Die Jungbrunnen-Küche

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DAS MYSTERIUM DES ALTERNS

Warum altern wir? Mechanismen des körperlichen Verfalls


Altern ist ein Mysterium, das die Wissenschaft noch immer nicht zur Gänze enträtselt hat Lange verwechselte man es mit Abnützung. Stattdessen verbergen sich dahinter komplexe Entwicklungsprozesse im Dienste der Evolution. Kein Naturgesetz und kein Gen zwingen uns zum körperlichen Verfall.

Bis in die 1950er Jahre glaubte man, dass das Altern bzw. seine degenerativen Folgen im Prinzip Abnutzungsmechanismen seien. Durch die Fortschritte der Molekularbiologie musste diese Sichtweise abgelegt werden. Doch die hochkomplexen Prozesse des Verfalls im Laufe der Jahre werden bis heute nicht in ihrer Gesamtheit verstanden. Es existieren mehr als 300 unterschiedliche Theorien zum Altern und keine einzige kann die Summe an degenerativen Vorgängen, die sich im Laufe der Jahre im Organismus summieren und schließlich zum Tod führen, vollständig erklären.

Es existiert kein Naturgesetz, das uns das Altern vorschreiben würde. Es wurde noch nicht einmal ein spezielles „Alterungsgen“ gefunden. Deshalb sind manche Gerontologen wie der Brite Aubrey de Grey oder David Sinclair von der Harvard Medical School der Ansicht, dass das Altern vielmehr eine Art Krankheit sei, von der wir irgendwann geheilt werden können. Einig ist sich die Wissenschaftsgemeinde nur, dass eine Vielzahl von Faktoren zur Vergreisung des Körpers beiträgt. Nicht wie, aber warum es geschieht, versuchen die Evolutionstheorien des Alterns zu erklären.

Die ersten Lebewesen auf diesem Planeten alterten gar nicht, vermuten die Evolutionsbiologen. Altern entstand erst im Laufe des Evolutionsprozesses bei höheren Lebewesen, weil es ihnen die Möglichkeit gab, sich schneller an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. „Die Alten“ machten so regelmäßig Platz für die genetisch optimierten Nachkommen und nahmen ihnen nicht die Ressourcen weg. In diesem Zusammenhang steht auch die von dem britischen Gerontologen Tom Kirkwood entwickelte „Disposable Soma Theory“ – also die Theorie vom Körper, der gleichsam überflüssig wird, sobald er sich ausreichend fortgepflanzt hat. Der alte Körper wird entsorgt, um neuen, durch geschlechtliche Fortpflanzung verbesserten Körpern Platz zu machen. Organismen verfügen über zahlreiche Reparaturverfahren, um gealterte Zellen oder ganze Organe zu ersetzen. Mit zunehmendem Alter steckt der Körper aber immer weniger Energie in seine Erneuerung, sodass sich die Mechanismen des Alterns so lange entfalten, bis der Körper nicht mehr lebensfähig ist. Um welche Mechanismen es sich dabei handelt, also wie wir altern, versuchen die Schadenstheorien zu erklären.


Ist das Altern eine Art Krankheit, von der wir irgendwann geheilt werden können?



Freie Radikale schädigen unsere Körperzellen.

Schadenstheorien – Zellschäden als Ursachen des Alterns

Zellinterne Alterungsmechanismen und auch äußere Faktoren führen im Laufe der Zeit zu einer Ansammlung von Zellschäden, die in Summe den körperlichen Verfall verursachen. Die Schadenstheorien erklären uns, wie wir diesen Prozess verlangsamen können.

Freie Radikale – die Zellzerstörer

Die Theorie der freien Radikale zählt zu den bekanntesten Schadenstheorien. Sie wurde 1956 vom amerikanischen Gerontologen Denham Harman entwickelt und erlangte in den 1990er-Jahren große Popularität.

Bei freien Radikalen handelt es sich um eine Gruppe aggressiver Zwischenprodukte des Stoffwechsels, die ununterbrochen in unseren Zellen entstehen. Als hochreaktive aggressive Sauerstoffverbindungen schädigen sie die Zellen und ihre Erbsubstanz. Wobei sie paradoxerweise in der richtigen Menge und am richtigen Ort auch einen gesundheitlichen Nutzen bringen können, da sie die Widerstandskraft unserer Zellen „trainieren“.

