Die Genehmigung der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung

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(c) Die Klarheit des § 331 Abs. 3 StGB

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In Bezug auf den Grundsatz der Normklarheit ist vorab festzuhalten, dass der Genehmigungsakt als solcher regelmäßig hinreichend klar gefasst sein wird, da er seinem Adressaten entweder die Annahme des Vorteils untersagt oder ihm diese gestattet. Fraglich ist jedoch, ob § 331 Abs. 3 StGB hinreichend klar gefasst ist. Möglicherweise steht seiner Klarheit der Umstand entgegen, dass er die Straflosigkeit der Vorteilsannahme nicht allein von der Existenz der Genehmigung, sondern von der Einhaltung weiterer Voraussetzungen abhängig macht.

Bezogen auf den Grundsatz der Normklarheit wird zwischen der äußeren und der inneren Klarheit von Rechtsnormen unterschieden.[109] Die äußere Gesetzesklarheit ist technisch dahingehend zu verstehen, dass der Bestand der in Betracht kommenden Ausfüllungsnormen hinreichend klar werden muss.[110] Dies wird bereits durch die Formulierung des § 331 Abs. 3 StGB erreicht. Das Erfordernis der befugten Erteilung der Genehmigung macht, unabhängig von dem Charakter des Tatbestandsmerkmals, deutlich, dass für eine straflose Vorteilsannahme nicht allein die Voraussetzungen des § 331 Abs. 3 StGB einzuhalten sind. Zusätzlich sind diejenigen Vorschriften zu wahren, die der Behörde eine solche Befugnis verleihen. Hierzu können nur solche Vorschriften des öffentlichen Dienstrechts zählen, die das Verbot der Vorteilsannahme ausnahmsweise suspendieren.[111] Äußerlich ist der Bestand der die Genehmigungsbefugnisse der Behörde konkretisierenden Vorschriften deshalb klar zu erkennen.

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Inhaltlich muss nicht nur § 331 Abs. 3 StGB hinreichend klar gefasst sein. Auch die konkretisierenden Vorschriften sowie die Verweisung selbst müssen es dem Beamten ermöglichen, sich ein Bild von der Rechtslage zu machen.[112] Will man das Erfordernis der Einhaltung der behördlichen Befugnisse nicht ignorieren, lässt sich schon dem Wortlaut des § 331 Abs. 3 StGB entnehmen, dass die Genehmigungsmöglichkeit weiteren Beschränkungen unterliegt.[113] § 331 Abs. 3 StGB unterscheidet sich in seiner Formulierung von den umweltstrafrechtlichen Vorschriften. Die Straftatbestände der Gewässerverunreinigung (§ 324 Abs. 1 StGB) und des unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen (§ 326 Abs. 1 StGB) setzen ein „unbefugtes“ Verhalten des Täters voraus. Dem Wortsinn nach lässt sich dies auch als ein Handeln ohne behördliche Erlaubnis verstehen. Die weitere Beschaffenheit der Erlaubnis ist für ein befugtes Handeln danach nicht unbedingt ausschlaggebend. Es genügt, dass überhaupt eine Erlaubnis der Behörde existiert. Um in § 331 Abs. 3 StGB die Tatbestandswirkung von rechtswidrigen, aber verwaltungsrechtlich wirksamen Genehmigungen zu betonen, hätte sich somit einer den Tatbeständen der §§ 324 ff. StGB entsprechenden Formulierung angeboten. Nach § 331 Abs. 3 StGB muss die Behörde bei der Erteilung der Genehmigung aber gerade im Rahmen ihrer Befugnisse handeln. Im Hinblick auf die inhaltliche Klarheit des § 331 Abs. 3 StGB ist deshalb allein problematisch, dass sich diesem die konkreten Genehmigungsbefugnisse der Behörde nicht unmittelbar entnehmen lassen. Dieser Umstand ist aber gerade das Charakteristikum einer Verweisung.

