Churning

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Teil 3 Der Nachweis von Churning

Teil 3 Der Nachweis von Churning

Inhaltsverzeichnis

A. Indizien für Churning

B. Fazit

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Der Nachweis von Churning wird anhand von Indizien geführt, die objektiv (A. I. [Rn. 70 ff.]) sowohl auf Kennzahlen beruhen als auch anderen Umstände berücksichtigen und subjektiv (A. II. [Rn. 112 ff.]) maßgeblich an die Motivation des Protagonisten anknüpfen.

Teil 3 Der Nachweis von Churning › A. Indizien für Churning

A. Indizien für Churning

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Um der Frage nachgehen zu können, welche Indizien das Phänomen der Spesenschinderei konstituieren, ist es aufgrund der Besonderheiten im vorliegenden Falle unabdingbar, die indiziengebende(n) Instanz(en) festzustellen. Es muss also erst geklärt werden, auf welchen Erfahrungs- und Kenntnisstand im Rahmen der Indizienfindung abzustellen ist. So hat der Umfang der sich mit Churning befassenden Entscheidungen und Veröffentlichung in der Bundesrepublik in den letzten Jahren zwar zugenommen. Was aber allein die Zahl der gerichtlichen Entscheidungen angeht, so dürfte diese in den USA bis in das Jahr 1949[1] zurückreichen und wohl um den Faktor 100 höher sein als hierzulande.[2] Dies eröffnet für die deutsche Rechtsprechung und Literatur die bereits genutzte Möglichkeit (und Verpflichtung?), auf Erfahrungen der amerikanischen Rechtsprechung und Wissenschaft zurückzugreifen.

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Es wurde bereits angedeutet, dass es im Bereich des Churning relevante Differenzen zwischen dem amerikanischen und deutschen Recht insbesondere bei der Einordnung der Optionsscheingeschäfte gibt. So wird der Handel mit Optionsscheinen in der Bundesrepublik de lege lata durch § 37e S. 2 WpHG den Finanztermingeschäften zugeordnet.[3] In den USA erfolgt die Qualifizierung allerdings auf eine andere Art und Weise. So ist es dort entscheidend, welcher Börsenaufsichtsbehörde die Transaktion unterfällt.[4] Der CFTC (Commodity Futures Trading Commission) unterfallen Transaktionen, die an der Terminbörse gehandelt werden, also die Futures und Optionen, wohingegen der SEC (= Securities Exchange Commission) die Transaktionen an den Kassa-Börsen wie die Optionsscheingeschäfte unterfallen.[5] Die CFTC ist damit für den Nachweis und damit für die Entwicklung von Indizien von Churning bei Termin- und die SEC bei Kassageschäften zuständig. Optionsscheingeschäfte werden aber an Kassa-Börsen gehandelt und unterfallen damit in den USA der Aufsicht der SEC. Da die Optionsscheingeschäfte in Deutschland allerdings Finanztermin- und keine Kassageschäfte sind,[6] müsste die Frage, ob Churning vorliegt oder nicht, eigentlich anhand der Kriterien der CFTC und nicht der SEC beantwortet werden. Von praktischer Bedeutung ist diese unterschiedliche Zuordnung, da die herausgearbeiteten Merkmale zum Nachweis der Spesenschinderei bei der CFTC andere sind, als bei der SEC.[7] Auf diese Divergenz ist – soweit ersichtlich – bislang ausschließlich durch von Arnim aufmerksam gemacht worden und hat im Rahmen der von ihm angefertigten Sachverständigengutachten Eingang in Entscheidungen des Kammergerichts Berlin[8] gefunden.

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Zur Vermeidung von Inkonsequenzen[9] ist für die Frage, welche Kriterien zur Beurteilung von Churning zugrunde zu legen sind, aber darauf abzustellen, welcher amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde die zu bewertende Transaktion unterfällt und nicht etwa – zumindest seit Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes[10] ist dieser Argumentation, wie bereits aufgezeigt, ohnehin der Boden entzogen worden – Gesichtspunkte des Anlegerschutzes den Ausschlag geben zu lassen.[11]

