m.): 8 bis 16 mg

Wirkdauer: 1 bis 2 Stunden

Bufotenin ist das N,N-Dimethyl-Homolog des Serotonins (N,N-Dimethylserotonin) und eine psychoaktive Substanz, die allerdings an das Wirkprofil der verwandten Moleküle (DMT, 5-MeO-DMT, Psilocin usw.) nicht herankommt. Bufotenin kann stark körperlich wirken und Übelkeit, Erbrechen, Beklemmung, Hypertonie (erhöhten Blutdruck) und andere Symptome herbeiführen. Auch visuelle Sensationen sind möglich, halten jedoch nur kurz an.

Bufotenin ist oral unwirksam, Ende der Fünfzigerjahre probierten Turner und Merlis Bufotenin in Form eines Aerosols, 40 mg intranasal, was jedoch ebenfalls ohne Effekte blieb (Turner und Merlis 1959). Auch der Forscher Harris S. Isbell vom Public Health Service Hospital in Lexington, Kentucky, stellte »keine subjektiven oder objektiven Effekte nach der Verabreichung von 40 mg Bufotenin-Kreatininsulfat« fest (Turner und Merlis 1959; Hoffer und Osmond 1967: 455; Ott 2001a).

Bufotenin ist ein weit verbreiteter Naturstoff und kommt als endogene Substanz in Mensch und Tier sowie in Pflanzen (Anadenanthera-Arten, Arundo donax, manchen Banisteriopsis-Arten, Phragmites australis usw.), im Hautsekret von Kröten und in Pilzen vor. Mitte der Dreißigerjahre wurde Bufotenin in den Kröten Bufo vulgaris und Bufo viridis und Bufotenidin in Ch’an Su (einer aus Krötensekret hergestellten chinesischen Medizin) sowie im Sekret von Bufo bufo gargarizans, Bufo fowleri und Bufo formosus nachgewiesen. (Jensen und Chen 1936) 1953 wurde Bufotenin aus dem Gelben Knollenblätterpilz (Amanita citrina26), dem Fliegenpilz (A. muscaria27) und dem Pantherpilz (A. pantherina) extrahiert. (Wieland und Motzel 1953; Wieland et al. 1953) Zwei andere Untersuchungen konnten dies für den Fliegen- und den Pantherpilz aber nicht bestätigen (Brady und Tyler 1959; Talbot und Vining 1963). Im Lauf der Zeit wurde in fünfzehn Wulstlingsarten Bufotenin gefunden, z. B. in Amanita tomentella. In Amanita citrina wurden dann neben Bufotenin auch Bufotenin-N-oxid sowie Spuren von 5-MeO-DMT und DMT nachgewiesen, in Amanita porphyria ebenfalls Bufotenin, Bufotenin-N-oxid sowie Spuren von 5-MeO-DMT. Die Analysen von DMT- und 5-MeO-DMT in den beiden Pilzen konnten aber nicht verifiziert werden. (Beutler und Der Marderosian 1981; Catalfomo und Tyler 1961; Stijve 1979; Tyler 1961; Tyler und Gröger 1964) Mitte der Fünfzigerjahre wurde Bufotenin erstmals in menschlichem Urin nachgewiesen (Bumpus und Page 1955), zehn Jahre später fanden Forscher Bufotenin auch im Blut (Franzen und Gross 1965). 2005 wiesen Wissenschaftler das Molekül dann in Lunge und Niere des Menschen nach (Kärkkäinen et al. 2005).