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Hinzu kommt, dass von dem Beamten die Kenntnis der ihn betreffenden dienstrechtlichen Vorschriften erwartet werden kann. Das Verbot der Vorteilsannahme ist Teil der dem Beamten im Rahmen des Beamtenverhältnisses zukommenden Pflicht zur unparteiischen, gerechten und uneigennützigen Amtsführung (vgl. nur §§ 60 Abs. 1 S. 2, 61 Abs. 1 S. 1 BBG).[114] Diese gebietet es dem Beamten, sich selbst zu überprüfen, ob er alles getan hat, um die Pflicht zur unparteiischen, gerechten, uneigennützigen und damit gemeinwohlorientierten Amtsführung im Einzelfall zu verwirklichen.[115] Deshalb sind dem Beamten die aus dem Beamtenverhältnis resultierenden Pflichten und etwaige, die Pflichten konkretisierende dienstrechtliche Vorschriften regelmäßig bekannt bzw. müssen ihm bekannt sein. Dies gilt umso mehr, als das Verbot der Vorteilsannahme in den Beamtengesetzen eine ausdrückliche Regelung erfahren hat, aus der hervorgeht, dass er einen Vorteil in Bezug auf das Amt nur mit der Zustimmung der Behörde annehmen darf.

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Die dienstrechtlichen Zustimmungsvorschriften könnten ihrerseits allerdings insoweit unklar sein, als sie den Umfang der behördlichen Zustimmungsmöglichkeit nicht weiter beschränken, sondern die Erteilung der Genehmigung in das Ermessen der Behörde stellen. Bei isolierter Betrachtung spricht dies jedoch noch nicht gegen die Klarheit der Vorschriften. Denn die Bestimmtheit von Ermessenvorschriften ist jedenfalls für das Verwaltungsrecht allgemein anerkannt.[116] Allerdings entstehen Zweifel an der Klarheit des § 331 Abs. 3 StGB, sofern dieser die pflichtgemäße Ermessensausübung der Behörde zur Voraussetzung einer erlaubten Vorteilsannahme macht. Der Genehmigungsempfänger kann die Ermessensfehlerhaftigkeit der behördlichen Entscheidung regelmäßig nicht erkennen. Ein ausreichendes Bild von der Rechtslage kann er sich deshalb womöglich nur machen, wenn die Genehmigung auch im Fall ihrer Ermessensfehlerhaftigkeit zur Straflosigkeit der Vorteilsannahme führt.

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Allerdings bliebe außer Betracht, dass die behördliche Ermessensausübung durch eine Vielzahl von Verwaltungsvorschriften konkretisiert wird, die einerseits das Verbot der Vorteilsannahme bestätigen, andererseits konkrete Regelungen über die Möglichkeit einer behördlichen Zustimmung enthalten.[117] Anders als für einen außerhalb der Verwaltung stehenden Bürger handelt es sich bei Verwaltungsvorschriften um für den Beamten geltendes Innenrecht.[118] Auch wenn er selbst nicht in die Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung einbezogen ist, ist er als Inhaber eines Organs bzw. Amtes Teil der nachgeordneten Behörden und damit seinerseits Adressat der Verwaltungsvorschriften. Ihrem Adressaten gegenüber sind Verwaltungsvorschrift stets bekanntzugeben.[119] Dieser hat ihnen im Rahmen der allgemeinen Gehorsamspflicht Folge zu leisten.[120] Insoweit unterscheiden sich Verwaltungsvorschriften nicht von den Beamtengesetzen. Die Kenntnis der für ihn bzw. die für den Dienstherrn als zuständige Genehmigungsbehörde einschlägigen internen Richtlinien kann von dem Beamten deshalb ebenso verlangt werden wie die Kenntnis der gesetzlichen Grundlagen des öffentlichen Dienstrechts.