Je nach Nahrungsaufnahme, Tätigkeit und Verhalten entstehen unterschiedlich viele freie Radikale. Bei einem einzigen Zug an einer Zigarette wird rund eine Billiarde davon gebildet. Grundsätzlich sind freie Radikale auch bei einem gesunden Lebenswandel integraler Bestandteil unseres Stoffwechsels. Je höher unsere Stoffwechselrate, also je mehr Oxidationsprozesse im Körper stattfinden, desto größer ist der oxidative Stress durch die freien Radikale und desto schneller nehmen die Zellen Schaden. Lange Zeit ging man deshalb davon aus, dass eine höhere Stoffwechselrate mit einer schnelleren Alterung in Verbindung steht – und zu einem gewissen Teil stimmt das auch. Sport führt allerdings ebenfalls zu einer erhöhten Stoffwechselrate und es ist wissenschaftlich gut belegt, dass regelmäßige Bewegung das Leben verlängert und die Gesundheit verbessert. Ähnlich widersprüchlich verhält es sich mit den freien Radikalen selbst. Vergleichende Studien mit unterschiedlichen Tieren konnten zeigen, dass die Lebenserwartung stark mit der Fähigkeit zusammenhängt, oxidativen Stress zu überstehen.

Unser Körper verfügt erfreulicherweise über zahlreiche Mechanismen, um durch freie Radikale verursachte Schäden wieder zu reparieren. Mit der Nahrung können wir die sogenannten Antioxidantien, wie etwa Vitamin C, zu uns nehmen. In Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass die Futterbeigabe von Antioxidantien die Lebenszeit verlängert. Das führte vor allem in den 1990er-Jahren zu einem Boom der Antioxidantien in der Lebensmittel- und Nahrungsergänzungsindustrie. Die Euphorie wurde allerdings durch widersprüchliche Forschungsergebnisse gebremst. In den 2000er-Jahren wurde nachgewiesen, dass bei Antioxidantien „mehr“ nicht immer besser ist: In umfangreichen Studien an Universitäten wie der ETH Zürich oder der Universität Kopenhagen wurde die Einnahme künstlich zugeführter Antioxidantien wie Betacarotin, Selen oder die Vitamine C und E mit der Wirkung von Placebo-Pillen verglichen. Im Gegensatz zur früheren Ansicht, dass diese Stoffe im schlimmsten Fall nichts nützen, stellte sich heraus, dass die regelmäßige Einnahme von Vitaminen dem Körper sogar schaden kann. Die Überflutung des Organismus mit synthetischen Antioxidantien führt nämlich dazu, dass seine Fähigkeit, sich gegen Krankheiten und Alterungsschäden zu wehren, sukzessive abnimmt. Zu wenige freie Radikale im Körper beschleunigen also sogar den Alterungsprozess. Es geht um eine angemessene Balance zwischen freien Radikalen und den sie bekämpfenden Antioxidantien – und die Natur hat genau die richtige Menge davon in ihren Früchten platziert. Natürliche antioxidative Nahrung sollte unbedingt Teil der Jungbrunnen-Küche sein und entfaltet garantiert viele positive (Anti-Aging-)Wirkungen.

Rauchen erzeugt freie Radikale im Übermaß.

