Der Gott, der uns nicht passt

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In der Breite stellte sich die Kirche anfangs also zum hebräischen kanonischen Erbe, auch wenn die alttestamentlichen Texte so gut wie ausschließlich in Gestalt der LXX gelesen wurden (s. o.). Bald traten erste altlateinische Übersetzungen des Alten Testaments hinzu, welche sich ebenso wie die LXX in den Anfängen der alten Kirche noch stark am hebräischen Kanon orientierten (s. o.).69 Doch wurden diese altlateinischen Übersetzungen (Vetus Latina70) selbst schon nicht mehr aus dem Hebräischen, sondern aus dem Griechischen übersetzt. Schließlich war die schrittweise Entfremdung von den jüdisch-hebräischen Wurzeln der christlichen Kirche schon aus sprachlichen Gründen mit zunehmendem Alter der Kirche nicht aufzuhalten (die Kirche verfügte lange Zeit über nahezu keine Hebräisch-Kenntnisse71), was dazu führte, dass sich auch in den altlateinischen Bibeln mehr und mehr die zusätzlichen Bücher der LXX (s. o.) fanden. Um 400 war es dann in der Westkirche endgültig soweit – in der Ostkirche im 7. Jhd. –, dass der gegenüber der hebräischen Bibel umfangreichere „Septuagintakanon“ als „Heilige Schrift“ anerkannt wurde:72

Der 39. Osterfestbrief des Bischofs Athanasius von Alexandria (295–373), der keinesfalls als ein verbindliches ,kirchenamtliches‘ Schreiben mißverstanden werden darf, zählte im Jahre 367 alle Bücher der – nach persönlichem Dafürhalten seines Verfassers – kirchlich verbindlichen Bibel namentlich auf und differenzierte in dieser Liste zwischen den unbestritten gültigen, den nur vorzulesenden und den ,apokryphen‘ Schriften. Letztere waren seines Erachtens zwar zum kirchlichen Gebrauch zugelassen, aber von geringerer Bedeutung; […]. Die Synoden von Hippo (393) und Karthago (397) […] hielten an der bisherigen kirchlichen Tradition fest und bestimmten, daß der erweiterte Umfang der Septuaginta mitsamt einer Auswahl von Büchern, die sich in der hebräischen Bibel nicht finden, für den christlichen Westen fortan verbindlich sei. […] Zwar wurde diese Entscheidung der Synode von Karthago auf dem […] ökumenischen Konzil von Konstantinopel (692) von den östlichen Kirchen übernommen, aber das Trullanum II, das im Osten als das vorangehende Konzil von Konstantinopel (681) betrachtet wurde, erkannte neben dieser nordafrikanischen Kanonliste auch noch fünf verschiedene andere Listen an. Der „Septuagintakanon“ blieb auch hier immer offen.73

Fortan stellte in den christlichen Kirchen also der Kanon der Septuaginta die offizielle atl. Norm dar (wenn auch nicht in einheitlichem Umfang).

Als der Kirchenvater Hieronymus ab Ende des 4. Jhs. federführend die Vulgata74 anfertigte, sträubte er sich zunächst vehement dagegen, die Apokryphen in den Kanon der sich in Revision befindenden lateinischen Bibel zu übernehmen, da er diese in seiner hauptsächlichen Arbeitsgrundlage – dem hebräischen Bibeltext – nicht vorfand.75 Jedoch konnte er sich nur zum Teil gegenüber der Westkirche durchsetzen (einer seiner Hauptgegenspieler war Augustinus76): Tobit, Judit, 1. u. 2. Makkabäer, Weisheit, Jesus Sirach und Baruch77 blieben im Kanon (wenn auch in unrevidierter altlateinischer Fassung, da eben keine hebräischen Originale vorlagen), so wie sie auf dem dritten afrikanischen Plenarkonzil von Karthago als kanonisch verabschiedet wurden (s. o.). So fanden die sog. apokryphen Schriften endgültigen Eingang in die dominanteste Bibel der Westkirche in der Spätantike und des Mittelalters.78 Auf dem eingangs erwähnten Konzil von Trient 1546 legte die RKK „in Abgrenzung zu den reformatorischen Kirchen den Schriftbestand der Vulgata als verbindlichen Kanon fest und erklärte die Vulgata zur maßgebenden Ausgabe der Schrift“,79 was das erste Vatikanische Konzil 1870 nochmals bestätigte.80