 

Hinsichtlich der ersten Isolation des Stoffes aus Krötensekret herrscht einige Verwirrung in der Literatur, sprich: Es werden unterschiedliche Angaben gemacht. Eigentlich war 5-HO-DMT schon 1902 von den französischen Forschern Césaire Phisalix und Gabriel Bertrand aus dem Sekret der Erdkröte Bufo bufo (Syn.: Bufo vulgaris, Bufo rana usw.) isoliert und Bufotenin genannt worden (Phisalix und Bertrand 1902), jedoch »in chemisch nicht näher definierter Form« (Wieland et al. 1931). Der österreichische Chemiker Hans Handovsky hatte um 1915 an der Universität Prag erstmals die »Base in Gestalt mehrerer kristallisierter Salze isoliert« (ebd.), fünf Jahre später veröffentlichte er die Ergebnisse seiner Arbeit. (Handovsky 1920) Die Forscher Heinrich Wieland, Wilhelm Konz und Heinz Mittasch bestätigten 1934 die Richtigkeit der Struktur des Moleküls (Wieland et al. 1934), und Toshio Hoshino und Kenya Shimodaira publizierten ein Jahr später als Erste über die Synthese von Bufotenin. (Hoshino und Shimodaira 1935) Verner L. Stromberg berichtete dann 1954 über die Isolation von Bufotenin aus Samen der Anadenenthera peregrina. (Stromberg 1954)

In den USA wurden 1955 im Ohio State Penitentiary (Staatsgefängnis von Ohio) von Howard D. Fabing und J. Robert Hawkins fragwürdige Tests mit jungen Strafgefangenen durchgeführt, bei denen die unfreiwilligen Probanden bis zu 16 mg Bufotenin intravenös injiziert bekamen. (Fabing und Hawkins 1956; Hoffer und Osmond 1967: 454) Die Tests hatten hauptsächlich körperliche Auswirkungen zur Folge, z. B. eine dunkelviolette Verfärbung der Gesichter der Probanden und eine Erhöhung des Blutdrucks. Weil manche u. a. angaben, violette Flecken und Blitze zu sehen, gingen die Forscher davon aus, dass Bufotenin ähnlich wirke wie LSD (Fabing und Hawkins 1956). Eine weitere Studie bestätigte die psychoaktiven Wirkungen des Bufotenins beim Menschen. (Evarts 1958) Eine ebenfalls ethisch und moralisch mehr als bedenkliche Studie aus den USA, die von W. J. Turner und S. Merlis mit 14 hospitalisierten schizophrenen Patienten (ohne deren Kenntnis und Zustimmung) durchgeführt wurde, hatte ähnliche Ergebnisse zur Folge. Eine Patientin hatte unter den Experimenten sogar einen Herzstillstand erlitten, konnte aber erfolgreich wiederbelebt werden. (Turner und Merlis 1959)

»Raymond Hamet gab Hunden intravenös Bufotenin und stellte vorübergehende Blutdrucksteigerung, Apnoe, später Tachypnoe fest. Evarts, Affen intravenös größere Dosen Bufotenin und LSD-25 verabreichend, stellte bei jenen eine beinahe identische Wirkung der zwei Chemikalien fest: vorübergehende Erblindung, Ataxie und ein Zahmwerden. Er erklärte dies alles durch eine Hemmung der sensiblen Reizübertragung28. (…) Fabing experimentierte an jungen, intelligenten Verurteilten: Er injizierte intravenös während 3 Minuten Bufotenin. Es traten Erröten, Gesichtsperspiration und Kribbelgefühl im ganzen Körper sowie Opression in der Brust auf. Die Versuchspersonen sahen einige Minuten lang purpurne Flecke, die Störung der Raumwahrnehmung und Konzentration sowie ein Depersonalisationsgefühl und psychomotorische Unruhe dauerten fort. Bei größeren Dosen waren Erbrechen, Nystagmus und Mydriasis zu beobachten, deshalb hielt Fabing das Mittelhirn zum Teil als Angriffspunkt des Bufotenins. Die kardiovaskuläre Wirkung des Mittels war verhältnismäßig gering. Die Versuchspersonen berichteten während 6 Stunden nach der Injektion über ein angenehmes Relaxationsgefühl.« (Sai-Halasz et al. 1958; u. a. Fabing und Hawkins 1956; Hoffer und Osmond 1967: 454)