Verkürzung der Telomere – der Alterscountdown

Der Mensch besteht aus etwa 70 bis 100 Billionen Zellen. Um die Körpersubstanz ständig zu erneuern, um zu wachsen oder Wunden zu heilen, teilen sich die Zellen – je nach Art alle paar Stunden oder Tage oder in deutlich längeren Zeiträumen. Um eine exakte Kopie der alten Zelle herstellen zu können, befindet sich die DNA mit ihren Genen, quasi der Bauplan, im Zellkern: Sie steckt, fein säuberlich aufgerollt und strukturiert, in den Chromosomen, die an ihren Enden eine Art von Schutzkappen haben – die sogenannten Telomere. Manche vergleichen die Telomere mit den Plastikkappen an den Enden von Schnürsenkeln. Wenn sie fehlen, fransen die Schnürsenkel aus und werden unbenutzbar. Ähnlich verhält es sich mit den Telomeren. Sie sind bei unserer Geburt noch sehr lang und verkürzen sich bei jeder Zellteilung parallel zum Altern. Die Telomere werden immer kürzer und die Qualität der „Kopien“ immer schlechter, bis die Zellen ihre zentralen Funktionen nicht mehr erfüllen können. Sie verlieren ihre Teilungsfähigkeit – der programmierte Zelltod wird eingeleitet. Die Altersforscher sprechen von der sogenannten Hayflick-Grenze. Dieser „Alterscountdown“ bietet eine Erklärung dafür, warum der Mensch nicht älter als rund 120 Jahre werden kann und sich in der zweiten Lebenshälfte mit einer zunehmenden Zahl von Erkrankungen konfrontiert sieht. Die Verkürzung der Telomere ist ein beständig ablaufender Prozess. Umwelteinflüsse und Lebensstil-Entscheidungen wie z. B. Rauchen können diesen deutlich beschleunigen. Wie gut, dass es in unserem Körper Mechanismen gibt, die die Verkürzung der Telomere verlangsamen und den „Alterscountdown“ bis zu einem gewissen Grad auch wieder zurücksetzen können (siehe „Jungbrunnen-Werkzeuge – Körpereigene Strategien der Verjüngung“ ab Seite 45).

 

Seneszente „Zombie“-Zellen beschleunigen den Alterungsprozess.

Seneszente Zellen – Angriff der „Zombies“

Etwa ab einem Alter von vierzig Jahren beginnt im Körper etwas schiefzulaufen. Manche Zellen, die eigentlich beseitigt werden sollten, weil ihre Telomere zu kurz sind oder weil ihr Erbmaterial aus anderen Gründen beschädigt wurde, verbleiben im Körper. Sie können sich zwar nicht mehr teilen und sind eine Belastung für den Organismus, vegetieren aber weiter und sondern dabei alarmierende „Panik-Botenstoffe“ ab, die auch gesunde Zellen in der Umgebung zu schädigen beginnen. Immer mehr dieser „Zombie“-Zellen sammeln sich im Gewebe an und werden zur Ursache von chronischen Entzündungen, die den Prozess der Alterung beschleunigen. Glücklicherweise gibt es Stoffe, sogenannte Senolytika, die gezielt den Tod und Abtransport der „Zombie“-Zellen einleiten und so den Körper wieder verjüngen.

Chronische Entzündungen beschleunigen das Altern

Im Prinzip sind Entzündungen biologisch sinnvolle Abwehrreaktionen, um etwa einen Krankheitserreger zu bekämpfen. Solche akuten Entzündungen sind ein ganz wesentlicher Mechanismus des Immunsystems, im Gegensatz dazu haben chronische Entzündungen keinen definierten messbaren Auslöser. Sie verlaufen unterschwellig, ohne klare Kennzeichen und Symptome. Es handelt sich um Fehlreaktionen, die den Organismus langfristig schädigen. Chronische Entzündungen werden mit einer ganzen Reihe von altersassoziierten Erkrankungen in Verbindung gebracht und gelten mittlerweile selbst als eine Ursache für das Altern. Im Amerikanischen wurde deshalb das Hybrid-Wort „Inflammaging“ aus den Worten „Inflammation“ (Entzündung) und „Aging“ (Altern) geprägt.

Von seneszenten Zellen abgesonderte „Panik-Botenstoffe“, die Zytokine, gelten als ein Faktor, der chronische Entzündungen befördert – aber nicht als einziger. Inzwischen werden auch ungesunde Ernährung (siehe „Die Alterungsbeschleuniger“ ab Seite 31), Schlafmangel und Stress als wesentliche Faktoren gewertet. Zudem bestärkt ein unausgewogenes Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren, das oft als Folge unserer modernen Ernährungsweise entsteht, diesen Alterungstreiber in unserem Körper (siehe Infobox „Omega-3: das Anti-Aging-Fett“ Seite 50).