Luther, der sich für seine Bibelübersetzung – gemäß dem reformatorischen Anliegen – den ältesten ihm zur Verfügung stehendenden Quellen, also dem hebräischen Alten Testament zuwandte, übernahm folglich auch dessen Kanon. Alle weiteren seinerzeit durch die Vulgata bekannten, aber über den hebräischen Kanon hinausgehenden alttestamentlichen Bücher schieden aus.81 Text und Umfang des protestantischen Alten Testaments entsprechen somit bis heute im Wesentlichen dem schon um Christi Geburt sehr stabilen Kanon der hebräischen Bibel (s. o.). Lediglich in der äußeren Erscheinung bestehen Unterschiede zum hebräischen Kanon: Zum einen zählte Luther die Schriften einzeln und kam so auf 39 atl. Bücher (im Gegensatz zu den ursprünglich [durch Zusammenfassung einiger Schriften] errechneten 22, bzw. 24 Bücher [s. o.]). Zum anderen übernahm Luther die theologisch bzw. christologisch bedingt veränderte Anordnung und Reihenfolge der alttestamentlichen Schriften aus der LXX.

Beides – sowohl die einzelne Zählweise der alttestamentlichen Bücher sowie die gegenüber dem hebräischen Kanon veränderte Anordnung und Reihenfolge der Schriften – war durch das Herkommen von der LXX entsprechend auch in der RKK längst verankert: Der neuen christlichen Lesart des Alten Testaments gemäß, ordneten die frühen Christen in der LXX auch den Kanon neu:82 Zu Beginn stand nach wie vor die Thora (im Griechischen: „Pentateuch“83). Diese bildete jedoch nicht wie in der Hebräischen Bibel das alleinige Fundament aller folgenden Bücher, sondern gehörte hier zu den Geschichtsbüchern.84 Ihnen folgten die Lehrbücher der Gegenwart.85 Am Ende standen die Prophetenbücher, als zukunftsorientierte – nach christlicher Lesart auf Christus hinweisende und daher unmittelbar vor dem Neuen Testamente platzierte – Bücher.86

In den griechisch-orthodoxen Kirchen findet die Septuaginta bis heute als alleinige kanonische Grundlage des Alten Testaments Anwendung.87 Daher finden sich in der griechisch-orthodoxen LXX auch noch alle – über den Kanon der Vulgata hinausgehende – ursprüngliche Apokryphen.88

7 Fazit

Es lässt sich festhalten, dass der alttestamentliche Kanon grundsätzlich sowohl eine autoritative Sammlung von Büchern ist ebenso wie eine Sammlung autoritativer Bücher. Keine Stufe des dargelegten Prozesses geschah willkürlich oder leichtfertig. Die Autorität und die Zusammenstellung der Bücher steht in der Breite auf einem festen und nachvollziehbaren Fundament.

Obwohl es heute zwar Variationen in Buchabfolge sowie auch hinsichtlich apokrypher Zusätze in den einzelnen christlichen Denominationen gibt, können wir dennoch feststellen: Der feste Kern von 39 Büchern ist in allen Denominationen gleichermaßen anerkannt, sodass die heutigen Bibelausgaben aus protestantischem Erbe hinsichtlich der Kanonfrage tatsächlich den „historisch sichersten Stand“ für sich beanspruchen dürfen. Aufs Ganze der Kirche gesehen gilt somit: „Die ‚innere‘ Grenze des Kanons liegt fest. Sie besteht im Minimalkanon der reformatorischen Kirchen. Dieser Minimalkanon kann nicht noch einmal reduziert werden.“89 Daneben gilt jedoch gleichermaßen: „Die ‚äußere‘ Grenze liegt dagegen nicht fest. D. h., es bleibt bis auf Weiteres offen, in welchem Maße von den Apokryphen Gebrauch zu machen ist. Nur die Erweiterung, nicht also die Reduzierung steht hier zur Diskussion.“90

So bestehen bis heute drei große alttestamentliche Kanones nebeneinander: der hebräische Kanon im Judentum und Protestantismus91, quasi eine Mischform des hebräischen Alten Testaments mit einigen ergänzenden Apokryphen aus der Septuaginta im römischen Katholizismus92, und ein reiner „Septuagintakanon“ in den griechisch-orthodoxen Kirchen. Es versteht sich dabei fast von selbst, dass die gegenüber dem hebräischen Original umfangreicheren Kanones (aufgrund ihrer Erweiterungen) auch eine veränderte gesamttestamentliche Theologie bezeugen:

