Tatherrschaft im Rahmen der Steuerhinterziehung

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Anmerkungen









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 23 ff.









Röhl/Röhl

 Allgemeine Rechtslehre, S. 86.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 23.









Roxin

 Täterschaft und Tatherrschaft, S. 147.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S, 23 f.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 24.





F. Kritik an der Herleitung von Mittäterschaft im Rahmen der Tatherrschaftslehre



24





Weiterhin geht es im Rahmen der Kritik an der Tatherrschaftslehre um die Frage, ob es möglich sei, anhand von Tatherrschaftskriterien die Haftung eines Mittäters ausschließlich auf dessen eigenes Verhalten zu stützen und damit vollständig auf eine Zurechnung des Verhaltens anderer Tatbeteiligter zu verzichten. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass

Roxin

 ursprünglich zur Begründung von Mittäterschaft vollständig auf die Zurechnung fremder Verursachungsbeiträge verzichtet und demgegenüber Mittäterschaft ausschließlich auf den eigenen Tatbeitrag gestützt habe. Diesen Grundsatz habe er jedoch zwischenzeitlich teilweise aufgegeben und vertrete, gemeinsam mit anderen, nunmehr die Auffassung, dass zur Begründung von Mittäterschaft sehr wohl eine Zurechnung von Verursachungsbeiträgen vorgenommen werden könne. Ein solches Verständnis von Mittäterschaft setze sich jedoch in Widerspruch zu den Grundprinzipien der Tatherrschaftslehre. Zur Begründung dieser These wird auf die Einordnung der Anstiftung als bloße Teilnahmeform verwiesen: Werde im Rahmen der Tatherrschaftslehre eine Zurechnung von Verursachungsbeiträgen vorgenommen, ließe sich nicht erklären, warum dann nicht auch im Rahmen der Anstiftung der Beitrag des Angestifteten dem Anstifter zugerechnet werden und dieser damit als Täter eingestuft werden könne. Somit verdeutlicht sich der Ausgangspunkt der Kritik: Unter den Anhängern der Tatherrschaftslehre werde Mittäterschaft heute nicht mehr ausschließlich aus dem eigenen Verursachungsbeitrag, sondern auch aus einer Zurechung von Verursachungsbeiträgen anderer Beteiligter hergeleitet. Ein solches Verständnis von Tatherrschaft verstoße aber gegen Grundannahmen der Tatherrschaftslehre. Richtigerweise müsse die strafrechtliche Haftung des Mittäters ausschließlich auf dessen eigenes Verhalten gestützt werden können, weil sonst nicht zu erklären sei, warum nicht auch der Anstifter Täter sei. Hierbei stelle sich aber ganz grundsätzlich die Frage, ob dies auf der Basis der Tatherrschaftslehre überhaupt möglich sei. Eine Antwort auf diese Frage müsse in einer Analyse der funktionellen Tatherrschaft als dem Mittäterschaft begründenden Element der Tatherrschaftslehre gesucht werden. Einige Vertreter der Tatherrschaftslehre hätten

Roxins

 Terminologie von der funktionellen Tatherrschaft aufgenommen und präzisiert. Daran anknüpfend lasse sich im Rahmen der funktionellen Tatherrschaft zwischen „positiver“ und „negativer“ funktioneller Tatherrschaft unterscheiden. Danach sei unter positiver funktioneller Tatherrschaft die Möglichkeit zu verstehen, durch das positive Leisten eines wesentlichen Tatbeitrages die gesamte Tat ablaufen lassen und damit beherrschen zu können. Negative funktionelle Tatherrschaft bezeichne hingegen das auch von

Roxin

 vertretene Korrektiv, durch die Verweigerung des eigenen Tatbeitrages den gemeinsamen Tatplan scheitern zu lassen und auf diese Weise Tatherrschaft ausüben zu können.