Glykation: die verheerende Verzuckerung des Körpers

Im Laufe des Alterns kommt es im Körper vermehrt zur Reaktion von Proteinen und Fetten mit Kohlenhydraten und damit zur Entstehung sogenannter Advanced Glykation End Products (AGEs). Diesen als Glykation bezeichneten Prozess können wir auch außerhalb des Körpers beobachten, z. B. wenn wir Fleisch braten und eine braune Kruste entsteht. Je mehr Kohlenhydrate, vor allem Zucker, wir zu uns nehmen und je mehr Stress wir haben, desto mehr AGEs entstehen auch in unserem Körper. Wir werden gleichsam von innen heraus „knusprig gebraten“. Allerdings bekommen wir keine braune Haut, sondern eine faltige: Die biochemische Reaktion mit den Zuckermolekülen schädigt die Proteine Kollagen und Elastin, die der Haut Elastizität und Spannkraft geben. Ein jahrelanger hoher Zuckerkonsum und ein überhöhter Blutzuckerspiegel lassen sich daher direkt am Zustand der Haut ablesen. Darüber hinaus werden die AGEs mit zahlreichen weiteren Alterserscheinungen und Alterserkrankungen in Verbindung gebracht wie Alzheimer, Osteoporose, Arthritis, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch mit chronischen Entzündungen.

Informationstheorie des Alterns

Erbinformationen werden im Laufe der Zeit immer schlechter lesbar, was die Zell-Seneszenz und damit Alterungserscheinungen verursacht: Diese Theorie lehrt uns, wie sich „Lesefehler“ in unsere Zellen einschleichen – und wie sie wieder behoben werden können.

Epigenetische Veränderungen

Um den Körper jung und gesund zu erhalten, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Körperzellen in der immer gleichen Qualität und Perfektion „kopiert“ werden. Leider können sich durch innere und äußere Faktoren Fehler in die Erbinformation einschleichen. Wird dann der Zellbauplan beschädigt, ist auch die daraus entstehende Zelle fehlerhaft. Glücklicherweise verfügt der Körper über zahlreiche Mechanismen, um Brüche und Schäden an den DNA-Strängen der Gene zu reparieren.

In jeder einzelnen Körperzelle befinden sich alle rund 20.000 Gene des menschlichen Zellbauplans, des sogenannten Genoms. Wie weiß nun eine Zelle, ob sie sich zur Gehirnzelle, zur Leberzelle oder zur Hautzelle entwickeln soll? Welche Gene müssen dazu jeweils ein- und ausgeschaltet werden? Nun, darüber entscheidet eine weitere Informationsebene im menschlichen Erbmaterial – das Epigenom. Der Altersforscher David Sinclair vergleicht das menschliche Genom mit seinen rund 20.000 Genen mit der digitalen Information auf einer Musik-CD. Den analogen Ausleseprozess durch den CD-Player vergleicht er mit dem Epigenom.

Während die digitalen Informationen selbst sehr stabil sind, können durch manuelle Abnutzungen Kratzer auf der Oberfläche der CD entstehen – der CD-Player kann die Information nicht mehr richtig auslesen. Je öfter wir die CD benutzen und je schlechter wir darauf achtgeben, desto mehr Gebrauchsspuren und Kratzer werden den Laser des Players stören. Zuerst wird dies kaum hörbar sein, aber je stärker sich die physischen Abnutzungen auf der CD-Oberfläche abzeichnen, desto verzerrter wird die Information, bis die Musik nur noch aus Störgeräuschen besteht und der Player aufgibt. Für die Zukunft haben Gerontologen wie David Sinclair die Vision, dass wir uns die Informationen quasi von einer Backup-CD holen und unsere Erbinformationen in regelmäßigen Abständen wieder auffrischen. Wir könnten uns vielleicht alle zehn bis zwanzig Jahre gegen das Altern „impfen“ lassen. Doch auch, wenn das in der Theorie vielleicht vorstellbar ist, in der Praxis sind wir noch weit davon entfernt.