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Somit ist dann für die an Kassabörsen gehandelten „Securities“ (= Wertpapiere) auf die von der SEC und für Termingeschäfte auf die von der CFTC als jeweils zuständige Aufsichtsbehörden herausgearbeiteten Indizien zurückzugreifen.[12] An dieser Zuteilung ist konsequenterweise auch die nachfolgende Aufgliederung der Indizien ausgerichtet. Die Unterschiede bei den Indizien manifestieren sich allerdings nur bei der Frage nach der Übermäßigkeit der Kontoumschichtung, also dem Excessive-Trading. Es existieren dementsprechend gemeinsame aber auch jeweils nur für Termin- oder Kassageschäfte geeignete Indizien zum Nachweis der übermäßigen Kontoumschichtung. Der Warenterminhandel ist im Vergleich zum Wertpapierhandel hektischer und unterliegt größeren Schwankungen, sodass ein häufigeres Glattstellen wirtschaftlich sinnvoll sein kann, um sich abzeichnende Verluste zu begrenzen. Darüber hinaus ist der Kontraktwert im Futures-Bereich bedingt durch den niedrigen Einschuss um ein vielfaches höher als die Equity im Kassa-Bereich. Deshalb ist bei Warentermin- und anderen Finanztermingeschäften neben gemeinsamen Kriterien auch ein jeweils eigener Maßstab zur Ermittlung eines übermäßigen Umschichtens anzulegen, als bei Wertpapiergeschäften und umgekehrt.[13] All dies berücksichtigte auch kürzlich das KG Berlin[14], das bei Geschäften mit Optionsscheinen, die nach deutschem Recht ja eigentlich Finanztermingeschäfte sind und demnach den Kriterien der CFTC (z.B. Commission-to-Equity-Rate[15] ) unterliegen müssten, die Kriterien der SEC (Cost-to-Equity-Rate und den Umsatzquotient, respektive die Turn-Over-Rate[16] ) für Kassageschäfte angewendet hat, um der unterschiedlichen Spesenbelastung zweier ungleicher Finanzinstrumente gerecht zu werden. Die Frage nach der notwendigen Kontokontrolle oder der Vergütung und Umsatzvorgaben sowie des subjektiven Indizes erfolgt aber einheitlich für beide Geschäftstypen.

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Ferner ist notwendig voranzustellen, dass die nachfolgend dargelegten Kriterien der Erfassung der Phänomenologie des Churning dienen und keine direkten Rückschlüsse oder Übertragungen auf einen deutschen Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestand zulassen. Auch wenn anhand der nachfolgend herausgearbeiteten Indizien das Vorliegen von Churning belegt oder überaus wahrscheinlich ist, bedeutet das noch nicht, dass ohne weiteres ein deutscher Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestand erfüllt sein muss. Selbst wenn einzelne Aspekte oder Facetten der Indizien deutschen Tatbestandsmerkmalen ähneln mögen, verbietet sich eine ungefilterte Übertragung auf diese.

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Zuletzt gilt es sich noch einmal zu vergegenwärtigen, dass Indizien keine Beweise sind. Es sind vielmehr nur Umstände, aufgrund derer mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf einen bestimmten Sachverhalt oder eine Tatsache geschlossen werden kann. Ein Indiz ist zwar mehr als eine schlichte Behauptung, aber qualitativ eben erheblich weniger als ein Beweis.[17]

Die Indizien der Spesenschinderei können in objektive und subjektive untergliedert werden.

Teil 3 Der Nachweis von Churning › A. Indizien für Churning › I. Objektive Indizien

I. Objektive Indizien

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Die objektiven Indizien bestehen im Wesentlichen aus dem übermäßigen Umschichten des Anlagekontos (1. [Rn. 71]) und der Kontrolle des Dienstleisters über das Depot (2. [Rn. 104]).[18] Die provisionsabhängige Vergütung und Umsatzvorgaben (3. [Rn. 107]) spielen demgegenüber eine untergeordnete Rolle.

1. Das übermäßige Umschichten, respektive Excessive-Trading

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Das übermäßige Umschichten des Anlagekontos bildet ein entscheidendes Indiz für das Vorliegen von Churning, mit dem der Vorwurf der Spesenschinderei stehen und fallen kann.[19] Ein Excessive-Trading „per se“ gibt es allerdings nicht.[20] Übermäßiges Umschichten eines Anlagekontos liegt nämlich erst dann vor, wenn der Geschäftsumfang nicht mit den Anlagezielen des Kunden übereinstimmt.[21] Da die Anlageziele des Kunden den Maßstab bilden, an dem ein mögliches Übermaß gemessen werden muss, müssen diese bei der Beurteilung durchgehend mitschwingen.[22] Genau an dieser Stelle kommt aber auch die Schwäche dieses Kriteriums zum Vorschein. Das Indiz des übermäßigen Umschichtens bildet sich in direkter Abhängigkeit zum jeweiligen individuellen Anleger. Bei einem konservativen Anleger könnte nämlich unter Umständen bereits ein übermäßiges Umschichten angenommen werden, wohingegen bei Zugrundelegung derselben Indizien eben dieses bei einem spekulativen Anleger verneint werden müsste. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass je spekulativer der Anleger eingestellt ist, desto höher ist die noch zu vertretende Umsatzhäufigkeit.[23]

