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Morphogenetisches Feld

Um bei der oben erwähnten Mode zu bleiben: Im Raum klebt eine Idee – zum Beispiel vor dreißig Jahren: Punk. In allen Kulturen, die gedanklich und mental miteinander verbunden sind, ist dieser Gedanke plötzlich wahrnehmbar. Dabei geht dies von der zugrunde liegenden Idee bis zur äußerlichen Kleidung. Je mehr Menschen diesen Gedanken, diese Idee in sich leben lassen –ihm sozusagen Energie geben – desto größer wird das entsprechende Feld. Und immer mehr Leute werden davon erreicht. Je größer das Feld, umso leichter ist es für Gleichgesinnte, sich einzuklinken und die Idee »downzuloaden«.

Wenn eine Mehrheit der Menschen das Feld in ihr Wesen übernommen hat, ist das Feld so groß, dass es zur grundlegenden Struktur in Mentalität und Gesellschaftsordnung wird. Ungewohntes wird über Nacht zur Normalität.

Heutzutage ist das Färben der Haare, das Piercen und Tätowieren der damals oft verspotteten Punks so normal geworden, dass sich niemand mehr darüber aufregt. Höchstens ich, weil ich die damalige Idee als verraten empfinde. Aber so funktioniert das Assimilieren. Ein anfänglich revolutionärer Gedanken wird zu einer Massenbewegung, die aber den Ursprungsgedanken in extrem verwaschener Form in das eigene Denken übernimmt. Wobei oft die Idee oft entkernt, und der Inhalt auf sein äußere Erscheinungsform reduziert wird. Aus dem Feld des Revoluzzertums wurde über die Zeit ein matschiger Abdruck. Untergegangen im Massenbewusstsein. Der ursprüngliche Gedanke wurde einfach integriert und weggeschwemmt. Und hat dadurch seine Kraft verloren. Übrig blieben die übernommenen Frisuren und Teile der Kleidung, die jetzt normal geworden sind.

So funktionieren alle Veränderungen. Ob das nun eine industrielle Revolution, kirchliches Gedankentum, das Fahrradfahren, Computer oder Modeerscheinungen sind: Am Anfang war ein kleines Feld, das einige Wenige initiierten oder erspürten. Diese »Idealisten« oder – im oberflächlichen Sinne – Designer ziehen durch ihre intuitive Wahrnehmung der neuen Impulse die formgewordene Idee in die materielle, sichtbare Welt. So wird ein Trend geboren. Ein Trend, den erst wenige verfolgen, die dafür oft ausgelacht oder beschimpft, verspottet und verfolgt werden. Die Idealisten fühlen das Wachsen dieser Struktur und sind sich ihrer Bedeutung bewusst. Je mehr Menschen diese Idee nun wahrnehmen, umso größer wird das entsprechende Feld und umso einfacher ist es für nachfolgende Leute oder Designkopisten, den Trend nachzuahmen und weiterzuführen. Mit jedem neuen Nutzer der Idee verbreitet sich das Gedankentum oder die Mode. Plötzlich trägt jeder Schlaghosen! Und es wird normal, Schlaghosen zu tragen. Und mit der Normalität verändert sich sogar der Massengeschmack: alle finden Schlaghosen spitze, klasse, groovy.

Auf anderen Ebenen wächst der Gedanke an eine Revolution aus idealistischen Gründen und Szenarien werden gemacht, wie eine bessere Welt auszusehen habe. Es werden Anstrengungen und Unternehmungen angeleiert, die das entstandene geistige Feld vergrößern, ihm mehr Kraft und Bedeutung geben. Bis sich das Feld verselbstständigt und in die Masse eingeht. Dann werden im schlimmsten Fall aus friedlichen Protesten radikale Demos, bei der Mauern zerstört und Grenzen eingerissen werden. Um dann im neu eroberten Land mit 100 DM und einer Gurke die ursprüngliche Idee von Freiheit mit reichlich viel Sekt zu Grabe zu tragen. So ist der Lauf der Dinge. Hoffen wir, dass die momentane Bewusstseinsrevolution ihre Ideale behalten kann, wenn sie zu einer Massenbewegung wird.