Wie die Kratzer auf einer Audio-CD – schlechter lesbar werdende Erbinformation führt zu körperlichem Verfall.

Die Informationstheorie des Alterns, wie David Sinclair seine Theorie bezeichnet, kann uns aber auch heute schon dabei helfen, zumindest langsamer zu altern. Die Erkenntnisse über die epigenetischen Zusammenhänge helfen uns dabei, weniger „Kratzer“ auf unserer Jungbrunnen-CD zu hinterlassen. Außerdem geben sie uns die Werkzeuge in die Hand, um sie teilweise wieder aufzupolieren und die „Symphonie unseres Körpers“ von Störgeräuschen und Verzerrungen zu befreien. Durch unsere Lebensstilentscheidungen haben wir viel mehr Einfluss auf den Alterungsprozess, als in der Vergangenheit vermutet wurde.

Genetik versus Lebensstil – Wie viel Einfluss haben wir auf den Alterungsprozess?

Jeder kennt jemanden, der trotz ungesunder Gewohnheiten ein Leben lang gesund war, während ein anderer, der sich immer bewusst ernährt hat, schwer erkrankt ist. Solche Fallgeschichten lassen sich wissenschaftlich kaum aufarbeiten. Jeder Mensch bringt unterschiedliche Erbinformationen mit. In den meisten Fällen wissen wir zudem wenig darüber, welche positiven Einflüsse den negativen Lebensstilentscheidungen gegenübergestanden sind und warum sie sich auf die jeweilige Person mit ihrem einzigartigen Erbmaterial gerade so auswirken. Eine große Chance bietet da die Zwillingsforschung: Die Wissenschaft kann hier immer zwei Menschen untersuchen, die über exakt die gleiche DNA verfügen. So lässt sich feststellen, wie sich unterschiedliche Umwelteinflüsse bei gleicher Erbinformation manifestieren. Es reicht oft schon, wenn man Fotos von Zwillingen optisch vergleicht. Wenn einer der beiden jahrelang Kettenraucher war und der andere Nichtraucher, so ist ihr Genom noch immer gleich. Der eine hat allerdings größere Tränensäcke, eine fahlere, faltigere Haut und ein hängendes Doppelkinn. Der eine überlebt den anderen womöglich um viele Jahre, weil er bestimmte Krankheiten nicht bekommt. Im Einzelfall hat auch das keine Aussagekraft. Werden allerdings Tausende von eineiigen Zwillingen verglichen, wie das schon in zahlreichen Studien mit Blick auf die Lebenserwartung und das biologisches Alter geschehen ist, kommen wir zu einem überraschenden Ergebnis. Altersforscher schätzen den Anteil des genetischen Einflusses auf den Alterungsprozess auf lediglich zehn bis 25 Prozent. Die Art und Weise, wie wir altern, liegt also zum größten Teil in unseren Händen und hängt davon ab, wofür und wogegen wir uns entscheiden, welchen Gewohnheiten wir uns hingeben und welchen besser nicht.


DIE ALTERUNGS- BESCHLEUNIGER

Moderne Industrienahrung als Alterungsdiät


Neben Dauerstress, Schlafmangel und Genussgiften fördert die moderne Ernährungsweise wie kaum ein anderer Faktor den körperlichen Verfall. Die industrialisierte Lebensmittelproduktion verursacht mit ihren denaturierten Zutaten verschiedenste Zivilisationskrankheiten und beschleunigt den Alterungsprozess.

Dauerstress und denaturierte Lebensmittel machen uns alt.

Was uns alt macht

Dauerhafter Stress und ein ständig erhöhter Level des Stresshormons Cortisol schwächen das Immunsystem, gelten als Auslöser chronischer Entzündungen und lassen sich oft auch unmittelbar am Hautbild ablesen. Ein gesundes Maß an Stress hingegen ist durchaus hilfreich, sorgt für Höchstleistungen – und nicht zuletzt auch für Glücksgefühle. Wie ungünstig sich ein Leben gegen die innere Uhr auf Gesundheit und Alterung auswirkt, hat die Erforschung der zirkadianen Rhythmen gezeigt. Schichtarbeiter etwa setzen sich einem deutlich höheren Gesundheitsrisiko aus. Schlechter Schlaf bzw. Schlafmangel sind echte Alterungstreiber.