Durch ihre [= Apokryphen – eig. Anm.] Hinzufügung veränderte sich der Charakter der Septuaginta [welche anfangs im Wesentlichen der hebräischen kanonischen Vorlage entsprach (s. 3.2) – eig. Erg.] als Gesamtwerk, denn mit der Weisheit Salomos stieg der Anteil salomonischer Pseudepigraphie, und durch Baruch und den Brief Jeremias wurde die Bedeutung des Propheten Jeremia akzentuiert. Die Aufnahme des 1. und 2. Makkabäerbuches bedeutete eine Verlängerung der Darstellung der Heilsgeschichte bis in die jüngere Zeit hinein, und die Eingliederung von Tobit, Judit, und Sirach verstärkte das erbauliche und das weisheitliche Element der Sammlung.93

Inwiefern dieser o. g. Status quo der „äußeren Grenzen“ des Kanons für die persönliche Arbeit mit dem Alten Testament tatsächlich zur Debatte steht, bleibt der persönlichen Hermeneutik und Herangehensweise des Einzelnen an den Kanon überlassen. Fest steht – und darüber herrscht überkonfessionelle Einigkeit –, dass das Alte Testament der Protestanten mit größter Wahrscheinlichkeit an Inhalt und Umfang jenem Schriftenbestand entsprach, welchen Jesus und seine Apostel bereits als „ihre Bibel“ kannten.

8 Anhang: Der Einfluss des Alten Testaments auf die Kanonbildung des Neuen Testaments

Eine Zusammenschau der beiden Testamente war in der christlichen Kirche grundsätzlich von Anfang an gegeben. Wenn auch Altes und Neues Testament zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten z. T. einen unterschiedlichen Umfang und Inhalt (sowie eine unterschiedliche Sprache) bezeugten (s. o.), so standen die beiden Testamente doch von Beginn an sowohl als gegenseitige Ergänzung wie auch zur gegenseitigen Interpretation nebeneinander.94

Die sich später herausbildende kanonische Ordnung des Neuen Testaments war dabei elementar vom Alten Testament beeinflusst:

Die vier Evangelien sind ohne jegliche innere Bezugnahme untereinander in eine Sammlung gebracht worden. Obwohl es viel gemeinsames Material in den Evangelien gibt, und unter den Synoptikern sogar ein enges literarisches Abhängigkeitsverhältnis, verweisen die Evangelien niemals explizit aufeinander. Sogar der lukanische Prolog ist keine Ausnahme. Im Gegenzug dazu verweist jedes der individuellen Evangelien – obwohl auf unterschiedliche Weise – konstant und explizit auf das Alte Testament. In der Tat trägt der Gebrauch des Alten Testaments entscheidend zur kanonischen Gestaltung jedes der vier Evangelien sowie vieler Briefe des Neuen Testaments bei.95

 

So erklärt sich die Positionierung des Matthäus-Evangeliums an erster Stelle im Neuen Testament gerade durch den besonders alttestamentlich-jüdischen Charakter des Evangeliums96, wodurch ein gelungener Übergang zwischen den beiden Testamenten geschaffen wurde. Zudem bildet sich im Matthäus-Evangelium besonders gut jenes Verhältnis von Altem und Neuem Testament ab, welches die „Kategorie mit der größten Wirkungsgeschichte in der Alten Kirche mit Auswirkungen bis heute“ ist: „Verheißung und Erfüllung.“97 Dieses Verhältnis zeigt sich im Matthäus-Evangelium häufig und deutlich (Mt 1,22; 2,15.17.23; 4,14; 8,17; 12,17; …)98, weshalb es sich weiterhin als „guten“ Einstieg ins Neue Testament erweist.

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1 Vgl. für den gesamten Punkt (sofern nicht anders angegeben): Egelkraut (2012: 56f).

2 „Das Wort Kanon ist ein aus dem Semitischen übernommenes griech. Lehnwort. Ursprünglich bedeutete es ,Schilfrohr‘. Da man abgeschnittene Schilfrohre oft zum Maßnehmen benutzte, es auf einer Baustelle wohl ein für alle maßgebendes, auf Länge geschnittenes Schilfrohr, einen Kanon gab, nahm das Wort eine Fülle übertragener Bedeutungen an, die es alle mit ,Maß‘ bzw. ,Richtschnur‘ zu tun haben, wie ,Regel‘, ,Gesetz‘, ,Grenze‘, ,Liste‘ u. a.“ – Egelkraut (2012: 47).