Was bin ich früher ausgelacht worden, weil ich die Haare auf spezielle Weise frisiert oder gefärbt hatte, oder mit den außergewöhnlichsten Klamotten herumlief. Genau diese Mode ist heute zur Normalität geworden, und eben auch das Schwarz–Tragen. Die entstandene Normalität überrennt die ursprüngliche Idee einfach. Aber im Tod des assimilierten Gedankens blüht ein neuer Gedanke. Ein ständiges Kommen und Gehen, ein Hin–und–her–Geschubse von einem Extrem in das nächste, und die große Masse führt alle Ideen in die Normalität.

Das soll jetzt ohne Beurteilung verstanden sein. Es ist so, weil es genauso funktionieren muss. Es gibt die, welche von einer neuen Idee zur nächsten springen, immer jenseits der Norm, um eine Veränderung zu bewirken, einen Gegentrend zu schaffen, bewusst oder unbewusst. Eine Veränderung in Kleidung, Design, Musik, gesellschaftlichen Ideen oder gar politischen Strukturen. Eine Veränderung, die vonnöten ist, um eine Gesellschaft zu einer Evolution anzuregen. Und es gibt jene, welche die neuen Errungenschaften normalisieren müssen. Welche die neuen Ideen in die alltägliche Realität aufnehmen und integrieren. Ohne die Übernahme des Neuen in die Masse, in die Normalität, kann es keine tief greifende, alle berührende Veränderung geben.

Eine neue Idee muss Fuß fassen können, und um stabil zu bleiben. Sie muss auf festem Boden stehen. Deswegen auch der beobachtbare Gedanken– und Vorstellungswandel in den Generationen. Die eine Generation versucht die Gesellschaft durch neues, extremes Denken, und wagemutige Schritte zu verändern. Sie bringen neue Gedanken und Ideen ins Leben. Die nächste Generation zeigt sich im Gegensatz dazu von eher konservativer Natur, beständiger, wieder behäbiger, unbeweglicher. Beide Generationsmodelle sind wichtig: Die Geruhsame bestätigt zunächst die alten Werte, um aber gleichzeitig auf unrevolutionäre Art und Weise das neue Gedankengut mit in die Mentalität einzubeziehen. Um dann zum nächsten Schritt weiterzugehen.

Die morphogenetischen Felder bilden sich also, wenn neue Gedanken oder Ideen aufkommen, um späteren Benutzern oder Gleichgesinnten den Zugang zu diesem Wissen zu erleichtern. Beispiel Fahrradfahren: Ich weiß noch, dass ich damals Tage lang versuchte auf zwei Rädern zu balancieren. Und ohne den Sandhaufen am Ende unserer Straße wäre ich so manches Mal auf die viel befahrene Straße weitergerutscht.

Die ersten Radfahrer hatten es bestimmt nicht einfach, eine solch neue Weise der Fortbewegung in die damalige Welt zu transferieren. Es dauerte sicher eine geraume Zeit die nötige Balance zu finden, und mit dem Gerät richtig umzugehen. Bevor viele Menschen diese Art der Fortbewegung nutzen lernten, waren bestimmt einige unsanft auf ihrem Hintern gelandet.

Aber durch deren Erfahrungen und das daraus resultierende Wissen um die Benutzung des Rades und das Aufrechterhalten der Balance bildete sich ein Feld, in das diese Erfahrungen gespeichert wurde. Die nachkommenden Radfahrer konnten sich durch ihre Absicht Radfahren zu lernen, einfach das gespeicherte Wissen zunutze machen. Und lernten somit viel schneller Theorie in Praxis umzusetzen. Je mehr Menschen das Radeln beherrschen, desto einfacher ist es für die Nächstfolgenden, das System zu übernehmen. Meine Kinder lernten an einem Tag Fahrradfahren – einfach so. Ein quasi in die Wiege gelegtes normales Bewusstsein über das Balancieren auf zwei Rädern. Ein Glück für mich, denn ich sah mich schon, wie ich tagelang das Kinderrad festhaltend die Straße hoch– und runterrenne.