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Sollte es deshalb gelingen, die Erwägungen der behördlichen Ermessenentscheidung mit Hilfe der zum Verbot der Vorteilsannahme ergangenen Verwaltungsvorschriften so zu präzisieren, dass die Grenzen der behördlichen Genehmigungsbefugnisse für den Beamten erkennbar sind, wäre § 331 Abs. 3 StGB unabhängig von einer streng verwaltungsaktsakzessorischen Auslegung inhaltlich derart klar gefasst, dass er sein Verhalten daran ausrichten kann.[121]

(3) Das Vertrauen des Vorteilsnehmers in die Beständigkeit verwaltungsrechtlich wirksamer Genehmigungen

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Hintergrund der vorgebachten Zweifel an der Klarheit des § 331 Abs. 3 StGB ist die Forderung nach Vertrauensschutz. Der Vorteilsnehmer soll sich auf eine einmal erteilte Genehmigung verlassen können. Sein Vertrauen in die Beständigkeit der Genehmigung sei grundsätzlich schutzwürdig und erfordere deshalb die strafrechtliche Anerkennung einer verwaltungsrechtlich wirksamen erteilten Erlaubnis. Auf deren materielle Rechtmäßigkeit komme es dagegen nicht an.[122]

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Zwar ist die Prämisse zutreffend, dass dem Vertrauen des Genehmigungsempfängers im Rahmen des § 331 Abs. 3 StGB besondere Beachtung geschenkt werden muss, weil die Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung darin zur Disposition der Behörde gestellt wird und die dienstrechtlichen Vorschriften dieser einen Ermessensspielraum zubilligen. Der Schluss, dass ein ausreichender Schutz des Vertrauens des Genehmigungsempfängers deshalb nur durch die strafrechtliche Anerkennung der verwaltungsrechtlichen Wirksamkeit der Genehmigung erreicht werden kann, ist aber nicht zwingend. Die Entscheidung, rechtswidrige Genehmigungen als wirksam anzuerkennen, ist eine im Verwaltungsrecht existierende Besonderheit, die dort nach Abwägung des Interesses des Adressaten an der Rechtsbeständigkeit hoheitlicher Regelungen und der behördlichen Verpflichtung zu gesetzmäßigem Verhalten ergangen ist.[123] Deshalb ist die Beseitigung von rechtswidrigen Verwaltungsakten im Verwaltungsrecht nur durch die Anfechtung oder unter den strengen Voraussetzungen einer behördlichen Aufhebung möglich.[124] Bis dahin entfaltet auch ein materiell-rechtswidriger Verwaltungsakt Rechtswirkungen. Mit Ablauf der Anfechtungsfrist wird er zudem bestandskräftig.[125] Das Verwaltungsrecht stellt den Schutz des Vertrauens des Bürgers in die Geltung staatlicher Akte folglich auf streng formale Weise sicher. Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes seine Nichtigkeit zur Folge hat, dem Verwaltungsakt seine Fehlerhaftigkeit also „auf der Stirn geschrieben steht“[126].

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Dass diese Lösung ohne Weiteres für das Strafrecht bzw. andere Rechtsgebiete fruchtbar gemacht werden kann, erscheint indes zweifelhaft. Das Prinzip der Rechtssicherheit und der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung stehen sich grundsätzlich gleichrangig gegenüber. Letztlich liegt es am Gesetzgeber, beide Prinzipien im jeweiligen Kontext gegeneinander abzuwägen.[127] Der Gesetzgeber hat für die Umweltdelikte der §§ 324 ff. StGB, mit Ausnahme der nach § 330d Nr. 5 StGB rechtsmissbräuchlich erwirkten Genehmigungen, rechtswidrige Genehmigungen für beachtlich erklärt. Die im Umweltstrafrecht bestehende Akzessorietät zum Umweltverwaltungsrecht erfordert die grundsätzliche Anerkennung verwaltungsrechtswidriger Erlaubnisse. Die Einführung des § 330d Nr. 5 StGB zeigt jedoch, dass der Gesetzgeber nicht von einer strengen Akzessorietät ausgegangen ist, sondern andere Rechtsgrundsätze hat einfließen lassen. Das Beispiel des § 330d Nr. 5 StGB zeigt, dass sich der strafrechtliche vom verwaltungsrechtlichen Vertrauensschutz dadurch abgrenzt, dass er stets eine Einzelfallbetrachtung erforderlich macht.[128] Auch die §§ 324 ff. StGB treffen im Hinblick auf den Schutz des Vertrauens des Genehmigungsempfängers keine dem Umweltverwaltungsrecht entsprechende Lösung. Gleiches muss für die Korruptionsdelikte der §§ 331 ff. StGB gelten. Auch hier muss etwaigen Besonderheiten der Regelungsmaterie, speziell der des § 331 Abs. 3 StGB, Rechnung getragen werden. Neben der Genehmigung verlangt dieser die Einhaltung der objektiven Genehmigungsgrenzen. Dieser Umstand ist unabhängig von der konkreten Ausgestaltung dieser Grenzen zunächst einmal als Faktum hinzunehmen. Bei isolierter Betrachtung folgt daraus, dass die Genehmigung der Behörde im Fall der Überschreitung dieser Grenzen unabhängig von etwaigen verwaltungsrechtlichen Vorgaben unwirksam ist. Daher verbietet sich der pauschale Hinweis auf die Bestandskraftfähigkeit von Verwaltungsakten.[129] In der Konsequenz gilt es dann jedoch die Frage zu beantworten, auf welche Weise das Vertrauen des Beamten in die ihm erteilte Genehmigung stattdessen Berücksichtigung finden kann. Möglicherweise lässt sich dies jedoch mit „strafrechtseigenen Mitteln“ bewerkstelligen.