Beide Varianten der funktionellen Tatherrschaft müssten dahingehend untersucht werden, ob sie sich dazu eignen, Täterschaft ausschließlich aufgrund des eigenen Tatbeitrages und ohne die Zurechnung fremder Tatbeiträge vorzunehmen. An dieser Herausforderung scheitere zunächst die positive funktionelle Tatherrschaft, da diese bei richtiger Analyse ausschließlich Aussagen über den eigenen Tatbeitrag des unmittelbar Handelnden vornehmen könne und daher auf diesen Tatbeitrag begrenzt sei. Darüber hinaus seien keinerlei Rückschlüsse über die Herrschaft an der Gesamttat möglich. Die Begrenzung auf den eigenen Tatbeitrag folge hierbei bereits daraus, dass jeder potentielle Mittäter aufgrund seines gleichberechtigten und freiverantwortlichen Mitwirkens (nur) seinen eigenen Tatbeitrag beherrsche. Die gleichzeitige Beherrschung eines anderen Tatbeitrages und damit der Gesamttat, komme daher bereits im Grundsatz nicht in Betracht.



An der Herausforderung, Mittäterschaft ausschließlich anhand des eigenen Tatbeitrages herleiten zu können, scheitere darüber hinaus aber auch die negative funktionelle Tatherrschaft.

Roxin

 begrenze negative funktionelle Tatherrschaft hierbei auf Tatbeiträge im Ausführungsstadium der Tat, wobei es jedoch nicht darauf ankommen solle, dass dieser Tatbeitrag zwingend ein Tatbestandsmerkmal erfüllen müsse. Hieran wird kritisiert, dass die Bedeutung von Tatbeiträgen, die nicht selbst ein Tatbestandsmerkmal verwirklichten, sich stets in einer bloßen Beihilfefunktion erschöpfte. Dies gelte unabhängig davon, ob dieser Tatbeitrag für den Vorbereitungs- oder für den Tatausführungszeitraum versprochen werde. Vor diesem Hintergrund werde deutlich, dass die negative funktionelle Tatherrschaft insgesamt keinerlei qualitative, sondern allenfalls quantitative Abgrenzungskriterien für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme bereit halte. Deshalb sei das Kriterium der funktionellen Tatherrschaft insgesamt nicht geeignet, Täterschaft hinreichend sicher ohne den Rückgriff auf die Zurechnung fremder Verursachungsbeiträge herzuleiten. Demgemäß sei im Rahmen der Tatherrschaftslehre insgesamt kein Konzept erkennbar, nach dem täterschaftliche Verantwortung für fremde Verursachungsbeiträge erklärt werden könne.



Vor dem Hintergrund dieser Einwände gegen das Kriterium der funktionellen Tatherrschaft bedarf es im Rahmen der Steuerhinterziehung einer Untersuchung der Frage, ob für die Herleitung von Mittäterschaft allein an das eigene Tatverhalten des unmittelbar Handelnden angeknüpft werden kann, oder ob es darüber hinaus einer Zurechnung fremder Verursachungsbeiträge bedarf. Sollte sich die Notwendigkeit einer Verhaltenszurechnung herausstellen, wäre darüber hinaus die Rolle der Anstiftung im Rahmen einer solchen Verhaltenszurechnung klärungsbedürftig. Konkret stellt sich dann die Frage, ob sich ein stichhaltiges Argument dafür finden lässt, die Anstiftung zu einer Steuerhinterziehung auch im Rahmen einer Zurechnung fremder Verursachungsbeiträge als Teilnahme und nicht als Täterschaft einzuordnen.




Anmerkungen









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 32 ff.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 33 mit Hinweis auf

Roxin

 Täterschaft und Tatherrschaft, S. 292;

ders.

 Strafrecht Allgemeiner Teil, § 25 Rn. 257.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 33.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 33.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 33.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 33.









Siehe etwa

Rudolphi

 FS Bockelmann, S. 369 (373).









Siehe etwa

Roxin

 Strafrecht Allgemeiner Teil, § 25 Rn. 188.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 34 ff., 36 ff.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 35, 36.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 34.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 37.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 39.