Beispiel Auto fahren. Faszinierend, wie einfach es geworden ist, diese Dinger zu bewegen. Fast jeder Mensch kann Auto fahren, ob er nun intelligent ist oder nicht. Es steht einfach in unserem menschlich verfügbaren Feld der normalen alltäglichen Möglichkeiten. Genau wie die Kinder heutzutage einfach so mit Handys und Computer umgehen können. Die Masse an Usern hat ein Feld errichtet, das die Neugeborenen bereits von Anfang an integriert haben. Weil es so stark ist. Es ist eben zur Normalität geworden.

Wenn man sich mal vorstellt, was noch alles in den Feldern um uns angelegt ist, in welche sich mensch problemlos einklinken kann. Was wir alles lernen könnten, wenn wir diese Möglichkeit Inhalte aufzunehmen bewusst nutzen würden!

Ich erinnere mich, wie ich nach wochenlangen Bemühungen, den Adobe Photoshop zu ergründen – um meine Zeichnungen im Computer besser aussehen zu lassen –, fast verzweifelte. Weil ich das Programm einfach nicht kapierte. Bis ich eines Tages aufwachte, mich an den Computer setzte und ohne ersichtlichen Grund die Ebenenfunktionen beherrschte. Einfach so – ohne äußere Unterstützung oder Erklärungen. Es fiel mir quasi aus dem Himmel in den Schoss, oder: Ich hatte endlich Zugang zu dem Feld, in welchem das Wissen der mit Photoshop arbeitenden Designer und Grafiker gespeichert war.

Es ist alles da oben abgelegt und einfach zu ergründen. Alle erdenklichen Ideen zur Ausübung und Erfahrung liegen dort oben bereit: Sei es Krieg, wovon uns bestimmt ein großes Feld umgibt, das täglich durch gewaltverherrlichende Filme und tatsächlicher Gewalt Erweiterung erfährt. Oder ein Feld der Nächstenliebe, der Hilfe, des Mitgefühls und der Toleranz. Diese Felder müssten meines Erachtens noch mehr Energie erhalten, um einmal zur gesellschaftsbestimmenden Normalität zu werden. Aber dazu benötigt es vielleicht mehr Anregungen in diese Richtung, was über die alles erreichende Medienlandschaft geschehen könnte. Sodass mehr Menschen dieses Gedankengut in sich aufnehmen und sich aus dem Feld der Unsicherheit und Angst ausklinken können. Veränderung ist machbar.

Nachdem wir aus dem schwarz–weißen Café in den Strom der Feierabendfeiernden getreten waren, trennen wir uns und ich gehe – wie so oft – alleine ins Kino. Nach einem leidlich amüsanten Film sitze ich in meinem Auto und warte auf den Beginn meines mittwöchlichen Tanzvergnügens. Und falle wieder einmal in die Rolle des Außenstehenden. Ich beobachte die Menschen um mich herum. Wie sie durch die prall gefüllten, von Hektik durchzogenen Straßenwelten ziehen, verfolgt von gedankenschweren Energien, die sich in ihren Nacken geheftet haben. Leidende Menschen, betrunkene Menschen, ängstliche Menschen. Im Einkaufswahn oder der Einsamkeit verfallen. Kranke Menschen. Menschen, die sich der gesellschaftlichen Norm und Moral zu Füßen geworfen haben, um die eigene Unsicherheit nicht zu spüren. Um sich in Zeiten der Angst geleitet und geführt zu wissen. Anstatt sich der Angst zuzuwenden, um zu erkennen, dass Angst nur eine hohle Blase aus der Vergangenheit ist.

 

Ich stehe in meiner ehemals Lieblingstanzhalle und bemerke wieder einmal, dass die interessanten Leute bis auf wenige verschwunden sind. Die »next Generation« hat den Schuppen in ihren Besitz genommen, so wie ich es schon oft erlebt habe. Das bedeutet wieder Veränderung: Ich muss nach einem neuem Ort Ausschau halten. Alte Zelte abbrechen und Neues in Bewegung bringen.