 

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Vertrauensschutzaspekte lassen im Strafrecht auf den verschiedenen verbrechenssystematischen Ebenen, sprich auf Unrechts-, Schuld- und Strafzumessungsebene ausfindig machen.[130] Weil sich das Vertrauen des Beamten in die Genehmigung aber regelmäßig auf das Vorliegen ihrer Voraussetzungen sowie den Eintritt ihrer Rechtsfolgen beziehen wird, geraten an dieser Stelle vorrangig die strafrechtlichen Irrtumsvorschriften der §§ 16, 17 StGB in den Blick.[131] Mit ihnen lassen sich einerseits die in § 331 Abs. 3 StGB aufgestellten objektiven Genehmigungsgrenzen berücksichtigen, andererseits tragen sie möglichen Fehlvorstellungen auf Seiten des Genehmigungsempfängers Rechnung. Auf diese Weise ist dem Vertrauen in die Erlaubnis zur Vorteilsannahme womöglich schon im Kontext der §§ 331 ff. StGB nachzukommen, ohne hierfür auf verwaltungsrechtliche Grundsätze zurückgegriffen zu müssen.[132]

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Die §§ 16, 17 StGB haben hinsichtlich der Genehmigung der Vorteilsannahme, soweit ersichtlich, erst im Fall Poullain[133] Bedeutung erlangt. Der Bundesgerichtshof entschied, dass in einem Erlaubnistatbestandsirrtum handelt, wer als Amtsträger ein Honorar(angebot) für eine ihm dienstlich obliegende Beratungsleistung annimmt, und dabei der Ansicht ist, sein Verhalten sei ihm aufgrund seines mit der Westdeutschen Landesbank geschlossenen Dienstvertrages erlaubt.[134] Das Gericht hat die Frage, wie die einschlägige Vertragsklausel im Einzelfall zu verstehen ist, als eine Tatsachen- und nicht als eine Rechtsfrage angesehen.[135] In der strafrechtlichen Literatur ist diese Entscheidung auf Widerspruch gestoßen, weil es das Gericht unterlassen hat, für den konkreten Einzelfall eine Abgrenzung zwischen Erlaubnistatbestands- und sog. Erlaubnisirrtum vorzunehmen.[136] Der Bundesgerichtshof hat zugunsten des Täters angenommen, dass dessen Vorstellung von der Genehmigung eine die Vorteilsannahme rechtfertigende Sachlage zum Gegenstand hatte.[137] Sein Vorstellungsbild sei wie ein den Vorsatz ausschließender Irrtum über Tatumstände nach § 16 Abs. 1 StGB zu bewerten. Dieser schließe die Strafbarkeit auch dann aus, wenn seine Vorstellung objektiv nicht zutrifft.[138]