G. Verlust des objektiven Tatbezuges der Tatherrschaftslehre



25





Weiterhin wird der Tatherrschaftslehre der Verlust eines objektiven Tatbezugs vorgeworfen. Unter objektivem Tatbezug wird die Einordnung der Tatherrschaftslehre in den objektiven Deliktstatbestand verstanden. Dieser Einwand wird in erster Linie auf die Anwendung der Äquivalenztheorie im Rahmen des objektiven Tatbestandes zurückgeführt. Die Äquivalenztheorie gehe von der Gleichwertigkeit sämtlicher Bedingungen auf der objektiven Ebene aus. Der Verursachungsbeitrag des Teilnehmers führe also ebenso zum Erfolg wie derjenige des Täters. Es stelle sich dann aber die Frage, warum nur dem Täter Handlungsherrschaft zugesprochen werde, wenn doch sämtliche Bedingungen – und damit auch der Tatbeitrag des Teilnehmers – gleich seien. Auf der Basis der Äquivalenztheorie sei es im Grunde nicht möglich, bereits auf der objektiven Ebene zu einer Abgrenzung von Handlungsherrschaft und bloßen Teilnahmehandlungen zu kommen. Es bleibe allein der Ausweg, die verschiedenen Tathandlungen nach ihrer unterschiedlichen Gefährlichkeit einzustufen, wonach dann Täter derjenige sei, dessen Tathandlung die größere Gefährlichkeit aufgewiesen habe. Dieser Weg habe jedoch zur Konsequenz, dass die solchermaßen definierte Tatherrschaft zu einer von der objektiven Tatbegehung losgelösten Eigenschaft des Täters werde. Dies führe allerdings zu einem reinen Gesinnungsstrafrecht. Insgesamt sei hieran der Verlust des objektiven Tatbezuges der Tatherrschaftslehre abzulesen.

 



Auch Kriterien der objektiven Zurechnung seien nicht geeignet diesem Problem abzuhelfen. Es werden nämlich grundlegende Einwände gegen die Lehre von der objektiven Zurechnung gesehen. Diese werden vornehmlich an dem Kriterium des unerlaubten Risikos fest gemacht. Dessen Anwendung führe zwangsläufig dazu, dass unterschiedliche Bedingungen bereits auf der objektiven Ebene nicht als gleichwertig angesehen werden könnten, denn anders lasse sich nicht erklären, warum das vom Täter geschaffene unerlaubte Risiko ein anderes sein solle als das des Teilnehmers. Ein solches Verständnis lasse sich jedoch nicht mit der Äquivalenztheorie, die von einer objektiven Gleichwertigkeit aller Bedingungen ausgehe und auf deren Erkenntnissen die Lehre von der objektiven Zurechnung fuße, in Einklang bringen.



Insgesamt sei es also nicht möglich, auf der objektiven Ebene ein dogmatisches Kriterium festzulegen, das geeignet sei, täterschaftliches Handeln von Teilnehmerhandeln zu unterscheiden. Ein solches Kriterium könne allenfalls beim Täter persönlich gefunden werden. Dies berge für sich genommen allerdings wiederum die Gefahr, dass Tatherrschaft zu einer bloßen Gesinnung entwertet würde. Das Kriterium der Tatherrschaft weise demnach insgesamt keinen ausreichenden Bezug zur objektiven Tatseite auf, sondern müsse vielmehr in einer Zwischenebene zwischen objektivem und subjektivem Tatbestand eingeordnet werden.



Dieser Einwand, der sich mit einem Verlust des objektiven Tatbezugs der Tatherrschaftslehre auseinandersetzt, weist einen inhaltlichen Zusammenhang zu der Kritik auf, die gegen das Kriterium der Handlungsherrschaft vorgetragen wird. Auch hier geht es um die Problematik, dass auf der Basis der Äquivalenztheorie Tatbeiträge von unterschiedlicher Intensität dazu in der Lage sind, den tatbestandlichen Erfolg zu verursachen. Dies verhindere eine Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme auf objektiver Tatbestandsebene, weil sich die maßgebliche Tatbestandshandlung nicht konkret definieren lasse.



Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung von Tatherrschaft im Rahmen der Steuerhinterziehung lässt sich dieser Einwand gegen die Tatherrschaftslehre nur dann entkräften, wenn es gelingt, aus dem Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO eine konkrete Tatbestandshandlung abzuleiten, deren Vornahme zwingend zu einer täterschaftlichen Verantwortung führt. Sollte dies gelingen, wäre eine Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme im Rahmen der Steuerhinterziehung bereits auf objektiver Ebene möglich und der Vorwurf, die Tatherrschaftslehre leide an einem Verlust des objektiven Tatbezuges, ließe sich insoweit für die Fälle des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO entkräften.