Harold E. Himwich und seine Forschergruppe fanden heraus, dass intravenös appliziertes Bufotenin den Adrenalinlevel ansteigen lässt. Wenn Hunden vor der Verabreichung des Bufotenins ein MAO-Hemmer gegeben wird, steigt die Adrenalinsekretion um das Zwei- bis Fünffache an und auch die Wirkung des Bufotenins wird potenziert (Himwich et al. 1960). Bufotenin wird im Körper wie andere Tryptamine von der Monoaminooxidase oxidiert und abgebaut, wobei hinzugefügte Methylgruppen den Prozess verlangsamen. (Govier et al. 1953; Vane 1959)

Im Jahr 2001 veröffentlichte der Ethnopharmakologe Jonathan Ott einen Artikel im Journal of Psychoactive Drugs, in dem er die Resultate seiner eigenen Untersuchungen mit kristallinem Bufotenin (das er, abgeleitet von dem indigenen Yopo-Snuff, »Pharmañopo« nennt29) präsentiert. Ott hatte Bufotenin (das u. a. der hauptwirksame Inhaltsstoff der Cebíl-Samen von Anadenanthera und entsprechender amazonischer Schnupfpulver ist) intensiv erforscht und auf seine intranasale (5–100 mg), orale (100 mg), sublinguale (50 mg)30, rektale (30 mg) und inhalative (2–8 mg) Wirkung hin im Bioassay (Selbstversuch) getestet. Sein Fazit: Bufotenin kann eindeutig psychedelische Effekte induzieren. Ott berichtet über visuelle Effekte bei intranasalem Konsum von Mengen ab 40 mg und vermerkt: »Intranasales Bufotenin ist körperlich sehr entspannend« und ohne negative Nebenwirkungen. (Ott 2001a) Nach der Einnahme von 100 mg begannen die Effekte nach 5 Minuten, der Peak war nach 35 bis 40 Minuten erreicht. Wirkdauer: 90 Minuten. Höhere Dosierungen können psychedelisch wirken. Bufotenin als freie Base wirkt laut Ott sublingual, also unter der Zunge, genauso wie geschnupftes Material. Verdampfte 8 mg Bufotenin wirken ebenfalls optisch und Tryptamin-typisch. (Ebd.) Eine frühere Studie hatte konstatiert, dass geschnupftes Bufotenin (40 mg) keine psychoaktiven Effekte zeitigt. (Chilton et al. 1979)

»Die pharmakologischen Aspekte des Bufotenins sind nur spärlich erforscht. Es ist anzunehmen, dass bei genügend hoher Dosierung die im Hirn angelangten Mengen Bufotenin mit diversen Serotonin-Rezeptor-Subtypen interagieren (und eine agonistische 5-HT2A-Rezeptor-Interaktion für die psychedelischen Effekte teilweise verantwortlich ist). Bufotenin konnte mehrfach im menschlichen Urin nachgewiesen werden und ist folglich eine im Humanmetabolismus gebildete Substanz. Interessanterweise liegen die gefundenen Mengen in mental Kranken (gefunden bei Schizophrenen und Autisten) deutlich höher als bei asymptomatischen Individuen.« (Trachsel 2011: 236)

Wie sich 2015 an Forschungen mit aus Anadenanthera-Samen isoliertem Bufotenin herausgestellt hat, kann Bufotenin als Vorläuferstoff für die Biosynthese von DMT und 5-MeO-DMT dienen. (Moreira et al. 2015)

Mit Bufotenin verwandte Substanzen sind Norbufotenin (5-HO-NMT, 5-Hydroxy-N-methyltryptamin, N-Methylserotonin), Bufotenidin (Cinobufagin), Dehydrobufotenin, Bufoviridin, Bufothionin und O-Methylnordehydrobufotenin. Das zuweilen in der Literatur angeführte O-Methylbufotenin (OMB) ist ein anderer Name (Synonym) für 5-Methoxy-DMT. Im Krötensekret wurden außerdem toxische Bufadienolide (siehe 5-MeO-DMT) gefunden, das sind herzwirksame und -giftige steroidale Laktone, zu denen auch die Bufotoxine gehören. Diese Bufadienolide haben aber keine chemische Ähnlichkeit mit Bufotenin. (Shulgin und Shulgin 1997: 477)

26 In der Originalliteratur noch mit dem Synonym Amanita mappa bezeichnet, weshalb Bufotenin zunächst als Mappin benannt wurde.