3 Die Bedeutung von theopneustos ([von Gott eingegeben, inspiriert]; vgl. Bauer 1988: 724) in 2Tim 3,16 ist umstritten. Einige übersetzen das Adjektiv attributiv zu graphä [Schrift]: Jede von Gott eingegebene Schrift … (z. B. Schneider [1992: 346]). Andere lassen eine Entscheidung sogar offen (z. B. Haubeck/v. Siebenthal [2007: 1132]). Wallace (1996: 313f) hat jedoch gründlich dargelegt, weshalb theopneustos tatsächlich prädikativ zu übersetzen ist (wie im Fließtext oben geschehen).

4 Eine genauere Klärung darüber, wie diese Inspiration im Konkreten aussah, kann hier nicht geboten werden (für einen ausführlichen Überblick zu den allgemein diskutierten Inspirationsmodellen [Personal-, Real-, Verbal-, Ganzinspiration] s. Maier [2011: 79–125]). Für den vorliegenden Beitrag ist diese Detailtiefe jedoch auch nicht erforderlich, sondern es genügt, Inspiration als ursprüngliches Wirken Gottes – in welcher Form auch immer – an den Schreibern der Bibel zu verstehen, wie es auch im zweiten locus classicus grundsätzlich formuliert ist (2Petr 1,21): „Denn niemals wurde eine Weissagung durch den Willen eines Menschen hervorgebracht, sondern von Gott her redeten Menschen, getrieben vom Heiligen Geist.“

5 Zur Bezeichnung „Altes Testament“, welche zu Paulus’ Zeiten natürlich noch nicht etabliert war, siehe den Beitrag von Mark Schröder im vorliegenden Band: Das Verhältnis vom Alten zum Neuen Testament. Der Einfachheit halber wird im vorliegenden Beitrag auch bei der urchristlichen Verwendung der „heiligen Schriften“ vom „Alten Testament“ gesprochen.

6 Damit sind lediglich die bekannten Kanons unserer Breitengrade abgedeckt. Egelkraut (2012: 57) gibt einen Einblick in die noch heute verwendeten Kanons der griechisch-orthodoxen und orientalischen Kirchen.

7 Judentum und protestantische Christenheit verwenden für dieselben Bücher die Bezeichnung „apokryph“: Da diese Bücher nur privat und nicht in den öffentlichen Gottesdiensten gelesen wurden (eben weil sie nicht kanonisch waren), bezeichnete man sie als verborgen = apokryph.

8 Albani/ Rösel (2007: 13).

9 Ein Bedürfnis nach Sicherheit, welches naturgemäß weitaus mehr im Protestantismus und weniger unter römisch-katholischen Gläubigen zu finden ist. Denn ein „sola scriptura“ gibt es in der RKK bekanntermaßen nicht, was auch die Freiheit der „Mutter-Kirche“ erklärt, im 16. Jh. noch Entscheidungen über den kanonischen Status einzelner Bücher zu fällen. Dass die Bibel Basis, Maßstab und Richtschnur für Lehre und Leben der Christen in der RKK lediglich neben oder sogar erst nach der traditionellen Lehrautorität der Kirche ist, wird am klassischen römisch-katholischen Argument zur Kanonfrage deutlich (und aus römisch-katholischer Sicht auch stringent logisch): „Die Kirche war vor dem Kanon da.“ – S.a. Ritschl (1986: 148).

 

10 Trotz fortwährender Diskussionen über den biblischen Kanon quer durch die Jahrhunderte bestätigt es sich doch auch in der Kanonfrage, „daß die wichtigsten theologischen Entscheidungen in der Zeit der Alten Kirche gefällt worden sind, nicht im Mittelalter und auch nicht in der Reformation.“ – Ritschl (1986: 150).

11 Auch viele lutherische, orthodoxe oder auch anglikanische Bibelausgaben beinhalten die Apokryphen (z. T. mit noch weiteren Büchern gegenüber den römisch-katholischen Bibelausgaben, als Anhang zwischen Altem und Neuem Testament, ohne ihnen deswegen kanonischen Rang einzuräumen). Martin Luther: „Das sind Bücher, so der Heiligen Schrift nicht gleich gehalten und doch nützlich und gut zu lesen sind.“

12 Neben 2. Petr 1,20f (für einen kurzen, geschichtlichen Interpretationsüberblick s. Vögtle [1994: 171]).

13 Maier (2011: 83).

14 Ein knapper, aufgefächerter Überblick folgt weiter unten.

15 Über diesen Punkt stritten gemäß des neutestamentlichen Zeugnisses auch die jüdischen Obrigkeiten und Schriftgelehrten mit den zu Christus Bekehrten aus ihrem eigenen Volk nie. Hinterfragt wurde von keiner Seite je die Inspiration oder Autorität der alttestamentlichen Schriften (dies warfen die Schriftgelehrten auch Jesus nie vor – an diesem Punkt vertraten Jesus und seine Gegner dieselbe Meinung), sondern immer nur deren Auslegung und Anwendung. S. a.: Egelkraut (2012: 21–30); Maier (2011: 94).