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In der strafrechtlichen Literatur wird hierzu kritisch angemerkt, dass das Gericht die Vorstellung des Täters schlicht unterstellt und nicht geprüft habe, ob der Irrtum über die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens die Grenzen der Genehmigung betraf. Letzterenfalls sei sein Irrtum nicht als Erlaubnistatbestands-, sondern als Verbotsirrtum nach § 17 StGB zu behandeln.[139]

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Die Einordnung eines Irrtums über die erlaubte Vorteilsannahme hängt eng mit der Frage nach dem Vorsatzgegenstand zusammen. Nach Maßgabe der heute geltenden Schuldtheorie ist das Unrechtsbewusstsein nicht Gegenstand des Tatbestandsvorsatzes, sondern ein selbstständiges Element der Schuld.[140] Der Tatbestandsvorsatz des Täters setzt auf der Vorstellungsebene allein die Kenntnis der tatbestandsmäßigen Umstände voraus (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB). Für die Ebene der Rechtswidrigkeit bedeutet dies, dass der Täter im Hinblick auf den nach h.M. erforderlichen „subjektiven Rechtfertigungstatbestand“ allein die den „objektiven Rechtfertigungstatbestand“ begründenden Umstände kennen muss. Deshalb kommt es für die Annahme eines strafbarkeitsausschließenden Erlaubnistatbestandsirrtums nicht darauf an, ob der Täter auch die Einsicht hatte, sein Verhalten sei ihm erlaubt. Die fehlende Unrechtseinsicht bzw. ein Irrtum über die Existenz oder die Grenzen einer gesetzlichen Erlaubnis führen vielmehr zur Anwendung des § 17 StGB. Demnach gelangt man im Fall Poullain mit dem Bundesgerichtshof nur dann zur Annahme eines Erlaubnistatbestandsirrtums, wenn die Vorstellung des Täters, die Genehmigung erlaube ihm die Annahme des Vorteils, einen Umstand darstellt, der zum Erlaubnistatbestand des § 331 Abs. 3 StGB gehört.[141] Trotz der insoweit nicht unberechtigten Kritik in der Literatur ist das Bemühen des Gerichts anzuerkennen, das Vertrauen des Amtsträgers in die ihm erteilte Genehmigung mit Hilfe der strafrechtlichen Irrtumsvorschriften zu schützen. Vor diesem Hintergrund ist im Folgenden zu untersuchen, ob sich bei Beachtung der §§ 16, 17 StGB für den Fall des § 331 Abs. 3 StGB ein hinreichender Vertrauensschutz sicherstellen lässt. Die Annahme eines Vorteils ist analog § 16 StGB dann straflos, wenn dem Vorstellungsbild des Amtsträgers im Tatzeitpunkt Umstände zugrunde liegen, bei deren Vorliegen die Tat nach § 331 Abs. 3 StGB straflos wäre.