27 Im Fliegenpilz konnte auch ein Beta-Carbolin nachgewiesen werden, nämlich 3-Carboxy-Tetrahydroharman. (Matsumoto et al. 1969)

28 Edward V. Evarts 1956

29 In einem Artikel im selben Magazin veröffentlichte Ott auch Untersuchungen mit 5-MeO-DMT, das er, abgeleitet von dem indigenen Virola-Snuff epéna, »Pharmepéna« nennt. (Ott 2001b)

30 Sublingual = unter die Zunge

DET (Diethyltryptamin)

Chemische Bezeichnungen: N,N-Diethyltryptamin,

3-[2-(Diethylamino)ethyl]-indol, T-9


Chemische Strukturformel des DET.

Dosierung: oral: 50 bis 100 mg, geraucht: 15 bis 60 mg, geschnupft: 40 bis 70 mg, injiziert: 30 bis 80 mg, rektal: 50 bis 90 mg

Wirkdauer: je nach Dosis, Applikationsform, Set und Setting etwa 1,5 bis 3,5 Stunden

DET ist ein synthetisches Homolog des DMT, das »am Ende der Seitenkette 2 Ethyl-, statt 2 Methylgruppen« aufweist. (Geschwinde 2013: 273) DET wurde vom ungarischen Chemiker und DMT-Pionier Stephen Szára 1956 erstmals hergestellt und auf seine psychedelische Wirksamkeit hin getestet, welche er bestätigte. (Szára 1957) Später wurde die Substanz dann in zwei Studien von Böszörményi und Kollegen (Böszörményi et al. 1959) und Szára und Kollegen (Szára et al. 1966) genauer untersucht. Böszörményis Gruppe hatte 71 Testpersonen (30 Gesunden, 41 Psychotikern und davon 29 Schizophrenen) je eine DET-Einzeldosis von 0,65 bis 0,85 mg/kg KG intramuskulär verabreicht und festgestellt: »Die von DET erzeugte Modellpsychose kann am besten mit einer moderaten Meskalinerfahrung verglichen werden, wobei manche Aspekte an LSD erinnern. Die Effekte sind nach drei Stunden vorüber. (…) Die durch DET verursachten Veränderungen der Gehirnstrommessungen (EEG) sind denen von Meskalin und LSD ähnlich.« (Böszörményi et al. 1959) Im Gegensatz zu DMT, das 30 bis 45 Minuten lang wirkt, bleiben die Effekte des DET 2 bis über 3 Stunden erhalten. (Böszörményi et al. 1959; Faillace et al. 1967; Szára und Rockland 1961) »Wir glauben, dass DET das beste, am wenigsten schädliche Psychedelikum ist, das bisher bekannt ist, und es scheint zudem einen unzweifelhaften therapeutischen Effekt zu haben.« (Böszörményi et al. 1959) Ein Jahr darauf publizierte Böszörményi die Ergebnisse einer weiteren DET-Studie, während der einige Testpersonen interessanterweise ein spezielles Interesse für Kunst und das Schreiben entwickelten. (Böszörményi 1960) »Zwei der Probanden begannen zu malen, obwohl sie vorher keinerlei Ambitionen dazu verspürt hatten. Ein Proband begann zu malen, um die unaussprechliche Erfahrung ausdrücken zu können. Mehrere professionelle Autoren verglichen ihre Erfahrung mit spontaner Inspiration. Andere waren frustriert, weil sie keine Inspiration bekamen. Ein junger Poet berichtete: ›Die Objekte eröffneten mir ihre Essenz. Ich hatte das Gefühl zu wissen, wie sie wirklich sind. Ich lebte in ihnen und befand mich in direktem Kontakt zu ihnen … ich spürte einen enormen Antrieb zu schreiben, diese wundervollen Gefühle niederzubringen.‹ Ein Maler berichtete: ›Ich fühlte mich wie zu der Zeit, als ich malen lernte … als ich versuchte, die Dinge bewusst und mit dem Auge des Malers anzuschauen. Für einen Menschen mit normalem Geist wird diese Erfahrung einen erstaunlichen und wunderbaren Effekt haben. Ein Künstler mit kreativem Geist und Phantasie wird weniger beeindruckt sein.‹ Böszörményi vermutet, dass dieser Anstieg an kreativer Motivation auf urzeitliche Sehnsüchte und Antriebskräfte zurückzuführen ist, die wiederum durch kreativen Output befriedigt werden. Dies, so erklärt er, sei ein zeitweiser Rückschritt in die Kindheit. Ein Proband, ein Psychiater, schrieb: ›Ich fühlte mich, als würde ich die Welt neu entdecken. Wie ein kleines Kind, das die Dinge bestaunt.‹« (Hoffer und Osmond 1967: 461)