16 Wie schon im Zitat Maiers (s. o.) erwähnt, wird auf den genauen Umfang des alttestamentlichen Kanons in den neutestamentlichen Schriften nicht eingegangen, sodass sich die Frage stellen lässt: Woher wissen wir, von welchen „Schriften“ Jesus genau spricht? Was gehörte dazu und was nicht? Auf diese und weitere Fragen werden wir weiter unten eingehen.

17 Schnackenburg (1986: 36f) zeichnet nach, wie sich die „Urkirche durch ihre Schriftverwendung vom frühjüdischen Schriftverständnis und -gebrauch“ faktisch abwandte (für eine im Detail differenzierte Darstellung dieses Prozesses s. Stuhlmacher [1998: 294f]), indem sie die Schriften ihres zum großen Teil gemeinsamen jüdischen Erbes aus ihrer neuen Glaubensperspektive heraus las, „vor allem zum Nachweis, daß Jesus der verheißene Messias ist, zur Erhellung des gottgewollten Weges Jesu, zur theologischen Durchdringung der Christologie, für ihr Selbstverständnis als das neue, wahre Gottesvolk, kurz: zur Bestätigung und Stützung des eigenen Glaubens.“ Besonders für die Christologie (auch wenn der Begriff als solcher erst als „Werktitel bei B. Meisner, ,Christologias‘ Sacrae Disputationes L, Wittebergae 1624“ vorkommt – Karrer [1998: 14]) war das AT von Anfang an die maßgebliche Quelle. Es zeigt sich: „Das Alte Testament ist die entscheidende Verstehens- und Artikulationshilfe bei der Ausformulierung des neutestamentlichen Evangeliums und seiner Paraklese gewesen. Es ist eben deshalb die wichtigste Traditionsbasis, die das Neue Testament kennt.“ – Stuhlmacher (1997: 5).

18 Die Entstehung der einzelnen Bücher kann hier nicht eingehender beleuchtet werden. Die fraglose und uneingeschränkte frühstchristliche Akzeptanz und Übernahme der gesamten „heiligen Schriften“ muss hier als Ansatzpunkt für weitere Untersuchungen zur Entstehung des Kanons der christlichen Bibel genügen. Für eine detaillierte Darlegung des Entstehungs- und Kanonisierungsprozesses der einzelnen atl. Bücher s. insg.: Egelkraut (2012).

19 Bekannt war ihnen noch ein dritter Kanon, auch wenn dieser für sie keine Autorität darstellte: Es gab noch den Samaritanischen Pentateuch. Dass hier tatsächlich von einem eigenen Kanon gesprochen werden muss, zeigen zahlreiche inhaltliche Änderungen sowie Umstellungen gegenüber dem hebräisch-jüdischen Kanon (s. im Detail: Fischer [2009: 99–103]). Wie kam es dazu? „Die Samaritaner, die seit der Zeit Nehemias (ca. 445–420 v. Chr.) religiös von den Juden getrennt waren, schafften sich ihre eigenen Riten und ihren eigenen Kanon, der lediglich den Pentateuch enthielt. Ausgeschieden waren die ,Propheten‘, die dem israelitischen Nordreich mit seiner Hauptstadt Samaria besonders kritisch gegenüberstanden, und die ,Schriften‘, die mit dem Tempel von Jerusalem eng verbunden waren. Auch die Sadduzäer anerkannten nur die Tora als göttliche Offenbarung.“ – Egelkraut (2012: 55).

20 Es gibt in ihr auch einige wenige aramäische Textabschnitte: „Esr 4,8–6,18; 7,12–26; Dan 2,4–7,28; Jer 10,11 sowie zwei Wörter in Gen 31,47“. – Tilly (2005: 18).