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Zu beachten ist, dass aus dem Vorliegen eines einzigen Engagements keinerlei Rückschlüsse abgeleitet werden können.[24] Die Berechnungen der Churning indizierenden Kennziffern, wie zum Beispiel die Commission-to-Equity-Ratio, Cost-to-Equity-Rate, Turn-Over-Rate und Commission-to-Investment-Rate, erfordern immer mehrere, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes getätigte Geschäfte. Ferner ist zu beachten, dass es keine einheitliche Regel oder Formel zum Nachweis des übermäßigen Umschichtens gibt. Der Nachweis ist vielmehr anhand einer Gesamtschau vieler einzelner Merkmale zu führen.[25] Einem geführten Nachweis ist es dabei aber auch nicht abträglich, wenn nicht alle Kriterien erfüllt sind.[26] Darüber hinaus hat der BGH zwar die Vorgehensweise gebilligt, Churning anhand von Indizien nachzuweisen. Er hat aber auch im selben Atemzug darauf hingewiesen, dass sich eine Feststellung des Churning allein aufgrund des Überschreitens bestimmter objektiver Parameter in Form von festen Werten verbiete. Vielmehr seien diese schlicht als Indizien zu verstehen, die der Tatrichter unter Berücksichtigung sonstiger Umstände des jeweiligen Falles zu werten hat.[27]

 

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Im Folgenden wird die Anwendung der Churning-Indizien an der Systematik der amerikanischen Rechtsprechung und Literatur ausgerichtet. Wie bereits oben beschrieben, wird in den USA bei der Frage, welche Indizien für welche Geschäftsart zur Anwendung kommen, danach gefragt, welcher Börsenaufsichtsbehörde das Geschäft unterfällt. Ist die CFTC zuständig, handelt es sich um ein Termingeschäft. Unterliegt das Geschäft allerdings der Aufsicht der SEC, ist es ein Kassageschäft. Je nach Aufsichtsbehörde unterscheiden sich die Indizien. Im Folgenden wird dementsprechend zuerst die Commission-to-Equity-Ratio als nur für Termingeschäfte geeignetes Indiz dargestellt (a. [Rn. 74]), sodann die Cost-to-Equity-Rate (b. 1) [Rn. 80]) und die Turn-Over-Rate (b. 2) [Rn. 83]), die praktisch wiederum nur für den Nachweis von übermäßigem Umschichten bei Kassageschäfte taugen. Anschließend werden die Indizien erörtert, die gleichermaßen für beide Geschäftsarten herangezogen werden können (c. [Rn. 88]).

a) Speziell für Termingeschäfte die Commission-to-Equity-Ratio

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Die Commission-to-Equity-Ratio ist der wichtigste Faktor[28] zum Nachweis von übermäßigem Umschichten und damit mittelbar der Spesenschinderei und beschreibt das Verhältnis der Kosten zum durchschnittlichen Anlagevermögen. Die monatliche Commission-to-Equity-Rate wird berechnet, indem die Summe der monatlichen Kommissionen durch den durchschnittlichen täglichen Saldo des Depots geteilt wird. Der durchschnittliche Saldo wird berechnet, indem die Kontosalden der Tage, an denen ein Geschäft getätigt wurde, addiert werden und diese Summe durch die Anzahl der Tage dividiert wird, an denen ein Geschäft betätigt wurde.[29] Sind also beispielsweise im Monat Januar Kommissionen in Höhe von 15.000,00 € angefallen und entspricht der durchschnittliche Saldo für diesen Monat 100.000,00 €, ergibt sich für den Monat Januar eine Commission-to-Equity-Ratio von 1,5 %.