Das Interessante an diesem DMT-Verwandten: DET ist oral wirksam, das berichtete übrigens Szára erstmals 1969, denn »die Monoaminooxidase vermag N,N-Dialkyltryptamine größer als Methyl nicht mehr effizient abzubauen«. (Trachsel 2011: 209) Natürlich kann DET auch geraucht, geschnupft und injiziert werden. »Oral oder geschnupft wirkt DET nach 15 bis 30 Minuten. Wird DET geraucht (als freie Base), so setzt die Wirkung nach rund 5 Minuten ein.« (Ebd.: 208) Alexander Shulgin berichtet über Selbstversuche mit oralen 75 bis 400 mg, gerauchten 40 bis 90 mg, subkutan (unter die Haut) injizierten 40 mg, intramuskulär injizierten 60 mg und intravenös injizierten 60 mg DET. Dabei befand er z. B. 400 mg oral als »zu viel«, 90 mg geraucht (in drei Portionen zu 30 mg alle zehn Minuten) als »zu stoned. Einige gefühlsmäßige Einsichten, aber ich kann sie mir nicht merken, um sie niederzuschreiben«. Bei 60 mg intravenös gespritzt, bemerkt er: »Ich fühlte mich, als hätte ich die Welt neu entdeckt.« (Shulgin und Shulgin 1997: 398)

Stephen Szára hatte DET 1956, wie auch DMT, im Rahmen einer vergleichenden Studie zur Wirkung von DMT/DET und LSD/Meskalin an sich selbst getestet. Nach der intramuskulären Injektion von 60 mg DET berichtet er: »Etwa 15 Minuten nach der Injektion (…) zeigten sich die gleichen vegetativen Symptome wie beim DMT. Die Illusionen, Halluzinationen und Bewegungsstörungen in meiner linken Hand waren die gleichen wie bei DMT. Aber die Veränderung der Umgebung und die emotionale Reaktion auf diese waren stark und eindrucksvoll. Die maskenartigen Gesichter der Personen, die traumartige Rätselhaftigkeit der Objekte und des Raums gaben mir das Gefühl, in einer anderen Welt angekommen zu sein, einer komplett anderen und seltsamen Welt voller Mysterien. Diese wundersame, aber auch eigenartige Welt zog mich im einen Moment an, aber im nächsten Moment wollte ich sie auch nicht akzeptieren. Das machte mich perplex. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich begann, ängstlich auf und ab zu gehen und sagte: ›Ich sollte etwas tun, ich muss!‹ Da war eine absonderliche Art doppelter Orientierung in Raum und Zeit: Ich wusste, wo ich war, aber ich war geneigt, diese seltsame Welt auch als Realität zu akzeptieren.« (Szára 1957)