Anmerkungen









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 40 ff.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 41 f.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 42.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 43.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 43 ff.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 45 f.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 42 f.









Haas

 Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 46 f.





H. Zwischenfazit zur neuesten Kritik an der Tatherrschaftslehre



26





Auch die Einwände gegen die Tatherrschaftslehre, die sich vornehmlich mit den rechtsdogmatischen Grundlagen dieser Täterlehre auseinandersetzen, lassen sich möglicherweise auf das Steuerstrafrecht übertragen und werfen dort die Frage nach der Tauglichkeit des Tatherrschaftskriteriums im Rahmen der Steuerhinterziehung auf. Von Interesse ist hierbei zunächst, ob für die Anwendung der Tatherrschaftslehre auf die Steuerhinterziehung eine normative Einordnung des Tatherrschaftskriteriums notwendig ist und wie eine solche sich unter Umständen herleiten ließe. Sodann ist klärungsbedürftig, ob im Rahmen der funktionellen Tatherrschaft des Mittäters allein auf das eigene Tatverhalten des potentiellen Mittäters abgestellt werden kann, oder ob es darüber hinaus einer Zurechnung fremder Verursachungsbeiträge bedarf und inwieweit eine derartige Verhaltenszurechnung überhaupt möglich ist. Schließlich gibt diese Kritik Anlass zu der Untersuchung, ob sich im Rahmen der Steuerhinterziehung ein konkretes Tatverhalten definieren lässt, welches eine Unterscheidung von Täterschaft und Teilnahme bereits auf der objektiven Tatbestandsebene ermöglicht und daher den Vorwurf entkräftet, die Tatherrschaftslehre leide an einem Verlust des objektiven Tatbezuges.





Teil 3 Neueste Kritik an der Tatherrschaftslehre

 ›

H. Zwischenfazit zur neuesten Kritik an der Tatherrschaftslehre

 › I. Tatherrschaft bei „Verursachungsdelikten“






I. Tatherrschaft bei „Verursachungsdelikten“



27





Die Kritik an der Tatherrschaftslehre setzt sich wiederholt mit der Frage auseinander, wie sich Tatherrschaft bei sogenannten Verursachungsdelikten verhält. In diesem Bereich ähneln sich die Argumentationsmuster von

Rotsch

 und

Marlie

. Unter dem Begriff „Verursachungsdelikt“ wird auch bei

Rotsch

 ein Tatbestand verstanden, bei dem es für die Deliktsbeschreibung nicht auf eine konkrete Tatbestandshandlung, sondern ausschließlich auf die Verursachung des tatbestandlichen Erfolges ankommen soll. Eine der Kernthesen besteht hierbei darin, dass sich der ganz überwiegende Teil aller Straftatbestände des Strafgesetzbuches nur als reine Verursachungsdelikte interpretieren ließen. Dieser Umstand führe zu erheblichen Problemen im Rahmen der Täterlehre.



Ansatzpunkt der Analyse dieses Problems ist die „Relativität des Tatherrschaftsbegriffes“. Darunter wird die Abhängigkeit der Tatherrschaft von dem tatbestandsmäßigen Geschehen verstanden. Tatherrschaft lasse sich nur dann adäquat bestimmen, wenn vorab feststehe, welches Verhalten der Täter beherrschen müsse, um Tatherrschaft zu haben und damit Täter zu sein. Diese Grundvoraussetzung der Tatherrschaftslehre werde von ihren Anhängern jedoch in zweifacher Hinsicht missachtet. Dies äußere sich zum einen darin, dass Täterschaft bei Anwendung der Tatherrschaftslehre weitgehend „wertend“ und „ohne Maßstab“ bestimmt werde. Grund hierfür soll sein, dass bei Verursachungsdelikten nicht auf ein konkret eingrenzbares Verhalten, das beherrscht werden müsse, abgestellt werden könne. Zwingende Folge aus diesem Umstand sei, dass der gesamte Kausalverlauf beherrscht werden müsse, um von Tatherrschaft sprechen zu können, weil ein einzelnes Verhalten nicht abstrakt festgelegt werden könne. Problematisch hieran sei jedoch, dass der „gesamte Kausalverlauf“ eines Deliktes keinen ohne weiteres bestimmbaren Anfang habe, weil sich die Kausalkette auf der Basis der Äquivalenztheorie bis ins Unendliche ausdehnen lasse. Dennoch oder gerade deswegen bedürfe es einer Eingrenzung, welches Verhalten beherrscht werden müsse. Diese Eingrenzung könne bei Anwendung der Tatherrschaftslehre nur in der Tatherrschaft selbst gesehen werden, weil die Tatherrschaftslehre darüber hinaus kein weiteres Abgrenzungskriterium anbiete. Das Kriterium der Tatherrschaft diene also zusätzlich dazu, das Verhalten einzugrenzen, welches beherrscht werden müsse. Vor dem Hintergrund, dass der Begriff der Tatherrschaft für sich genommen jedoch inhaltsleer und damit ausfüllungsbedürftig sei, könne eine derartige Eingrenzung nicht objektiv, sondern allenfalls „wertend“ und „ohne trennscharfen Maßstab“ bestimmt werden. Dies sei der erste Umstand, den die Anhänger der Tatherrschaftslehre bei Anwendung des Tatherrschaftsgedankens auf Verursachungsdelikte nicht beachteten.