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Eine durchschnittliche Ratio kann ermittelt werden, indem die verschiedenen Kennzahlen der verschiedenen Monate zusammengezählt und die Summe durch die Zahl der Monate dividiert wird.[30] Diese Kennzahl kann sodann auch auf ein Jahr umgerechnet werden.[31] In den USA ist aber die Berechnung auf Monatsbasis gängig.[32] In der Praxis der amerikanischen CFTC hat sich für das Verhältnis der Provisionen zum durchschnittlichen täglichen Saldo des Kontos ein Grenzwert von 18 % etabliert, der nicht überschritten werden sollte.[33] Bei Überschreiten der 18 %-Grenze wird in aller Regel die Übermäßigkeit bejaht; bei deren Unterschreiten dementsprechend verneint.[34] Das OLG Frankfurt hat den Grenzwert bei 17 % angesetzt.[35]

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von Arnim[36] spricht sich für eine Modifikation der 18 % Grenze aus. Gründe dafür seien, dass dieser Grenzwert aus dem Jahre 1984 stamme und seitdem der Konkurrenzdruck zwischen den Brokern und Banken im Futures-Bereich erheblich zugenommen und sich die Palette der handelbaren Terminkontrakte respektive Futures erheblich vergrößert habe sowie elektronische Plattformen das Tätigen von Transaktionen selbst von Individualkunden direkt über das Internet zuließen. Als Folge dieser Veränderungen seien die Spesensätze – nicht zuletzt auch wegen der sogenannten Discountbroker – „gepurzelt“ und eine Korrektur des Grenzwertes gerechtfertigt. Im Zuge dessen hält er eine Reduktion der 18 % Grenze um 25 % für das Jahr 1996 respektive 50 % für das Jahr 2009 für angemessen. Daraus ergäbe sich eine Commission-to-Equity-Ratio für das Jahr 1996 von 13,5 % und für das Jahr 2009 von 9 %. Unabhängig von den einzelnen konkret modifizierten Grenzwerten ist diese Vorgehensweise grundsätzlich zu begrüßen und zeigt die Dynamik insbesondere im schnelllebigen Futures-Bereich, die das Angleichung der Grenzwerte erforderlich macht, damit die Grenzwerte der wirtschaftlichen Entwicklung nicht hinterherhinken. Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich der Markt in Zukunft weiterentwickelt. Gegebenenfalls müsste dann wieder mit einer Angleichung der Werte reagiert werden.

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Obschon die Commission-to-Equity-Ratio bei Kassageschäften kaum eine Rolle spielt,[37] wurde sie im Schrifttum auch bei Aktiengeschäften angestrengt. So soll der Churning-Verdacht bei Aktiengeschäften dann begründet sein, wenn im Jahr 15 % der Anlagesumme für Provisionen aufgewendet wurden.[38]

b) Speziell für Kassageschäfte die Cost-to-Equity-Rate und der Umsatzquotient

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Wie bereits mehrfach erwähnt, findet die Commission-to-Equity-Ratio auf Kassageschäfte in den USA de facto keine Anwendung. Vielmehr wird ein übermäßiges Umschichten bei Kassageschäften maßgeblich anhand der Cost-to-Equity-Rate (1) [Rn. 80]) und des Umsatzquotienten (2) [Rn. 83]) ermittelt.

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Bei der Bewertung der Kassageschäfte ist daran zu denken, dass entgegen der Einordnung im WpHG, die Optionsscheingeschäfte nach amerikanischem Vorbild hierher und nicht bei den Termingeschäften zu verorten sind.[39] Die Ermittlung der Spesenschinderei muss aufgrund der divergierenden wertpapierhandelsgesetzlichen Einordnung losgelöst von der nationalen Zuordnung der Optionsscheingeschäfte zu den Finanztermingeschäften erfolgen. Damit sind also auch für die Optionsscheingeschäfte die Cost-to-Equity-Rate und der Umsatzquotient die anzuwendenden Kriterien und nicht die Commission-to-Equity-Ratio.

aa) Cost-to-Equity-Rate

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Bei Kassageschäften maßgeblich ist zum einen die Cost-to-Equity-Rate, die auch als Break-Even-Ratio oder Cost/Maintenance-Ratio bezeichnet wird.[40] Obschon sie in der amerikanischen Rechtsprechung schon lange zur gängigen Praxis gehört, hat sie als solche erst mit der Entscheidung des KG Berlin vom 14.6.2010[41] Einzug in die deutsche Churning-Judikatur gehalten. Die Berechnungsart fand vielmehr nur in der Break-Even-Ratio und damit in einem Indiz von eher untergeordneter Bedeutung Niederschlag. Deren herausgehobene Stellung zum Nachweis von Churning bei Kassageschäften wurde bis dato nicht erkannt.