Veränderung ist das einzig Beständige in meinem Leben. Immer wieder von Neuem zu beginnen, neue Wege zu gehen und Neues zu erproben. Und kaum habe ich mich an etwas gewöhnt, oder als akzeptabel abgespeichert, verändert sich die Situation von Neuem. Manchmal leide ich unter dem ewigen Hin und Her. Heute zum Beispiel.

Ich vermisse so etwas wie eine Heimat. Ein Ort, an dem ich mich absolut wohlfühle, der mir entspricht, wo ich Leute finde, die mir entsprechen. Gleichgesinnte. Eine Heimat für alle meine Bedürfnisse. Überhaupt eine Heimat.

Heimat

Ein wahres zu Hause ist für mich auf ewig mit der rötlichen Stadt am silbernen Fluss verbunden. Aus den hohen, beinahe den Himmel berührenden Bergen, mit all den kristallenen Toren zu anderen Orten, entspringt der silberne Fluss aus einer weit oben gelegenen Höhle. Der Blick ins darunter liegende Land ist unbeschreibbar. Die Weite und der fast greifbare Frieden umschmeicheln den Berg und stürzen mit dem glitzernden Wasserfall in die Tiefe. Dort sammelt sich das in den Sonnenlichtern spiegelnde Nass und fließt in einem immer breiter werdenden Strom ins Land hinein.

Je tiefer der Fluss ins Land eindringt, desto breiter, kräftiger, lebendiger wird er. Die das Wasser bewegenden Wesen springen übermütig von Stein zu Stein, schlagen Purzelbäume und Kapriolen und bringen die Gischt des tosenden Wassers zum Sprühen. Deren Lachen ertönt und mit dem Rauschen des Fließens bringt die Bewegung des Stroms einen Gesang der unvergesslich bleibt.

Viele Fernen weiter beruhigt sich das mittlerweile älter gewordene Sein im Wasser und fließt nun gemächlicher, beobachtender durch die jetzt rötlich schimmernde Landschaft. Kristalle stehen an den Ufern. Mannshoch, in allen Farben erfahrbar. Und der feste, steinige Boden ist überzogen von sattem, weichen Moos, in welchem zarte Blüten bunter Formen ihre Köpfe zum Himmel strecken. Dem Mäander folgend wird das fließende Sein wieder schneller, belebter. Es scheint, als freut sich jeder Tropfen in dem belebten Fließen auf ein kommendes Ereignis. In leichten Stromschnellen geht es um bewachsene Felsen herum und stürzt auf ein Plateau, das den Fortlauf des Flusses etwas verlangsamt. Dennoch ist die freudige Erregung spürbar.

Auf dem Plateau, an die dahinter wieder aufragenden Berge gelehnt, steht meine Heimatstadt. Oder besser, die Stadt die mir in dunklen Zeiten düsterer Verzweiflung am nächsten war, die mir größte Hoffnung, aber auch stete Sehnsucht schenkte. Breite, aus rötlichen Steinen gebaute Brücken überspannen den springenden Fluss. Es gibt keine Straßen in unserem Sinne, denn Fahrzeuge sind nicht zu sehen, werden auch nicht benötigt. Überall tummeln sich die Bewohner dieser Stadt. Es ist ein friedvolles Wispern freudiger Stimmen. Das Leben spielt sich vornehmlich auf den Straßen ab. Es ist warm, Kälte ist nicht vorgesehen an diesem Ort.

Die Stadt zieht sich in kleinen übereinander gebauten Wohnquadern, mit unzähligen Treppen und Plätzen, den Blick in die sich ergebende Weite freigebend, die Hänge hinan. Es ist keine städtebauliche Absicht zu erkennen, aber das Durcheinander und die unzähligen, meist offenen kleinen Wohnungen sprechen vertraut miteinander. Die Stadt lebt in sich, und die Bewohner feiern das Leben in einer andauernden Freude. Ich wohne weit oben, den Blick nicht in Richtung der Berge gerichtet, sondern so wie ich es auch heute noch liebe, in den fast nur aus Himmel bestehenden Horizont.