Hieran anschließend sei aber noch ein zweiter, etwas anders gearteter Vorwurf an die Tatherrschaftslehre zu richten. Sie beachte nicht ausreichend, dass der Begriff der Tatherrschaft bereits aufgrund seiner relativen, beziehungsweise „adjektivischen“ – Abhängigkeit zum Oberbegriff des tatbestandlichen Erfolges nichts zu einer näheren Konkretisierung der Tatbestandshandlung beitragen könne. Der Umstand, dass die Tatherrschaftslehre im Rahmen von Verursachungsdelikten ihren eigenen Bezugsrahmen selbst mitdefinieren müsse, überstrapaziere die Möglichkeiten dieses – allein adjektivisch zu verwendenden – Begriffes. Zur Begründung dieser These wird darauf verwiesen, dass der Begriff der Tatherrschaft denknotwendig in einer relativen Abhängigkeit zu dem tatbestandlichen Erfolg der Tat als Oberbegriff stehe. Tatherrschaft könne demzufolge nur adjektivisch verstanden werden und die Tat nicht konstituieren. Deshalb könne die Tatherrschaftslehre nicht formulieren: „Es tötet nur, wer mit Tatherrschaft tötet“, sondern sie könne allenfalls behaupten: „Es könne nur derjenige Täter eines Totschlags im Sinne von § 212 StGB sein, der das Tötungsgeschehen als Zentralgestalt (mit „Tatherrschaft“) beherrsche.“ Es sei also nicht denkbar, dass der Begriff der Tatherrschaft aus sich selbst heraus festlege, wer Täter sei. Die Tatherrschaftslehre könne sich dem Täterbegriff vielmehr ausschließlich beschreibend nähern. Illustriert am Beispiel einer Alltagssituation sind diese Ausführungen wie folgt zu verstehen: die Aussage „der Pullover ist blau“ gestattet keinerlei Rückschlüsse darauf, was mit der Farbe Blau an sich gemeint ist. Die Farbe Blau muss also schon vorab definiert sein, um die Aussage verstehen zu können, weil das Adjektiv blau nur den Zustand des Pullovers beschreiben kann. Übertragen auf die Lehre von der Tatherrschaft bedeutet dies, dass unabhängig von dem Begriff der Tatherrschaft vorab feststehen muss, welches das tatbestandsmäßige Geschehen ist, das der Täter beherrschen muss, um als solcher zu gelten. Hierbei, müsse aber beachtet werden, dass das Tatherrschaftskriterium aufgrund seiner relativen Abhängigkeit zum Oberbegriff des tatbestandlichen Erfolges nicht dazu geeignet sei, derartige Kriterien aus sich selbst heraus zu bestimmen.





Anmerkungen









Rotsch

 „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 290 ff.









Siehe zum Ansatzpunkt

Marlies

 oben

Rn. 17 ff

.







 



Siehe etwa

Rotsch

 „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 198.









Rotsch

 „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 280 f.









Rotsch

 „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 210; 290 ff.









Rotsch

 „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 291.









Rotsch

 „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 291.




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