Dass der dauerhafte Konsum von (Genuss-)Giften der Gesundheit schadet, ist allgemein bekannt. Rauchen z. B. verkürzt die Telomere, schädigt die Zellen bei jedem Lungenzug und befeuert chronische Entzündungen. Befreien Sie sich am besten vorgestern statt morgen von diesem Laster! Manche Genussmittel wie Wein, speziell Rotwein, oder schwarzer Kaffee können in Maßen genossen aber auch positive gesundheitliche Effekte haben. Ebenso gesundheitsschädlich wie das Rauchen wird mittlerweile Bewegungsmangel eingeschätzt. Aus Vergleichsstudien mit eineiigen Zwillingen weiß man, dass Menschen, die viel sitzen, deutlich schneller altern und eine kürzere Lebenserwartung haben als ihre bewegungsfreudigeren Zwillingsschwestern oder -brüder – trotz derselben Gene.

Die Alterungsbeschleuniger Dauerstress, Schlafmangel, schädliche Strahlungen und Gifte, auch Genussgifte, sind mittlerweile gut erforscht und auch in den Medien breit publiziert. Wie sehr hingegen vermeintlich „normales“ Essen aus dem Supermarkt, oftmals sogar beworben mit gesundem Image, unser Leben verkürzt, hat das kollektive Bewusstsein allerdings noch nicht zur Gänze erreicht.

 

„Western Diet“ – die Alterungs-Diät

Über Jahrhunderte hinweg ist die durchschnittliche Lebenserwartung des Menschen stetig gestiegen. Statistiker des Centers for Disease Control and Prevention, einer US-amerikanischen Gesundheitsbehörde, beobachten seit 2014 allerdings eine beunruhigende Trendwende: Der statistisch deutlich sichtbare Rückgang der Lebenserwartung in den USA hat zu einem großen Teil mit dem Anstieg der sogenannten Zivilisationskrankheiten zu tun. Dass diese Trendwende ausgerechnet in den USA, dem Zentrum der Fastfood-Industrie, am stärksten ausfällt, ist kein Wunder: Immer mehr Studien weisen darauf hin, dass die moderne, industriell zubereitete Nahrung, im Fachjargon „Western Diet“ genannt, für viele Krankheiten (mit-) verantwortlich ist.

Eine 2019 veröffentlichte Vergleichsstudie aus 195 Ländern hat ergeben, dass ungesunde Ernährung das größte Gesundheitsrisiko weltweit darstellt. Elf Millionen Todesfälle und 255 Millionen durch Krankheit beeinträchtigte Lebensjahre waren im Jahr 2017 einer Ernährungsweise anzurechnen, die sich u. a. durch einen Mangel an frischem Obst und Gemüse, durch zu wenige Vollkornprodukte, aber zu viel Fleisch, Zucker und Salz sowie industrielle Zusatzstoffe auszeichnet. Zahlreiche Autoren weisen darauf hin, dass „Processed Food“ (industriell verarbeitete Nahrung) eine größere Bedrohung für das Leben der Menschen darstellt als sämtliche Gewaltverbrechen und Krankheitserreger zusammen. Warum? Ganz einfach: Weil die Bedürfnisse der Nahrungsmittelindustrie und die unseres Organismus in vielen Bereichen gegenläufig sind. Die Industrie braucht haltbare Produkte und dazu müssen Lebensmittel so gut wie möglich „abgetötet“ und sterilisiert werden. Die Konservierungsstoffe, die hier zum Einsatz kommen, schaden jedoch nicht nur den Bakterien in den Nahrungsmitteln, sondern auch den lebenswichtigen Bakterien in unserem Darm. Außerdem werden Hunderte andere Chemikalien und Zusatzstoffe eingesetzt, etwa um Optik oder Konsistenz des Produktes zu verbessern. Für unseren Organismus sind diese Stoffe jedoch oft nicht nur wertlos, sondern sogar schädlich.

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