21 Mommer (2015: 58). Auf den Abschluss des „Tanach“ durch die Chronik weist evtl. schon Jesus hin: „Interessant ist […] die Stelle in Mt 23,35 (vgl. Lk 11,51), wo Jesus vom Blut der getöteten Propheten von ,Abel an bis auf das Blut Secharjas‘ (vgl. 2Chr 24,20f) spricht. Secharja, nicht gleichzusetzen mit dem Propheten Sacharja, ist zwar chronologisch nicht der letzte, aber vielleicht literarisch, wenn nämlich z. Z. Jesu die Chronik den Abschluss des hebr. Bibelkanons bildete.“ – Egelkraut (2012: 56).

22 Childs (1994: 78f). Mit Jesus Sirach befinden wir uns zugleich mitten in der sog. zwischentestamentlichen Periode, rechnerisch ausgehend vom chronologisch zuletzt wirkenden, alttestamentlichen Schriftpropheten Maleachi um 435 v.Chr. Mit der Zeit Maleachis „fallen ungefähr die letzten Bücher der alttestamentlichen Geschichte zusammen – Esra, Nehemia und Esther“ (Grudem [2013: 63]), die zu den Ketubim gezählt werden (s.o.).

23 Egelkraut (2012: 53), weiter: „Öfter findet sich für das AT die Bezeichnung „Gesetz und Propheten“ (z. B. Mt 5,17; Lk 16,16), wobei damit das ganze AT gemeint ist und nicht bedeutet, dass die ,Schriften‘ nicht dazugehören.“ Die Weglassung der „Schriften“ (wörtl.: Psalmen) könnte dadurch bedingt sein, dass diese im Vergleich zu dem „Gesetz“ und den „Propheten“ (als eine Art „Kommentare“ zum Gesetz – Albani/Rösel [2007: 15]), graduell in „ihrer Offenbarungsqualität […] hinter die Tora und die Propheten“ zurücktreten. – Fischer (2009: 25).

24 Z. B. Albani/Rösel (2007: 13).

25 Die Unsicherheit bezieht sich jedoch auch hier nur auf die letzte Gruppe der Schriften, den Ketubim. Die Tora war längst als Autorität anerkannt, was auch die „griechische Übersetzung des Pentateuchs im dritten Jahrhundert v. Chr.“ bestätigt. – Childs (1994: 79).

26 Childs (1994: 81f). Auch „Philo (ca. 40 n. Chr.) erwähnt in De vita contemplativa 25 ,Gesetz, Propheten, Hymnen und andere Bücher‘, doch ist Josephus in „Contra Apionem, 1,7f“ genauer. „Im Gegensatz zu der unzähligen Menge der sonstigen Bücher spricht er von 22 Büchern, die als glaubwürdig gelten und von Propheten in der Zeit von Moses bis Artaxerxes abgefasst wurden. Danach habe es an wahren Propheten gefehlt.“ – Egelkraut (2012: 53). Zur Zahl 22 s.u.. Mit der Zeit Artaxerxes‘ ist nochmals das Ende der alttestamentlich überlieferten Geschichte abgesteckt: „Esra ging im Jahre 458 v. Chr. nach Jerusalem, und Nehemia war von 445-433 v. Chr. in Jerusalem. [...] Esther wurde irgendwann nach dem Tode Xerxes I. (= Ahasveros) im Jahre 465 v. Chr. geschrieben, und ein Datum während der Regierungszeit von Artaxerxes I. (464-423 v. Chr.) ist wahrscheinlich.“ – Grudem (2013: 63), mit Verweis auf „,Chronology of the Old Testament‘, in: IBD 1. S. 277.“

27 Zenger (2016: 28).

28 Zenger (2016: 28), mit Verweis auf: Ritter, A. M. (1993): Zur Kanonbildung in der Alten Kirche. In: ders., Charismata und Caritas. Göttingen. S. 265–280.273f. Grudem (2013: 66) weist darauf hin, dass das Buch Esther häufig in der frühchristlichen Kanonüberlieferung ungenannt bleibt („im Osten, aber nicht im Westen“), wobei die Gründe dafür unklar sind. Fest steht jedoch, dass Esther in keiner jüdischen Kanonüberlieferung fehlt, obschon das Buch an sich auch unter jüdischen Schriftgelehrten lange umstritten war (s.u.).

29 Childs (1994: 82), mit Verweis auf Leiman, S. Z. (1976): The Canonization of Hebrew Scripture. Hamden, CT. S. 39. Auch bei den frühchristlichen Apologeten (z. B. Justin) fehlen Zitate aus den Apokryphen völlig. – Zenger (2016: 28).

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