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§ 331 Abs. 3 StGB bildet selbst nicht die Rechtsgrundlage der Genehmigung, sondern macht die Straflosigkeit des Beamten von der Erteilung einer dienstrechtlichen Zustimmung der Behörde abhängig.[142] Dass die Behörde bei der Erteilung der Genehmigung die ihr durch das öffentliche Dienstrecht vorgegebenen Genehmigungsgrenzen einzuhalten hat[143], die Vorteilsannahme mit anderen Worten dienstrechtlich genehmigungsfähig sein muss, folgt aus ihrer Verpflichtung, bei der Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung „den Rahmen ihrer Befugnisse“ nicht zu überschreiten. In der Folge begründet die unter Einhaltung der behördlichen Befugnisse zustande gekommene Genehmigung ein Rechtsverhältnis zwischen der Behörde und dem Genehmigungsempfänger, das diesem – die Einhaltung der übrigen Genehmigungsvoraussetzungen des § 331 Abs. 3 StGB vorausgesetzt – die Annahme des Vorteils für die Dienstausübung erlaubt. Mit dem Merkmal der „Genehmigung“ bringt § 331 Abs. 3 StGB zunächst zum Ausdruck, dass dem Beamten die Annahme eines Vorteils nur mit der Genehmigung der Behörde erlaubt ist. Andernfalls bleibt sie verboten (Genehmigungsvorbehalt). Erst die Genehmigung verhindert den Unrechtsappell des § 331 Abs. 1 StGB. Allerdings schließt nur die im Rahmen der behördlichen Befugnisse erteilte Genehmigung das Unrecht der Vorteilsannahme aus. Der Umfang der behördlichen Befugnisse folgt dabei aus den dienstrechtlichen Vorschriften. Es wäre jedoch voreilig, § 331 Abs. 3 StGB deshalb als unvollständig und das Erfordernis einer „befugten“ Genehmigungserteilung als Blankettmerkmal[144] zu bezeichnen. Denn die grundsätzliche Wertung, dass die Vorteilsannahme im Einzelfall genehmigungsfähig sein muss, folgt bereits aus § 331 Abs. 3 StGB. Dieser ist insoweit vollständig, als er von vornherein nur einen eingeschränkten „Erlaubnisappell“ vermittelt. Die Vorschriften des öffentlichen Dienstrechts enthalten darüber hinaus keine eigenständigen Wertungen. Sie füllen lediglich die des § 331 Abs. 3 StGB aus, weshalb es sich bei den Tatbestandsmerkmalen der „Genehmigung“ bzw. dem der behördlichen „Befugnis“ im Ergebnis um sog. normative (Rechtfertigungs-)Tatbestandsmerkmale handelt.[145]

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Handelt es sich um normative Tatbestandsmerkmale, kommt es für die Frage eines die Strafbarkeit ausschließenden Erlaubnistatbestandsirrtums allein darauf an, dass der Täter die in § 331 Abs. 3 StGB umschriebene Wertung als Teil des gesetzlichen Tatbestandes jedenfalls laienhaft nachvollzogen hat.[146] Dafür muss er einerseits das hinter der Genehmigung stehende Rechtsverhältnis in sein Vorstellungsbild aufgenommen haben, andererseits muss er sich zumindest laienhaft vorstellen, die Behörde dürfe die Genehmigung erteilen. Diese Wertungen sind dem Genehmigungsempfänger aber schon dann bewusst, wenn ihm die Genehmigung erteilt wird und er – wenn auch irrig – davon ausgeht, diese berechtige ihn zur Annahme des Vorteils. Denn mit der Vorstellung über seine Berechtigung stellt er sich nicht nur die Existenz einer behördlichen Erlaubnis, sondern jedenfalls in der Laiensphäre auch deren Rechtswirksamkeit vor. Hält er die Genehmigung aber für rechtswirksam, geht er davon aus, dass die Behörde ihm diese auch erteilen durfte, die Vorteilsannahme also genehmigungsfähig war. Damit kennt er zugleich die dem Befugnismerkmal immanente Wertung. Stellt er sich darüber hinaus Umstände vor, nach denen die übrigen Genehmigungsvoraussetzungen des § 331 Abs. 3 StGB erfüllt sind, handelt der Beamte deshalb in einem Erlaubnistatbestandsirrtum, der seine Strafbarkeit auch dann ausschließt, wenn seine Vorstellung objektiv unzutreffend ist.

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Im Ergebnis ist der Bundesgerichtshof im Fall Poullain somit zu Recht von einer strafbarkeitsausschließenden Vorstellung des Amtsträgers ausgegangen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zeigt, dass dem Vertrauen des Beamten in die Genehmigung auch mit Mitteln des Strafrechts nachgekommen werden kann. Der im Verwaltungsrecht mit der Bestandskraft von Verwaltungsakten bezweckte Vertrauensschutz des Genehmigungsempfängers muss somit letztlich keine objektive Größe des Erlaubnistatbestandes bzw. keine Frage der objektiven Unrechtsebene sein.[147] Ihm lässt sich vielmehr auch dann Rechnung tragen, wenn die strafrechtlichen Wirkungen der Genehmigung vom Verwaltungsrecht unabhängig bestimmt werden.