Der silberne Fluss, bevölkert mit kleinen Booten und die am Himmel wachenden Sonnen spiegelnd, rast laut, in Vorfreude brüllend, auf den von der Stadt begrenzten Horizont zu. Um dort mit breitem Grinsen in das viel tiefer liegende Land zu fallen. Die Stadt blickt somit von oben auf die Welt hinunter, eine Welt voller Leichtigkeit und Schönheit.

An Verbindungsleinen schweben runde Wohnkugeln über dem immensen Wasserfall. Eine ganz spezielle Erfahrung des Wohnens und Schlafens, was mir aber immer zu bewegt war. Über den Häusern mit all den Stufen und Treppen, die sich rechts und links des Flusses an die kraftvollen Berge lehnen, sind viele Kristalle zu sehen. Wie auch die wild Gewachsenen, spiegeln sie alles Licht, alle nur erdenklichen Farben. Diese sind jedoch bearbeitet und werden als Energielieferanten und zum Überqueren verschiedenster Entfernungen genutzt. Es sind Tore durch Raum und Zeit, einzeln zu begehen und an viele Orte in dieser und in anderen Welten führend.

Allein der Gedanke an diese Stadt, an die Lebendigkeit und Kraft dieses Ortes macht mein Herz weich und groß. Wir leben hier in einer friedvollen Gemeinschaft, es gibt keinen großen Ärger oder Kriege mehr. Wir haben diese Phase längst schon hinter uns gelassen. Unser Bestreben erfüllt sich durch das Studieren und das Genießen des Lebens. Wir sind auch auf Schiffen im gesamten Universum unterwegs, wo wir unsere Hilfe dem anbieten, der sie haben will.

Die Frage nach Leben und Tod stellt sich uns nicht wirklich. Wir sind verbunden mit unseren Seelen und wissen um die Dinge, die das lebendige Sein bestimmen. Wir sterben auch nicht ungewollt. Es gibt eine freiwillige Möglichkeit, ein anderes Dasein, eine andere Inkarnation zu wählen. Was wir im Einklang mit unserem inneren Wesen bestimmen.

Dennoch werden auch von uns neue Erfahrungen gesucht. Obwohl wir vieles bewusst erleben und sehen können, sind wir uns im Klaren, dass das große Eins–Sein beinahe unerforscht hinter allem liegt. Wir sind aufgrund unserer Schwingung sehr leicht, ja fast nicht fassbar. Das gesamte Sein in unserer Welt, das Berühren und Bewegen, das Fühlen von Gewicht und Schwere ist im Gegensatz zu der menschlichen Realitätserfahrung transparenter, unfassbarer, nebliger. Wir sind circa drei Meter groß, und sehr feingliedrig. Unsere Haut hat eine helle Farbe, und obwohl wir auch das polare Sein erleben und in männlichen oder weiblichen Körpern leben, haben wir nicht diese feste Körperlichkeit, wie ich sie jetzt als Mensch erlebe.

Auch die Verschmelzung zweier Wesen, die als Mensch fast nur mit einem gemeinsamen Orgasmus erlebbar ist, findet in dieser Welt anders, einfacher statt. Es ist wie alles hier leichter, fast schon beiläufig, und gehört sozusagen zur Grundausstattung. Wir haben hinsichtlich der Verschmelzung und des darin liegenden Gefühls des absoluten Eins–Seins keine Blockaden. Wir beschließen den Genuss dieses großartigen Gefühls und begegnen uns auf einer tieferen,einer geistigen Ebene, die fast ohne körperlichen Kontakt stattfindet.

Auf unseren Reisen durch die anderen Welten und Dimensionen begegnen uns viele andere Wesen, jede auf ihre spezielle Art dem großen Sein verbunden, und dennoch so unterschiedlich. In gewisser Weise erforschen wir das vielfältige Leben, um das zu erfahren, was uns alle verbindet, und zwar tiefer noch, als wir Menschen es in unserem Sein erfahren dürfen.