 

Mit DET wurden von den späten Fünfziger- bis in die frühen Sechzigerjahre hinein einige klinische Studien durchgeführt, die allerdings zum Teil fragwürdig waren. Auf der einen Seite wurden die Untersuchungen der Probanden in rein wissenschaftlichen Settings abgehalten, das heißt in steril-klinischer Umgebung, schallgeschützt, mit Mikrophonen im Raum und verspiegeltem Glas, durch das die Testpersonen von außen zu sehen waren, aber selbst nicht hinausschauen konnten – kein passabler Ort für psychedelische Reisen. Zudem wurden die Probanden während der DET-Wirkung einigen psychologischen Tests ausgesetzt, ihre Vitalparameter, also die körperlichen Funktionen, wurden ebenfalls beobachtet. Kein Wunder, dass solche Studien keine aussagekräftigen Eckdaten einer DET-Erfahrung zum Ergebnis haben. Die meisten der Testpersonen aus in solchen Settings veranstalteten Untersuchungen waren von dem Erlebten verängstigt und wollten DET nie wieder nehmen. (Shulgin und Shulgin 1997: 400) Eine etwas anders aufgebaute Studie, von der Shulgin berichtet, wurde in einem passenden Setting und mit 0,7 bis 0,8 mg DET pro Kilogramm Körpergewicht (i. m.) durchgeführt: »Die Testpersonen genossen die Erfahrung im Allgemeinen und wünschten, diese zu wiederholen.« (Shulgin und Shulgin 1997: 401)

1961 wurde dann veröffentlicht, dass DET in Dosierungen von 5 bis 10 mg/kg KG intravenös für Mäuse und Ratten neurotoxische (nervenschädigende) Wirkungen entfaltet. (Borsy et al. 1961) Die schmerzlindernde Effektivität des DET liegt zwischen der des LSD und der des Meskalins. (Ebd.) Eine andere Studie befand, dass DET die gleichen vegetativen Symptome bei Hunden herbeiführt wie Bufotenin. (Sai-Halasz und Endroczy 1959)

DET hat wie DMT und 5-MeO-DMT leicht MAO-hemmende Effekte. (Huszti und Borsy 1964; Sátory et al. 1961) Sátory und Kollegen hatten in vitro und in vivo belegt, dass DET die MAO-Aktivität im Rattengehirn hemmt. (Ebd.) Diverse DET-Derivate, z. B. Phenyl-DET, 4-Methoxyphenyl-DET und 3,4-Dimethoxyphenyl-DET, weisen dagegen eine deutlich geringere hemmende Aktivität auf als DET. (Huszti und Borsy 1964) Stephen Szára hatte darüber hinaus herausgefunden, dass DET die Serotoninkonzentration in einigen Gehirnregionen erhöht (Szára 1962b), und Govier hatte als Erster die biochemische Aktivität des DET im In-vitro-Tierversuch beobachtet und festgestellt, dass es von Lebergewebe selbst nicht oxidiert wird, dafür aber die Oxidierung von Tyramin hemmt. Außerdem wird DET nicht von der Aminooxidase der Ratten-Netzhaut abgebaut. (Govier et al. 1953)

Peter Stafford zitiert zur DET-Erfahrung einen erfahrenen Nutzer: »Bei DET bekommt man so nen trockenen Geschmack in der Kehle, so etwas wie einen Plastikflash, und erlebt dann die auditiven Effekte wesentlich intensiver als beim DMT (…). Bei DET läuft das nicht so intensiv, eher als gäbe es eine weitere Schranke zwischen dir und dem Gegenstand, aber hinter der kannst du Sachen machen – etwa in Vorlesungen gehen oder durch die Straßen spazieren. Auf DMT und Acid bist du oft erstaunt und willst wissen, was eigentlich abgeht, während du bei DET genau weißt, dass du drauf bist. (…) DET ist wie Gras, aber du wirst sehr high und bist dennoch funktional okay.« (Stafford 1980: 316f.)