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Bestimmt wird die Cost-to-Equity-Rate durch den Quotienten zwischen den per annum ermittelten Kosten und dem durchschnittlichen Nettovermögenswert des Wertpapierkontos.[42] Diese Kennzahl ist der Prozentsatz, um den der durchschnittliche Nettovermögenswert des Kontos aufgrund der Kosten abgenommen hat.[43] Umgekehrt kann aufgrund der Cost-to-Equity-Rate daher geprüft werden, um wie viel Prozent der Dienstleister das eingesetzte Kapital hätte vermehren müssen, um nach Abzug der Kosten einen Gewinn vorweisen zu können oder zumindest wieder auf den ursprünglichen Stand zu kommen.[44] Im Rahmen der Cost-to-Equity-Rate hat sich für konservativ[45] gemanagte Konten die 4/8/12-Formel durchgesetzt.[46] Übermäßiges Umschichten ist danach bei einer Cost-to-Equity-Rate von 4 indiziert (Inference), bei 4 vermutet (Presumption) und bei 6 kann mit begründetem Verdacht hierauf geschlossen werden (Conclusion).[47]

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Beträgt der durchschnittliche jährliche Vermögenswert des Depots beispielsweise 500.000,00 € und sind in diesem Zeitraum Kosten in Höhe von 300.000,00 € entstanden, ergibt sich eine Cost-to-Equity-Rate von 60,00 % (300.000,00 € : 500.000,00 € = 0,6). Bei einer derart hohen Cost-to-Equity-Rate ist nach der 4/8/12-Formel mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von Übermäßigkeit auszugehen.

bb) Der Umsatzquotient, respektive die Turn-Over-Rate

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Zum anderen wird als Indiz für übermäßiges Umschichten bei Kassageschäften der Umsatzquotient (Turn-Over-Rate) herangezogen. Dieser bietet im Hinblick auf die Berechnungsart und in Bezug auf die zur Verfügung stehenden Informationen – im Gegensatz zur Commission-to-Equity-Ratio – erhebliche praktische Vorzüge. Dies gilt deshalb, weil zum Beispiel nur im Futures-Bereich sowohl Einzel- als auch Monatsauszüge mit separat aufgeführter Spesenbelastung und getrennten Kauf- respektive Verkaufskosten automatisiert ausgestellt werden, wohingegen bei Wertpapiertransaktionen meist nur Viertel-, Halb- oder gar Jahresabrechnungen erfolgen.[48] Zum Nachweis von Übermäßigkeit bei Termingeschäften ist die Turn-Over-Rate aber letztlich auch aufgrund der wesentlich kürzeren Haltezeiten und deshalb ungeeignet, weil sie sich in Konsequenz zur andersgearteten Eigentümerstellung bei Wertpapiergeschäften auf die Gesamtkosten der Käufe innerhalb einer gewissen Zeitspanne bezieht.[49] Im Gegensatz zu Wertpapiergeschäften (hier erlangt der Anleger das volle Eigentum an den erworbenen Wertpapieren) ist der Gesamtwert eines „vorläufigen“ Futures-Kontraktes nämlich nicht gleich den Gesamtkaufkosten eines Warenterminkunden.[50]

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Der Umsatzquotient beschreibt die Umsatzhäufigkeit im Verhältnis zum Anlagevermögen.[51] In den USA hat sich für konservative Konten die 2/4/6-Formel herauskristallisiert.[52] Übermäßiges Umschichten wird bei normalen Anlagezielen bei einer Turn-Over-Rate von 2 indiziert (Inference), bei einer Turn-Over-Rate von 4 vermutet (Presumption) und bei einer Turn-Over-Rate von 6 kann mit begründetem Verdacht auf übermäßiges Umschichten geschlossen werden (Conclusion).[53] Auch hier ist allerdings wieder zu berücksichtigen, dass diese Regel nicht starr, sondern recht flexibel gehandhabt wird.[54] Bei spekulativ ausgerichteten Anlegern kann eine noch zulässige Turn-Over-Rate zum Beispiel auch höher und bei konservativen dementsprechend niedriger liegen.[55] Die Berechnung der Turn-Over-Rate auf ein Jahr heißt „Looper-Methode“[56] und die daraus resultierende Kennzahl auch „Annualised Turnover Rate (ATR)“[57].

(1) Die einfache Looper-Methode

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Die einfache Looper-Methode wird berechnet, indem die Gesamtkosten der erworbenen Objekte durch das durchschnittliche monatliche Investment dividiert werden.[58] Die im Zähler stehenden Gesamtkosten umfassen dabei nur die Gesamtkosten der Käufe (Total Costs of Purchases), wozu alle mit den Käufen entstandenen Kosten, also die reinen Nettokosten der Käufe und die Provisionen sowie Courtagen respektive Spesen zählen.[59] Das im Nenner befindliche durchschnittliche monatliche Investment ergibt sich aus der kumulativen Gesamtsumme der einzelnen Nettoinvestments am Ende eines jeden Monats, dividiert durch die Zahl der Monate.[60]

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