Wir begegnen auch vielen Welten voller Hass oder Dunkelheit. Die jedoch ebenfalls nur ein Aspekt des großen Unbekannten sind. Was uns nur noch intensiver nach der Ursache allen Seins forschen lässt. All die Kriege, die es seit der großen Trennung gab, sind nur verzweifelte Wege den Weg zurückzufinden, so erscheint es uns.

Als wir damals von diesem Projekt hörten, in welchem ich jetzt tief drinstecke, waren wir natürlich äußerst interessiert. Unter all jenen, die sich zur Erforschung und Beobachtung gemeldet hatten, war auch ich dabei. Ich erinnere mich gut an die Ankunft auf dem irdischen Planeten. Von außen ein strahlendes Blau, satt und voller Leben. In allem konnten wir das seelische Wesen erkennen, das diesen Planeten umgab und belebte. Eine wundervolle Welt, die sich in einer noch nie erfahrenen Dichte zeigte. Diese neue Welt ist viel extremer als alles zuvor Erlebte. Alles auf diesen Planeten ist so fest und schwer. Als ich das erste Mal diesen Raum betrat, empfand ich die Dichte und Komplexität erdrückend, mich fast zerquetschend.

Es dauerte seine Zeit, bis wir lernten uns in diese massive, dreidimensionale Welt herabzuschwingen. Aber als es uns gelang, war das Erleben unglaublich bereichernd. Nie zuvor war eine Welt geschaffen, die so die Extreme vereinen konnte, wie diese. Der hier Wirklichkeit gewordene Plan war das Erschaffen einer Möglichkeit, in welcher das Göttliche neu erforscht werden konnte. Auf unseren Welten sind wir uns mehr oder weniger bewusst über das Zusammenspiel mit den Seelenebenen, die hinter den unterschiedlich sichtbaren Welten liegen. Was aber wäre, wenn wir Wesen beobachten könnten, die sich an gar nichts erinnerten, die keine bewusste Verbindung zu ihrem göttlichen Selbst hätten? Wäre dies ein Weg nach Hause, um in das eine große Sein zurückzukommen? Der Weg, den wir alle erforschten, den aber scheinbar niemand erreichen konnte?

Ein Plan: Vollkommen frei zu sein und dadurch bestenfalls eine Brücke zuschlagen, die aus dem dichtesten Lebensbereich in das höchste Bewusstsein führte. Zu jenem Sein, welches wir alle so sehr zu erfahren sehnten.

Also beobachteten wir die Menschen, die Tiere und alle Wesen, die sich eifrig bemühten, diesen Planeten wachsen und gedeihen zu lassen. Viele Welten haben sich hier zusammengefunden und jede hat ihren Anteil in das große Feld gegeben. Aus dieser dicht informierten Wolke wurde dann mittels großer Energiezufuhr eine immer schwerer werdende Materie gebildet, die dicht und in sich verschlossen war. Diese Realitätsebene erhielt einen Wahrnehmungsschleier, der verhinderte, dass die in dieser Welt lebenden Wesen sich in den anderen Dimensionen verlieren konnten. Sie sollten sich auf ihr irdisch–dichtes Dasein konzentrieren und alles andere nicht wahrnehmen. In dieser Konzentration, so hofften wir, würde sich dann die Verbindung zu dem einen Sein entwickeln.

Der Plan war gut, aber schließlich kamen machthungrige Wesenheiten aus anderen Galaxien, anderen Dimensionen, um sich dieser Welt zu bemächtigen. Jetzt ist sie ein Spielball geworden, ein Ort, an dem sehr viel Angst und Machtlosigkeit herrschen. Damals aber war alles noch so neu und hoffnungsvoll. Obwohl wir alle Einfluss nehmen und das sich entwickelnde Leben unterstützen wollten, beschlossen alle Beteiligten später einen Nicht–Einmischungs–Pakt. Wir ließen dem irdischen Leben seinen Lauf.