Hydroxy- und Fluoro-DET

4- HO-DET (4-Hydroxy-DET, CZ-74, Ethocin), siehe Kapitel »DMT-Derivate Psilocybin und Psilocin«, Seite 56/57.

6- HO-DET (6-HDET, 6-Hydroxy-DET) ist ein menschlicher und tierischer Metabolit des DET, also ein Produkt, das nach Einnahme von DET im Körper hergestellt wird. Stephen Szára und seine Kollegen hatten Anfang der Sechzigerjahre in zwei Artikeln publiziert, dass die 6-Hydroxylierung die psychologische Aktivität von DMT und DET erhöht. (Szára et al. 1960; Szára und Hearst 1962)31 Alexander Shulgin erzählt in TiHKAL vom Fall eines Users, der sich 10 mg 6-HO-DET intramuskulär gespritzt hatte und von DET-ähnlichen, aber deutlich potenteren Effekten berichtete. Dies blieb bislang jedoch der einzige Report, der solches behauptet. (Shulgin und Shulgin 1997: 402)

6- F-DET (6-FDET, 6-Fluoro-N,N-diethyltryptamin, N,N-diethyl-2-(6-fluoro-1H-indol-3-yl)ethanamin) wurde von Stephen Szára und einem Kollegen erstmals synthetisiert, um es auf seine Verwendbarkeit als aktives Placebo für Studien mit psychedelischen Tryptaminen hin zu untersuchen (ein solches fehlte den Forschern nämlich bislang): »Auf der Basis von Tierversuchen und einigen Stoffwechseldaten vom Menschen kamen wir zu dem Schluss, dass die 6-Hydroxylierung des Indolrings der Tryptaminhalluzinogene ein wichtiger Schritt der Verstoffwechselung dieser Substanzen sein könnte.« (Kalir und Szára 1963) Kalir und Szára stellten daraufhin einige solcher Moleküle her, darunter 6-F-DET, das »autonome Symptome und Stimmungswechsel induziert, ohne die Wahrnehmungs- und Denkstörungen herbeizuführen, die gewöhnlich von psychotomimentischen Drogen bekannt sind. Von diesen Daten ausgehend, vermuteten wir, dass 6-F-DET als aktives Placebo in klinischen Studien von Nutzen sein könnte.« (Szára 1970) Alexander Shulgin über die Wirkung: »Es induziert nicht dieses Hinübergleiten in Traumwelten und die anderen charakteristischen Phänomene der Psychedelika.« (Shulgin und Shulgin 1997: 402)

5-MeO-DET

Chemische Bezeichnung:

5-Methoxy-N,N-diethytryptamin, auch 3-[2-(Diethylamino) ethyl]-5-methoxyindol

Dosierung:

oral: 1 bis 3 mg, geraucht: 5 bis 15 mg

Wirkdauer: 2 bis 4 Stunden

5-MeO-DET wirkt 20 bis 30 Minuten nach oraler Einnahme, ist aber keine besonders angenehm wirkende Substanz.

5- MeO-DET verhält sich vom Wirkprofil her auch nicht zu DET wie 5-MeO-DMT zu DMT. 5-MeO-DET erzeugt meist einen unangenehmen Schwindel und Benommenheit sowie einige körperliche Effekte wie Schwere und Unwohlsein.

Auf manche wirkt die Substanz enorm aphrodisierend, wobei die Nebenwirkungen die Lust beeinträchtigen können.

Gerauchtes 5-MeO-DET wirkt ebenfalls sehr stark körperlich (Herzrasen, Schwitzen, Übelkeit, Ruhelosigkeit usw.), der Konsument fühlt sich häufig krank.

31 Was sich jedoch z. B. im Fall des 6-HO-DMT nicht bestätigte. (Rosenberg et al. 1963)