Zu beobachten, wie sich aus den ersten Menschen und Tieren ein derart komplexes Dasein entwickelte, war das Interessanteste, was ich je erlebt habe. Ich war fasziniert von der Art und Weise, wie die Menschen lebten. Und auf unseren Reisen durch noch recht menschenleere Gegenden der Erde lernten wir viel über das Leben. Allein schon aufgrund des unberührten Daseins, der freien Entscheidungsmöglichkeit, die ohne das Grundwissen der großen Trennung so rein und in einem unbeschreibbaren Zustand gemeinsamen Verständnisses war. Diese Reinheit und Unschuld war viel tiefer als unser schon sehr friedliches Leben. Wir hatten so viele Kenntnisse und konnten dennoch nicht diese Tiefe dieser Emotionalität erfahren. Erst dieses Extrem, diese in sich geschlossenen Welt, machte es möglich, tiefer in das Mysterium Leben zu gelangen als je zuvor in der Geschichte des getrennten Seins.

Mit Alantey und Ahjateia erforschten wir das Leben auf diesem Planeten. Mir fiel es schon immer leicht, Objekte kraft meiner Gedanken aus ihrem Informationsfeld in die Materie herabzuziehen, aber in dieser Dichte war das nicht so leicht: Es war eine Herausforderung.

Oft saß ich in der Fülle dieser wachsenden und gedeihenden Kraft und begann Tempel und Heilplätze an den dafür geeigneten Energieplätzen zu erschaffen. In diesen heiligen Räumen versuchten wir den Menschen in Kontakt zum höchsten Bewusstsein zu bringen. Das war bevor wir den Planeten in Ruhe lassen sollten. Aber die dort verbrachte Zeit genügte, um zu erahnen, welche Möglichkeiten in einem irdischen Dasein verborgen liegen. Ich muss zugeben, dass mich diese sehr spezielle Körperlichkeit der Menschen sehr bewegte.

Um sich fortzupflanzen, gab es eine körperliche Vereinigung, die eine Leidenschaft und Gefühlstiefe zuließ, derer ich zuvor nirgendwo begegnet war. Es war ja zu erwarten, dass sich in dieser dreidimensionalen Welt alles viel intensiver zeigen würde, aber diese Emotionalität, die ich persönlich nicht erleben konnte, ließ in mir mehr und mehr den Wunsch und den Gedanken aufkeimen, ebenfalls in dieser Welt leben zu wollen. Als wir uns schließlich zur Beobachtung außerhalb dieser Welt bereit erklärten, entschloss ich mich mein Leben in meiner gewohnten Körperform zu beenden.

 

Dieser Schritt war nicht leicht. Aber das hier Erlebte und die sich darin zeigenden Möglichkeiten waren zu verlockend, als dass ich diesem Drang, an diesem Experiment selbst teilzunehmen, widerstehen konnte. Durch den regen Kontakt zu unserem inneren Wesen ist der Gedanke an den Tod, wie er als Mensch erfahren wird, nicht so erschreckend. Aber auch in jener Welt sind wir der Gewohnheit und der Beständigkeit eines errungenen Status quo unterworfen. Aber ich entschloss mich den Sprung zu wagen. Meine geliebte Welt verlassend, schlüpfte ich durch den engen dunklen Kanal des Vergessens, um in vielen irdischen Daseinsvarianten das Leben von neu und tiefer zu erforschen. Um letztlich aus mir selbst heraus, ohne Kontakt nach »oben«, ohne Genaues wissen um die Realitäten des Seins, die Rückkehr in den Einen vorzubereiten. Und letztlich zu finden.

Als ich dann vor 42 Jahren wieder dieses grelle Licht der irdischen Dichte erblickte, noch im Wissen, der mir bevorstehenden Erfahrungen, aber auch voller Angst vor dem, was kommen würde, schloss sich der nebulöse Vorhang zu meiner Erinnerung. Und der letzte Tanz begann.